Cover-Bild Der Zopf meiner Großmutter
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20,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Kiepenheuer & Witsch
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 224
  • Ersterscheinung: 09.05.2019
  • ISBN: 9783462051452
Alina Bronsky

Der Zopf meiner Großmutter

Roman

Ein Roman über eine Frau, die versucht, in einer Gesellschaft Fuß zu fassen, die ihr entgleitet. Über einen Mann, der alles kontrollieren kann außer seine Gefühle. Über einen Jungen, der durch den Wahnsinn der Erwachsenen navigiert und zwischen den Welten vermittelt. Und darüber, wie Patchwork gelingen kann, selbst wenn die Protagonisten von so einem seltsamen Wort noch nie gehört haben...

»Ich kann mich genau an den Moment erinnern, als mein Großvater sich verliebte. Es war klar, dass die Großmutter nichts davon mitkriegen sollte. Sie hatte schon bei geringeren Anlässen gedroht, ihn umzubringen, zum Beispiel, wenn er beim Abendessen das Brot zerkrümelte.«

Kaum jemand kann so böse, so witzig und rasant von eigenwilligen und doch so liebenswerten Charakteren erzählen wie Alina Bronsky: Max’ Großmutter soll früher einmal eine gefeierte Tänzerin gewesen sein. Jahrzehnte später hat sie im Flüchtlingswohnheim ein hart-herzliches Terrorregime errichtet. Wenn sie nicht gerade gegen das deutsche Schulsystem, die deutschen Süßigkeiten oder ihre Mitmenschen und deren Religionen wettert, beschützt sie ihren einzigen Enkel vor dem schädlichen Einfluss der neuen Welt. So bekommt sie erst als Letzte mit, dass ihr Mann sich verliebt hat. Was für andere Familien das Ende wäre, ist für Max und seine Großeltern jedoch erst der Anfang.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 21.05.2019

alte Zöpfe

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Der kleine Max ist nach Ansicht seiner Großmutter Margo ein krankes und geistig zurück gebliebenes Kind um dass man sich, seit dem Tod ihrer Tochter Maya, ständig kümmern muss. Um ihm eine bessere Zukunft ...

Der kleine Max ist nach Ansicht seiner Großmutter Margo ein krankes und geistig zurück gebliebenes Kind um dass man sich, seit dem Tod ihrer Tochter Maya, ständig kümmern muss. Um ihm eine bessere Zukunft zu bieten - und sich selbst auch - nimmt sie die Gelegenheit wahr und geht von Russland als jüdische Flüchtlinge nach Deutschland. Mit ihrem asiatisch-russischen Mann Tschingis zieht sie in eine kleine Wohnung ins Flüchtlingsheim gleich neben der jungen Nina und deren Tochter Vera. Vera ist in Max Alter, die beiden werden zeitgleich eingeschult. Vera bekommt von Margo den Auftrag sich um Max zu kümmern doch schon bald stellt sich heraus, dass Max keinerlei schulische Probleme hat und dass ihm auch Erdbeereis und Schokolade und der Dreck der Straße nicht umbringen werden. Er ist ein ganz normales, gesundes Kind. Tschingis, der in Margos Auftrag der allein stehenden Nina helfen soll, verliebt sich schnell in diese freundliche Frau, die so ganz anders ist als die grobe und keifende Margo. Das Kind aus dieser Beziehung sieht genauso aus wie damals Maya und sogleich greift Großmutter Margo helfend und bestimmend ein.
Wir erleben die Schulzeit und Jugend Max' und sein neues Leben in Deutschland. Die kulturellen Unterschiede werden kaum angesprochen, mehr das paranoische Wesen und die Härte der Großmutter, die in alten Werten verankert sind. Es wird Zeit, die alten Zöpfe abzuschneiden.

Veröffentlicht am 19.05.2019

Eine ungewöhnliche Familie

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Im Mittelpunkt von Alina Bronskys neuem Roman “Der Zopf der Großmutter“ steht eine ungewöhnliche Familie, bestehend aus Großmutter Margarita Iwanowna, Großvater Tschingis Tschingisowitsch und Enkel Maxim. ...

