Cover-Bild Elijas Lied
Band der Reihe "Debütromane in der FVA"
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22,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Frankfurter Verlagsanstalt
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Erzählende Literatur
  • Seitenzahl: 256
  • Ersterscheinung: 05.03.2020
  • ISBN: 9783627002749
Amanda Lasker-Berlin

Elijas Lied

Nominiert für den Debütpreis der lit.COLOGNE 2020.
Elija ist die älteste der Schwestern, ihre Augen, von einer großen Lidfalte beschützt, blicken auf das Schöne in der Welt. Sie liebt das Theater, wenn sie die Hagar spielt, die in die Wüste geschickt wird, allein mit einem Kind im Bauch. Auf der Bühne kann Elija Mutter sein, in echt kann sie das nicht. Noa jobbt in einer Kantine. Jeden Tag hofft sie auf Akim, der hoch oben in dem Glasturm mit Elbblick arbeitet. Sie können über vieles sprechen, die Exmatrikulation, ihre Ostasienreisen, nur nicht darüber, wohin sie geht, wenn ihre Schicht in der Kantine vorbei ist. Loth, die Jüngste, ist schön wie eine Statue. Und sie ist wütend. Bei Demos wird sie als Nazi beschimpft, sie selbst hält die Linken für Meinungsfaschisten. Sie ist in die patriotische Hausgemeinschaft in Halle gezogen, um zu kämpfen. Die Wanderung war Loths Idee. Die Idee, noch einmal Schwestern zu sein. Das Moor zu durchqueren und auf dem Berg das Lied zu singen, das ihr Vater für sie gedichtet hat. Doch wie die Schwestern ist auch das Moor nicht mehr dasselbe. Einen Tag verbringen sie zusammen, allein mit sich und den Erinnerungen, die selbst das Moor nicht schlucken kann, mit all dem Morast und Torf, und es gibt nichts, was Halt verspricht. Amanda Lasker-Berlin beherrscht die Kunst der Verdichtung, das Spurenlegen, das Erzeugen von stärker werdenden Schwingungen bis hin zum Paukenschlag. Ihre fließende, konzentrierte Sprache, ihr Vertrauen auf die Kraft ihrer Figuren sowie die Empathie und Unaufgeregtheit, mit der sie brisante gesellschaftliche Themen mit individuellen Schicksalen engführt, zeugen von dem großen Talent der Debütautorin.

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.07.2020

Auf der Suche nach den Schwestern

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Elija, Noa und Loth sind als Schwestern untrennbar miteinander verbunden, aber ihre Leben und Werte könnten unterschiedlicher nicht sein. Auf einer Wanderung, die an vergangene Kindheitstage erinnern soll, ...

Elija, Noa und Loth sind als Schwestern untrennbar miteinander verbunden, aber ihre Leben und Werte könnten unterschiedlicher nicht sein. Auf einer Wanderung, die an vergangene Kindheitstage erinnern soll, tritt deutlich zutage, dass man zwar zusammen aufwachsen, aber nicht zusammen erwachsen sein kann.

Der Roman hat mich nachhaltig beeindruckt - und das, obwohl Schwestern-Geschichten mich eher wenig interessieren und der Inhalt mich auf den ersten Blick nicht so sehr angesprochen hat. Amanda Lasker-Berlin ist jedoch ein wirklich bemerkenswerter Roman gelungen, der vor allem erzähltechnisch und sprachlich sehr überzeugt. Sie versteht es, mit wenigen - oft sehr schönen - Worten sehr viel Gefühl und tiefe Emotion unterschiedlichster Färbung zu transportieren. So kann man Noas Leere und Ohnmacht ebenso greifen wie Elijas Nichtverstehen und ihren Wunsch nach Zuneigung oder Loths Wut. Diese Gefühlsebenen werden durch die Erzählperspektive zwar auch durch die Gedanken der Figuren, aber häufiger durch Handeln oder Unterlassen der Figuren illustriert. Der Schreibstil ist für mich besonders deshalb so eindrucksvoll, weil er keine Scheu hat, Dinge auszuformulieren, aber es dennoch oftmals auch dem Leser überlässt, sich einen eigenen Reim auf das Erzählte zu machen.

Das Berückende an der Handlung ist, dass die Wanderung die Rahmenhandlung für die Annäherung des Lesers an die drei Schwestern bildet. So erfährt man Stück für Stück, Fragment für Fragment, immer mehr über jede einzelne der Frauen. Die Art wie dies vonstatten geht, erinnert an menschliche Denkprozesse: erst ist man im hier und jetzt bei der Wanderung und schon driftet die Gedankenwelt in die Vergangenheit oder zu ungelösten Problemen. Das ist schon sehr, sehr gut überlegt und umgesetzt.

