Keine Leseempfehlung - kein Thrill!
Rezension „Pfad der Lügen“ von Lucy Dawson
Fakten zum Buch
Erscheinungstermin: 28.09.2018
Verlag: BasteiLübbe
Seitenzahl: 432
„Pfad der Lügen“ durfte ich vorab im Rahmen einer Leserunde der Lesejury ...
Rezension „Pfad der Lügen“ von Lucy Dawson
Fakten zum Buch
Erscheinungstermin: 28.09.2018
Verlag: BasteiLübbe
Seitenzahl: 432
„Pfad der Lügen“ durfte ich vorab im Rahmen einer Leserunde der Lesejury lesen. Vielen Dank für das Bereitstellen des Leseexemplars.
Du gehst ins Bett, wie jeden anderen Abend auch. Du wachst in einem Taxi auf. Über 250 Meilen von zu Hause entfernt. Du hast keine Ahnung, wie du dort hingekommen bist, und keine Erinnerung an die letzten Stunden. Du hast kein Telefon, kein Geld; nur einen Abschiedsbrief in deiner Manteltasche, den du selbst geschrieben hast. Du weißt, dass du keinen Selbstmord geplant hast. Aber deine Familie und Freunde denken, du lügst.
Wer will dein Leben zerstören, und vor allem warum?
Lucy Dawson schreibt in „Pfad der Lügen“ über Sally, eine überlastete Ehefrau und Mutter zweier Kinder, die ohne Erinnerungen an die letzten Stunden in einem Taxi auf den Klippen Cornwalls zu sich kommt.
Amnesie ist ein beliebtes und häufig besprochenes Thema von Thriller- und Krimi-Autoren/innen. Je nachdem wie der Plot um den Gedächtnisverlust gestrickt ist, kann man auch das zehnte Buch dazu lesen, ohne sich zu langweilen. Hier ist es der Autorin meines Erachtens jedoch nicht gelungen, die Spannung der ersten Seiten aufrecht zu erhalten. Nachdem Sally förmlich aus dem Taxi gestoßen wird, versucht sie sich zu orientieren und stolpert dabei dem Abgrund entgegen. Ein besorgter Spaziergänger wiederum deutet dies als Suizidversuch und alarmiert die Rettungskräfte. Dies ist der Beginn des oft schwerfälligen Thrillers. Sally, die sich nicht daran erinnern kann, wie und warum sie überhaupt in das Taxi kam, ist mit der Situation deutlich überfordert - genauso wie mit ihrem „vorherigen“ Leben als Mutter und Ehefrau. In Sally´s Ehe läuft es schon länger nicht gut. Ihr Baby, Sohn Theo, schläft kaum und stresst somit die restliche Familie gewaltig. Auch Sally´s Ehemann Matthew wirkt sichtlich überfordert und ist seiner Frau keine große Hilfe im Alltag mit den Kindern. Als die Angehörigen von Sally´s Selbstmordversuch erfahren, reagieren alle entsetzt, aber nicht wirklich überrascht. Keiner glaubt Sally, dass sie sich nicht umbringen wollte. Immerhin spürte ihr Umfeld die Überforderung der zweifachen Mutter deutlich. Einzig die Schwiegermutter, Caroline, ist eine psychische Stütze, da sie verständnisvoll zuhört und ebenfalls nicht an einen Suizidversuch glaubt.
