Leserunde zu "Die Hochhausspringerin" von Julia von Lucadou

Was macht den Menschen menschlich, wenn er perfekt funktioniert?
Cover-Bild Die Hochhausspringerin
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Julia von Lucadou (Autor)

Die Hochhausspringerin

Roman

Riva ist Hochhausspringerin – ein perfekt funktionierender Mensch mit Millionen Fans. Doch plötzlich weigert sie sich zu trainieren. Kameras sind allgegenwärtig in ihrer Welt, aber sie weiß nicht, dass sie gezielt beobachtet wird: Hitomi, eine andere junge Frau, soll Riva wieder gefügig machen. Wenn sie ihren Auftrag nicht erfüllt, droht die Ausweisung in die Peripherien, wo die Menschen im Schmutz leben, ohne Möglichkeit, der Gesellschaft zu dienen. Was macht den Menschen menschlich, wenn er perfekt funktioniert? „Die Hochhausspringerin“ führt in eine brillante neue Welt, die so plausibel ist wie bitterkalt. Julia von Lucadou erzählt von ihr mit der Meisterschaft der großen Erzählungen über unsere Zukunft.

Timing der Leserunde

  1. Bewerben 02.07.2018 - 22.07.2018
  2. Lesen 06.08.2018 - 26.08.2018
  3. Rezensieren 27.08.2018 - 09.09.2018

Bereits beendet

Schlagworte

1984 Black Mirror Dave Eggers Der Circle Der Report der Magd Dystopie Futurismus George Orwell Leif Randt Margaret Atwood Mr. Robot Optimierung Schimmernder Dunst über Coby County Science Fiction spekulative Fiktion Überwachung

Teilnehmer

Diskussion und Eindrücke zur Leserunde

Veröffentlicht am 09.09.2018

Sehr lesenswerter Debütroman

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INHALT
Riva ist Hochhausspringerin - ein perfekt funktionierender Mensch mit Millionen Fans. Doch plötzlich weigert sie sich zu trainieren. Kameras sind allgegenwärtig in ihrer Welt, aber sie weiß nicht, ...

