Leserunde zu "Die Unvollkommenen" von Theresa Hannig

Totale Überwachung, Diktatur und künstliche Intelligenz
Cover-Bild Die Unvollkommenen
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Mit Autoren-Begleitung
Theresa Hannig (Autor)

Die Unvollkommenen

Roman

Bundesrepublik Europa, 2057: Es herrscht Frieden in der Optimalwohlökonomie, einem lückenlosen Überwachungssystem, in dem mithilfe von Kameras, Linsen und Chips alles erfasst und gespeichert wird. Menschen und hochentwickelte Roboter sollen Seite an Seite leben. Störenfriede werden weggesperrt.

So auch die Systemkritikerin Lila. Als sie im Gefängnis aus einem künstlichen Koma erwacht, stellt sie fest, dass ihr schlimmster Albtraum wahr geworden ist: Die BEU wird von einer KI regiert. Samson Freitag wird als Gottkönig verehrt und erpresst von den Bürgern optimalkonformes Verhalten. Für Lila steht fest, dass sie Samsons Herrschaft und die Entmündigung der Menschen beenden muss. Ihr gelingt die Flucht, doch Samson spürt sie auf und bietet ihr einen Deal an, den Lila nicht ausschlagen kann ...

Timing der Leserunde

  1. Bewerben 06.05.2019 - 26.05.2019
  2. Lesen 10.06.2019 - 30.06.2019
  3. Rezensieren 01.07.2019 - 14.07.2019

Bereits beendet

Teilnehmer

Diskussion und Eindrücke zur Leserunde

Veröffentlicht am 10.07.2019

unser Leben in ca. 40 Jahren - KI, technische Überwachung und die Entscheidung des Einzelnen

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„Die Unvollkommenen“ von Theresa Hannig ist die Fortsetzung von „Die Optimierer“ und schließt direkt an das Buch an, auch wenn einige Jahre vergangen sind. Man kann den zweiten Teil auch gut lesen, ohne ...

„Die Unvollkommenen“ von Theresa Hannig ist die Fortsetzung von „Die Optimierer“ und schließt direkt an das Buch an, auch wenn einige Jahre vergangen sind. Man kann den zweiten Teil auch gut lesen, ohne den ersten zu kennen, denn es gibt in den ersten Kapiteln alle Informationen, die man benötigt, um den Plot zu verstehen. Ich kannte „Die Optimierer“ vorher nicht, denke aber, dass man so einige Details besser schätzen wird, wenn man den ersten Teil bereits kennt.

Lila, die Protagonistin, wacht nach fünf Jahren aus einem künstlichen Koma auf und muss sich mit einer neuen Gesellschaftsstruktur auseinandersetzten. Die Optimalwohlökonomie wird von einer künstlichen Intelligenz regiert. Und diese KI hat Gottähnliche Ausmaße. Sie wird von den integrierten Bürgern angebetet, von den Menschen, die sich dieser Technisierung nicht anschließen wollen, gehasst und bekämpft. Es gibt auch noch weitere Gruppierungen, die ebenfalls versuchen, das Geschehen zu ihren Gunsten zu beeinflussen.

Ich bin recht unvoreingenommen an dieses Buch herangegangen und war von der Welt, die die Autorin kreiert hat, die im Jahr 2057 spielt, also in knapp 40 Jahren, erschreckt. Sie hat Entwicklungen konsequent aufgenommen und weitergesponnen. Beim lesen habe ich mich immer wieder gefragt, ob ich in so einer Gesellschaft leben möchte und konnte ganz klar sagen, dass ich zu den Menschen gehören möchte, die sich nicht von der Technik einlullen lassen. Allerdings denke ich auch, dass diese Entwicklung schleichend einher geht und man es vielleicht gar nicht merkt, bevor es zu spät ist ?.

Auf jeden Falls gibt dieses Buch sehr viele Denkanstöße, lässt einen Innehalten und reflektieren, was mir an diesem Buch sehr gut gefallen hat. Nicht alles hat mich überzeugt, so sind einige Entwicklungen mir nicht 100%ig schlüssig vorgekommen und ich hätte gerne noch viel mehr über die Welt, die Theresa Hannig dort entworfen hat, erfahren wollen. Lilas Entwicklung hat mir dabei gut gefallen. Vor allem ist klar geworden, dass sie ihre Handlung gut überdenken musste, da sie doch so große Auswirkungen hat. Das Ende hätte gerne noch etwas mehr ausgeschmückt werden können. Allerdings haben wir Leser so die Chance, unserer Fantasie freien Lauf zu lassen….