Im Mittelpunkt von Alina Bronskys neuem Roman “Der Zopf der Großmutter“ steht eine ungewöhnliche Familie, bestehend aus Großmutter Margarita Iwanowna, Großvater Tschingis Tschingisowitsch und Enkel Maxim. Sie durften wegen ihrer angeblich jüdischen Herkunft nach Deutschland einreisen und leben in einem Flüchtlingsheim, obwohl nur der kleine Junge Halbjude ist. Die Großmutter ist eine sehr dominante Frau mit rabiaten Umgangsformen, die in der Familie das Sagen hat und auch außerhalb keinen Konflikt scheut. Sie lässt kein gutes Haar an ihrer neuen Heimat und weigert sich, die deutsche Sprache zu lernen. Dem Enkel, den sie Max oder Mäxchen nennt, gern aber auch Idiot oder Krüppel, dichtet sie alle möglichen Krankheiten an, obwohl er nach Aussage eines deutschen Arztes kerngesund ist. Die Großmutter hat eine panische Angst vor Bakterien und ernährt ihn ausschließlich mit selbstgekochtem Brei. Sie rechnet mit seinem baldigen Ableben. Der Junge ist jedoch nicht nur völlig gesund, sondern auch sehr intelligent. Er hat schnell Deutsch gelernt und kommt in der Schule gut zurecht. Nur Max bemerkt, dass sich der Großvater in die Nachbarin Nina verliebt, die mit Tochter Vera ebenfalls im Heim lebt, dann aber in eine eigene Wohnung zieht, wo der Großvater, die “asiatische Fresse“, viel Zeit verbringt. Nina wird schwanger und bekommt einen kleinen Tschingis, den die Großmutter eigentlich am liebsten selbst aufziehen würde. Trotz ihrer Grobheit und überaus derben Sprache hat sie ein großes Herz und hält die kleine Gruppe zusammen. Diese sechs Personen bilden eine Art Patchwork-Familie.
Die ungewöhnliche, teilweise aberwitzige Geschichte wird aus der Perspektive des Jungen erzählt, der nur allmählich Antworten auf die Frage nach seiner Herkunft bekommt. Seine Mutter Maya ist das große Tabuthema der Großeltern mit gegenseitigen Schuldzuweisungen. Seinem Vater, dem rothaarigen Juden, wird über Jahre der Kontakt zu seinem Sohn verwehrt. Der Roman ist sprachlich brillant, witzig und zugleich auch tieftraurig, mit der für Bronsky typischen sehr gelungenen Charakterisierung der Protagonisten, vor allem der Figur der Großmutter. Die Autorin zeigt die gravierenden kulturellen Unterschiede auf, die es neben sprachlichen Problemen Übersiedlern oft schwer machen, in einem anderen Land Fuß zu fassen. Ich habe das Buch mit großem Vergnügen gelesen und bleibe auch weiterhin ein Fan der Autorin.

Veröffentlicht am 16.05.2019

Ein Roman mit Tiefgang und Humor

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Schon das Buch "Baba Dunjas letzte Liebe" von Alina Bronsky hat mir so gut gefallen, dass es klar war, dass ich auch ihr neues Buch lesen muss. Wieder wurde ich nicht enttäuscht, sondern im Gegenteil es ...

Schon das Buch "Baba Dunjas letzte Liebe" von Alina Bronsky hat mir so gut gefallen, dass es klar war, dass ich auch ihr neues Buch lesen muss. Wieder wurde ich nicht enttäuscht, sondern im Gegenteil es hat mich wieder sehr gefesselt.

Aus Sicht des heranwachsenden Enkels Max erzählt die Autorin den Alltag und das Leben über einige Jahre einer ungewöhnlichen Familie, bestehend aus der hypochondrischen Großmutter Margo, die allzeit das schlimmste beführchtet, kritisiert und scheinbar nur unzufrieden ist, und dem stillen Großvater Tschingis, der sich scheinbar alles gefallen lässt und antriebslos erscheint. Alle drei sind als Kontigentflüchtlinge durch geschicktes taktieren der Großmutter nach Deutschland gekommen und versuchen nun Fuß zu fassen. Das gelingt dem einen mehr als dem anderen. Sie lernen NIna und ihre Tochter Vera kennen. Ein sehr interessantes und ungewöhnliches Beziehungsgeflecht untereinander entsteht.
Die Figuren sind speziell, skurril, verschroben, sonderbar, witzig, traurig, ernsthaft, aber auch so normal - alles gleichzeitig. Alle sind so lebendig dargestellt, als wären es meine Nachbarn, bei denen man über die Schulter schauen kann.


Ich mochte das Buch kaum aus der Hand legen und habe die Figuren am Ende nur mit Wehmut ziehen lassen, ich hätte noch gerne weiter von ihnen gelesen.
Der Roman bietet kurzweilige Unterhaltung mit Tiefgang, Humor und einem tollen Erzählstil, daher volle Leseempfehlung von mir.

Veröffentlicht am 12.05.2019

Dysfunktional funktioniert auch irgendwie...

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Ach, Mäxchen… als Kind kommt der Ich-Erzähler dieser Novelle in Begleitung seiner Großeltern nach Deutschland, wobei nicht nur der Großvater, sondern vor Allem auch der kleine Maxim, völlig unter der Fuchtel ...

