Cover-Bild Gebete für die Vermissten
19,95
inkl. MwSt
  • Verlag: Suhrkamp
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 228
  • Ersterscheinung: 15.09.2014
  • ISBN: 9783518424520
Jennifer Clement

Gebete für die Vermissten

Roman
Nicolai von Schweder-Schreiner (Übersetzer)

Ladydi wächst in den mexikanischen Bergen auf, inmitten von Mais- und Mohnfeldern, in einem Dorf ohne Männer, denn die sind auf der Suche nach Arbeit über die Grenze oder längst tot. Es ist eine karge und harte Welt, in der ein Mädchenleben wenig zählt. Eine Welt, in der verzweifelte Mütter ihre Töchter als Jungen verkleiden oder sie in Erdlöchern verstecken, sobald am Horizont die schwarzen Geländewagen der Drogenhändler auftauchen. Aber Ladydi träumt von einer richtigen Zukunft, sie träumt von Freundschaft und Liebe und Wohlstand. Ein Job als Hausmädchen in Acapulco verspricht die Rettung, doch dann verwickelt ihr Cousin sie in einen Drogendeal. Und plötzlich hält sie ein Paket Heroin in den Händen, und ein gnadenloser Überlebenskampf beginnt.
»Gebete für die Vermissten« beschwört die unverbrüchliche Kraft der Hoffnung in einer schrecklichen Welt. In mutigen, schockierenden und bewegenden Bildern erzählt Jennifer Clement das Leben einer außergewöhnlichen jungen Heldin.

Weitere Formate

Dieses Produkt bei deinem lokalen Buchhändler bestellen

Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 29.10.2016

Leben und Sterben im rechtsfreien Raum

0

In Jennifer Clements Roman “Gebete für die Verstorbenen“ berichtet die 14jährige Ich-Erzählerin Ladydi Garcia Martinez aus ihrem Leben in einem Dorf auf einem Berg in der Provinz Guerrero, ...

In Jennifer Clements Roman “Gebete für die Verstorbenen“ berichtet die 14jährige Ich-Erzählerin Ladydi Garcia Martinez aus ihrem Leben in einem Dorf auf einem Berg in der Provinz Guerrero, die als die gefährlichste in Mexiko gilt. In diesem Dorf leben nur Frauen, denn die Männer sind entweder auf der Suche nach Arbeit in die USA gegangen oder längst tot. In diesem Dorf werden nur Jungen geboren. Auch Ladydis Mutter Rita nennt ihre Tochter “Junge“ , kleidet sie als Junge und lässt sie bewusst hässlich aussehen, damit sie nicht von den Drogenbossen und ihren Helfern geraubt wird. Die Frauen haben in ihren Gärten sogar Erdlöcher gegraben, in denen sich die Mädchen verstecken, wenn sie die schwarzen Limousinen der Drogenbarone den Berg hinauffahren hören. Ladydis beste Freundin Paula, das schönste Mädchen der Gegend, entgeht ihrem Schicksal nicht. Sie wird entführt, und als sie wider Erwarten nach einem Jahr zurückkommt, ist sie physisch und psychisch für immer gezeichnet. Für Ladydi scheint sich eine Zukunftsperspektive zu eröffnen, als sie einen Job als Hausmädchen in Acapulco angeboten bekommt. Ihr Cousin bringt sie in das Haus der abwesenden reichen Familie, lässt sie jedoch unterwegs im Auto warten, um noch etwas zu erledigen. Wie sich später zeigt, hat er in einem Haus mehrere Morde begangen. Da er Ladydi als Entlastungszeugin nennt und bei ihr ein Päckchen mit Drogen versteckt, wird sie in diese üble Geschichte hineingezogen und kommt ins Frauengefängnis in Mexico City.
Jennifer Clement zeigt, dass ein Menschenleben, vor allem ein Frauenleben, nicht viel zählt in Mexiko. Schöne Mädchen leben hier gefährlich. Sie werden entführt, missbraucht, weitergereicht, an Bordelle verkauft und sind letztlich eine lohnendere Ware als Drogen, die man nur einmal verkaufen kann. Niemand interessiert sich für das Schicksal von Hunderttausenden, die für immer verschwinden oder irgendwann verstümmelt und ermordet wieder auftauchen wie vor zwei Jahrzehnten im berüchtigten Ciudad Juarez. Korruption reicht in die höchsten Ränge von Polizei und Regierung. Die Kartelle haben das Sagen im Land.
Die Autorin hat den größten Teil ihres Lebens in Mexiko gelebt. Sie hat über zehn Jahre lang recherchiert und Hunderte von Frauen interviewt. Ihr enormes Faktenwissen präsentiert sie als Fiktion – alles andere wäre zu gefährlich gewesen für die Betroffenen und für sie selbst. Entstanden ist ein gut lesbarer berührender Roman, in dem es nicht nur immer wieder Beispiele für die alltägliche Gewalt, sondern auch für den Mut, die Widerstandskraft und Solidarität der Frauen gibt sowie heitere Episoden und Humor. Mir gefällt die lakonische, teilweise aber auch ausgesprochen poetische Sprache. Man kann nur hoffen, dass sich der Wunsch der Autorin erfüllt, die fest daran glaubt, dass Literatur die Welt verändern kann. Ein außergewöhnliches Buch.

