Cover-Bild Der Halbbart
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26,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Diogenes
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Historische Romane
  • Seitenzahl: 688
  • Ersterscheinung: 26.08.2020
  • ISBN: 9783257071368
Charles Lewinsky

Der Halbbart

Der Sebi ist nicht gemacht für die Feldarbeit oder das Soldatenleben. Viel lieber mag er Geschichten. Im Jahr 1313 hat so einer es nicht leicht in einem Dorf in der Talschaft Schwyz, wo Engel kaum von Teufeln zu unterscheiden sind. Vom Halbbart, einem Fremden von weit her, erfährt er, was die Menschen im Guten wie im Bösen auszeichnet – und wie man auch in rauen Zeiten das Beste aus sich macht.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 10.10.2020

Traurig und fröhlich, liebevoll und brutal

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Das Buch „Der Halbbart“ von Charles Lewinsky, erschienen bei Diogenes, beginnt im Jahr 1313 in einem kleinen Dorf in der Talschaft Schwyz. Die Titelfigur, der Halbbart, ist ein Eigenbrötler, ein sonderbarer ...

Das Buch „Der Halbbart“ von Charles Lewinsky, erschienen bei Diogenes, beginnt im Jahr 1313 in einem kleinen Dorf in der Talschaft Schwyz. Die Titelfigur, der Halbbart, ist ein Eigenbrötler, ein sonderbarer Fremder, der sich abseits des Dorfes einen Unterstand gebaut hat, seinen Lebensraum. Dort trifft ihn der Sebi, ein Junge, der mit seinen beiden älteren Brüdern im Dorf wohnt.

Das Cover zeigt einen Ausschnitt aus dem Bild „Die Kindheit“ von Ferdinand Hodler. Zu sehen ist ein kleiner Junge, der so aussieht, wie ich mir den Sebi vorstelle.

Der Sebi hört dem Halbbart gerne zu, ist sehr wissbegierig und liebt Geschichten. Der Halbbart erzählt nicht viel aus seinem eigenen Leben, doch es ist spürbar, dass er Schlimmes erlebt haben muss.

Der Einstieg ins Buch ist mir nicht ganz leichtgefallen, weil ich mich in einer ganz anderen Welt wiederfand. Der Autor hat mich nämlich direkt mitgenommen in ein fremdes Land und eine Zeit vor 700 Jahren. Der außergewöhnliche Schreibstil unter Verwendung vieler Helvetismen forderte zu Beginn hohe Konzentration beim Lesen, hatte aber bald einen ganz besonderen Charme. Lewinsky lässt den Sebi erzählen von seinen Erlebnissen – als Totengräber, im Kloster, vom Soldatenleben und von seiner großen Leidenschaft, Geschichten nicht nur zu hören, sondern auch selbst welche zu erfinden und zu erzählen. So wird dieses Buch mit seinen vielen kleinen Geschichten ganz großartig zu einer ganz großen Geschichte zusammengefasst. Dabei bringen nicht nur die historischen Ereignisse der damaligen Zeit, wie zum Beispiel der Marchenstreit, Spannung, sondern auch der Glaube an fremde Mächte, Teufel und Engel findet Raum und sorgt in so mancher Situation für Gänsehaut. Doch das Buch ist bei weitem nicht finster, sondern es bringt mich durch Sebis liebevolle Art immer wieder zum Lachen und bietet vor allem durch seine kleine Perpetua ganz besondere emotionale Momente.

Jedes der fast gleichmäßig langen Kapitel trägt eine Überschrift, die wie eine kleine Zusammenfassung zu lesen ist.

Für mich war „Der Halbbart“ mit seinen vielen ganz unterschiedlichen Charakteren ein ganz besonderes Leseerlebnis und ein großes Vergnügen. Von Herzen gern gebe ich meine Empfehlung für das Buch – das übrigens über viele, viele wunderbare Zitate verfügt, wie dieses Beispiel zeigt:

„Geschichten ausdenken ist wie lügen, aber auf eine schöne Art.“

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Veröffentlicht am 03.10.2020

Reise ins grausige Mittelalter...

