Cover-Bild Launen der Zeit
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22,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Kein & Aber
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Erzählende Literatur
  • Seitenzahl: 304
  • Ersterscheinung: 10.07.2018
  • ISBN: 9783036957753
Anne Tyler

Launen der Zeit

Michaela Grabinger (Übersetzer)

Die packende Geschichte einer Frau, die aufgrund einer spontanen Entscheidung über sich hinauswächst, sich selbst neu kennenlernt und erstmals ein unabhängiges Leben führt.

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 16.08.2018

Eine neue Familie ist wie ein neues Leben

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Familie - das war immer so ein Thema für Willa. Nicht, dass sie keine gehabt hätte, aber bei ihr lief es immer ein bisschen anders ab als in den so genannten Vorzeigefamilien, vor allem in ihrer Kindheit, ...

Familie - das war immer so ein Thema für Willa. Nicht, dass sie keine gehabt hätte, aber bei ihr lief es immer ein bisschen anders ab als in den so genannten Vorzeigefamilien, vor allem in ihrer Kindheit, als die ebenso manisch-depressive wie kapriziöse Mutter mit dem ihr ergebenen Vater und damit auch mit den beiden noch recht jungen Töchtern sozusagen den Molli machte. Was nichts anderes heißt, als dass die ganze Familie ihrem Willen und vor allem ihren extremen Launen unterworfen war - da konnte es schon mal passieren, dass sie auf die Mädchen einprügelte und es gleich danach bitter bereute. Oder einfach für ein paar Tage die Familie verließ und bei der Rückkehr so auftrat, als ob nichts gewesen wäre. Willa hat sich eingefügt, versucht, ihren geliebten Vater zu unterstützen, nie rebelliert und stumm gelitten.

Später, in ihrer Ehe, bemüht Willa sich darum, es mit ihren beiden Söhnen ganz anders anzugehen und ihnen eine liebevolle und präsente Mutter zu sein. Ihre Ehe mit Derek ist, obgleich nicht einfach, doch ein stabiles und festes Fundament in ihrer beider Leben. Doch dann stirbt Derek mit Anfang vierzig und sie muss ihre Geschicke neu ordnen

Im weiteren Verlauf der Handlung begegnen wir Willa im Alter von 61: Sie erhält gerade einen sehr überraschenden Anruf, in dem sie - in zweiter Ehe in Arizona lebend - darum gebeten wird, der ehemalige Freundin ihres Sohnes in Baltimore zur Hilfe zu eilen, die angeschossen wurde. Im Klartext soll sie sich um deren Tochter Cheryl, die noch ein Kind ist, kümmern. Willa weiß selbst nicht warum, aber sie nimmt diese merkwürdige Herausforderung an - und erlebt zum ersten Mal, wie anders das Leben sein kann - auch hier fügt sie sich ein, aber ebenso lenkt sie und erfährt zum ersten Mal, wie es ist, selbst gesteuert zu leben. Und auch, dass das Konzept "Familie" ganz anders funktionieren kann als das, was sie bisher kannte.

Willas Leben im Wandel der Zeiten: Das garantiert ein ruhiges, dabei eindringliches, kraftvolles und ausgesprochen sprachgewaltiges Leseerlebnis! Typisch Anne Tyler also?

Ja und nein, denn anders als in den meisten Vorgängerromanen, in denen sich der Fokus im Erzählverlauf auf verschiedene Personen richtet, steht diesmal durchgehend Willa im Mittelpunkt - es ist ein Weg der Entwicklung und der Erkenntnis, den sie durchläuft. Doch eine Konstante bleibt: am Ende hat man das Gefühl, ein absolut abgerundetes Bild, einen vollkommenen Eindruck von allem zu haben und legt das Buch mit tiefer Befriedigung aus der Hand - und vielleicht auch mit ein bisschen Wehmut, denn wieder gibt es einen ungelesenen Tyler-Roman weniger, auf den man sich freuen könnte.

Anne Tyler bewerben zu wollen, würde bedeuten, Eulen nach Athen zu tragen: die Grande Dame der amerikanischen Literatur braucht keine Propaganda, schon gar nicht von einer "normalen" Leserin wie mir. Doch vielleicht kennt der ein oder andere sie doch noch nicht oder nicht gut genug: dieser Roman wäre eine tolle Gelegenheit, um Bekanntschaft mit der Autorin, ihrem so leichten und dabei so eleganten Stil, ihrer wunderbaren, glasklaren Sprache - die, soweit ich es beurteilen kann, aufs Trefflichste von Michaela Grabinger ins Deutsche übertragen wurde, zu machen.

