Ziemlich gut
Bei der Story um Elian und Lira handelt es sich im weitesten Sinne um eine Neuerzählung der kleinen Meerjungfrau von Hans Christian Andersen. Das hat mich ursprünglich etwas abgeschreckt, da meist ziemlich ...
Bei der Story um Elian und Lira handelt es sich im weitesten Sinne um eine Neuerzählung der kleinen Meerjungfrau von Hans Christian Andersen. Das hat mich ursprünglich etwas abgeschreckt, da meist ziemlich romantisiert wird und alles, was das Original in seiner Melancholie ausmacht wegfällt.
Andersen gehört seit meiner Kindheit zu meinen Lieblingsautoren. Seine Märchen waren ein kreativer und cleverer Gegensatz zu den Gebrüdern Grimm, die mir nie sonderlich lagen.
Hinzu kommt, dass ich mich sehr für Andersen als Person interessiere und mich ziemlich mit seiner Weltanschauung, die sich auch immer in den Geschichten widerspiegelt, identifizieren kann.
Tja, daher sind Neuerzählungen eher schwierig für mich und drei Sterne in dem Fall eine wirklich gute Wertung.
Was mir gefallen hat:
+ Die Autorin hat kein Problem damit, ihre Protas grausam und egoistisch agieren zu lassen. Sirenen sind hier gefährliche Wesen, die mit Leidenschaft töten und "Prinz Charming" ist eigentlich eher ein Pirat, der mit Vorliebe ebenjene Sirenen jagt und vernichtet.
+ Statt wie in vielen Fällen eine oder zwei, gibt es in dieser Geschichte diverse weibliche Figuren, die unter anderem auch zur Schiffscrew gehören und miteinander reden/interagieren - und nicht fast nur mit Männern.
+ Die Charaktere sind interessant und vielfältig.
+ Lira lässt sich nicht aus Liebe zum unwiderstehlichen Prinzen in einen Menschen verwandeln, sondern erleidet dies als Strafe für ihren Ungehorsam mit der Aufgabe, Elian zu töten.
+ Frauen, die nach Macht streben und etwas zu sagen haben möchten sind in dieser Welt ganz normal und gelten nicht automatisch als unsympathisch.
Was mir nicht so gut gefallen hat:
- Ich hatte Schwierigkeiten, in die Geschichte zu finden. Liras Handlungsstrang war eigentlich von Anfang an ganz spannend, Elians Sichtweise hat mich jedoch immer wieder rausgerissen... sie war zu Beginn etwas langweilig und uninteressant.
- Es gibt zu viele Längen, obwohl das Buch gar nicht so viele Seiten hat. Man hätte einiges kürzen können, ewige innere Monologe waren überflüssig und zäh.
- Der Schreibstil fühlte sich irgendwie distanziert hat, manchmal hatte ich Probleme, richtig in die Story einzutauchen und musste mich zwingen weiterzulesen.
- Zu viel des Guten... Was ich oben positiv genannt habe, muss ich leider auch negativ nennen: Die Protas erwähnen ständig, wie grausam und verschlagen sie doch sind, dass sie einander jederzeit töten könnten etc.
Im Endeffekt ist das Buch wirklich mal was anderes und eigentlich auch ziemlich gut. Es wird sicher vielen Leserinnen und Lesern gefallen und so langsam kommen bestimmte Werte endlich auch in der Unterhaltungsliteratur an.
Ich würde es weiterempfehlen!
Zum Schluss noch was zum Cover: Die englische Version sieht einfach wunderschön aus, die deutsche gefällt mir dagegen überhaupt nicht.
Laut Umfragen mögen Lesende es nicht so gerne, wenn Menschen/Gesichter auf Buchcovern abgebildet sind, sondern haben lieber kreative und schöne Designs, die der eigenen Vorstellung Freiraum geben. Das muss nun auch noch in Deutschland ankommen. ;)