Leserunde zu "Das Erbe der Rosenthals" von Armando Lucas Correa

Zwei Mädchen. Zwei Schicksale. Eine gemeinsame Hoffnung
Cover-Bild Das Erbe der Rosenthals
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Armando Lucas Correa (Autor)

Das Erbe der Rosenthals

Roman

Ute Leibmann (Übersetzer)

1939 muss die elfjährige Hannah mit ihrer Familie aus Berlin fliehen, denn sie ist Jüdin. Ein Schiff soll sie nach Kuba bringen, doch nur die Wenigsten dürfen die St. Louis dort verlassen. Auch Hannahs Familie wird auseinandergerissen.
2014 sucht die elfjährige Anna nach den Wurzeln ihres bei 9/11 verstorbenen Vaters. Ein Brief ihrer Großtante enthält Fotos und erste Hinweise. Doch erst als sie zusammen mit ihrer Mutter von New York nach Kuba reist, kommt sie der Geschichte ihrer Familie wirklich nahe ...

Was bedeutet es, auf der Flucht zu sein, seine Heimat zu verlieren, die Liebsten? Einfühlsam und sprachgewaltig erzählt Armando Lucas Correa die Geschichte zweier Mädchen, die zwei Kontinente und mehr als sechs Jahrzehnte trennen, die aber so vieles verbindet: die Liebe zu ihren Vätern, ihr Überlebenswille, die Hoffnung.

Timing der Leserunde

  1. Bewerben 13.11.2017 - 03.12.2017
  2. Lesen 18.12.2017 - 07.01.2018
  3. Rezensieren 08.01.2018 - 21.01.2018

Bereits beendet

Teilnehmer

Diskussion und Eindrücke zur Leserunde

Veröffentlicht am 10.01.2018

Eine berührende Familiengeschichte

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Im Gedenkjahr 2018 erscheint im Bastei Lübbe Verlag ein ganz besonders berührendes Buch von Armando Lucas Correa: „Das Erbe der Rosenthals“, eine jüdische Familiengeschichte.
Berlin 1939. Die einst hochangesehe ...

Im Gedenkjahr 2018 erscheint im Bastei Lübbe Verlag ein ganz besonders berührendes Buch von Armando Lucas Correa: „Das Erbe der Rosenthals“, eine jüdische Familiengeschichte.
Berlin 1939. Die einst hochangesehe und geachtete, jüdische Familie Rosenthal wird nun auf offener Straße beschimpft und verachtet. Die Familie beschließt Deutschland zu verlassen. Die St. Louis soll die Rosenthals sicher von Hamburg nach Havanna bringen. Auch Hannahs Freund Leo ist an Bord. Doch in Kuba angekommen will die kubanische Regierung nicht alle 937 Flüchtlinge an Land lassen.
New York 2014. Die elfjährige Anna lebt gemeinsam mit ihrer Mutter. Den Vater hat sie nie kennengelernt, da dieser vor ihrer Geburt beim Anschlag auf das World Trade Center ums Leben kam. Anna, die von ihrer Familiengeschichte nicht viel weiß, freut sich, als sie ein Brief ihrer Großtante aus Kuba erreicht. Sie beschließt zusammen mit ihrer Mutter nach Kuba zu reisen, um ihre Vergangenheit kennenzulernen.
Beide Handlungsstränge sind jeweils aus der Sicht von Hannah Rosenthal und Anna Rosen beschrieben. Die Familienzusammenführung der beiden jungen Frauen ist dem Autor sehr gut gelungen. Auch Vergangenheit und Gegenwart verschmelzen gut miteinander und beide Handlungsstränge sind durchgehend spannend beschrieben.
Erschreckend fand ich vor allem die Tatsache, dass sich die Geschichte überall zu wiederholen beginnt. Die jüdische Familie, die von der Verfolgung der Nationalsozialisten nach Kuba flieht und dort während der kubanischen Revolution miterlebt, wie Menschen wieder zu Verfolgten werden und Nachbarn wieder ihre Nachbarn verraten und denunzieren. Vor allem das traurige Schicksal von Hannahs Freund Leo und seinem Vater hat mich sehr berührt. Die beiden bleiben am Schiff zurück und hätten doch noch Hoffnung in einem anderen Land gefunden. Ich hoffe viele (junge) LeserInnen nehmen aus dem Buch mit, dass sie Verfolgung und Ausgrenzung nicht mehr zulassen und die einzelnen Menschen und nicht deren Herkunftsländer und Religionen sehen. Gerade in einer Zeit in der frischgeborene Neujahrsbabys Opfer von Hassreden werden, weil sie von einer Mutter mit Kopftuch stammen sind solche Familiengeschichten besonders wichtig. Lassen wir Unrecht nie wieder zu Recht werden.