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Aufmerksam geworden bin ich auf diesen Roman aufgrund der Buchpreisnominierung. Gebannt begann ich zu lesen.

In der Geschichte geht es um den etwa Zwölfjährigen Sebi, der am liebsten Geschichten hört ...

Aufmerksam geworden bin ich auf diesen Roman aufgrund der Buchpreisnominierung. Gebannt begann ich zu lesen.

In der Geschichte geht es um den etwa Zwölfjährigen Sebi, der am liebsten Geschichten hört und auch gern selber Geschichten erzählen würde. Er träumt gern vor sich hin, doch ist das gut in Zeiten des düsteren Mittelalters?

Der Roman besticht vor allem durch seine Sprachgewalt, denn der Erzählstil und die verwendeten Worte sind einfach nur schön. Ich habe mir viele kluge Sätze notiert.

Sebi fungiert als Ich- Erzähler und war mir bereits auf den ersten Seiten sympathisch, da ich mich sehr gut mit ihm identifizieren konnte. Als Kind und manchmal auch heute noch, träume ich mich gerne mal weg und vergesse die Welt um mich herum. Unser Eusebius hat ein Talent für das Beobachten und Werten vom Verhalten anderer. Hier hatte man oft das Gefühl, dass er längst erwachsen ist, was vielleicht an der rauen Zeit liegt, in der er groß wird.

Seine beiden Brüder könnten unterschiedlicher kaum sein. Während ich Geni sehr bewundert habe wie er mit seinem Schicksal umgeht, so habe ich Poli so manches Mal verwünscht für seine gewalttätige Art.

Meine absolute Lieblingsfigur hingegen war der Namensgeber des Buches: der Halbbart. Er ist ein Mensch mit sieben Siegeln. Manche Geheimnisse um ihn werden gelüftet, als Leser ist man fasziniert von ihm und seinem Schicksal. Leider verblasst er im Verlaufe der Geschichte immer mehr und ich habe nicht alles erfahren was ich mir gewünscht hatte. Und die Andeutungen waren meines Erachtens zu wenig, um sich als Leser seine Geschichte selbst weiterspinnen zu können.

Besonders eindrücklich ist es dem Autor gelungen das Mittelalter darzustellen, denn es ist von Grausamkeiten und Entbehrlichkeiten geprägt. Ich musste ein ums andere Mal schlucken was die Figuren des Romans so aushalten müssen.

Während ich bis ungefähr zur Mitte des Buches richtig Freude an der Geschichte hatte und kaum aufhören konnte zu lesen, ließ sich die Lektüre mit der Zeit immer beschwerlicher lesen und ich kann gar nicht genau sagen wieso. Irgendwie fesselte mich das Erzählte nicht mehr so sehr, ich brauchte lange, um das Gelesene zu verarbeiten und oft liefen angefangene Erzählstränge irgendwie ins Leere.

Und so verbleibe ich nach der Lektüre etwas ratlos zurück. Selten musste ich so lange über einer Rezension sitzen, eh mir die richtigen Worte einfielen. Der Roman ist gewiss nicht schlecht, hat meine Erwartungen einfach nur bedingt erfüllt.

Fazit: Sprachlich eine Wucht, zum Schluss etwas zäh. Als Leser wird man immer wieder gefordert, das muss man mögen. Ich spreche dennoch eine Empfehlung aus, weil mich die Lektüre sehr nachdenklich gestimmt und mir einiges abverlangt hat.

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Veröffentlicht am 01.10.2020

Das Gute und das Böse im Menschen

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Vor dem historischen Hintergrund des Marchenstreits um 1313 erzählt Charles Lewinsky die Geschichte eines Flüchtlings und der Menschen, die ihn in ihrem Dorf aufnehmen. Während wir die Charaktere mit ihren ...