Die Figuren sind sehr komplex und damit sehr authentisch und auch hier hat sich die Autorin einer recht schwierigen Herausforderung gestellt. Ihr gelingt es, die Gefühlslage Elijas, die durch ihr Down-Syndrom die Welt anders wahrnimmt, ebenso nachvollziehbar einzufangen, wie die Loths, die vollkommen der rechten Gesinnung verfallen ist - beide sind keine einfachen Charaktere.

Auch wenn der Roman auf subtile Weise distanziert wirkt, so ist man doch emotional berührt - die Geschichte und die Schwestern entfalten eine Sogwirkung. Elijas Lied ist ein sehr lesenswerter Roman mit viel Interpretationspotential. Sehr gelungen!

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Veröffentlicht am 23.03.2020

Drei Schwestern und ein Wiedersehen beim Wandern im Moor

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Elija, Noa und Loth sind drei Schwestern um die Dreißig, deren Leben sich in gänzlich unterschiedliche Richtungen entwickelt haben. Elija liebt das Theater, wo sie die schwangere Hagar spielt, die in die ...

Elija, Noa und Loth sind drei Schwestern um die Dreißig, deren Leben sich in gänzlich unterschiedliche Richtungen entwickelt haben. Elija liebt das Theater, wo sie die schwangere Hagar spielt, die in die Wüste geschickt wird. Sie selbst wird hingegen nie ein Kind bekommen können und viele Menschen sehen außerhalb der Bühne nur ihre Behinderung. Noas einziger Lichtblick bei ihrem Kantinenjob ist Akim, dem sie manchmal seine Mahlzeit übergibt und der sie dann für den Abend zu sich einlädt. Daneben hat sie noch einen zweiten Job, über den sie nicht oft redet. Loth ist in eine patriotische Hausgemeinschaft in Halle gezogen, wo sie und ihre Mitstreiter, die ihre rechte Gesinnung teilen, Videos drehen und Aktionen planen. Es war ihre Idee, als Schwestern noch einmal gemeinsam wandern zu gehen, so wie sie es früher häufiger mit ihren Eltern gemacht haben.

Das Debüt von Amanda Lasker-Berlin beschreibt den Tag, an dem die drei Schwestern ihre Wanderung unternehmen. Loth hat diesen Vorschlag schon Monate zuvor gemacht und schließlich haben Elija und Noa doch noch zugesagt. Schon auf den ersten Metern wird dem Leser klar, dass die drei so einen Tag mit ganz unterschiedlichem Tempo angehen. Loth will mit ihrem malträtierten Körper möglichst schnell ans Ziel bringen, während Elija nicht so schnell kann und Noa ein wenig auf sie Acht gibt.

Die Wanderung wird mit einer intensiven Sprache erzählt, durch welche die Natur - das Moor, der Wald, der Berg - für mich lebendig wurde. Während es vorwärts geht, hängen alle ihren Gedanken nach. Diese erhält man als ungefilterten Fluss und erfährt Stück für Stück, was die Schwestern eigentlich ausmacht, wie ihr Alltag aussieht und durch welche Erfahrungen sie geprägt wurden. Auch zentrale Informationen wie dass Elija mit Trisomie geboren wurde oder Noa der Neuen Rechten angehört erschließt man sich als Leser über diesen Kanal.

Mit den Informationen über die unterschiedlichen Lebenswege der Schwestern blickte ich auf ihr Verhalten während der Wanderung und erkannte, welche Kluft sich zwischen ihnen über die Zeit hinweg aufgetan hat. Die Chance auf ein erneutes Zusammenfinden scheint vertan. Schade fand ich, dass bei den Gedankengängen der einzelnen Charaktere nicht auf das frühere Verhältnis zueinander eingegangen wird. Auch in der Gegenwart werden keine Worte für eine Aussprache gefunden.

„Elijas Lied“ bietet interessante, kontroverse Charaktere und eine starke Sprache mit Sätzen, die zum Anstreichen einladen. Ich erhielt tiefe Einblicke Gefühls- und Gedankenwelt der drei Schwestern, die mich nachdenklich stimmten. Gerne hätte ich noch besser verstanden, wie sich das Verhältnis der Schwestern über die Jahre hinweg entwickelt hat. Ein intensives literarisches Debüt!