Leserunde zu "Agathe" von Anne Cathrine Bomann

Eine Geschichte über Nähe und Freundschaft, Liebe und Verbindlichkeit
Cover-Bild Agathe
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Anne Cathrine Bomann (Autor)

Agathe

Franziska Hüther (Übersetzer)

Ein alternder Psychiater zählt die Tage bis zu seinem Ruhestand. Bald wird er die Türen seiner Praxis für immer hinter sich schließen.. Doch eine letzte Patientin lässt sich nicht abwimmeln. Und die Gespräche mit Agathe verändern alles: Neue Freundschaften scheinen plötzlich möglich, neue Wege, neue Zuversicht. Eine universelle Geschichte über Nähe und Freundschaft, Liebe und Verbindlichkeit – elegant und zeitlos, voll meditativer Zärtlichkeit und subtilem Humor.

Timing der Leserunde

  1. Bewerben 10.12.2018 - 01.01.2019
  2. Lesen 14.01.2019 - 27.01.2019
  3. Rezensieren 28.01.2019 - 10.02.2019

Bereits beendet

Schlagworte

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Teilnehmer

Diskussion und Eindrücke zur Leserunde

Veröffentlicht am 01.02.2019

Novelle

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Eines vorweg: Indem der Verlag das kleinformatige, nur 155 Seiten währende Büchlein als Roman bezeichnet, tut er der Geschichte Unrecht und weckt falsche Erwartungen. Meiner Meinung nach haben wir es hier ...

Eines vorweg: Indem der Verlag das kleinformatige, nur 155 Seiten währende Büchlein als Roman bezeichnet, tut er der Geschichte Unrecht und weckt falsche Erwartungen. Meiner Meinung nach haben wir es hier mit einer Novelle zu tun, wie sie ab dem 19. Jahrhundert definiert wurde.
Der namenlose Protagonist, ein 71jähriger Psychiater, praktiziert Ende der 40er Jahre in einem Pariser Vorort noch immer. Am Leben nimmt er wenig Anteil und zählt die noch verbleibenden Therapiegespräche ungeduldig rückwärts. Doch wie es im Ruhestand weitergehen soll, davon hat er keine Vorstellung. Seine Vergangenheit bleibt zu großen Teilen im Dunkeln. Selbst seine Sekretärin Mme Surrugue, die seit Jahrzehnten für ihn arbeitet, ist ihm fremd geblieben. Als Mme Surrugue gegen seinen Willen einer weiteren Patientin, der 38jährigen Agathe, Termine einräumt, wird wie von Zauberhand ein Prozess eingeleitet, der das Leben des Protagonisten von Grund auf auf den Kopf stellt.
Der dänische Autorin, ebenfalls Psychologin, gelingt das Kunststück, in schwebend-leichten Sätzen Wehmut und Melancholie wachzurufen. Wer wie ich die Geschichte als Novelle liest, wird dies genießen können und sich zum Nachdenken über das Leben anregen lassen. Wer die Tiefgründigkeit und Detailvielfalt eines Romans in der Geschichte sucht, wird sie unweigerlich vermissen müssen.

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Veröffentlicht am 01.02.2019

Risse im Einheitsgrau

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„Agathe“ lässt mich am Leben eines alternden, desillusionierten, namenlosen Psychiater teilhaben. Sein Ruhestand steht kurz bevor, er zählt die Sprechstunden, welche noch zu leisten sind. Er erfüllt vermeintlich ...

„Agathe“ lässt mich am Leben eines alternden, desillusionierten, namenlosen Psychiater teilhaben. Sein Ruhestand steht kurz bevor, er zählt die Sprechstunden, welche noch zu leisten sind. Er erfüllt vermeintlich gängige Klischees, was ihn auf den ersten und zweiten Blick nicht ansatzweise sympathisch macht.

Entsprechend abweisend reagiert er, als seine Sprechstundenhilfe, Mme Surrugue, ihm die dringende Anfrage einer neuen Patientin, Agathe, übermittelt. Agathe lässt sich jedoch nicht abweisen und ergattert schließlich doch einen Termin. Irgendetwas an seiner neuen Patientin rührt den Psychiater an, so dass sich heimlich kleine Risse in der Fassade des Mannes bilden, um stellenweise aufzubrechen. Und plötzlich erscheint der Protagonist in neuem Licht…

Anne Cathrine Bomann legt mit ihrem anmutigen, kleinen, handlichen Buch eine lesenswerte Geschichte in meine Hände, welche behutsam ihre wahre Größe entfaltet. Sprachlich verliert sich die anfängliche Schwere und weicht – auch unter Einflechtung tragisch-komischer Begebenheiten – nach und nach einer zarten Leichtigkeit. Das Buch endet in einem wunderbar gewählten Moment. Dies eröffnet meiner Phantasie Spielraum. Das Gelesene wirkt in mir nach und begleitet mich eine Weile. Ein wunderbares Buch.