Vor dem historischen Hintergrund des Marchenstreits um 1313 erzählt Charles Lewinsky die Geschichte eines Flüchtlings und der Menschen, die ihn in ihrem Dorf aufnehmen. Während wir die Charaktere mit ihren persönlichen Herausforderungen kennenlernen, schwelt der Konflikt, ist von Beginn an zu spüren. Die Unterdrückung der Landbevölkerung durch die Kirche mündet schließlich in ausufernden Gewalttaten, Auge um Auge, Zahn um Zahn, die der Autor so schonungslos präsentiert, dass meine Reaktion von ungläubigen Entsetzen geprägt ist. Über den geschichtlich belegten Anteil hinaus habe ich den Roman als Gesellschaftskritik empfunden. Fast alles, was geschieht, lässt sich ins heute transferieren.

In diesem Sinne sind die streitbaren Figuren angelegt, sie führen uns sehr genau verschiedene Archetypen des Menschen vor Augen. Es gibt den Intellektuellen, den jungen Formbaren, den mit Durchhaltevermögen, den Starken, den Depp, es gibt Lügner und Hinterhältige. Dazu kommt die Quotenfrau. Wie im echten Leben heute, tritt nur eine Dame ins Rampenlicht der wirklich wichtigen Charaktere. Der Autor fokussiert stark auf die Entwicklung der Charaktere und deren Beziehungsgeflecht.
Meine Lieblingsfigur ist Eusebius, genannt Sebi. Er hat aus meiner Sicht einen Entwicklungssprung hingelegt, der deutlich über das für seine Herkunft Erwartbare hinausgeht. Überzeugt hat er darüber hinaus, weil er sich selbst stets treu geblieben ist. Gut gefallen hat mir auch die Unerschütterlichkeit des wahren Glaubens, die sich in seiner Figur manifestiert.

Die gewählte Sprache und Benamung der Figuren erzeugen den Lokalkolorit des Romans. Das dörflich Ungebildete seiner Zeit spendet Glaubwürdigkeit, ist gleichzeitig sehr amüsant. Es hat ein paar Kapitel gedauert, bis ich mich an den von
Helvetismen durchsetzten Text mit dem aus hochdeutscher Perspektive betrachteten, falschem Satzbau gewöhnt hatte. Danach war ich von dem sympathischen Sprachgebrauch mit seinen lautmalerischen Wörtern wie Finöggel, Gsüchti und Rossbollen begeistert. Negative Wörter, Gefühle und Zustände erfahren eine Verniedlichung, lassen den Leser trotz des Ernstes der Ereignisse schmunzeln.

Insgesamt war „Der Halbbart“ kein einfaches Buch. Durchgehend regt der Roman zum Reflektieren an, da sich ganz automatisch eine Fülle von Parallelen in unserem Leben heute ergibt. Fake News sind in diesem Zusammenhang nur ein Beispiel. So habe ich den Roman fast nach jedem Kapitel ein paar Minuten zur Seite gelegt, um das Gelesene auf mich wirken zu lassen. Neben dem mir bisher unbekannten geschichtlichen Hintergrund habe ich beim Nachsinnen auch mich selbst und meine Mitmenschen wieder ein bisschen besser kennengelernt. Diese Anregung hat mir sehr gefallen.

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Veröffentlicht am 29.09.2020

Geschichten aus dem Mittelalter

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Der Roman „Der Halbbart“ versetzt den Leser nach Schwyz im Jahre 1313. In einem kleinen Dorf wohnt Eusebius, mit seiner Mutter und zwei älteren Brüdern Geni und Poli. Eusebius, den alle Sebi nennen, ist ...

Der Roman „Der Halbbart“ versetzt den Leser nach Schwyz im Jahre 1313. In einem kleinen Dorf wohnt Eusebius, mit seiner Mutter und zwei älteren Brüdern Geni und Poli. Eusebius, den alle Sebi nennen, ist ein aufgeweckter Junge und sehr guter Beobachter.
Als eines Tages ein Fremder im Dorf erscheint, der man aufgrund seines Aussehens Halbbart nennt, sucht Sebi seine Gesellschaft und versucht so viel wie möglich von ihm zu lernen. Der Halbbart scheint ein Mann mit vielen praktischen Fähigkeiten zu sein und er hilft gerne den Menschen im Dorf. Nur über seine tragische Vergangenheit möchte er lieber nicht sprechen.