INHALT
Riva ist Hochhausspringerin - ein perfekt funktionierender Mensch mit Millionen Fans. Doch plötzlich weigert sie sich zu trainieren. Kameras sind allgegenwärtig in ihrer Welt, aber sie weiß nicht, dass sie gezielt beobachtet wird: Hitomi, eine andere junge Frau, soll Riva wieder gefügig machen. Wenn sie ihren Auftrag nicht erfüllt, droht die Ausweisung in die Peripherien, wo die Menschen im Schmutz leben, ohne Möglichkeit, der Gesellschaft zu dienen. Was macht den Menschen menschlich, wenn er perfekt funktioniert?
(Quelle: Klappentext Hanser Berlin)
MEINE MEINUNG
Mit ihrem fesselnden und sehr beklemmenden Roman „Die Hochhausspringerin“ hat Julia von Lucadou ein äußerst gelungenes Debüt vorgelegt, das mit seinem komplexen Zukunftsszenario eine faszinierende Mischung aus Dystopie, Utopie und Science Fiction darstellt.
Angesiedelt ist die Handlung in einer nicht allzu weit entfernten Zukunft in einer nicht näher benannten Metropole mit einem futuristischen Weltenentwurf, der keineswegs so weit von unserer Realität entfernt zu sein scheint. Die Autorin hat in ihrem Roman sehr anschaulich ein wahres Horrorszenario einer „Schönen Neuen Hightech Welt“ kreiert – einer durchgestylten Welt, in der Leistungsoptimierung, Erfolgsorientierung und Pflichterfüllung den Status der Menschen bestimmen und digitale Transparenz sowie extreme Überwachung den Alltag der Bevölkerung prägen.
Im Mittelpunkt der Geschichte steht die berühmte Hochhausspringerin Riva Karnovsky, die mit Fotoshootings und hochdotierten Sponsorenverträge als absoluter Megastar dieser lebensgefährlichen Trendsportart in den Medien gefeiert wird und von heute auf morgen beschließt, durch Totalverweigerung aus ihrem Leben als Vorzeigestar auszubrechen. Als eigentliche Protagonistin und Erzählerin lernen wir die junge Wirtschaftspsychologin, Hitomi Yoshida kennen. Diese hat den Auftrag erhalten, dem abtrünnigen Skydiving-Star Riva aus ihrer Krise heraus zu helfen, zu motivieren und schnellstmöglich wieder auf Linie zu bringen. Doch ihre Bewährungsprobe scheint sich in ein Desaster zu wandeln und Hitomis Leben gerät zunehmend aus den Fugen. Durch eingestreute Rückblicke in die Vergangenheit lernt man die Hauptfiguren und einige prägende Episoden aus ihrer Vergangenheit besser kennen. Äußerst faszinierend ist es, die charakterliche Weiterentwicklung und das Verhalten der beiden jungen Frauen mit zu verfolgen, die einander völlig fremd sind, deren Schicksal dennoch unzertrennbar miteinander verwoben ist. Durch die sehr distanzierte Figurenzeichnung ist es allerdings nicht einfach, sich gut in das Gefühlsleben und die Beweggründe der Hauptfiguren hinein zu versetzten, da sie sehr unnahbar, gefühlskalt und nicht übermäßig sympathisch wirken.
Nach und nach lässt uns die Autorin an der Seite von Hitomi in eine auf den ersten Blick nahezu perfekt wirkende, voll durchkommerzialisierte Welt eintauchen. Die anfänglich noch bruchstückhaften Einblicke in den Alltag enthüllen schließlich einen schockierenden Überwachungsstaat mit einer bis ins kleinste Detail durchorganisierten Klassengesellschaft. Denn der Status und die Sicherheit der auserwählten Stadtbevölkerung werden mit permanenter Überwachung, Kontrolle durch Dritte und Dokumentation erkauft. Ein Scheitern in dieser Welt geht zwangsläufig einher mit Prestigeverlust und der Ausweisung in die heruntergekommene „Peripherie“, dem Sammelbecken der unterprivilegierten Underdogs. Sehr vielgestaltig, ideenreich und stimmig hat die Autorin die verschiedenen Elemente dieser befremdlichen, emotionslosen Welt ausgearbeitet – mit Details, die teilweise auch schon in unsere Realität Einzug gehalten haben. Völlig nüchtern und ohne jegliche Wertung führt sie uns die ganze Bandbreite dieses pervertierten Lebens mit Performance-Reviews, diversen Rankings, Fitnesstrackern, Selbstoptimierung, von Algorithmen ausgearbeitete Datingseiten oder NostalgiaPorn vor Augen.
Äußerst gelungen ist der extrem nüchterne, prägnante Schreibstil der Autorin mit perfekt konstruierten Sätzen und sehr innovativ erdachten Technikbegriffen, der insgesamt hervorragend die gesamte kalte, emotionsarme Atmosphäre widerspiegelt und sehr gut zu den Hauptfiguren passt.
FAZIT
Ein fesselnder, atmosphärisch dichter Roman über eine beklemmende, düstere Zukunftsvision, die den Leser zum Nachdenken anregt. Ein sehr lesenswerter Debütroman!

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Veröffentlicht am 08.09.2018

Gehör zu un oder werd degradiert

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Ich dürfte dieses Debüt von Julia von Lucaou im Zuge einer Leserunde lesen und kommentieren. Hierfür möchte ich mich herzlich bei der Autorin und dem Verlag bedanken.
Der Roman spielt in einer Zukunft ...

Ich dürfte dieses Debüt von Julia von Lucaou im Zuge einer Leserunde lesen und kommentieren. Hierfür möchte ich mich herzlich bei der Autorin und dem Verlag bedanken.
Der Roman spielt in einer Zukunft voller Perfektionismus und Gleichförmikeit. Mittendrin und perfekt integriert ist Riva, eine populäre und sehr erfolgreich Hochhausspringerin. Sie führt ein strukturiertes Leben und genießt viele Annehmlichkeiten die mit Ihrem Beruf einhergehen. Dennoch hört sie eines Tages einfach auf. Warum springt Riva nicht mehr, trainiert nicht mehr und bricht auch mit allen sozialen Kontakten?
Hitomis Aufgabe ist es dieser Frage nachzugehen. Eigentlich keine Schwierigkeit in einer Welt voller digitaler Erfassung.