Anne Cathrine Boman, Agathe, gebundene Ausgabe, Romane & Erzählungen, hanserblau Verlag, 16,00 €, 160 Seiten, Erscheinungstermin 28.01.2019

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Veröffentlicht am 31.01.2019

"Ich habe noch nie jemanden geliebt." - oh je

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Inhalt: Beinahe zweiundsiebzig ist er nun und glaubt, dass es Zeit wird in seinen wohlverdienten Ruhestand zu gehen. Er zählt die noch ausstehenden Therapiestunden bis es endlich soweit ist. Eines guten ...

Inhalt: Beinahe zweiundsiebzig ist er nun und glaubt, dass es Zeit wird in seinen wohlverdienten Ruhestand zu gehen. Er zählt die noch ausstehenden Therapiestunden bis es endlich soweit ist. Eines guten Tages kommt eine junge Frau in die Praxis und verlangt einen Termin. Es macht keinen Sinn jetzt noch neue Patienten aufzunehmen, so denkt er. Er könne schließlich die Therapie nicht zu Ende bringen. Doch Agathe ließ sich nicht abwimmeln. Für sie kam nur er als "Retter" in Frage. Also gut, er ließ sich überreden. Doch irgendetwas veränderte sich in seinem Leben. Agathe schien ihm irgendwie die Augen zu öffnen.

Wertung: Eine wundervolle Geschichte voller Psychologie und Philosophie. Hier werden tiefe Abgründe erkundet und wichtige Fragen durchdacht. Und das, in einer überwältigend kurzen und emotionalen Geschichte. Jedes Kapitel lässt den Leser in sich versunken zurück, gibt Anlass in sich selbst zu schauen und zu analysieren, bestärkt in Mut und Kraft und verändert den alltäglichen Gedankenfluss.
Herrlich kurz und vital wird hier das traurige Alltagsleben eines betagten Psychiaters beschrieben, mit all seinen Ängsten und Sorgen. Animiert durch seine Therapiestunden mit Agathe, scheint sich seine Gefühlswelt zu öffnen und neu anzuordnen. Er nimmt wahr und registriert Dinge, die ihm bisher uninteressant schienen. Er baut Beziehungen auf, zu denen er bisher schier unfähig war. Seine Lebensgeister scheinen sich zu regen.
Traurig und auch humorvoll ist diese Geschichte verpackt. Und trotz Mangel an Spannung doch ein packendes Lesevergnügen. Schon allein diese wunderschöne Gestaltung der äußeren Aufmachung verleitet dazu, dieses Buch in die Hand zu nehmen und es zu bestaunen.

Fazit: Auch wenn dieses Buch nur 156 Seiten besitzt, ist es doch ein Buch zum verweilen. Wer Humor, Dramatik und Tiefgründigkeit in Eins mag, sollte unbedingt zu diesem Werk greifen.
Ich liebe es und werde es mit Sicherheit noch einige Male lesen und durchdenken.

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Veröffentlicht am 31.01.2019

Melancholisch und feinsinnig

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Ein kleines, feines Büchlein. Ein vielversprechendes Debüt.

Ein 72-jähriger, ausgebrannter Psychiater und seine allerletzte Patientin, Agathe, die sich einfach nicht abwimmeln lassen will. Agathe scheint ...

Ein kleines, feines Büchlein. Ein vielversprechendes Debüt.

Ein 72-jähriger, ausgebrannter Psychiater und seine allerletzte Patientin, Agathe, die sich einfach nicht abwimmeln lassen will. Agathe scheint erst eine Patientin wie jede andere, doch bald verändert sich etwas in der Beziehung zwischen den beiden.
Im Vordergrund der Geschichte steht in erster Linie jedoch nicht die Patientin, wie es der Titel vermuten lassen würde, sondern der Psychiater selbst, von dem wir keinen Namen erfahren. Dieser ist in höchstem Maße einsam. Hat weder Familie noch Freunde, eigentlich überhaupt keinen Kontakt zu Menschen außerhalb seiner Praxis, zumindest erfahren wir nichts desto gleich. Und auch bei seiner Arbeit ist er zunehmend überfordert und geradezu genervt von den Problemen seiner Patienten. So zählt er beständig die noch verbleibenden Termine bis zum baldigen Ruhestand. Doch was kommt eigentlich danach?

Die Geschichte spielt in einem Pariser Vorort, 1948. Etwas seltsam mutet es daher an, dass der Krieg und seine Auswirkungen mit keinem Wort erwähnt werden und scheinbar überhaupt keine Rolle spielen. Die Autorin konzentriert sich offensichtlich voll und ganz auf das Seelenleben ihrer Protagonisten. Die Handlung wirkt somit zeitlos und würde in jedem beliebigem Rahmen gleich verlaufen. Vollkommen losgelöst von allen möglichen äußeren Umständen. Auch viele wichtige Hintergrundinformationen, zum Leben des Psychiaters etwa, fehlen komplett.

