Spannende Abenteuer, grandiose Charakterentwicklung und eine Prise Magie
Dawn Walker ist eine Wanderin – sie erklimmt Berggipfel in einem kleinen Dorf im Lake District. In der Winterpause arbeitet sie in einem kleinen Buchladen, geführt von Elizabeth, der Mutter ihres verstorbenen ...
Dawn Walker ist eine Wanderin – sie erklimmt Berggipfel in einem kleinen Dorf im Lake District. In der Winterpause arbeitet sie in einem kleinen Buchladen, geführt von Elizabeth, der Mutter ihres verstorbenen Lebensgefährten. Hier soll sie bald erfahren, dass sie auch in einem anderen Sinne eine Wanderin ist – eine Wanderin zwischen den Welten.
Nach dem Tod ihres Lebensgefährten Henry hat Dawn dem Lesen abgeschworen, erinnert es sie doch zu sehr an die vielen gemeinsamen Abende mit Ihrem Liebsten. Auch der freundliche Stammbesucher der kleinen Buchhandlung in Kerswick, in der Dawn im Winter arbeitet, „Flicken-Joseph“, der ihr stets neue Bücher empfiehlt, kann daran nichts ändern. Doch eines Tages soll sich das Blatt wenden, denn Jospeh verliert ein kleines unscheinbares lila Buch, das besondere Kräfte zu haben scheint. Als Dawn es findet, kann sie am Abend nicht widerstehen, hineinzulesen und findet sich nach Abschluss des ersten Kapitels neben ihrem verstorbenen Henry wieder, dessen Tod sie nie richtig verarbeitet hat. Der Traum ist so real, dass sie es nicht fassen kann. Spätestens, als am nächsten Tag eine junge Frau versucht, das Buch zu stehlen, weiß Dawn, dass etwas an dem Buch besonders sein muss, hergeben möchte sie es allerdings nicht wieder, ist sie doch so froh über die wenigen Stunden, die es sie mit ihrem geliebten Henry wiedervereint.
Doch als Henry ihr in einem ihrer realistischen Träume rät, mal wieder in sein Lieblingsbuch „Bambi“ reinzulesen, geschieht am nächsten Tag etwas, das Dawns Welt auf den Kopf stellt: Kaum schlägt sie das Buch auf und liest die ersten Zeilen, findet sie sich in einem idyllischen Wald wieder und wird von zwei Rehen angesprochen. Als sie erwacht, denkt sie erst, es war nur wieder ein Traum, doch es scheint mehr daran zu sein. Denn am nächsten Tag wartet Leo Turner auf sie in der Buchhandlung und erzählt ihr von einer geheimen Organisation von Lesenden und Buchfiguren, dem Bund. Leo bittet Dawn mit ihm nach London zu reisen, um dort in einer Buchhandlung mehr über den Bund zu erfahren. In der Hoffnung, Antworten auf Ihre Fragen zu finden, begibt sich Dawn zusammen mit Leo auf die Reise und findet sich alsbald in einer Katastrophe wieder, die nicht nur die Buchwelt, sondern auch ihre Welt und ihre Freundin Elizabeth, Mutter von Henry, bedroht. Doch gemeinsam mit ihren neuen Freundenstellt sie sich den Herausforderungen.
Mary E. Garner lässt einen erneut eintauchen in eine fantastische Bücherwelt. Die Lesenden finden sich durch den lebhaften Schreibstil schnell als Teil der Geschichte wieder und erleben mit Dawn zusammen eine spannende Reise. Fans der Reihe „Das Buch der gelöschten Wörter“ dürfen sich auf ein Wiedersehen mit alten Bekannten freuen und auch Lesende, die die Buchreihe noch nicht kennen, werden abgeholt und in die Geschichte hineingesogen.
Meine Meinung:
Schon nach den ersten Seiten konnte ich das Buch nicht mehr weglegen. Mary E. Garner schafft es durch ihren detailreichen und lebhaften Schreibstil, die Lesenden zu fesseln und eine Atmosphäre und Spannung aufzubauen, dass man das Buch am liebsten in einem Stück durchlesen möchte. Was als berührende und sentimentale Handlung beginnt, indem wir die noch immer trauernde Dawn und ihre Freundin Elizabeth, Mutter des verstorbenen Lebensgefährten Henry, kennenlernen, entwickelt sich alsbald zu einem spannenden und vielschichtigen Abenteuer. Neben der etwas einsamen Dawn, die sich anfangs schwer damit tut, die Buchwelt und die Existenz des Bundes, sowie ihre Rolle darin zu akzeptieren, lernen wir den tiefgründigen und distanzierten, aber fürsorglichen Leo Turner kennen. Ganz besonders erobert allerdings vor allem einer die Herzen der Lesenden: Der Gehilfe Bambi, der die Lesenden mit seiner Niedlichkeit, seiner Tapferkeit und seinen tiefgründigen Bemerkungen schlichtweg verzaubert. Den starken Kontrast dazu bietet die willensstarke und temperamentvolle Jo. Zusammen mit der geheimnisvollen Rose erlebt das Team spannende Abenteuer. Neben Reisen in andere Geschichten und dem Nachforschen möglicher Intrigen erleben wir eine grandiose Charakterentwicklung und tauchen ein in die abwechslungsreiche und auch teils gefährliche Arbeit des Bundes. Die Spannung und die verschiedenen Erzählstränge werden von Seite 1 an aufgebaut, um im letzten Drittel des Buches fantastisch ineinander zu laufen und in einem spannenden und spektakulären Finale zu enden, das nichts für schwache Nerven ist.
Besonders gut hat mir gefallen, dass die Hauptcharaktere so vielschichtig aufgebaut sind und sich im Laufe der Geschichte weiterentwickeln. So wird aus der traurigen und etwas einsamen Dawn am Ende eine glückliche junge Frau, die neue Freunde gefunden hat und Teil einer großen Gemeinschaft ist. Allen voran hat vor allem Bambi mein Herz erobert. Der kleine Rehbock ist außerordentlich niedlich beschrieben, die Szenen mit ihm bringen einen zum Schmunzeln und manches Mal hat man auch Tränen in den Augen.
Hervorzuheben ist außerdem, dass nicht nur die Hauptcharaktere, sondern ebenso die Nebencharaktere liebevoll und ausführlich beschrieben sind.
Die Storyline, die Mary E. Garner aufbaut, gefällt mir sehr gut. Sie lädt dazu ein, während des Lesens permanent mitzufiebern, eigene Theorien aufzustellen und am Ende verblüfft auf die Genialität der Geschichtenverstrickung zu schauen. Auch wenn der Handlungsverlauf manchmal etwas vorhersehbar ist, verliert die Geschichte bis zuletzt nicht an Spannung.
Fazit:
Mary E. Garner schafft es erneut, die Lesenden in eine fantastische Welt zu entführen. Die Handlung und die verschiedenen Erzählstränge laden die Lesenden zum Mitfiebern ein und vereinen rührende und emotionale Szenen sowie spannende und etwas gruselige. Durch die liebevolle und vielschichtige Gestaltung aller Charaktere, die sich im Laufe der Geschichte weiterentwickeln und einige Überraschungen bereit halten, ist man am Ende beinahe traurig, dass das Abenteuer schon vorbei ist. Lesende, die die Reihe „Das Buch der gelöschten Wörter“ bereits kennen, dürften sich über einen neuen Ausflug in bekannte und neue Welten freuen, alle anderen können sich auf ein fantastisches Abenteuer freuen, das Lust auf weitere Bände macht.