Kein Edelstein im Bücherregal
Ceylon 1935: Die ungewollt kinderlose Louisa lebt mit ihrem Mann ein scheinbar perfektes Leben. Wie fragil das schöne Kartenhaus jedoch ist, zeigt sich als Elliot unerwartet verstirbt. Nach und nach kommen ...
Ceylon 1935: Die ungewollt kinderlose Louisa lebt mit ihrem Mann ein scheinbar perfektes Leben. Wie fragil das schöne Kartenhaus jedoch ist, zeigt sich als Elliot unerwartet verstirbt. Nach und nach kommen Details über sein Doppelleben ans Licht: Spielschulden, Betrügereien und eine jahrelange Affäre samt unehelichem Sohn. Tief verletzt versucht Louisa sich aus den Scherben ein neues Leben aufzubauen….
Die Grundidee dieses Romans hat mir sehr gut gefallen, die Umsetzung war dann bei vielen Punkten nicht schlüssig. Der Text wirkt unfertig, unausgearbeitet. Es werden viele Vermutungen angestellt, Fragen aufgeworfen – und dann nicht beantwortet, so als hätte die Autorin während des Schreibens manche Ideen verworfen oder schlicht vergessen, diese Fragen aufzuklären. Spannung scheint zu entstehen und wird gleich darauf wieder aufgelöst. Selbst die Liebesgeschichte kann überhaupt nicht überzeugen – es knistert an keiner Stelle, die Figuren bleiben seltsam distanziert. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal am Ende eines Buches eine solche Vielzahl an Fragezeichen im Kopf hatte, man fragt sich unwillkürlich, wie es dieser Text durch das Lektorat geschafft hat.
Louisas Handlungen konnte ich im Verlauf der Handlung immer weniger nachvollziehen. Dabei kritisiere ich vor allem zwei Punkte, einerseits ihre völlige Unbedarftheit in Bezug auf finanzielle Angelegenheiten und andererseits ihren unrealistischen Altruismus. Mal ehrlich: Welche ungewollt kinderlose Frau würde die kranke Geliebte ihres toten Mannes pflegen, die sie a) gerade erst kennengelernt hat und die b) 8!! ganze Jahre eine Affäre mit diesem Mann hatte und dazu noch ein Kind von ihm? Für die sie sogar selbst die Wohnung putzt, obwohl sie für diese Arbeiten fürs eigene Haus eine Reihe von Hausangestellten hat?
Für mich nicht nachvollziehbar, da ich es in der beschriebenen Situation für moralisch vertretbar halte, wenn die betrogenen Ehefrau nichts mit dem Doppelleben ihres Mannes zu tun haben will. Louisa sollte wohl als starke Frau dargestellt werden, die man bewundern sollte, aber bei mir ist nur das Bild einer sehr hilfsbereiten aber lebensfernen Frau entstanden, die in mancherlei Hinsicht ihrer Zeit weit voraus ist und gleichzeitig in wichtigen Fragen komplett inaktiv bleibt. Die übrig gebliebenen Probleme löst dann die Autorin bereitwillig ohne Louisas Zutun, beispielsweise verzichtet die grauenhafte Schwiegermutter gegen Ende überraschenderweise auf das Sorgerecht, genauso unerwartet gibt ein ehrlicher Arbeiter eine große Geldsumme ab.
Eine Freundin erzählte mir einmal, dass sie ihren Job verlieren würde und schwenkte dann im selben Gespräch um auf einen Hauskauf mit hohem Kredit, den sie zeitnah in Angriff nehmen wolle. Von Louisas Handlungen zu lesen, löste bei mir über weite Strecken dieselben Gefühle aus: obwohl man die Gründe des Verhaltens – mal mehr mal weniger - nachvollziehen kann, fragt man sich, wieso jemand den zweiten Schritt vor dem ersten macht – und wartet auf den großen Knall. Als Zuschauer zum Warten verdonnert, steigt man irgendwann gefühlsmäßig aus, sobald sich abzeichnet, dass nicht mehr viel passieren wird, was nicht vorhersehbar ist.
Aus diesen Gründen bin ich bei der Bewertung dieses Romans zwiegespalten – man hätte aus dieser Idee einen wirklich guten Roman machen und ich fand schade, dass sich die Geschichte ab der Hälfte vor allem auf den Jungen konzentriert. Weder über Land und Leute noch über das Edelsteinhandwerk erfährt der Leser nennenswertes. Das Cover jedoch ist wunderschön, der Schreibstil ist unglaublich bildlich und gefällt mir sehr gut. Zudem liest sich die Geschichte flüssig und bietet zumindest in der ersten Hälfte gute Unterhaltung.