Cover-Bild Die Romanfabrik von Paris
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12,90
inkl. MwSt
  • Verlag: Lübbe
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: historischer Roman
  • Genre: Romane & Erzählungen / Historische Romane
  • Seitenzahl: 480
  • Ersterscheinung: 30.10.2020
  • ISBN: 9783404183111
  • Empfohlenes Alter: ab 16 Jahren
Dirk Husemann

Die Romanfabrik von Paris

Historischer Roman

Paris 1850. In der Romanfabrik von Alexandre Dumas schreiben siebzig Angestellte die beliebten Folgen von " Die drei Musketiere" und " Der Graf von Monte Christo" , die als Fortsetzungsgeschichten die Zeitungsleser begeistern. Doch im jüngsten Werk ist etwas faul zwischen den Zeilen, denn es ist gespickt mit Staatsgeheimnissen. Um seinen Ruf zu retten, muss sich Dumas ausgerechnet mit seiner größten Kritikerin verbünden: der deutschen Lehrerin Anna Moll, die ihn wegen freizügiger Texte angezeigt hat.

Gewinner der Abstimmung zum "Buch des Jahres 2020" bei WDR 2

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Veröffentlicht am 04.01.2021

Musketier-Verschnitt trifft auf "in 80 Tagen um die Welt"

1

Das atemberaubende Tempo erinnert etwas an die 3 Musketiere, die Reisen an Jules Verne & Kapitän Nemo. Soweit so gut. Es fehlt die "Ruhe", die normalerweise ein historischer Roman aufweist. Aber dazu zählt ...

Das atemberaubende Tempo erinnert etwas an die 3 Musketiere, die Reisen an Jules Verne & Kapitän Nemo. Soweit so gut. Es fehlt die "Ruhe", die normalerweise ein historischer Roman aufweist. Aber dazu zählt der Roman nicht. Eher eine Allegorie zum Heute, zum spontanen Reisen, wohin man auch will, und zwar schnell. Die Figuren sind nicht fassbar und fallen durch ähnliche Anfangsbuchstaben auf (Schmaleur, Schuwalow, Seamur , Simes oder Alexandre, Anna, Alice). Wäre die Story fesselnd - und von einem einzigen Autoren verfasst! - könnte man die Vorwegnahme der Erfindungen (Rollator und Reisegeschwindigkeit Concorde, beide Mitte 1970er) akzeptieren.

Cover und Klappentexte machten mich neugierig, versprühten irgendwie etwas Pariser Charme. Aber weit gefehlt. Je länger ich las, desto mehr, hatte ich das Gefühl, der Autor hatte keine Vorstellung von seiner Story. Wenn schon ⅔ des (470 S.-)Buches Ende Dezember 1851 spielen, ⅓ wenigstens schon Januar 1852, und dann gleich an 3 Schauplätzen, da frage ich mich, ob der Autor seine Helden mit der Concorde fliegen liess, die 100 Jahre später in Betrieb kam. Baden-Baden, Paris, Brüssel, London bis St.Petersburg in knapp 30 Tagen? Unwahrscheinlich. Hätte er statt Dezember die Jahreszeit (Winter) genommen, ok, ich hätte mich nicht daran gestossen. So aber kam die Story wie Gelee vor, das auf dem Tisch liegt, Klassiker von Jules Verne, Tolstoi usw. daneben samt namhafter Persönlichkeiten und Museen als Garnitur. Eine gehbehinderte Heldin auch unglaublich, wie die Szene, wo ihr der Russe den Rollstuhl abtrotzt. Oder Dumas im Newgate-Castle. Viele Episoden, die keinen roten Faden ergeben. Und am Ende hat die Heldin sogar einen Rollator! Nicht ganz nachvollziehbar oder durchdacht. Dank des Nachworts, weiss ich jetzt auch, warum mich die Story enttäuscht: der Autor Husemann hat die Story mit einer Co-Autorin geschrieben! Da verwundert mich der Tenor nicht. Schade. Kein Vergleich zum "Bücherdieb” oder “Seidendiebe”. Obwohl etwas künstlerische Freiheit erlaubt ist, habe ich mich an der Story verschluckt.

Der Roman passt irgendwie zum Titel: Romanfabrik. In einer "Fabrik" wird am laufenden Band produziert wie hier Abenteuer an Abenteuer, ohne Atempause. Alles wird nur angerissen (Zensur, Pariser Gendarmen, die Dumas nach London verfolgen) und am Ende "billig" gelöst. Kommt mir so vor, wie die Klatschpresse, die einen guten Ruf ruiniert und nichts dagegen tut. Und am Ende jeder Metropole ist der Mord(versuch), wie eine Melodie. Damit hat sich der Roman das Label "historischer Roman" verwirkt. Und wozu gehört dann der Roman? Eine Art Hommage an den Schriftsteller, also eine Art Bio oder schlicht Abenteuerroman, aber nicht historisch genug.

Eins muss man den Roman zugute halten: er macht deutlich, wie ein Erfolg neue Ideen fördert, und dass es auch in der Literatur schon früh "Massenproduktion" gab. Daher hätte diese Idee besser umgesetzt werden können, nach der Devise: "Weniger ist mehr".
Ich wurde das ganze Lesen hindurch das Gefühl nicht los, als ob der Roman nicht aus freien Stücken, sondern auf Drängen des Verlages aus vorhandenen Ideen-Bruchstücken zusammengesetzt worden wäre. Einem Flickerl-Teppich gleich. Dieser kommt mir sehr lustlos und blutleer vor. Ein Scharlatan der besonderen Sorte als Equipment des Roman-Personals? Warum nicht. Nur hätte ich gern am Ende gewusst, warum sich Lemaître gleich an 3 Regierungen/Staaten/Grossmächten rächen wollte und wofür? Dass ihm eine Karriere aufgrund seiner Hautfarbe verunmöglicht wurde? Ein schwacher Grund. Wenn schon eine Hommage an den Verfasser der "3 Musketiere" im Stoff verwoben, dann bitte etwas spritziger, humorvoller, aber nciht so seicht. London oder St. Petersburg - er war ja in 3 Teile, Paris, London, St. Petersburg aufgeteilt - waren überflüssig bzw. der Roman wäre spannender gewesen, wen er nur um oder in einer Metropole gespielt hätte. Dann wäre die Story kurzatmiger gewesen. So kam sie mir wie selbst in einer "Romanfabrik" gewoben vor.

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