Für diesen Ausflug in unsere Gesellschaft in der nahen Zukunft vergebe ich 4 von 5 Sterne.

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Veröffentlicht am 09.07.2019

Ende oder Neuanfang?

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Der Roman schliesst an dem Erstlingswerk von Theresa Hannig " Die Optimierer " an. Das Ganze liest sich gut und flüssig. Die Story ist spannend und unterhaltsam geschrieben.

Zum Inhalt

Lila die Rebellin ...

Der Roman schliesst an dem Erstlingswerk von Theresa Hannig " Die Optimierer " an. Das Ganze liest sich gut und flüssig. Die Story ist spannend und unterhaltsam geschrieben.

Zum Inhalt

Lila die Rebellin aus dem ersten Teil und Samson Freitag sind die Hauptakteure dieser Geschichte. Darüber hinaus sind Samsons Mutter, Ercan Böser ( auch er spielte im ersten Teil eine wichtige Rolle) und Eoin Kophler wichtige Personen des Romans.
Lila findet sich nach ihrer Verwahrung, (So wird die Haft in der Wohlfühlökonomie genannt) im Internat Villa Baltic wieder.Diese Einrichtung dient der Resozialisierung von Gefangenen. Während sie Zeit in der Verwahrung Im Schlafzustand verbringen, kommt man sich in der Villa wie im Schlaraffenland vor.
Bald wird Lila klar, daß der schöne Schein trügt. Entweder wird man träge und lässt sich hängen und erliegt den Versuchungen und Möglichkeiten der Villa.
Dan gibt es noch die Möglichkeit das Ganze auf eine andere Art und Weise zu beenden.Die dritte Möglichkeit der Flucht scheint unmöglich zu sein.
Da lernt sie Eoin Kophler kennen, der ihr ganz neue Dinge eröffnet. Einmal im Sog der Ereignisse lässt sich Lilas Zukunft nicht mehr aufhalten.
Lia erkennt das Samson Freitag in der neuen Gesellschaft als gottähnliche Gestalt, die Fäden in der Hand hat, oder sind es doch die Roboter?
Wer oder was ist Samson Freitag wirklich, er war im ersten Teil ein Freund der gestorben ist. Was passierte alles in der Zeit der Verwahrung, welche Veränderungen gab es. Lila sieht sich mit vielen Dingen konfrontiert die sie erst einmal verarbeiten muss.
Sie erkennt nach und nach welch perfides Spiel Samson Freitag mit ihr spielt. Ein Showdown der einige Fragen offen lässt bildet den Schluss dieses Romans.

Mein Fazit

Ein gut zu lesender Sciencefiction Roman, der zum Nachdenken anregt. Wer weiss welche Entwicklungen sich in unserer Welt noch ergeben, es ist vieles möglich.

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Veröffentlicht am 09.07.2019

Wirft tiefgründige moralische & philosophische Fragen auf, aber insgesamt schwächer als Band 1

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Spoilerfreie Rezension!


Inhalt

Nach fünf Jahren wacht Lila aus einem künstlich eingeleiteten Koma auf und findet sich in einem luxuriösen Internat für Häftlinge wieder. Sie hat fünf Jahre ihres Lebens ...

Spoilerfreie Rezension!


Inhalt

Nach fünf Jahren wacht Lila aus einem künstlich eingeleiteten Koma auf und findet sich in einem luxuriösen Internat für Häftlinge wieder. Sie hat fünf Jahre ihres Lebens verloren, die sie niemals wiederbekommt. Obwohl es im Internat Essen und Zerstreuung im Überfluss gibt, sind Lila die Regeln dort zuwider und sie fühlt sich wie eine Gefangene. Gemeinsam mit einem Mithäftling plant sie ihre Flucht. Dann findet sie etwas Schreckliches heraus: Ihr ehemaliger Freund Samson Freitag wird mittlerweile als Gott verehrt und herrscht über die Menschheit. Für Lila steht fest, dass er aufgehalten werden muss – und zwar von ihr…

Übersicht

Einzelband oder Reihe: zweiter Teil einer Dilogie; momentan sind keine weiteren Teile geplant, aber die Autorin hat in der Leserunde zukünftige Fortsetzungen nicht ausgeschlossen
Verlag: Bastei Lübbe
Seitenzahl: 400
Erzählweise: Figuraler Erzähler, Präteritum, selten Präsens
Perspektive: weibliche Perspektive (Lila)
Kapitellänge: sehr kurz bis mittel
Tiere im Buch: ♥ Es werden im Buch keine Tiere verletzt, gequält oder getötet. Im Gegenteil, in der Optimalwohlökonomie ist es sogar verboten, Fleisch zu essen.