Mein Fazit: Anne Tyler versteht es, die Banalitäten des Lebens, das Alltägliche - eine Frau, die im Laufe ihres Lebens Erfahrungen unterschiedlichster Art sammelt - zu etwas ganz Besonderem, Einzigartigen werden zu lassen - so wie wir alle in unseren Leben gleichzeitig banal und einzigartig sind. Wie immer ist ihr das einfach großartig gelungen, denn sie versteht es, mit einer Leichtigkeit zu schreiben, die das Buch auch als Unterhaltung genießen lässt: selbstverständlich auf allerhöchstem Niveau. Ich hoffe sehr, dass der Nobelpreis nicht mehr allzu lange auf sich warten lässt!

Veröffentlicht am 04.08.2018

Launen der Zeit“ ist ein unterhaltsamer Roman über einen langsamen, späten und stillen Aufbruch einer Frau aus einem jahrzehntelang fremdbestimmten Leben

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Anne Tyler, Launen der Zeit, Kein & Aber 2018, ISBN 978-3-0369-5775-3

In ihrem neuen Roman „Launen der Zeit“, der im Original den Titel „Clock Dance“ trägt, erzählt die berühmte Schriftstellerin Anne ...

Anne Tyler, Launen der Zeit, Kein & Aber 2018, ISBN 978-3-0369-5775-3

In ihrem neuen Roman „Launen der Zeit“, der im Original den Titel „Clock Dance“ trägt, erzählt die berühmte Schriftstellerin Anne Tyler die Lebensgeschichte von Willa Drake, einer Frau, die von Jugend an gelernt hat, ihre eigenen Bedürfnisse zurückzustellen und sich anzupassen. Anne Tyler begleitet diese Frau in Zehnjahres-Abschnitten durch ihre Lebensjahrzehnte.

Zuerst begegnen wir der 11-jährigen Willa im Jahr 1967, an einem Tag, an dem ihre launisch-hysterische Mutter wieder einmal, dieses Mal für längere Zeit, das Haus verlässt und Willa, ihre Schwester und den Vater alleine zurücklässt.

Mit der Schwester wird Willa zeitlebens ein schwieriges, distanziertes Verhältnis haben. Und der stille, immer Verständnis für alles zeigende Vater wird bis zu seinem frühen Tod Willa mehr prägen, als sie wahr haben will. An einer Stelle beschreibt Anne Tyler den Vater so: mit ihm zu leben wäre wie mit Gandhi verheiratet zu sein.

Willa ist eine gute Schülerin, obwohl sie wenig wirklichen Kontakt in der Highschool hat. Als sie 1977 von ihrem Freund Derek einen Heiratsantrag bekommt, gibt sie ihre eigenen sehr aussichtsreichen beruflichen Pläne auf, bricht ihr Studium ab und folgt Derek an die andere Ecke der USA nach Kalifornien. Sie trifft diese Entscheidung unter anderem deshalb, weil sie spürt, dass ihre Eltern sie gut heißen. Vor der psychisch schwierigen und pathologischen Situation im Elternhaus 10 Jahre vorher konnte sie schlecht fliehen. Aber hier vor ihrer Eheschließung hätte sie anders, für sich selbst entscheiden können. Sie tut es nicht, folgt ihrem Mann zu dessen neuer Arbeitsstelle und bekommt schnell nacheinander zwei Söhne. Ihre eigene hoffnungsvolle berufliche Karriere wird auf den Sankt Nimmerleinstag verschoben.

Dann springt die Handlung ins Jahr 1997. Hier beschreibt Tyler Willas Charakter ziemlich deutlich. Nachdem ihr Ehemann Derek selbstverschuldet verunglückt ist, findet sie sich als Witwe wieder, die verzweifelt versucht ihr Leben in den Griff zu bekommen. Doch sie hat durch jahrzehntelange Anpassung fast vollständig verlernt, eine eigene Meinung zu formulieren, fügt sich meist dem, was andere sagen. Sie fühlt diese Fremdsteuerung, kann aber nichts dagegen setzen. Bisher ihr nahestehende Menschen wenden sich von ihr ab, ohne dass sie dagegen aktiv werden kann.

