Cover-Bild Die Stadt der Blinden
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11,00
inkl. MwSt
  • Verlag: btb
  • Themenbereich: Belletristik - Dystopische und utopische Literatur
  • Genre: Romane & Erzählungen / Erzählende Literatur
  • Seitenzahl: 400
  • Ersterscheinung: 08.09.2015
  • ISBN: 9783442745296
José Saramago

Die Stadt der Blinden

Roman
Ray-Güde Mertin (Übersetzer)

Saramagos Antwort auf Die Pest von Albert Camus.

Ein Mann steht an einer Ampel. Von einer Sekunde auf die nächste, ohne erklärbaren Grund, erblindet er. Wie ihm ergeht es immer mehr Menschen in seiner Heimatstadt. Wie eine Seuche greift die Blindheit um sich. Die Regierenden wissen sich nicht anders zu helfen, als die Betroffenen in einer verlassenen Irrenanstalt einzuquartieren – unter der Bewachung von Soldaten, die auf jeden schießen, der fliehen will. Je mehr Blinde dort zusammengepfercht werden, desto schlimmer, desto unmenschlicher wird die Situation. Inmitten dieses grausamen Chaos befindet sich ein Augenarzt mit seiner Frau – die als Einzige noch sehen kann …

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 20.03.2019

Ungewöhnliche Geschichte, ausgesprochen anstrengender Schreibstil

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"Die Stadt der Blinden" ist ein weiteres Buch, das ich durch die wundervolle "Wir lesen Klassiker"-Gruppe hier entdeckt habe. Das Buch fand ich allerdings etwas weniger wundervoll.

Die Geschichte ist ...

"Die Stadt der Blinden" ist ein weiteres Buch, das ich durch die wundervolle "Wir lesen Klassiker"-Gruppe hier entdeckt habe. Das Buch fand ich allerdings etwas weniger wundervoll.

Die Geschichte ist ungewöhnlich und sehr wichtig, führt sie uns doch gleich auf mehrere Arten in die Abgründe der menschlichen Existenz. Das Geschehen beginnt sofort und das gute Erzähltempo hält sich über mehrere Kapitel. Ein Mann erblindet am Steuer seines Autos, es gibt keine Erklärung. Schon bald erblinden alle jene, die Kontakt mit ihm hatten und die plötzliche Erblindung wird zur Epidemie. Es ist spannend, die Ausdehnung der Blindheit zu "erlesen", die verschiedenen Schicksale zu verfolgen. Niemand in diesem Buch wird beim Namen genannt, alle werden nur beschrieben: "der erste Blinde", "die Frau des Arztes", "die Frau mit der dunklen Blinde" oder "der Mann mit der Augenklappe". Diese Entpersönlichung setzt sich auch darin fort, daß überhaupt nichts beim Namen genannt wird - kein Orts- oder Straßenname, nichts. Nicht einmal die Kapitel sind nummeriert.

Der Schreibstil tut sein Übriges zur Verwirrung. Wörtliche Rede ist nicht durch Anführungszeichen oä gekennzeichnet, Dialoge finden in endlosen, nur durch Kommata strukturierten Sätzen statt. So kann man schwer erkennen, wer der Gesprächsführenden was sagt, wo eine Aussage anfängt oder aufhört. Die Endlossätze charakterisieren auch den Erzähltext und so blickt man auf Seiten voller kaum strukturierter Sätze, fast ohne Absätze. Das alles sind originelle und sicher auch effektive Stilmittel, die Orientierungslosigkeit der Blinden soweit wie möglich auf den Leser zu übertragen. Allerdings machte mir zumindest das Lesen so sehr wenig Spaß. Es war anstrengend, mühsam, verwirrend und dadurch oft schlichtweg nervig.

