Gut für Zwischendurch
„Scandal“ wird aus fünf unterschiedlichen Sichtweisen von einem Er/Sie-Erzähler erzählt. Die fünf wichtigsten Figuren sind dabei Elizabeth und Diana Holland, Penelope Hayes, Elizabeths Zofe Lina und Henry ...
„Scandal“ wird aus fünf unterschiedlichen Sichtweisen von einem Er/Sie-Erzähler erzählt. Die fünf wichtigsten Figuren sind dabei Elizabeth und Diana Holland, Penelope Hayes, Elizabeths Zofe Lina und Henry Schoonmaker. Dadurch, dass alle der Figuren unterschiedliche Meinungen über die anderen Charaktere haben, fällt es schwer, Sympathien zu jemandem aufzubauen. Gleichzeitig erhascht man aber auch einen sehr vielseitigen Blick auf die wahren Persönlichkeiten der Hauptfiguren und nicht nur auf deren Gefühlsleben.
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Leider sind die ersten fünfzig Seiten eher mühselig zu lesen gewesen, weil dort ständig mit Namen jongliert wird, die für den weiteren Verlauf der Geschichte oft keine wirklich wichtige Rolle einnehmen. So schwirrte mir der Kopf nach den ersten Kapiteln, was so gesehen auch hätte vermieden werden können, wenn zuerst einmal nur die allerwichtigsten Figuren vorgestellt worden wären.
Der Plot selbst ist klassisch aufgebaut und folgt einem roten Faden, der sich von Anfang bis zum Ende erstreckt. Das Buch beginnt mit einem Prolog, der einigen Leser*innen vielleicht raffiniert erscheinen mag; ich selbst fand ihn eher hinderlich und bin der Ansicht, dass er bereits viel zu viel für die Geschichte vorwegnimmt. Denn bereits im Prolog wird klar, dass es am Ende nicht zu einer Heirat zwischen Elizabeth und Henry kommt, weil zu dem Zeitpunkt Elizabeths Beerdigung stattfindet. Ebenso unnötig war für mich der Brief, den Diana am Ende des letzten Kapitels erhält. Genau wie auch der Prolog spoilert der Brief für den zweiten Teil der Reihe und nimmt die Spannung weg; zumal durch den Prolog auch der Inhalt des Briefes schnell zu erahnen war.
Zwischen dem Prolog und dem letzten Kapitel spinnt sich die Geschichte rund um die fünf Hauptfiguren zusammen. Viel Überraschendes kommt dabei nicht zum Vorschein, gleichzeitig fand ich es aber auch mal erfrischend, eine etwas weniger anspruchsvolle Lektüre zu lesen.
Während des Lesens wurde immer deutlicher, wie verworren das Netz aus Lügen tatsächlich ist, in dem die beiden Holland-Schwestern leben. Von heimlichen Affären über die ein oder andere verbotene Liebe bis hin zu unglücklichem Verliebtsein ist wirklich alles dabei. Nicht zu vergessen der Hunger nach Macht, der in einigen der Figuren vermeintlich unerkannt heranwächst und in ihnen Neid auf andere hervorruft, die sie vorher als Vorbilder geschätzt haben.
Besonders erfrischend jedoch fand ich Diana und Henry, weil diese dem gesellschaftlichen System irgendwie nicht ganz untergeordnet werden können. Sie fühlen sich beide eingeengt durch die Normen und Regeln der Gesellschaft, wobei Diana eine riesige Portion Naivität und Ungehorsam zur Schau trägt, während Henry sich lieber hinter Albernheiten und dem Alkoholrausch versteckt.
Elizabeth scheint auf den ersten Blick die Perfektion selbst zu sein, doch stellt sich schon bald heraus, dass das nicht ganz wahr ist. Ich kann nicht sagen, ob ich sie im Nachhinein gern habe oder nicht; auf der einen Seite ist sie immer bemüht, das Richtige zu tun und aufrichtig zu sein, auf der anderen ist sie mehr als unfair zu ihr untergestellten Personen und lästert gehässig über ihre angeblichen Freundinnen. Ihre Liebe zu Will kam auf mich nicht ganz glaubwürdig rüber, was aber auch daran liegen könnte, dass Elizabeth so viel verschlossener dargestellt wird als ihre Schwester Diana, bei der große Emotionen quasi an der Tagesordnung stehen.
Penelope erscheint als Elizabeths beste Freundin, doch schon nach dem ersten Kapitel aus Penelopes Sicht ist klar, dass sie eigentlich eine ziemlich verlogene Schlange ist. In Wahrheit will sie nur besser sein als Elizabeth und spielt nur mit ihr; nutzt also Elizabeths Status als angesehenste Dame der High Society, um sich selbst besser darzustellen. Jede Seite aus Penelopes Sichtweise quillt förmlich über vor Neid und Arroganz, weshalb ich sie nicht wirklich leiden kann.
Lina mag ich da schon lieber. Sie ist Elizabeths Zofe und war als Kind mit ihr und Will befreundet. Jetzt ist Lina selbst in Will verliebt, der sie jedoch nicht beachtet und Elizabeth bevorzugt. Gleichzeitig wird Lina von Elizabeth sehr unfair behandelt, weshalb ich ihren Frust der Familie Holland gegenüber gut nachvollziehen konnte. Nichtsdestotrotz trifft Lina im Laufe der Handlung einige sehr miese Entscheidungen und entschließt sich, Will wieder für sich zu gewinnen, indem sie Elizabeth von deren „Thron“ stoßen will. Wie das ausgeht, erfahren wir wohl erst in Band zwei.
Man merkt also, es ist gar nicht so einfach, den Charakteren etwas Gutes abzugewinnen. Dennoch fiel mir das Lesen – abgesehen von den ersten fünfzig Seiten – sehr leicht und hat irgendwie auch Spaß gemacht.
Fazit
Zusammengefasst würde ich sagen, dass „Scandal“ eine eher klassisch aufgebaute Regency Romance ist, die sich gut für Zwischendurch eignet. Ein Pluspunkt ist auf jeden Fall, dass das Buch nicht überquillt vor unnötigen und toxischen Sexszenen, sondern vielmehr durch die Ausarbeitung der Charaktere punktet.