Cover-Bild Herrmann
(2)
  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
23,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Literaturverlag Droschl
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Erzählende Literatur
  • Seitenzahl: 288
  • Ersterscheinung: 07.02.2020
  • ISBN: 9783990590485
Bettina Gärtner

Herrmann

Roman
Ein originelles Zeitbild mit viel Komik und schrulligen Figuren, wie wir sie alle kennen.

Mit Sprachwitz und trockenem Humor porträtiert Bettina Gärtner den Mittvierziger Herrmann und sein Mittelschichtsleben zwischen Hauptstadt, Kleinstadt, Heimatgemeinde.

In kaum einer Woche überschlagen sich Ereignisse beruflicher wie privater Art. In der Firma möchte der kränkelnde und eigentlich mit bescheidenen Ambitionen ausgestattete Herrmann gerne ein wenig die Karriereleiter hinaufsteigen, wogegen er die Weiterführung der Hundezucht seines unlängst verstorbenen Vaters als Last sieht. Damit aufhören? Aber was würde der Ort nur dazu sagen?

Und dann drängen Menschen und Vorfälle aus der Vergangenheit als Unruhestifter in das Jetzt hinein. Allen voran Orban, ein Jugendfreund, der nach der »Friedhofssache« – aus der Gerüchteküche des Ortes nicht wegzudenken – für rund 30 Jahre nach England verschwunden war … Genauso eigenwillig wie diese Milieustudie ist, so schräg mutet auch die Entourage an der Seite des (Anti-)Helden an.

Dieses Produkt bei deinem lokalen Buchhändler bestellen

Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 04.01.2021

Das Drama des modernen (Herr-)Mann(e)s

0

Das Drama einer Existenz in der österreichischen Provinz hat keiner so gut beschrieben wie Thomas Bernhard. Da er aber ja nun mal leider tot ist, müssen andere diese "Lächerlichkeit", wie er gesagt hätte, ...

Das Drama einer Existenz in der österreichischen Provinz hat keiner so gut beschrieben wie Thomas Bernhard. Da er aber ja nun mal leider tot ist, müssen andere diese "Lächerlichkeit", wie er gesagt hätte, fortschreiben. Bettina Gärtner ist kein Thomas Bernhard, aber sie hat es mit "Herrmann" geschafft, ganz tief in das menschliche Drama der österreichischen Provinzialität einzutauchen. Es ist eine moderne Tragikomödie in Romanform, die Gärtner hier abliefert. Herrmann ist Pendler, zerrissen zwischen langweiligem Bürojob in der Finanzbranche in der Bundeshauptstadt und kümmerlichem Privatleben als Single in seinem dörflichen Heimatort. Letzteres besteht im Wesentlichen aus der vom - kurz vor Beginn der Handlung verstorbenen - Vater geerbten Jagdhundezucht, seinem Jagdrevier, der freiwilligen Feuerwehr und dem Rest seiner Herkunftsfamilie, bestehend aus der bald vierzigjährigen Schwester Lindi, die nach Trennung von ihrem Freund Anselm "vorübergehend" wieder zu Hause eingezogen ist, und der Mutter, einer pensionierten Lehrerin. Als Herrmanns Jugendfreund Orban aus England zurückkehrt, ist es mit der Lethargie in Herrmanns Leben vorbei. Die Vergangenheit holt den Mittvierziger ein und wir erleben eine Woche in Herrmanns Leben, die selbiges auf den Kopf stellen wird.
Gärtner hält der entmenschlichten Business-Gesellschaft unserer Gegenwart einen Spiegel vor. Sie beschreibt nuanciert und mit stets ironischem Unterton die Banalitäten eines Büroarbeitstages, die intriganten Strukturen der heutigen Berufswelt und die ermüdende Pendelei hin und zurück zum Arbeitsplatz (erst mit dem Auto zum Park-and-Ride am Bahnhof der Bezirkshauptstadt, dann mit der Schnellbahn in die Bundeshauptstadt bzw. vice versa).
In "Herrmann" geht es aber auch um das Private und damit vor allem um die Vergangenheitsbewältigung des namensgebenden Protagonisten. Er sinniert darüber nach, warum die Beziehung zu seiner Lebensgefährtin Rieke in die Brüche ging, wie die enge Freundschaft zu Orban scheiterte und über andere vergangene Ereignisse, die ihn geprägt haben. "Die meisten Vorboten erkennt man erst im Nachhinein" (S. 157) heißt eine Sentenz im Buch. Überhaupt wird viel mit Worten, mit Redewendungen gespielt - was ist die eigentliche Bedeutung einer dahingeworfenen Aussage, einer gern verwendeten Floskel. Sowas gefällt mir sehr, wenn ein Text sich stets selbst reflektiert und sich seiner Wortwahl mehr als bewusst ist. Die pseudo-lexikalischen Zwischenkapitel, in denen in der Handlung erwähnte wichtige Begriffe erklärt werden, sind ein Teil dieser metafiktionalen Komponente des Romans.
Herrmann ist ein klassischer Antiheld, ein unscheinbarer Jedermann, der sich nur in Bezug auf andere definiert - seine Mutter, Schwester, den verstorbenen Vater, seine Arbeitskollegen, seine Lehrer, seinen ehemaligen Freund Orban, etc. - und dabei gar nicht so genau weiß, wer er selbst eigentlich ist ("Er hätte gern gewusst, was er wollte…", S. 275). Dazu kommt noch sein Status als Single und Mann in der Midlife-Crisis, der endlich mal etwas für seine Gesundheit und gegen die späte Familienlosigkeit tun sollte. Der soziale Druck aber führt bei Hermann erst recht zu Angstzuständen, Depressionen und Tagträumen, die er aber so gut es geht unterdrückt. Der Vorname Herrmann setzt sich aus zwei Begriffen zusammen, die beide Mann bezeichnen - semiotisch clever, denn die Ironie des Ganzen ist, dass der männliche Hermann gnadenlos an den Anforderungen scheitert, die die Gesellschfat an den modernen Mann von heute stellt.
Bettina Gärtner ist mit "Herrmann" eine absolut grandios geschriebene Chronik eines scheiternden Mittvierzigers gelungen. Ein wunderbar feinsinniger und gescheiter Roman des Jahres 2020, der viel mehr Beachtung und LeserInnen verdient hätte.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 02.12.2023