Viele der Charaktere in „Pfad der Lügen“ bleiben leider blass. Matthew scheint seiner Frau nicht zuzuhören und wirkt oftmals egoistisch. Seinen Charakter kann ich aber selbst nach dem Lesen immer noch nicht einschätzen. Sein Gefühlsleben sowie seine Bewegründe, Dinge zu tun oder zu lassen, bleiben verborgen. Noch weniger erfährt man über Sally´s Bruder. Er ist für Sally eine der wichtigsten Personen in ihrem Leben, aber man erfährt auch hier kaum etwas über die geschwisterliche Beziehung. Sally´s beste Freundin tritt fast nur per SMS und Telefon in Erscheinung. Eine beste Freundin, die nicht vorbei kommt, obwohl Sally Hilfe und mentale Stützen bräuchte? Seltsam. Sally´s Eltern kommen nach dem angeblichen Selbstmordversuch zwar vorbei, bleiben aber auch nur Randfiguren. Ihren Vater hätte man komplett aus dem Skript streichen können und würde nichts vermissen. Ihre Mutter wiederum unterstützt ihre Tochter zwar im Umgang mit den Kindern, verhält sich aber sonst auch eher wenig konstruktiv. Sie bevormundet ihre Tochter ständig und trägt sonst kaum zur Handlung bei. Ich fand lediglich den Charakter der zukünftigen Schwägerin, Kelly, wirklich interessant. Kelly und Sally können sich seit ihrer ersten Begegnung nicht leiden. Ganz zum Unmut von Sally taucht die gehasste Schwägerin jedoch nun immer öfter in ihrem Leben auf. Dabei zeigen sich beide Frauen nicht von ihrer besten Seite. Die Fehde zwischen den beiden verlieh der Geschichte wenigstens etwas Schwung. Auch Sally als Hauptfigur ist weder sonderlich sympathisch, noch hinterlässt sie auf andere Art und Weise bei mir einen bleibenden Eindruck. Das Einzige, was während des Lesens überdeutlich wahrzunehmen ist, ist die mütterliche Überfürsorge bezüglich ihrer Kinder Theo und Chloe.
Das Buch wird aus Sicht von Sally, der Helikopter-Mutter, erzählt. Das war für dieses Buch und die Spannung, die einen Thriller ausmachen sollte, in meinen Augen nicht wirklich förderlich. Kann man anfangs die Verwirrung und Verzweiflung von Sally noch nachvollziehen und die angespannte Lage förmlich spüren, so entwickelt sich dies jedoch während des Buchs immer mehr zu purer Langeweile. Immerzu wiederholt die Autorin die Ereignisse und lässt ihre Protagonistin alles hinterfragen. So dreht sich Sally mit ihren Vermutungen während des ganzen Buchs im Kreis. Anfangs habe ich das noch als stilistisches Mittel der Autorin verstehen wollen. Aber spätestens ab der Hälfte des Buchs war die anfangs herrschende Spannung vollends dadurch zerstört. Überhaupt passiert in diesem Buch nichts. Die komplette Geschichte kann man ohne Probleme auf einer halben Seite zusammenfassen. Es gibt keine schaurigen, nervenzerfetzenden, geheimnisvollen oder überraschenden Abschnitte. Es ist ein pures Aneinanderreihen von: „Warum weiß ich nichts mehr?“, „Wer hat mir das angetan?“ und „Oh je, meine armen Kinder!“.
Auch die letzten Seiten des Thrillers waren für mich unglaublich enttäuschend. Die „Auflösung“ der Amnesie und der merkwürdigen Ereignisse war viel zu kurz. Viel zu schnell und hektisch wurde hier zu Ende erzählt. Es wurden keine Handlungsstränge verwoben, um sie am Ende des Buches zu entwirren. Die Auflösung und die letzten Seiten wirkten für mich einfach plump ohne großes Nachdenken umgesetzt. Es war viel zu wenig überraschend. Es war viel zu wenig von allem, was „Thriller“ sein sollte.
*
Dieser Thriller hatte leider keine Überraschungen und hielt die anfangs aufgebaute Spannung bei mir nur kurze Zeit aufrecht. Der Schreibstil der Autorin war solide, sticht aber sprachlich auch keinesfalls aus der Masse hervor. An einigen Stellen gab es Wortwiederholungen und kleinere Fehler, die mich zusätzlich gestört haben. Cover und Klappentext ließen mich hier einen klasse Thriller vermuten, leider konnte ich ihn in den Zeilen der Autorin nicht finden. Von mir gibt es keine Leseempfehlung.