Diese Lektüre ist nichts für Zwischendurch und meilenweit von einem Unterhaltungsroman entfernt. Die Stimmung der Geschichte ist vorallem bedrückend und einengend was durch den Schreibstil noch verstärkt wird. Nur ein paar lockere Zeilen geben der Geschichte ein paar wärmende Emotionen.

Wir tauchen ein in eine Welt, die eine gnadenlose Bewertungskultur beherbergt die in alle erdenkbaren Bereiche eingedrungen ist. Es geht nicht nur um die Bewertung von Arbeitsleistung sondern auch von sehr privaten Dingen wie das Wohlbefinden oder die Partnerwahl. Das Ziel dieser Gesellschaft ist ein perfektes miteinander. Passt man sich nicht an so wird man ausgeschlossen und muss in den Peripherien leben. Eine Art Slam für Leute die nicht in die Gesellschaft passen wollen. Wir begleiten die Handlung aus der Sicht von Hitomi, die die Aufgabe hat, Riva wieder in den goldenen Käfig dieser Leistunggesellschaft zu locken. Die Autorin greift viele Aspekte der heutigen Zeit auf und spinnt Sie in einer schlüssigen und sehr beängstigenden Weise weiter. Unweigerlich überdenkt man sein eigenes Verhalten mit digitalen Medien und der eigenen Privatsphäre.

Ich kann nicht sagen das ich das Buch nicht lesenswert und durchdacht finde aber so richtig warm würde ich mit der Handlung nicht. Die Protagonisten waren mir auch allesamt unsympathisch.
Leider bleiben am Ende viele Fragen offen weshalb sich der Roman für mich unrund anfühlt.

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Veröffentlicht am 08.09.2018

Interessant und wichtige Lektüre!

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Ich erhielt dieses Buch vom Verlag und der Lesejury für eine Leserunde. Ich hatte keine Erwartungen und fand die Idee einfach wundervoll, aber vor allem interessant. Ein Thema, was viele vielleicht im ...

Ich erhielt dieses Buch vom Verlag und der Lesejury für eine Leserunde. Ich hatte keine Erwartungen und fand die Idee einfach wundervoll, aber vor allem interessant. Ein Thema, was viele vielleicht im Kopf haben, jedoch nicht weiter denken und es dann wieder beiseite tun.


Die Autorin hat einen tollen bildlichen Schreibstil und ich konnte das Buch nicht beiseite legen. Immer wieder habe ich während des Lesens mir auch so meine Gedanken gemacht.


Ob sich es in der Welt jemals so entwickelt, wie die Autorin es zu Papier gebracht hat? Ich finde einiges sehr erschreckend, wobei ich mir wirklich vorstellen kann, das es dann auch so passiert.


Riva - hat alles und kann alles - doch eines Tages will sie einfach nicht mehr. Was wird passieren?


Eine Psychologin soll Riva motivieren, das sie dort weitermacht wo sie aufgehört hat. Doch kann die Psychologin das mit ihrem Gewissen vereinbaren oder wird sie aufgeben und Riva in ihrem Weg unterstützen?


Eine Welt ohne Gefühle und Beziehungen - so stellt die Autorin es dar in diesem Buch. Für mich unvorstellbar und es bedrückt mich auch, wenn es wirklich einmal so wird in der Welt.


Überwachung der Leistungen und des Menschen - ein wirklich großes Thema - was der Autorin absolut gelungen ist in diesem Buch zu vereinbaren. Sehr gern würde ich noch mehr von der Autorin lesen.

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Veröffentlicht am 03.09.2018

Düstere und kalte Zukunftsversion

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und kalte Zukunftsversion
Im Rahmen einer Lesung durfte ich ein Exemplar der Hochhausspringerin bekommen und war von Anfang an etwas gespalten. Es ist kalt, es ist unpersönlich und trotzdem kann man nicht ...

und kalte Zukunftsversion
Im Rahmen einer Lesung durfte ich ein Exemplar der Hochhausspringerin bekommen und war von Anfang an etwas gespalten. Es ist kalt, es ist unpersönlich und trotzdem kann man nicht aufhören zu lesen. Liegt es daran, dass diese Zukunftsversion nicht so weit weg ist von unserer Realität und wir gewissen Bereiche bereits im Ansatz erkennen oder ist die Vorstellung, das es so werden könnte, einfach nur schrecklich.