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Veröffentlicht am 09.01.2018

Emotional und bildgewaltig

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Schon nach den ersten paar Seiten der Leseprobe, wusste ich, dieses Buch MUSS ich lesen! Der Schreibstil konnte mich mit seichter emotionaler Spannung direkt in seinen Bann ziehen.

Das Erbe der Rosenthals ...

Schon nach den ersten paar Seiten der Leseprobe, wusste ich, dieses Buch MUSS ich lesen! Der Schreibstil konnte mich mit seichter emotionaler Spannung direkt in seinen Bann ziehen.

Das Erbe der Rosenthals war mein erstes Buch, in dem es um die Thematik 2.Weltkrieg ging. Und es wird definitiv nicht das Letzte gewesen sein! Denn der Autor hat die Geschichte so interessant geschrieben, dass ich es regelrecht inhalieren musste.

Wir verfolgen hier zwei „Schicksale“ von Menschen aus zwei Generationen der gleichen Familie. Schnell wird klar, dass die Protagonistinnen Hannah und Anna sehr viele Gemeinsamkeiten in ihren Leben verbinden. Dadurch wirkt auch die sich schnell aufbauende intensive Beziehung, die sich zwischen den beiden entwickelt, authentisch.

Besonders gut gefallen hat mir die Erzählung der Vergangenheit. Hier begleiten wir Hannah und ihre Familie in den Anfängen der Judenverfolgung, kurz bevor der zweite Weltkrieg ausbricht. Die Denunzierung der jüdischen Deutschen und der Hilflosigkeit dieser dagegen, spürt der Leser am eigenen Leib. Wiedermal habe ich mich oft während des Lesens gefragt, wie ich in dieser Situation reagiert hätte.

Auch bei der Ausreise aus Deutschland über das Schiff „St. Louis“, welches die Familie und über 900 weitere Passagiere nach Kuba bringen sollte, glichen viele der angeforderten Auflagen als pure Tyrannei und Willkür!

Das Leben von Hannah auf Kuba fand ich auch sehr interessant. Denn schnell wurde klar, auch hier würden sie immer die „Polacken“ sein und nicht als gleichwertige Bürger aufgenommen werden. Dadurch boten sich speziell im weiteren Verlauf ihres Lebens auf Kuba einige Hürden, die sie bewältigen mussten. Ich war traurig, dass Hannah es nie geschafft hat wirklich glücklich zu werden, obwohl sie es doch so sehr verdient hatte.

Interessant fand ich besonders die Unterschiede zwischen Mutter und Tochter. Hannahs Mutter war, gleich wie Annas Mutter, ziemlich anfällig für depressive Gemütszustände. Und auch der Hass den ihre Familie in Deutschland über sich ergehen lassen musste, blieb bei Hannahs Mutter nicht ohne Folgen. Das sich entwickelnde Verhalten der Mutter auf Kuba schockierte mich sogar teils regelrecht! Deswegen war ich froh, dass Hannah sich nicht von ihrer Mutter hat vergiften lassen.

Annas Geschichte ist für mich eher nebensächlich gewesen. Sie ist auf der Suche nach den Wurzeln ihres Vaters und möchte mehr über ihn erfahren, da er schon vor ihrer Geburt bei 9/11 verstorben ist. Für mich wirkt ihre Geschichte eher als Auflockerung zwischendurch und ist dafür da, dem Leser bewusst zu machen, dass sich Geschichten und Persönlichkeiten innerhalb einer Familie wiederholen können. Hier wird dem Leser ganz stark klar gemacht, dass Anna und Hannah die gleiche Person sein könnten!

Die Passagen in der Gegenwart, in denen Anna auf Kuba ist um ihre Wurzeln zu finden, waren ab und zu etwas zu langatmig für meinen Geschmack. Da es hier auch nicht sehr emotional herging, ließ sich das auch nicht kaschieren.

Generell fand ich die bildgewaltige Darstellung der Geschichte extrem gut! Während des Lesens lief in meinem Kopf ein Film zum Buch mit. Dadurch habe ich die Geschichte quasi bildlich verinnerlicht. Super!

Das Ende war schon ziemlich traurig. Wie immer mal wieder im gesamten Buch musste ich auch hier ein paar Tränchen unterdrücken. Jedoch hinterließ das Ende in mir auch eine gewissen Zufriedenheit. Denn Hannah hatte Frieden mit ihrem Leben geschlossen und das ging auch auf mich über.