Am Ball gehalten hat mich die Geschichte, die in erschreckend deutliche Tiefe geht, vor keiner Scheußlichkeit zurückschreckt (weniger wäre hier manchmal ausreichend gewesen) und dann, wenn der Leser davon richtiggehend erschöpft ist, plötzlich Ton und Atmosphäre wechselt. So werden die Blinden aus Quarantänegründen interniert und das ausgesprochen gedanken- und versorgungslos. Hier wird deutlich aufgezeigt, wie schnell Menschengruppen ausgegrenzt werden können und wie schnell ihnen dann - obwohl sie niemandem etwas getan haben - Feindseligkeit entgegenschlägt. Geschichte und Zeitgeschehen zeigen, daß die hier beschriebene Entwicklung nur zu realistisch ist. Ebenso realistisch ist die gnadenlos geschilderte Entwürdigung, Entmenschlichung und Gewaltentwicklung. Menschlichkeit ist in diesem Buchabschnitt die Ausnahme. Zum Ende hin wird es wieder sanfter, kontemplativer, freundlicher.

Die völlige Hilflosigkeit, die durch den unvorbereiteten Verlust eines solch wichtigen (vielleicht des wichtigsten?) Sinnes eintritt, ist der andere Abgrund, der uns plastisch geschildert wird. In einer Welt voller Blinder, ohne Hilfe, ohne Unterstützung, ist man schnell verloren, werden die einfachsten Handgriffe unmöglich, muß man die Würde oft aufgeben.

So erkennt man beim Lesen ernüchtert (und erneut), wie unglaublich dünn die Schutzschicht der Zivilisation ist, wie schnell Menschen zu Unmenschen (und ich sage hier absichtlich nicht "wie Tiere", denn Tiere würden sich niemals so abscheulich verhalten) werden. Man sieht, wie schnell man durch die eigene Regierung ausgegrenzt und vernichtet werden kann und wie andere wegschauen, solange sie nicht betroffen sind. Dabei kann es, auch das eine wichtige Botschaft, absolut jeden treffen.
Man lernt die eigenen funktionierenden Sinne, die problemlose Versorgung mit Nahrung, Strom und Wasser, den Schutz einer funktionierenden Rechtsordnung ganz neu zu schätzen.

Leider aber hat der Stil das Lesevergnügen doch sehr beeinträchtigt, einige Logikfehler haben mich gestört und mir blieben für mich relevante Punkte offen. Zwischendurch gab es mehrere Längen und zähe Beschreibungen oder Philosophierungen. Die Stilmittel in allen Ehren, aber ein wenig mehr Zugänglichkeit hätte dem Buch meines Erachtens nicht geschadet.

Veröffentlicht am 18.03.2019

Erschreckend, aber sehr sehr gut

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In einer namenlosen Stadt können immer mehr namenlose Menschen nicht mehr sehen. Sie selber beschreiben den Zustand, als "in einem See aus Milch schwimmen". Die Geschichte beginnt erschreckend, aber das ...

In einer namenlosen Stadt können immer mehr namenlose Menschen nicht mehr sehen. Sie selber beschreiben den Zustand, als "in einem See aus Milch schwimmen". Die Geschichte beginnt erschreckend, aber das ist nur ein kleiner Vorgeschmack auf das, was einen als Leser noch erwartet. Da immer mehr Menschen erblinden, sieht die Regierung nur den Ausweg, die Erkrankten in einer verlassenen Anstalt zu separieren. Und jetzt beginnt der wahre Horror, der aber (erschreckend genug!) immer realistisch bleibt. Alles im Roman bleibt namenlos, für mich die klare Botschaft, daß die Handlung überall spielen kann und jeden treffen kann.

Wer behält seine Menschlichkeit und wer wird zum Tier, für das vor allem das Überleben zählt? Wer stellt sich an den Anfang der Nahrungskette? Wer überwindet Anstand, Skrupel und behält seine Würde? Das Thema über die eigene Würde zieht sich als roter Faden durch den Roman.

Wie die Frau eines erblindeten Augenarztes, die als einzige noch sehen kann, sieht man als Leser den Schrecken und die Konsequenzen einer Epidemie, die immer weiter fortschreitet. An den Schreibstil musste ich mich gewöhnen: Viele Kommas, wenige Punkte, keine Kennzeichnung der wörtlichen Rede. Aber der Roman hat mich von Anfang bis Ende nicht losgelassen. Erschreckende Geschichte, aber sehr sehr gut geschrieben!

Veröffentlicht am 07.07.2018

Rezension zu "Die Stadt der Blinden"

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Titel: Die Stadt der Blinden
Autor: José Saramago
Seitenanzahl: 398
Verlag: btb
ISBN: 978-3-442-74529-6


Inhalt

Ein Mann an einer Ampel, er wartet - und erblindet von einer Sekunde auf die nächste. Wie ...