Dieses Buch hat mich sofort in seinen Bann gezogen. Im Mittelpunkt steht natürlich Sebi, der die ganze Geschichte erzählt. Er ist ein aufgeweckter Junge, der gut beobachten und noch besser erzählen kann. Er wächst in einer Welt, in der der Glaube und Aberglaube den Alltag beeinflussen und die prägen nachhaltig auch seine Gedanken und Geschichten.
Mit den Augen des 13-jährigen Buben konnte ich in diese mittelalterliche Welt eintauchen und das mühsame Leben der Dorfbewohner betrachten. Mit der Naivität eines Kindes erzählt Sebi über den Alltag der ungebildeten Menschen, über das scheinbar bessere Leben der Reicheren im Dorf und den enormen Einfluss der Kirche. Seine Erzählungen sind so offen, aufrichtig und unkritisch, dass man über seine kindliche Naivität oft schmunzeln muss.
Der geheimnisvolle Halbbart spielt eine große Rolle im Sebis Leben. Es ist offensichtlich, dass der Halbbart ein gebildeter Mensch ist und viel, nicht nur Gutes, in seinem Leben mitmachen müsste. Sein Wissen teilt er gern mit Sebi, der ihn von Anfang an als einen Freund und nicht als einen Fremden behandelt.
Natürlich kommen auch die geschichtlichen Ereignisse in diesem Roman vor. Sebi und seine Brüder wurden in diese Geschehnisse verwickelt. Dazu gibt der Autor zwar keine Quellennachweise, dafür aber erzählt viele interessante Geschichten. Wieviel sie der Wahrheit entsprechen, müsste man es selbst herausfinden. Denn in dem Interview für Literatur-Lounge sagt der Autor selbst:
Ein Roman soll keine Unterrichtsstunde sein. Es geht nicht um Geschichte, sondern um Geschichten.

FAZIT:
„Der Halbbart“ von Charles Lewinsky ist ein wunderbarer Roman voller Geschichten, Märchen und Weisheiten, die das Herz jedes Lesers berühren. Obwohl es eine Geschichte über das Mittelalter ist, ist sie in vielen Punkten aktueller denn je. Wunderschön erzählt, berührend, aufschlussreich – einfach lesenswert!

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Veröffentlicht am 27.09.2020

Die Kapitel, in denen der Sebi erzählt

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Die Handlung von Der Halbbart ist im frühen 14.Jahrhundert angelegt und der Schweizer Schriftsteller Charles Lewinsky erzeugt auch sprachlich ein Gefühl für die Zeit.

Der Roman wird durch die Erzählperspektive ...

Die Handlung von Der Halbbart ist im frühen 14.Jahrhundert angelegt und der Schweizer Schriftsteller Charles Lewinsky erzeugt auch sprachlich ein Gefühl für die Zeit.

Der Roman wird durch die Erzählperspektive geprägt.
Der Erzähler Sebi ist ein naiver Junge, der aber auch manchmal ganz klug und vernünftig sein kann.
Er ist fasziniert vom neuen Einwohner der Gegend, dem Halbbart. So wird ein kluger, welterfahrener Mann genannt, dem aufgrund von Brandwunden im Gesicht nur auf einer Gesichtshälfte ein Bart sprießt.
Für Sebi ist er ein Quell des Wissens. Erst nach einer Weile erfährt der Leser auch mehr vom Schicksal des Halbbarts.

Es ist ein umfangreicher Roman und die Ironie erinnert mich ganz leicht an Thomas Manns Joseph und seine Brüder. Auch Charles Lewinsky nutzt einen charismatischen Plauderton, allerdings sehr genau ausgeführt, um die Geschichte des Dorfes und seiner Einwohner, des Halbbarts und Sebis und seinen Brüdern zu erzählen.
Es ist amüsant, aber es gibt auch ernste Themen.
Und am Ende ist es auch eine Coming-of-Age-Geschichte, die Sebis Weg zeigt. Er taugt weder zum Soldat noch zum Mönch. Er ist kein mutiger Junge, aber wenn es darauf ankommt, ist er da und schließlich weiß er, was er will. Es ist eigentlich unmöglich diesen Protagonisten nicht zu mögen.

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