Warum dieses Buch?

Da mich der erste Band, „Die Optimierer“, vor einigen Jahren absolut begeistern konnte, war für mich die Fortsetzung natürlich ein Must-read, an dem kein Weg vorbeiführte!

Meine Meinung

Einstieg (♥)

Der Einstieg ist mir wieder schnell und gut gelungen, was zu einem großen Teil sicher am angenehmen, mir schon bekannten Schreibstil und an der Hauptfigur, die wir im ersten Band bereits kurz kennenlernen durften, lag. Ich habe das Internat auf den ersten Seiten gerne gemeinsam mit Lila erforscht und über die Erfindungen in der Zukunft gestaunt.

Schreibstil (♥)

Mit ihrem unglaublich angenehmen, flüssigen Schreibstil konnte mich Theresa Hannig wieder absolut überzeugen. Sie schreibt so anschaulich, prägnant und auf den Punkt, dass man nur so durch die Seiten fliegt und man trotzdem alles genau vor sich sehen kann. Dabei geht sie jedoch auch niemals zu sehr ins Detail. Gefühle werden eindrucksvoll und greifbar geschildert, so dass sie intensiv bei den LeserInnen ankommen. Viele glaubwürdige Dialoge lockern die Geschichte auf und sorgen für Lebendigkeit. Auch mit gelungenen Vergleichen und Metaphern kann die Autorin in diesem Band wieder punkten.

„Die zuckenden Schatten der Lampen ließen die Bäume lebendig erscheinen, als hielten sie nur still, solange sie beobachtet wurden, um sich im nächsten Moment auf die ungebetenen Gäste zu stürzen.“ Seite 116

Inhalt, Themen, Botschaften & Ende (+/-)

„‘Es wäre nicht schlimm,‘ sagte er, ‚die Maschinen wie Maschinen zu behandeln, wenn sie nicht leiden würden wie Menschen.‘“ Seite 323

Leider schwächelt bei dieser Fortsetzung der Plot. Die Geschichte braucht lange, bis sie ins Rollen kommt und plätschert meiner Meinung nach über weite Strecken träge dahin, ohne dass etwas Nennenswertes passiert. Vieles war mir zu lang gezogen, die Geschichte scheint sich manchmal im Kreis zu drehen und nicht so recht vom Fleck zu kommen. Hier hätte ich mir gewünscht, dass das Tempo angezogen und manche Stellen gekürzt worden wären. Zusätzlich habe ich mir erhofft, dass die Unvollkommenen eine größere Rolle im Buch einnehmen, als sie es schlussendlich taten. Da meine Erwartungen sehr hoch waren, weil mich „Die Optimierer“ absolut überrascht und begeistert hat, hat mich dieser Band leider insgesamt enttäuscht. Meiner Meinung nach ist er definitiv schwächer als der erste Roman, was sehr schade ist. Wer den ersten Band noch nicht gelesen hat, dem würde ich diesen übrigens wärmstens ans Herz legen – den muss man – im Gegensatz zur Fortsetzung – auf jeden Fall gelesen haben.

Überhaupt nicht überzeugen konnten mich leider dieses Mal manche Entwicklungen im Mittelteil und vor allem das Ende. Es war zwar wieder überraschend (wie in Band 1), aber leider auf keine Weise, die mir gefallen hat. Der Schluss war mir viel zu offen, zu viele Fragen blieben unbeantwortet. Am meisten gestört hat mich jedoch, dass es sehr konstruiert, abgedreht und unglaubwürdig wirkte. Manche Figuren verhielten sich meiner Meinung nach unerwartet und unpassend – so als hätte ich 100 Seiten übersprungen und eine ganz entscheidende Charakterentwicklung überlesen.