zur Geschichte: Riva ist eine Hochhausspringerin mit sehr vielen Fans, die jedes Detail Ihres Lebens oder Ihrer Launen kennen und täglich darauf warten etwas neues vorgesetzt zu bekommen. Als talentiertes Kind aus den armseligen Randzonen entdeckt, wurde ihre Karriere schnell ausgebaut, doch plötzlich funktioniert Riva nicht mehr wie sie soll und weigert sich strikt, weiter zu trainieren oder auch nur sich aus Ihrem goldenen Zimmer zu bewegen. Eine Firma bestehend aus Psychologen wird dazu eingesetzt, Riva wieder auf die Spur zu bringen. Es wird der erste größere Auftrag für Hitomi, auf die ein sehr großer Erfolgsdruck ausgeübt wird.....

Es ist ein sehr düsterer und schwer zu beschreibender Roman, der sich mit dem Zwiespalt auseinandersetzt, den beide Frauen ertragen und mit dem Druck der auf beiden Frauen lastet, umzugehen. Die Geschichte ist flüssig geschrieben und der Schreibstil sicher gewöhnungsbedürftig. Ich war noch nie so Hin und Hergerissen zwischen furchtbar, und ich muss wissen wie das ausgeht.

Riva, die wirklich leidet und die mit nichts aus Ihrer Dämmerung herauszubekommen ist, als auf der anderen Seite Hitomi, die so in diese Welt eingewebt ist, dass sie sich selbst für eigene kleine Fehler in ihrem Computer einträgt. Es gibt die Welt im Zentrum, die um die Stars herum lebt, und eine andere Welt außerhalb, in der der Rest der Menschheit lebt aber völlig ohne Bedeutung oder ohne Luxus bleibt.

Für 5 Sterne fehlt mir die Überzeugung ein absolutes Highlight gelesen zu haben aber sonst ist dieses Buch, in jeder Hinsicht, einfach außergewöhnlich und wirklich schnell zu lesen.

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Veröffentlicht am 03.09.2018

Dystopisches Debüt

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Julia von Lucadou führt die Leser ihres Debüts in eine düstere, kalte dystopische Welt. Die titelgebende Hochausspringerin Riva wird – ohne ihr Wissen – von der Psychologin Hitomi betreut. Riva befindet ...

Julia von Lucadou führt die Leser ihres Debüts in eine düstere, kalte dystopische Welt. Die titelgebende Hochausspringerin Riva wird – ohne ihr Wissen – von der Psychologin Hitomi betreut. Riva befindet sich in einer Krise – sie springt nicht mehr, funktioniert nicht mehr und das ist in der im Buch beschriebenen Welt weder vorgesehen noch akzeptabel. Aus dem Hintergrund versucht Hitomi Riva wieder auf die Spur zu bringen, wobei sie immer mehr in Riva Welt versinkt.
Die Handlung des Buches ist übersichtlich – aus Hitomis Sicht wird die Zeit ihrer Betreuung (Überwachung?) Rivas berichtet. In einigen Rückblicken erfährt man auch mehr über die Person Hitomi, die (anders als der Klappentext vielleicht vermuten lässt) in diesem Buch noch vor Riva im Mittelpunkt steht.
Der Fokus des Romans liegt meiner Meinung nach eher auf der dystopischen Welt und dem psychologischen Aspekt, wenn Hitomi sich immer mehr in Rivas Leben reinsteigert. Eine actiongeladene Handlung, die der eine oder die andere bei dem Titel erwarten mag, sucht man vergebens. Die Welt, in der Riva und Hitomi leben, wird nicht detailreich beschrieben, sondern eher subtil. Am Ende werden nicht alle Details aufgeklärt. Ich bin nicht wirklich ein Fan von einer solch offenen Beschreibung, fand sie hier aber passend, obwohl ich gerne noch mehr handfestes über diese fremde Welt erfahren hätte.
"Die Hochausspringerin" regt auch zum Nachdenken an über unserer Technik- und Mediennutzung und wohin diese sich noch entwickeln kann. Ist die hier beschriebene Realität in dieser Hinsicht wirklich so überspitzt oder Zukunftsmusik, wie man zunächst glauben mag?
Ein gelungenes Debüt, das den Leser zum Nachdenken anregt.

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