Ein weiterer Zeitsprung führt die Leser in das Leben Willas im Jahr 2017, in die aktuelle Gegenwart. Sie ist zum zweiten Mal verheiratet mit dem erfolgreichen Anwalt Peter. Zwar hat der sich längst zur Ruhe gesetzt, doch seine geschäftlichen Termine bestimmen nach wie vor auch das Leben und den Alltag Willas. Eines Tages erfährt sie, dass die Ex-Freundin ihres Sohnes angeschossen wurde. Ohne jeglichen Zweifel entscheidet sie, sofort dorthin nach Baltimore zu fliegen und ihr beizustehen, obwohl sie sie kaum kennt. Nach kurzer heftiger Auseinandersetzung entschließt sich Peter mitzukommen, doch er wird nicht lange dort bleiben.

Diese impulsive, scheinbar zunächst völlig unwesentliche Entscheidung, für diese Frau, die Willa persönlich noch nie getroffen hat, und ihre elfjährige Tochter zu sorgen, führt Willa in ein ihr bisher unbekanntes Territorium. Ein kleines Sozialsystem von Nachbarn und viele tägliche Rituale lassen sie im Gegensatz zu Peter in dem kleinen Haus von Denise und ihrer Tochter Cheryl und deren Hund Airplane schon nach wenigen Tagen heimisch werden. Peter reist bald wieder ab unter dem Vorwand Termine einhalten zu müssen.
Und Willa, die zum ersten Mal eine eigene Entscheidung getroffen zu haben scheint, lässt sich nicht beirren. Als die Anzeichen einer Wiederherstellung von Denises‘ Bein nicht mehr zu übersehen sind, sucht sie immer wieder Ausreden zu bleiben und verschweigt Peter die Wahrheit. Als in der Nachbarschaft das Haus einer alten Frau, die zu ihrer Tochter zieht, frei wird, ahnt man schon, was kommen wird. Doch erst als sie nach dem Rückflug auf ihrem Heimatflug gelandet ist, trifft sie eine Entscheidung, die außer den Menschen in der Straße in Baltimore niemand verstehen wird.

Doch Willa ist zum ersten Mal in ihrem Leben glücklich. Sie hat sich endlich für sich selbst entschieden. „Launen der Zeit“ ist ein unterhaltsamer Roman über einen langsamen, späten und stillen Aufbruch einer Frau aus einem jahrzehntelang fremdbestimmten Leben.



Veröffentlicht am 31.08.2020

Typisch Anne Tyler

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Gebundene Ausgabe: 304 Seiten
Verlag: Kein & Aber (10. Juli 2018)
ISBN-13: 978-3036957753
Originaltitel: Clock Dance
Übersetzung: Michaela Grabinger
Preis: 22,00 €
auch als Taschenbuch und als E-Book ...

Gebundene Ausgabe: 304 Seiten
Verlag: Kein & Aber (10. Juli 2018)
ISBN-13: 978-3036957753
Originaltitel: Clock Dance
Übersetzung: Michaela Grabinger
Preis: 22,00 €
auch als Taschenbuch und als E-Book erhältlich

Typisch Anne Tyler

Ganz unaufgeregt beschreibt Anne Tyler hier das Leben von Willa. 1967 ist sie elf Jahre alt und hin -und hergerissen zwischen einem sehr geduldigen und liebevollen Vater und einer launischen Mutter. 1977 bekommt sie einen Heiratsantrag - nicht gerade im günstigsten Moment. 1997 verliert sie bei einem Unfall ihren geliebten Mann und bleibt mit zwei Teenagersöhnen zurück. 2017 wird sie per Zufall nach Baltimore zur Ex-Freundin ihres Sohnes gerufen, die Hilfe benötigt. Nachdem Willa ein Leben lang von anderen abhing und sich ihnen mehr oder weniger unterordnete, findet sie in Baltimore im Alter von 61 Jahren endlich zu sich selbst. Das Gefühl, gebraucht zu werden, so angenommen zu werden, wie sie ist, macht sie glücklich und gibt ihr Befriedigung.

Mir gefallen bei Anne Tylers Romanen immer wieder vor allem die leisen Töne, die alltäglichen Geschichten. In die Protagonisten kann ich mich immer gut einfühlen. Sie sind mir nah, und ich kann ihre Handlungsweisen gut nachvollziehen. Eine extrem spektakuläre Handlung brauche ich da nicht, um mich in einem Roman wohlzufühlen.