Dennoch gab es natürlich auch wieder Aspekte, die mir sehr gut gefallen haben. Zum einen gelingt es Theresa Hannig wieder hervorragend, uns in eine faszinierende Welt in der Zukunft zu entführen: Roboter sind inzwischen von Menschen nicht mehr zu unterscheiden, selbstfahrende Autos bringen die Menschen sicher von A nach B. Gefühle lassen sich mithilfe von Emochips manuell einstellen, wodurch psychische Krankheiten wie Depressionen endlich „geheilt“ werden können. Immer wieder stellt man sich unweigerlich die Frage, ob es sich bei der „Optimalwohlökonomie“ um eine Dystopie oder eine Utopie handelt, da sie doch beides – wunderbare Sonnenseiten und erschreckende Schattenseiten – verbindet. Zahlreiche hochinteressante Details wollen entdeckt werden, kleine Anspielungen und „Easter Eggs“ versüßen den LeserInnen die Lektüre.

Bei der Behandlung ihrer Kernthemen geht die Autorin wieder in die Tiefe. Die größte Stärke des Buches sind auch dieses Mal wieder die spannenden philosophischen und moralischen Fragen, die bei der Lektüre aufgeworfen werden und die einen zum Nachdenken und Grübeln bringen. Was macht uns Menschen eigentlich menschlich? Sollen Roboter, die ein Bewusstsein entwickeln, Menschenrechte erhalten? Sind simulierte Emotionen „unechter“ als unsere natürlichen, auch wenn sie sich ebenso intensiv anfühlen?

Protagonistin (+/-)

Lila haben wir schon in Band 1 kennengelernt; auch in diesem Buch war sie mir wieder sympathisch. Sie ist eine starke, intelligente Frau, die für ihre Ideale kämpft. Ich fand sie gut ausgearbeitet, ihr Verhalten (meist) glaubwürdig und konnte ihre Gefühle gut nachvollziehen. Trotzdem war da zwischen mir und ihr ständig eine seltsame Distanz, die ich das ganze Buch über nicht überbrücken konnte. Deshalb fiel es mir auch schwer, mit ganzen Herzen mit ihr mitzufühlen und mitzufiebern.

Figuren (+/-)

„‘Einsamkeit ist wie eine Krankheit. Nur umgekehrt. […] Wer einsam ist, steckt andere an, indem er sich von ihnen fernhält.‘“ Seite 322

Auch viele der anderen Figuren blieben mir fremd (Anna und der Homunculus sind hier sicher eine Ausnahme, die beiden sind toll!), auch wenn sie an sich liebevoll gezeichnet sind. Mir fehlte eine bestimmte Wärme bei ihnen, sie wirkten seltsam unterkühlt. Besonders mit Eoin konnte ich mich überhaupt nicht anfreunden. Während er mir am Beginn noch latent unsympathisch war, konnte ich ihn am Ende des Buches nicht mehr ausstehen, weil er oft so unberechenbar und egoistisch ist und weil man bei ihm nie weiß, woran man ist.

Spannung & Atmosphäre (-)

Dieses Mal fehlten mir leider über weite Strecken diese kafkaeske Grundstimmung und die subtile Spannung, die „Die Optimierer“ durchzogen hat. Der Spannungsbogen wird zwar immer wieder in einzelnen Szenen / Abschnitten aufgebaut, bricht aber nach einigen Seiten stets wieder ein, was sehr schade ist. Aus diesem Grunde (und im Vergleich zum ersten Teil) fühlte sich das Buch deshalb insgesamt etwas langatmig an. Ich habe das Buch zwar gerne gelesen, aber ich konnte es auch immer wieder mal tagelang beiseitelegen, weil es keinen richtigen Sog auf mich ausgeübt hat. Leider!

Feministischer Blickwinkel (♥)

Hier gibt es nichts zu kritisieren. Im Gegenteil, Lila ist eine starke Frau und traditionelle Rollenbilder werden immer wieder gebrochen, zum Beispiel, wenn Eoin kocht und Lila sich bekochen lässt. Zudem erinnert uns die Autorin im Buch, dass das Wort "Klassiker" kein Synonym für "Literatur, die von Männern geschaffen wurde" ist. Das kann man schließlich schnell vergessen, denn: Frauen werden bei den Kanonbildung ja leider immer noch sehr gerne übersehen und außen vor gelassen. Das ist schade, weil uns auf diese Weise so viel entgeht!

