Cover-Bild Weiße Rentierflechte
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22,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Faber & Faber
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 192
  • Ersterscheinung: 03.2021
  • ISBN: 9783867301978
Anna Nerkagi

Weiße Rentierflechte

Mit Fotos von Sebastiao Salgado
Rolf Junghanns (Übersetzer)

Eine für mitteleuropäische Verhältnisse unwirtliche Region, monatelanger Frost, Schnee, scheinbar dürftige Lebensbedingungen. Ein Mann und drei Frauen; eine unerfüllte, eine sich vielleicht nie erfüllende Liebe und das Diktat der Tradition: Heirate, gründe einen Hausstand, zeuge Kinder, züchte und hüte Rentiere – verkaufe sie. So die Lebensmaxime vieler Nenzen seit vielen Jahrhunderten. Aber der Protagonist der Erzählung verweigert sich. Er sucht nach dem individuellen Glück, wie es für uns ganz selbstverständlich, aber bei den Nenzen noch immer die Ausnahme ist.
Eine tragische Lebensgeschichte, die uns tief berührt wie einst die Schicksale der Figuren bei Aitmatow.
Dies ist die erste Veröffentlichung einer nenzischen Autorin im deutschsprachigen Raum voller Poesie und von großer literarischer Qualität.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 01.05.2021

Beeindruckend und fremd

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„Weiße Rentierflechte“ – bereits der Titel des Romans von Anna Nerkagi verspricht eine besondere und eher ungewöhnliche Lektüre. Tatsächlich fand ich den Beginn ziemlich verwirrend und zäh. Der allwissende ...

„Weiße Rentierflechte“ – bereits der Titel des Romans von Anna Nerkagi verspricht eine besondere und eher ungewöhnliche Lektüre. Tatsächlich fand ich den Beginn ziemlich verwirrend und zäh. Der allwissende Erzähler springt teilweise von der Gegenwart in die Vergangenheit, es kommen viele Namen vor und die bildhafte Sprache mit fettgedruckten und im Anhang erklärten Begriffen haben mir den Einstieg in die Geschichte eher schwer gemacht. Nach ca. einem Drittel konnte ich mich jedoch immer mehr auf dieses Buch einlassen mit seiner tristen und öden Umgebung, den wortkargen Menschen und einer Thematik, die uns westlichen Lesern extrem fremd ist: Es geht um die indigene Volksgruppe der Nenzen, die im nördlichen Teil Russlands als nomadische Rentierhirten lebt (eindrucksvolle Bilder von Salgado!). In dieser von starkem Zusammenhalt und von strengen Regeln und Traditionen geprägten Gemeinschaft sind es vor allem die Jungen, die sich nicht mehr ohne Weiteres in dieses Gefüge einreihen wollen. Der junge Mann Aljoschka, der mit seiner Mutter allein in ihrem Nomadenzelt lebt, wird auf Beschluss des Ältestenrates gegen seinen Willen mit einem fremden Mädchen verheiratet. Aljoschka jedoch trauert immer noch Ilne, der Tochter ihres Nachbarn Petko, hinterher, in die er unsterblich verliebt ist, die jedoch fernab der Nomadenvölker an einem anderen Ort lebt und nicht einmal zur Beerdigung der Mutter zurückkommt. Umso mehr Einblick man in die Gedanken und Lebensgeschichten der älteren Frauen und Männer erhält, umso mehr Respekt bekommt man vor ihrer Lebensweise, die dem Hüten der Rentiere, dem Erhalten des Feuers und der patriarchalischen Familienstruktur gewidmet ist. Letztlich geht es immer ums nackte Überleben in einer unwirtlichen Umgebung, in der Hunger und Kälte alles bestimmen. Und dieses Überleben funktioniert eben nur, wenn sich alle in ihre Aufgaben fügen. Dennoch versteht man auch den Wunsch, aus dieser Gemeinschaft auszubrechen und ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Vor allem, weil Frauen eine zwar lebenswichtige Rolle als Hüterin des Feuers und als Mutter zukommt. Ansonsten haben sie jedoch keinerlei Rechte und die meisten Frauen haben im Roman nicht einmal einen Namen.
Mein Fazit: sehr poetische Sprache, viele Metaphern, Vergleiche und Symbole, sehr beeindruckende und teilweise bewegende Einblicke in eine fremde Lebensweise, keine Lektüre für einen entspannten Nachmittag im Freibad.

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