Sprachlich hat mir das Büchlein hervorragend gefallen. Locker zu lesen, dabei aber verspielt und tiefsinniger als auf den ersten Blick vermutet, trifft die Autorin Lebensweisheiten auf den Punkt. Mit wenigen Worten vermag sie viel zu sagen. Eine nachdenkliche, melancholische Grundstimmung bleibt zurück.

Insgesamt ungewöhnlich, aber durchaus empfehlenswert!


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Veröffentlicht am 30.01.2019

Klein aber fein!

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Obwohl das Buch nach Agathe benannt ist, spielt sie eher eine Nebenrolle in diesem kleinen Büchlein.
Der Erzähler und gleichzeitig Protagonist dieses Romans ist ein fast 72jähriger Psychologe oder Psychiater. ...

Obwohl das Buch nach Agathe benannt ist, spielt sie eher eine Nebenrolle in diesem kleinen Büchlein.
Der Erzähler und gleichzeitig Protagonist dieses Romans ist ein fast 72jähriger Psychologe oder Psychiater. Nach jahrzehntelanger tlw. eintöniger getaner Arbeit ist er eindeutig müde und vor allem geistig erschöpft vom täglichen Geschäft. Er interessiert sich kaum noch für seine Patienten und lässt die Gespräche über sich ergehen, während er die Zahl der noch zu bewältigenden Gespräche akribisch zurück zählt wie einen Countdown. Er hat sich vorgenommen, nach seinem 72. Geburtstag die Praxis zu schließen und in den Ruhestand zu gehen.
An diesem Punkt betritt Agathe seine Praxis und auch sein Leben. Obwohl er keinen neuen Patienten mehr aufnehmen will setzt sie sich durch und erkämpft sich einen regelmäßigen Platz in seinem Terminkalender.
Das Buch spielt 1948 in einem Pariser Vorort, was bei der Lektüre zu berücksichtigen ist.
Man beginnt dieses Buch zu lesen und ist zunächst etwas verwirrt vom Protagonisten der Geschichte, weil man seinen Gedankengängen leicht befremdet gegenüber steht. Es hat erst einmal so gar nichts Angenehmes an sich, wenn man begreift, dass ihn seine Patienten überhaupt nicht mehr berühren. Er be- und verurteilt sie teilweise und hat ganz offenbar auch nicht den Hauch von Lust, ihnen bei ihren Problemen zu helfen. Er ist zutiefst davon überzeugt, es auch gar nicht zu können und in mancher Situation einfach nur hilflos überfordert.
Warum Agathe überhaupt den Prozess einer Veränderung in ihm anzuwerfen vermag, das bleibt ein Geheimnis dieses Buches. Ist es ihr Parfum oder ihre Verbissenheit bei der Terminplanung, etwas an ihrer äußeren Erscheinung oder Seelenverwandtschaft - man weiß es auch nach der Lektüre nicht. Auf jeden Fall kommt etwas ins Rollen und man erlebt die Veränderung des Erzählers in kleinen, bewegenden Schritten mit.

Die Sprache dieses Buches ist sehr angenehm zu lesen. Keine extralangen, verschachtelten Sätze, dafür jedoch sehr schöne, fast poetische Sätze. Immer ein klein wenig melancholisch laden sie trotzdem auch ein, die eigenen Gedanken auf den Weg zu schicken. Es ist definitiv ein Buch, das man langsam genießen möchte und nicht verschlingt wie einen Pageturner. Ganz im Gegenteil fiel mir irgendwann auf, dass ich es bewusst langsam las und manches Mal auch zurück blätterte, weil ich eine Stelle noch einmal lesen wollte. Um alles ganz genau mitzubekommen und nichts zu verpassen. Denn dieses Buch bietet reichlich Raum für eigene Spekulationen. Vieles bleibt ungeklärt und auch das Ende passt sich dem an. Es bietet Platz für einige Möglichkeiten, die passieren könnten.
Obwohl die Geschichte vom Protagonisten erzählt wird sind die übrigen Charaktere sehr gut dargestellt und ausgeformt. So weit das eben geht, wenn man sie nur von jemandem beschrieben bekommt, der sie nur von außen betrachten kann.
Man hat das Gefühl, dass jeder Satz genau so da steht, wie er stehen muss. Nichts ist zu viel geschrieben sondern auf das Wesentliche fokussiert. Alles Unnötige wird vermieden aber wenn nötig auch eine Kleinigkeit genau beschrieben.
Es berührt den Leser, ohne auch nur einmal kitschig zu werden. Stattdessen bietet es einige Aha-Effekte dank kleiner, philosophisch anmutender Gedankengänge oder Dialoge. Es handelt auch von Liebe, aber es ist alles andere als ein Liebesroman. Man kann es schlecht beschreiben - man muss es schon lesen...

Mir hat das Buch wirklich gut gefallen. Obwohl ich mir 100 Seiten mehr gewünscht hätte, die durchaus für weitere Informationen an den neugierigen Leser hätten genutzt werden können.

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