Mein Fazit

„Die Unvollkommenen“ ist eine Fortsetzung mit Stärken und Schwächen, die insgesamt aber deutlich schwächer ist als der erste Band und mich deshalb leider etwas enttäuscht hat. Die Autorin punktet zwar mit ihrem unglaublich angenehmen, prägnanten und anschaulichen Schreibstil, durch den sich das Buch schnell lesen lässt, konnte mich jedoch mit ihrer Hauptfigur leider nicht erreichen. Obwohl Lila sympathisch und gut ausgearbeitet ist, war da eine gewisse Distanz zwischen ihr und mir, die ich bis zum Ende des Buches nicht überbrücken konnte. Die Nebenfiguren wirkten teilweise (nicht alle!) ebenfalls seltsam unterkühlt, weswegen ich nicht richtig mit ihnen mitfühlen und mitfiebern konnte. Das Buch wirft zwar hochinteressante moralische und philosophische Fragen auf, die einen zum Nachdenken bringen, enttäuscht aber leider mit einem zu offenen, abgedrehten und unglaubwürdigen Ende und einem Plot, der dahinplätschert und nicht richtig in Schwung kommt. Die Geschichte wirkte auf mich leider oft zu lang gezogen, die subtile Spannung und kafkaeske, düstere Stimmung des Vorgängers fehlten mir. Kurz: „Die Unvollkommenen“ ist eine faszinierende, tiefgründige, aber auch lang gezogene Dystopie mit Schwächen, die man (im Gegensatz zum brillanten ersten Teil!) nicht unbedingt gelesen haben muss.

Sollte ein weiterer Band der Reihe erscheinen, werde ich diesem sicher noch eine Chance geben – dass der aktuelle Roman nicht so richtig meinen Geschmack getroffen hat, finde ich nicht schlimm. Ich hoffe darauf, dass mir die Fortsetzung wieder besser gefällt!

Bewertung

Idee, Themen, Botschaft: 5 Sterne ♥
Umsetzung: 3 Sterne
Worldbuilding: 4 Sterne
Einstieg: 5 Sterne
Schreibstil: 5 Sterne ♥
Protagonistin: 3 Sterne
Figuren: 3 Sterne
Spannung & Atmosphäre: 2 Sterne
Ende / Auflösung: 1 Sterne
Emotionale Involviertheit: 3 Sterne
Feministischer Blickwinkel: +

Insgesamt:

❀❀❀ Lilien

Dieses Buch bekommt von mir insgesamt drei etwas enttäuschte Lilien!

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Veröffentlicht am 08.07.2019

Künstliche Intelligenz und Religion

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"Die Unvollkommen" von Theresa Hannig, schließt an "Die Optimierer" an, spielt aber fünf Jahre später. Die Charaktere sind jedoch zu großen Teilen die selben. Ich denke, dass es schöner ist, wenn man beide ...

"Die Unvollkommen" von Theresa Hannig, schließt an "Die Optimierer" an, spielt aber fünf Jahre später. Die Charaktere sind jedoch zu großen Teilen die selben. Ich denke, dass es schöner ist, wenn man beide Teile und auch in der richtigen Reihenfolge liest. Auch wenn beide an sich in sich geschlossene Geschichten sind, so lässt sich damit die Entwicklung der Charaktere besser nachvollziehen und sie haben mehr Tiefe.

Inhaltlich geht es um Lila, die sich nach den Geschehnissen des ersten Bandes sich im "Internat" - einer Art goldener Käfig für Verbrecher - wiederfindet und erfahren muss, dass sie die letzten fünf Jahre in staatlich angeordneter Bewusstlosigkeit verbracht hat.
Ihre Widerstandsorganisation ist zerschlagen, sie eingesperrt und von Luxus überhäuft, damit sie doch bald vergessen möge, wer sie einmal war.
Doch so leicht lässt sie sich nicht unterkriegen und als sie in Eoin Köfler, einem Mitgefangenen, einen Verbündeten findet, wachsen neue Pläne...
Derweil wird Samson, eine KI, die alles mitbekommt, die Gefühle tausender Menschen beeinflussen kann und der Staatschef ist, als Gott verehrt. Die Szenen dazu erinnern an strengen Katholizismus. Von außen betrachtet, geht es allen super im Staat der Optimalwohlökonomie, in der jeder seinen Platz hat...

"Die Unvollkommenen" ist sehr viel philosophischer, als sein Vorgänger. Die Geschichte beschäftig sich mit der Frage was einen Gott ausmacht, wie weit der Mensch gehen sollte und was ihn überhaupt ausmacht. In gewisser Weise beschäftigt es sich auch damit, was das Leben lebenswert macht und was eigentlich ein freier Wille ist.