Jedoch war das Unterdrücken der Tränen spätestens beim Nachwort für die Katz‘! Denn als ich dieses gelesen habe, fingen die Tränen nur so an zu kullern. Die Vermutung, dass gewisse Aspekte der Geschichte auf wahren Begebenheiten beruhen, wurde mir hier nämlich bestätigt. Und zu guter Letzt bekommt man noch Fotos, sowie Dokumente der damaligen Zeit gezeigt, die das Gefühlschaos perfekt werden lassen. Wirklich klasse!

Fazit:

Gut recherchiert, bildgewaltig geschrieben und Charaktere mit Tiefgang! Die Gefühle der Charaktere, wie Angst, Beklemmung und Hilflosigkeit oder auch Erleichterung, sind für den Leser spürbar als wären es seine eigenen. Die schockierenden Fakten, sowie die Extras hinten im Buch, setzen dem ganzen dann noch das i-Tüpfelchen auf! Ein tolles emotionales Buch zum Mitfiebern! Für mich ein Highlight des letzten Jahres! Jedoch ein halber Stern Abzug für die 2-3 etwas langatmigen Passagen.

Von mir gibt es daher 4,5/5 Sterne.

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Veröffentlicht am 08.01.2018

Historisches Drama verpackt in eine bewegende Familiensaga

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"Das Erbe der Rosenthals" erzählt die Geschichte zweier Mädchen, Hannah und Anna, und ihrer Familie. Hannah muss als Jüdin im Alter von 12 Jahren mir ihren Eltern vor den Nazis aus Deutschland nach Kuba ...

"Das Erbe der Rosenthals" erzählt die Geschichte zweier Mädchen, Hannah und Anna, und ihrer Familie. Hannah muss als Jüdin im Alter von 12 Jahren mir ihren Eltern vor den Nazis aus Deutschland nach Kuba fliehen. Anna lebt im heutigen New York allein mit ihrer Mutter, der Vater starb vor ihrer Geburt bei den Anschlägen auf das World Trade Center. Es gibt viele Parallelen zwischen den beiden Mädchen und schließlich stellt sich heraus, dass die beiden verwandt sind.

Die Geschichte besteht aus 4 Teilen. Im ersten Teil wird abwechselnd aus Hannahs bzw. Annas Sicht erzählt. Im zweiten Teil kommt nur Hannah zu Wort. Im dritten Teil treffen die beiden in der Gegenwart zusammen, aber es gibt immer wieder Rückblicke auf Hannas Leben. Der vierte und kürzeste Teil schließt die Geschichte der beiden ab. Am Anfang werden die Ereignisse aus der Sicht 2er Zwölfjähriger erzählt, die beide viel zu früh erwachsen werden mussten, und dadurch ergibt sich eine interessante Sichtweise auf die Geschehnisse. Das hat mir sehr gut gefallen.

Die Geschichte spielt vor dem Hintergrund wahrer Begebenheiten, wodurch sie eine wichtige aufklärerische Funktion haben, mir war die Geschichte der jüdischen Flüchtlinge, die auf dem Schiff St. Louis nach Kuba auswandern wollten nicht bekannt. Und es scheint mir wichtig, dass das Thema im Bewusstsein bleibt, zumal es in Variation wieder traurig aktuell ist.

Von Beginn an hat mich die Geschichte sehr mitgerissen. Vor allem das Schicksal von Hannah hat mich sehr bewegt. Annas Geschichte wirkt daneben etwas blass und konstruiert und manchmal eher so als ob es sie gebraucht hätte, um die Geschichte zusammenzukriegen. Aber es tut dem Buch keinen Abbruch, wäre anders vielleicht insgesamt sogar zu viel. Hannahs Schicksal hat mich sehr berührt. Die Figuren fand ich gut dargestellt und überzeugend, wenn auch nicht alle sympathisch. Anfangs wurden die Situationen sehr detailreich geschildert, so dass ich voll dabei war, später finden große Zeitsprünge und kurze Zusammenfassungen großer Zeiträume statt, was es mir schwerer machte, der Geschichte zu folgen und emotional mitzugehen. Das fand ich etwas schade, auch wenn es wahrscheinlich nötig war, um das Buch irgendwann zu einem Ende zu bringen...

Insgesamt fand ich das Buch großartig und empfehle absolut, es zu lesen, auch wenn es gegen Ende etwas nachlässt. Dafür gibt es einen halben Stern Abzug.