★★★★☆

Veröffentlicht am 16.06.2019

Ein großer Schritt

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Als Kind ist Willa den Launen ihrer Mutter ausgesetzt. Jedes Mal, wenn die Mutter wieder einmal im Zorn davonfährt, haben Willa und ihre kleine Schwester Angst, dass sie nicht wiederkommt. Kein Wunder, ...

Als Kind ist Willa den Launen ihrer Mutter ausgesetzt. Jedes Mal, wenn die Mutter wieder einmal im Zorn davonfährt, haben Willa und ihre kleine Schwester Angst, dass sie nicht wiederkommt. Kein Wunder, dass Willa den Erstbesten, der ihr einen Antrag macht, heiratet. Ihr Studium gibt sie zunächst auf. Familie geht vor. Den Plan, nach den Schwangerschaften weiter zu studieren, setzt sie nie in die Tat um.
Auch in ihrer Ehe mit Derek ist sie diejenige, die sich um Harmonie bemüht. Derek hat ein aufbrausendes Temperament, das ihm zum Verhängnis wird.
In zweiter Ehe ist Willa mit einem ehemaligen Rechtsanwalt verheiratet, der an allem und jedem etwas auszusetzen hat. Wieder entschuldigt Willa sein Verhalten ihren Mitmenschen gegenüber, so ist er nun einmal. Sie ist nicht sonderlich glücklich und vor allen Dingen nicht ausgelastet.
Dann kommt ein Telefonanruf, der alles verändert. Die ehemalige Lebensgefährtin ihres Sohns Sean wurde angeschossen und liegt im Krankenhaus, und es gibt niemanden, der sich um die neunjährige Tochter Cheryl kümmert. Obwohl es sich nicht um Seans leibliche Tochter handelt und Willa weder Cheryl noch ihre Mutter Denise kennt, beschließt sie, von Arizona nach Baltimore zu fliegen, um zu helfen.
Zum ersten Mal in langer Zeit wird Willa gebraucht und tut etwas Sinnvolles. Und allmählich kommt sie zu der Erkenntnis, dass sie selbst es ist, die ihr Schicksal in die Hand nehmen muss.
Anne Tyler ist mit “Launen der Zeit“ ein warmherziges Buch über Einsamkeit und Freundschaft, über Enttäuschungen und den Mut, einmal etwas ganz Neues zu wagen gelungen.

Veröffentlicht am 23.02.2022

Ein unerwarteter Hilferuf, der mehr als ein Leben verändert ...

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Was bleibt vom Leben, wenn man im letzten Drittel angekommen ist und alles ein wenig festgefahren ist? Wenn die Beziehung zum eigenen Ehemann ziemlich eingeschlafen ist, die Kinder aus dem Haus sind und ...

Was bleibt vom Leben, wenn man im letzten Drittel angekommen ist und alles ein wenig festgefahren ist? Wenn die Beziehung zum eigenen Ehemann ziemlich eingeschlafen ist, die Kinder aus dem Haus sind und man sich fragt, was man nun mit all der Zeit anfangen soll? Richtig, man ergreift die erstbeste Möglichkeit beim Schopf und fängt wieder an, an den eigenen Seelenfrieden zu denken. So macht es nun auch Willa Drake, die eines Tages einen Anruf der Nachbarin der Exfreundin des eigenen Sohns – lasst euch das mal auf der Zunge zergehen! - erhält und gar nicht lange überlegt, ob es richtig ist, einmal quer durchs Land zu jetten, um zu helfen. Für Mila ist es das einzig Richtige und so willigt Ehemann Peter schließlich murrend ein. Die etwas überstürzte und vielleicht nicht ganz durchdachte Reise erweist sich als Fluch aber auch als Segen, denn unsere Protagonistin lernt noch einmal sich neu zu erfinden und das Gefühl, gebraucht zu werden zu erleben …

Im altbewährten Anne Tyler Style, den ich persönlich sehr, sehr liebe, begleiten wir Willa durch vier Stationen ihres Lebens. Die Autorin hat eine wunderbare Art uns „ihre Familien“ mit viel Raum zum Nachdenken näher zu bringen, so auch geschehen in „Launen der Zeit“. Ganz so wie viele ihrer Vorgängerromane – inzwischen hat die über 70jährige vielfach ausgezeichnete Autorin weit über zwanzig davon geschrieben – konnte es mich nicht. Dennoch vergebe ich mit 3,5 von 5 Sternen eine Note im hohen mittleren Bereich und werde ihr und ihren Büchern natürlich treu bleiben. Ihre Bücher sind einfach etwas Besonderes, very American, very Anne Tyler!

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