Veröffentlicht am 02.08.2018

Dunkle Seite Mexikos

0

Dieses Buch ist ein solch berührendes, dramatisches,mutiges und gut recherchiertes Buch, welches einen auch nach der letzten gelesenen Seite nicht loslässt.
In dem Buch „Gebete für die Vermissten “ geht ...

Dieses Buch ist ein solch berührendes, dramatisches,mutiges und gut recherchiertes Buch, welches einen auch nach der letzten gelesenen Seite nicht loslässt.
In dem Buch „Gebete für die Vermissten “ geht es um das junge Mädchen Ladydi. Die kleine Ladydi wächst im mexikanischen Ort Guerrero nahe der Grenze zu den USA auf. Doch das Leben von Ladydi ist kein leichtes und nicht das normale Leben eines Kindes wie wir es zu glauben kennen.
Schon in frühen Jahren muss Ladydi begreifen, dass das Leben in dem kleinen Ort Guerrero kein leichtes ist und schon bald lernt sie die harten Seiten Mexikos kennen. Denn diese lauern direkt vor ihrer Haustür !
Bereits im zarten Alter von fünf Jahren darf sie nicht mehr allein vor die Tür gehen, früher von allen als Junge betrachtet, später von der eigenen Mutter hässlich gemacht. Denn nur hässliche Mädchen, hatten eine Chance auf ein ruhiges Leben,fernab des Interesses der Drogendealer Mexikos !
Denn deren Entführungen junger und schöner Mädchen prägten die Geschichte des kleinen Dorfes an der Grenze der USA.
Viel zu früh ist das Leben Ladydis von Armut, Einsamkeit und einer ständigen Angst geprägt.
Denn die Bevölkerung Guerreros besteht zum größten Teil aus von Armut betroffenen Familien, die ohne ihre Väter und Ehemänner auskommen müssen. Denn diese sind über die Grenze hinweg Richtung Amerika geflohen um dort Arbeit zu finden. Doch nach immer weniger werdenden Besuchen, blieb letztendlich auch das Geld aus und so blieben die Mütter mit ihren Kindern zurück, ohne Geld, ohne Mann und ohne Schutz vor der harten Welt Mexikos !
Zwischen einer alkoholkranken Mutter, der Zukunft und der Entführung einer ihrer besten Freundinnen, versucht Ladydi ihre Zukunft zu gestalten, doch dies hat verheerende Folgen.
Denn schon bald findet sie sich in einem Prozess um den Mord an einem mexikanischen Drogendealer und dessen Tochter wieder.
Und sie, Ladydi ist angeklagt, angeklagt wegen Mordes...
Dieses Buch ist wahrlich keine leichte Kost, zum einen weil dieses Thema auf wahren und gut recherchierten Begebenheiten in Mexiko beruht, zum anderen weil dieses Buch so nah so ehrlich über diese grausame und verzweifelte Situation berichtet.
Selten ging mir ein Buch so an die Nieren, nicht nur das intensiv geschilderte Leben Ladydis, sondern die Stellung der Frau in Mexiko bereitete mir so meine Sorgen. Denn die belastende und erdrückende Wahrheit, aber auch der Zustand derer, die sich mir ihrer Situation abgefunden zu haben scheinen, machte mich nachdenklich, teils wütend und frustriert zugleich.
Hin und hergerissen zwischen der reellen Wahrheit und den vielen beschriebenen Schicksalen, die mir manchmal zu unterkühlt beschrieben waren, versuchte ich diesen harten Stoff zu verarbeiten. Denn obwohl einem diese Tatsachen nahegehen, blieb die emotionale Bindung zu den Charakteren häufig aus.
Dennoch ist dieses Buch ein unfassbar wichtiges und eines welches viel mehr, ja viel lauter besprochen werden sollte. Denn wer sich etwas mit diesem Thema beschäftigt wird wissen,dass hunderte von mexikanischer Menschen,jährlich auf dem Weg in die USA qualvoll sterben. Einzig und allein nur deshalb, weil sie dem Grauen über die Grenze hinweg entkommen wollen und auf dem Weg dorthin, fallen sie den Wetterbedingungen, zu wenig Wasser und anderen Dingen zum Opfer !
Die Autorin Jennifer Clement beschreibt in "Gebete für die Vermissten", ein Schicksal mit dem wir uns alle beschäftigen sollten und das deutlich lauter in der Öffentlichkeit besprochen werden sollte.
Für mich eine gesellschaftlich wichtige Botschaft, ein Buch, welches harten Stoff verarbeitet und eine Autorin die dafür hart und genau recherchiert hat.
Eine Reportage in Buchform, welche vielleicht nicht immer rundum fertig erscheint und trotzdem gerade wegen der wahren Begebenheiten berührt und den Leser noch lange nicht loslassen wird