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Veröffentlicht am 08.01.2018

Die Geschichte von Hannah und Anna

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Inhalt:


1939:

Hannah ist gerade mal elf Jahre alt als sie mit ihrer Familie aus Berlin fliehen muss. Als Juden verpönt und als unrein betitelt machen sich die Rosenthals auf den Weg in eine hoffentlich ...

Inhalt:


1939:

Hannah ist gerade mal elf Jahre alt als sie mit ihrer Familie aus Berlin fliehen muss. Als Juden verpönt und als unrein betitelt machen sich die Rosenthals auf den Weg in eine hoffentlich neue Heimat. Auf dem Weg nach Kuba wird die Familie jedoch auseinander gerissen, denn nur wenige Menschen dürfen das Schiff St. Louis verlassen.

2014:

Anna ist auch erst elf Jahre alt als sie beginnt nach den Wurzeln ihres verstorbenen Vaters zu suchen. Erste Hinweise und einige Fotos erhält sie von ihrer Großtante, die auf Kuba lebt. Mit ihrer Mutter möchte sie dort hinreisen und der Geschichte ihres Vaters näher kommen.

Was verbindet die beiden Mädchen? Und welche Geschichte wird Anna wohl erzählt bekommen?


Meine Meinung:

Es ist oftmals nicht leicht in Worte zu fassen welche Gefühle einem beim Schreiben übermannen. Doch eines kann ich klar und deutlich sagen: Dieser Roman hat mich im tiefsten Punkt meines Herzens berühren können. Die Tränen, die ich zum Ende vergoß werden so schnell nicht trocknen und dies nicht nur, weil es die St. Louis mit ihren Passagieren wirklich gab, sondern weil der Autor mich selber hat mitreisen lassen. Seine eindrucksvolle, emotionale, anrührende Erzählweise gespickt mit tiefer Traurigkeit der einzelnen Seiten können einem nur schlecht loslassen. Ein Talent, wie es selten der Fall ist wird einem hier geboten.

Wenn man das Leben von Hannah verfolgt, stellt man sich wohl öfter selbst die Frage: Hat sich mein Leben bisher gelohnt oder lebe ich auch nur so dahin? Die traurige Erkenntnis dessen kann einem leicht in Bestürzung bringen. Ich persönlich hatte bei fast allen Erzählsträngen, in denen es um Hannah ging, viel Mitleid mit ihr und ihrem Leben. Ich hätte sie gerne selber in die Arme genommen und ihr Trost gespendet. Schicksalsschläge dieser Art möchte man wirklich niemanden wünschen. Einsam und allein in einer fremden Welt aufwachsen zu müssen; dort wo man sich nie heimisch fühlt, nein das kann einem schon zermürben.

Anna hat es wesentlich besser getroffen, auch wenn sie schmerzlich ihren geliebten Vater vermisst, den sie aber noch nie zu Gesicht bekam. Ein tolles Mädchen, dass man gerne ins Herz schließen und an die Hand nehmen möchte.

Zu Tränen gerührt haben mich die Momente, als sich beide endlich begegnet sind und wahrlich zum Schluss, als Hannah endlich das Kästchen öffnen konnte, welches sie von Leo erhielt. Leo, ihrer Liebe in jungen Jahren, ihrer Liebe, die sie nie wieder zu Gesicht bekam und schlussendlich doch wieder mit ihm vereint sein wird.

Besonders beeindruckt hat mich zudem, dass der Autor eine Intelligenz aufweist, wie es selten der Fall zu sein scheint. Auch wenn öfter mal einige Erzählungen nicht interessant genug erschienen, hatte ich den Eindruck dass in in jeder ihrer eine Weisheit versteckt sei.

Und dies obwohl ein paar Fragen, die ich mir stellte, doch leider unbeantwortet geblieben sind. Aber dies sind Nebensächlichkeiten und haben für mich keinen negativen Einfluss.


Eine Aussage, die mich so schnell nicht mehr loslässt:


"Ist der Mensch ein Fehlgriff Gottes? Oder Gott nur ein Fehlgriff des Menschen?"


Ich glaube da bedarf es keinerlei weiteren Worte mehr.


Fazit:

Ein wunderbar berührender Roman, der ebenso auf Fakten beruht. Mit der Geschichte um Hannah und Anna und vielen interessanten Erzählphasen macht der Autor dieses Buch zu etwas ganz Besonderem. Wer gerne emotionale, leicht erzählte und doch überragende Romane liest, sollte unbedingt zu "Das Erbe der Rosenthals" greifen. Für mich in jedem Fall ein Highlight und daher auch verdiente

4,5 Sterne !!