Herrmann, ein ganz gewöhnlicher Mann

0

Herrmann ist ledig, Mitte vierzig, und lebt nach einer gescheiterten Beziehung noch immer im Dorf auf dem elterlichen Hof, wo er die von seinem verstorbenen Vater geführte Hundezucht weiter betreibt. Er ...

Herrmann ist ledig, Mitte vierzig, und lebt nach einer gescheiterten Beziehung noch immer im Dorf auf dem elterlichen Hof, wo er die von seinem verstorbenen Vater geführte Hundezucht weiter betreibt. Er hat einen festen Job in der Hauptstadt, wohin er täglich pendelt. In der Firma gehört er inzwischen zu den „Unkündbaren“, was ihm in seinem langweiligen Büroalltag eine gewisse Sicherheit gibt. Diese Sicherheit wird jedoch gleich zweimal erschüttert. Plötzlich taucht sein ehemaliger Schulkamerad Orban nach 30jährigem Auslandsaufenthalt wieder auf, und außerdem steht Herrmann wegen seines angeschlagenen Herzens ein Besuch bei der Betriebsärztin bevor …

Bettina Gärtner, die Autorin des im Literaturverlag Droschl 2020 in Wien erschienenen Romans „Herrmann“ wurde 1962 in Frankfurt/Main geboren und lebt seit 1969 in Wien. Dort studierte sie Jura und Geschichte, jedoch nicht zu Ende. Danach arbeitete sie als Grafikerin und veröffentlicht seit 2008 in Literaturzeitschriften - zuletzt reduziert auf Home Office, damit ihr möglichst viel frei einteilbare Zeit für ihren zweiten Roman bleibt.

Die Geschichte wird aus der Sicht Herrmanns erzählt. Wir erfahren von der Banalität seines Alltags im Büro und von der Eintönigkeit des Pendelns morgens und abends. Dabei sinniert er des Öfteren über seine in die Brüche gegangene Beziehung zu seiner ehemaligen Freundin Rieke nach und überlegt, warum er seinen Jugendfreund Orban heute nicht mehr so gut leiden kann. Er versinkt in Tagträume und wird von Angstzuständen und Depressionen geplagt. Als Leser wartet man vergebens auf einen Höhepunkt. Herrmanns ständige Gedanken über seinen Blutdruck nerven und sein ewiges Gejammer darüber, was ihm alles widerfährt, ist mehr als ärgerlich. Besonders vermisste ich dabei etwas Humor oder Sprachwitz, was die Geschichte erträglicher gemacht hätte. Herrmann bewegt sich ziel- und planlos – als Leser hofft man, dass da noch etwas mehr kommen könnte. Zwischen den einzelnen Kapiteln sind Internetrecherchen zu verschiedenen, im Geschehen erwähnten Themen, eingestreut, auf die ich gerne verzichtet hätte. Ein „Lichtblick“ (wenn man es so nennen kann) war dann der Schluss, der wirklich logisch und im Nachhinein folgerichtig gestaltet ist.

Fazit: Die banale Geschichte eines einfachen, langweiligen Mannes, mit einem gut durchdachten, folgerichtigen Ende.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere