Sehr berührende Geschichte um eine Frau, die man nicht so schnell vergisst
Meine Meinung
Es gibt Erinnerungen von fremden Menschen, die dermaßen schmerzhaft sind, dass sie einem sogar beim Lesen traurig stimmen. Diese Geschichte ist fiktiv und hat es bestimmt im realen Leben ...
Meine Meinung
Es gibt Erinnerungen von fremden Menschen, die dermaßen schmerzhaft sind, dass sie einem sogar beim Lesen traurig stimmen. Diese Geschichte ist fiktiv und hat es bestimmt im realen Leben öfter gegeben, als man sich vorstellen kann. Was mich immer wieder in Staunen versetzt ist die Tatsache; dieses Drama ist in den 60er Jahren angesiedelt und somit eigentlich noch nicht allzu lange her.
Ich lerne die über 81-jährige Frieda zuerst in einem Pflegeheim in der Gegenwart kennen. Der Autor weiß, wovon er schreibt, denn die Verzweiflung und Resignation, die ältere Menschen befällt, wenn sie aus ihrem gewohnten Leben gerissen werden, hat er sehr sensibel dargestellt. Ich habe es bei meiner ehrenamtlichen Tätigkeit in Altenheimen schon sehr oft so erlebt.
Ihr geliebter Ehemann Louis stirbt unerwartet und Frieda hat somit niemanden mehr, der daheim ihre Pflege übernehmen kann. Ihr Sohn Tobias räumt die elterliche Wohnung aus und versucht seiner Mutter Trost zu spenden. Auch seine schwangere Frau Nadine verhält sich sehr liebevoll gegenüber Frieda. Was beide nicht wissen: Frieda hat in ihrer Vergangenheit einen schweren Schicksalsschlag hinnehmen müssen. Die Erinnerungen holen sie ein, und sie weigert sich, weiterhin zu schweigen.
In der Vergangenheit durfte ich die junge Floristin Frieda Tendeloo kennenlernen, die in einem streng katholischen Elternhaus aufwuchs.
Beim Schlittschuhlaufen an der Waal lernte sie den verheirateten Otto kennen und lieben. Sie erlebte mit ihm ihre erste große Liebe und genoss sie in vollen Zügen. Doch ihre Affäre blieb nicht ohne Folgen. Frieda wurde schwanger und erlebte den größten Alptraum, der einer Frau widerfahren kann. Sie musste nach der Geburt ihr Kind weggeben, um über die Familie keine Schande zu bringen.
Die körperlichen und seelischen Qualen, die Frieda erleiden musste, haben mich erschüttert und voller Unglauben zurückgelassen. Im tiefsten Mittelalter konnte man kaum schlimmer mit einer ledigen Mutter umgegangen sein. Die Szenen auf der Geburtsstation sind einfach nur unmenschlich. Darauf möchte ich aber nicht näher eingehen. Die Reaktionen der Eltern fand ich am schlimmsten. Unfassbar, wie sie ihre eigene Tochter im Stich ließen, sie als Schlampe bezeichneten und ihr rieten, das Kind zur Welt zu bringen und es hinterher einfach vergessen. Über ihre große Liebe Otto möchte ich nichts schreiben, da mir nur böse Worte dazu einfallen. Es gibt keine Entschuldigung dafür, eine junge Frau so allein ihrem Schicksal zu überlassen.
Jaap Robben hat mit Frieda eine Figur gezeichnet, der ich großen Respekt zolle. Sie ist an ihrem unendlich großen Leid gewachsen und hat dennoch ein normales Leben geführt.
Der Schreibstil ist flüssig und die verschiedenen Zeitebenen wunderbar integriert. "Kontur eines Lebens" enthält so viel mehr, als ich verraten möchte. Ich kann eine klare Empfehlung aussprechen. Mir wird Frieda Tendeloo noch lange im Gedächtnis bleiben.
Danke, Jaap Robben, für diese wertvolle Geschichte