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Veröffentlicht am 08.01.2018

Eine grandiose Geschichte über eine unbeleuchtete Periode des zweiten Weltkriegs

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Hannah und Anna sind beide 12 Jahre alt, wachsen aber in völlig unterschiedlichen Umgebungen und zu unterschiedlichen Zeiten auf.

Hannah muss mir ihrer jüdischen Familie 1939 aus Berlin fliehen. Sie ...

Hannah und Anna sind beide 12 Jahre alt, wachsen aber in völlig unterschiedlichen Umgebungen und zu unterschiedlichen Zeiten auf.

Hannah muss mir ihrer jüdischen Familie 1939 aus Berlin fliehen. Sie besteigen die St. Louis, die die Familie über den Atlantik nach Kuba bringen soll. Mit an Bord ist Hannahs bester Freund und wichtigster Anker Leo. Obwohl beide erst 12 Jahre alt sind verbindet sie eine tiefe Vertrautheit und sie versprechen sich zusammen zu bleiben, bis sie 87 sind. Die Flucht und die Überfahrt sind geprägt von Unsicherheit und Angst. Ihre Familien geben den beiden nur wenig Halt und keiner der Beiden darf das Leben eines unbeschwerten 12jährigen Kindes führen.
Anna wächst hingegen 2014 in New York auf und bekommt ein Paket von ihrer Großtante Hannah. Sie ist die einzige verbliebene Blutsverwandte, da ihr Vater bei den Terroranschlägen am 11. September ums Leben kam. In dem Paket sind Andenken an die Zeit in Berlin und der Überfahrt nach Kuba. Sie beschließt mit ihrer Mutter nach Kuba zu fahren um persönlich mit ihrer Großtante zu sprechen und herauszufinden, was ihre Familie durchleben musste.

Beide Mädchen sind zu Beginn 12 Jahre alt. Diese Sichtweise ist mir in einem Buch noch nie begegnet, ich finde aber, dass dies einen frischen Wind in das Geschehen bringt. Nach und nach wird die Erzählweise aber immer untypischer für Mädchen in diesem Alter, was mich auch etwas gestört hat. Die Mädchen stehen in Wahrheit schon eher in der Pubertät und haben teilweise sogar sehr reife Gedanken.

Die Kapitel wechseln zu Beginn und am Ende zwischen Hannah und Anna hin und her und springen somit auch durch die Zeitebenen. Da die Kapitel recht kurz sind, bleibt das Lesen abwechslungsreich und spannend. Im Mittelteil erzählt ausschließlich Hannah 1939 von der Überfahrt nach Havanna. Auch dieser Teil ist wahnsinnig spannend und wird im Tagebuchstil geführt. Am Ende jedes Tages werden Zeitungsausschnitte oder Telegrammnachrichten abgebildet, die sich um die Überfahrt drehen. So bekommt man auch einen Einblick vom Weltgeschehen zu dieser Zeit und wie dieses das Schicksal der Passagiere beeinflusste.

Wie man sich vorstellen kann, erleben wir hier viele Schicksale, die nicht zum Besten ausgehen. Die Trauer und Unsicherheit der Protagonisten wird äußerst authentisch wiedergegeben, so dass man sich gut in deren Gefühlswelt hineinversetzen kann.

Das Schicksal der Passagiere der St. Louis beruht auf wahren Begebenheiten. Sowohl das Schiff, als auch der Kapitän und das Schicksal der meisten Passagiere auf dem Schiff fand tatsächlich so statt. Der Blick über den Tellerrand, also die Auswirkungen des zweiten Weltkrieges über die Grenzen Europas hinaus war für mich neu und deshalb äußerst interessant und spannend. In einem Buch sind mir diese Teile der Geschichte noch nie begegnet. Allerdings handelt es sich um ein äußerst wichtiges Thema, dass veranschaulicht wie Kuba, die USA und Kanada ihre Rollen im Bezug auf die Passagiere nicht wahrgenommen haben und so für viele Menschen ein indirektes Todesurteil ausgesprochen haben. Auch der Werdegang Kubas nach dem zweiten Weltkrieg wird beleuchtet, was für mich ebenfalls neu war. Es handelte sich somit (zumindest für mich) in dieser Hinsicht um eine einzigartiges Buch. Ich hoffe in anderen Werken noch mehr über die Geschichte der Überfahrt zu erfahren, da hier nur ein einzelnes Schicksal näher beleuchtet wird.

Alles in allem also ein sehr interessantes und abwechslungsreiches Buch, in dem ich jede Seite verschlingen konnte und das darüber hinaus sehr lehrreich ist und viele geschichtliche Details offenbart, über die bis jetzt leider noch viel geschwiegen wird.

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