Ach, Mäxchen… als Kind kommt der Ich-Erzähler dieser Novelle in Begleitung seiner Großeltern nach Deutschland, wobei nicht nur der Großvater, sondern vor Allem auch der kleine Maxim, völlig unter der Fuchtel der bestimmten (und bestimmenden) Großmutter stehen. Sie schreibt ihrem Enkel alle möglichen Krankheiten zu, obschon es diesem auf den ersten Blick sehr gutgeht, und hält dann auch die deutschen Ärzte prompt für inkompetent als diese dem kleinen Max beste Gesundheit bescheinigen; auch Lehrkräfte werden später von ihr abgekanzelt – schlimmer: Vor Allem ihr Enkel wird von ihr ständig abgekanzelt und auch im Beisein Anderer verbal gedemütigt. Die zudem antisemitische, rassistische, sexistische, schwulenfeindliche Großmutter spricht allenfalls gebrochen Deutsch, während Maxim sich schnell mit und in der neuen Sprache arrangiert; ständig muss er für seine Oma dolmetschen, die ihm daraufhin stets eröffnet, er könne ja gar nicht wissen, was da gesagt wurde, weil er habe doch keine Ahnung von der Sprache, er sei dumm, er sei schwächlich…, während sie zugleich anhaltend darüber lamentiert, wie sehr sie sich doch für ihren Enkel aufopfere, dass dieser ohne sie völlig verloren sei. Abgesehen davon, dass sie ihm immerfort beteuert, er würde ohnehin nicht besonders alt werden (können). Maxim lässt alles stoisch über sich ergehen; auf seine mangelnde Gegenwehr angesprochen antwortet er später, dass diese dann doch nur endlos wäre und er den „Aufwand“ darum von vornherein scheut.
Damit sind sowohl Maxim als auch seine Großmutter ebensolche tragischen Gestalten wie der Großvater, der von der Großmutter stets als untauglicher Nichtsnutz deklassiert wird; „Der Zopf meiner Großmutter“ zeichnet kein einfaches Bild einer übergesiedelten Familie, sondern das einer dysfunktionalen Familiengemeinschaft, was auf mich als Leserin eine ganz seltsame, düstere Faszination ausübte.

Durch den Tunnelblick des Ich-Erzählers, der auch eher objektiv berichtet als dass er tatsächlich seine Gefühle direkt beschreibt, bleibt letztlich auch Einiges offen; die familiäre Symbiose mit Nina, die sich letztlich ergibt, habe ich beispielsweise nicht so recht nachvollziehen können, weil es für mich unverständlich blieb, dass Nina (nicht nur) sich so unter die Fittiche der Großmutter Maxims nehmen ließ. Da hätte ich es durchaus auch interessant gefunden, wenn noch einige der Ereignisse aus der Sicht des Großvaters oder eben auch Ninas erzählt worden wären.

Ich habe dieses Buch wirklich gerne gelesen - wobei ich nicht ausschließen wollen würde, dass da auch ein wenig Sensationsgier mitgespielt haben mag; denn so wie mit ihm umgesprungen wurde, hatte ich auch bereits damit gerechnet, dass Maxim noch zum Amokläufer werden konnte. Für mich klang die Geschichte derart unheilvoll, dass mich tatsächlich hauptsächlich interessierte, ob Max noch aus diesem ungesunden Familienkonstrukt ausbrechen können würde.



[Ein Rezensionsexemplar war mir, via Vorablesen, unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden.]

Veröffentlicht am 12.05.2019

Großmutters Großmut

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Max kommt mit seinen Großeltern als Flüchtling aus Russland nach Deutschland. Seine Kindheit wird geprägt von dem eigenwilligen Verhalten seiner Großmutter.
Dieses drückt sich aus durch das Misstrauen ...

Max kommt mit seinen Großeltern als Flüchtling aus Russland nach Deutschland. Seine Kindheit wird geprägt von dem eigenwilligen Verhalten seiner Großmutter.
Dieses drückt sich aus durch das Misstrauen gegenüber dem Fremden (das neue Land bietet allerlei Bedenkliches) und der Übervorsorglichkeit gegenüber dem Enkel. „‚Erinnerst du dich, Mäxchen, wie du als Kleinkind in der Poliklinik mit UV-Licht bestrahlt wurdest, damit deine Knochen nicht weich werden? Hat nichts geholfen. Zu wenig Sonne ist einfach zu wenig Sonne.‘“ Zu Max‘ Glück verschiebt sich ihr Fokus, als der Großvater aus der Reihe tanzt.
Der Roman wird aus der Sicht des Kindes erzählt, das mit seinem Schicksal hadert. Und doch kommen Zitate der verrückt anmutenden Oma nicht zu kurz. Ihre Weltsicht und ihre Organisation des Lebens ihrer kleinen Familie stehen im Vordergrund, und am Ende ist „die Großmutter“, wie sie die meiste Zeit genannt wird, trotz ihrer Verrücktheiten nur um den familiären Zusammenhalt bemüht.
„Der Zopf meiner Großmutter“ ist eine wenig vorhersehbare Geschichte, die traurig und komisch zugleich daherkommt. Damit hat die Autorin gut meinen Geschmack getroffen.