In dem Buch gibt es sehr viele Twists. Von überall kommt noch mal etwas Neues und als Leser kam ich mir irgendwann so vor, als hätten mehrere Parteien ein Lasso um Lila geworfen, um nun wie wild an ihr zu reißen. Zwischenzeitlich las sich das Buch ziemlich abgespaced und mir persönlich war einiges einfach zu überzogen.
Trotzdem kann man das Buch gut lesen. Es ist so flüssig geschrieben, dass ich die Leseabschnitte immer an einem Stück durchgelesen habe. Trotz der philosophischen Fragestellungen, war es für mich einfach eine leichte Unterhaltung für Zwischendurch.

Das offene Ende finde ich persönlich sehr passend, auch wenn ein Folgeband interessant wäre, da es ein fast vollkommen neues Setting wäre...

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Veröffentlicht am 08.07.2019

Eine Zukunft ohne Individualität, eine Zukunft die hoffentlich nur Fiktion bleibt

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Fünf Jahre nach dem Ableben und der Wiedergeburt von Samson Freitag lernen wir Lila kennen. Lila ist eine Gegnerin der Optimalwohlökonomie der Bundesrepublik Europa und seit einem versuchten Mordanschlag ...

Fünf Jahre nach dem Ableben und der Wiedergeburt von Samson Freitag lernen wir Lila kennen. Lila ist eine Gegnerin der Optimalwohlökonomie der Bundesrepublik Europa und seit einem versuchten Mordanschlag an einem Regierungsmitglied im Jahre 2052 unter Verwahrung. Dies ist kein Gefängnis im herkömmlichen Sinne, die Verurteilten werden sozusagen unfreiwillig in den Dornröschenschlaf gelegt. So auch Lila. Nach ihrer „Freilassung“ wird sie in ein Internat für Verurteilte gebracht, in dem sie nun den Rest ihres Lebens wie im Schlaraffenland leben „darf“. Doch auch hier droht den Verurteilten bei Ungehorsam die Verwahrung. Da Lila fünf Jahre ihres Lebens fehlen, fällt ihr der Start in den „Alltag“ nicht leicht und sie muss akzeptieren, dass ihr Todfeind Samson Freitag zwar gestorben, aber als „Gott“ wiedergeboren wurde…

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Ich durfte 2017/2018 schon „Die Optimierer“ von Theresa Hannig lesen und war begeistert. Schnell stand für mich fest, dass ich die Fortsetzung lesen muss und umso größer war meine Freude, dass ich wieder an dieser Leserunde teilnehmen durfte.

Enttäuscht wurde ich beim Lesen nicht. Der Einstieg in die Materie viel mir sehr leicht. Der Schreibstil ist wieder sehr flüssig und der Spannungsbogen bleibt konstant. Es gab aber auch Textpassagen die ich mehrmals lesen musste, um Zusammenhänge zu verstehen, vor allem bei der Technik. So ist für mich das Buch auf keinen Fall etwas für „zwischendurch mal schnell lesen“.
Das Ende ist leider, wie schon beim Vorgängerband, plötzlich sehr schnell und rasant erzählt. Fragen bleiben offen.

Die Charaktere sind gut ausgearbeitet. Lila und der Homunkulus waren mir sehr sympathisch. Eoin Kophler war mir anfangs sympathisch, aber im Verlauf der Geschichte änderte sich meine Meinung zu ihm. Bei Anna Freitag, die Mutter von Samson, bin ich ein bisschen hin und her gerissen und kann kein genaues Urteil fällen.
Erstaunlich war für mich die Tatsache, dass die Roboter Rechte einfordern, die in meinen Augen nur biologischen Individuen zustehen.

Das Cover gefällt mir wieder sehr gut und passt mit dem Vorgängerband super zusammen.

Fazit:
Theresa Hannigs Fortsetzung ist super gelungen, schon alleine deshalb, da es den Leser wieder sehr viel zum Nachdenken und auch viel Diskussionsstoff bietet.
Das überwachende digitale Zeitalter, welches schon in „Die Optimierer“ beschrieben wurde, wird in diesem Roman weiter ausgebaut. 2052 wurde „nur“ überwacht und gespeichert, 2057 werden den voll integrierten Menschen über implantierte Chips Sinne, Emotionen und Realitäten vorgegaukelt. Verstorbenen Menschen kann per Chip die „Seele“ in einen Roboter implantiert werden und so lebt dieser geliebte Mensch weiter.
Ich hoffe sehr, dass dieser Roman nur Fantasie bleibt und nicht eines Tages in die Realität umgesetzt wird, außer als Film.

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