Titel: Die Stadt der Blinden
Autor: José Saramago
Seitenanzahl: 398
Verlag: btb
ISBN: 978-3-442-74529-6


Inhalt



Ein Mann an einer Ampel, er wartet - und erblindet von einer Sekunde auf die nächste. Wie ihm ergeht es immer mehr Menschen in seiner Heimatstadt. Die Regierung weiß keinen anderen Ausweg, als die Betroffenen in einer verlassenen Anstalt zu internieren. Je mehr Blinde dort zusammengepfercht werden, desto unerträglicher wird die Situation. Chaos, Gewalt und Willkür. Mittendrin ein ebenfalls erblindeter Augenarzt und seine Frau - die als Einzige noch sehen kann...


Wie kam ich zum Buch?



Wir haben uns entschieden das Buch in der Lese AG zu lesen.


Meine Meinung



Ich möchte diese Rezension so kurz wie möglich halten, denn wenn man nichts positives zu sagen hat, sagt man am besten gar nichts. Mir hat das Buch einfach nicht gefallen.
Den Schreibstil empfand ich als schrecklich und besonders die Dialoge waren extrem anstrengend zu lesen. Teilweise musste ich Sätze mehrmals lesen, da ich deren Sinn einfach nicht beim ersten Mal verstanden haben. Ich habe es nicht einmal geschafft, Die Stadt der Blinden zu beenden, da ich mich einfach nicht dazu bringen konnte, weiter zu lesen.
Die Charaktere waren für mich teilweise etwas unnahbar aber trotzdem nicht komplett unsympathisch.
An sich ist die Idee wirklich gut und auch der Einfall, dass eine einzige Person sehen kann, hat mir gefallen, jedoch ist die tatsächliche Umsetzung meiner Meinung nach eine Katastrophe. Vielleicht habe ich das Buch einfach nicht verstanden, doch für mich ergaben einige Dinge keinen Sinn.
Zusammengefasst ein Buch, das ich lieber nicht gekauft hätte.

Veröffentlicht am 19.02.2018

Anspruchsvolle, harte Lektüre

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"Die Stadt der Blinden" ist kein Buch, das man einfach so runter lesen kann. Sprachlich ist es oft anspruchsvoll mit langen Sätzen, die mich manchmal an Kleist erinnerten, und ohne Anführungszeichen bei ...

"Die Stadt der Blinden" ist kein Buch, das man einfach so runter lesen kann. Sprachlich ist es oft anspruchsvoll mit langen Sätzen, die mich manchmal an Kleist erinnerten, und ohne Anführungszeichen bei der wörtlichen Rede. Letzteres finde ich oft anstrengend und unnötig, in diesem Fall ist es aber irgendwie passend. Hieran schließt sich an, dass die Geschichte aus Zeit und Raum gefallen scheint: die Geschichte könnte in fast jeder Stadt irgendwann im 20. Jahrhundert spielen - nähere Beschreibungen gibt es nicht. Auch die Protagonisten bleiben namenlos. Obwohl man der Handlung auch so gut folgen kann, erzeugen diese Stilmittel bei mir ein Gefühl, nicht alles greifen oder sehen zu können - vielleicht ein wenig der Blindheit der Protagonisten ähnlich.
Die Schilderung einer Gesellschaft im Ausnahmezustand ist schonungslos und drastisch - nichts für zart Besaitete.
Im Mittelteil hatte das Buch seine Längen. Ansonsten habe ich das ungewöhnliche Buch aber gerne gelesen.

Veröffentlicht am 24.05.2017

Ein Buch das bleibt...

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Es ist zwar schon ein bisschen was her, seit ich dieses Buch gelesen habe, aber trotzdem schwirrt es immer noch hin und wieder in meinen Gedanken umher.
Die Geschichte an sich ist relativ simpel (nach ...

Es ist zwar schon ein bisschen was her, seit ich dieses Buch gelesen habe, aber trotzdem schwirrt es immer noch hin und wieder in meinen Gedanken umher.
Die Geschichte an sich ist relativ simpel (nach und nach erblinden alle Menschen einer Stadt) und lebt auch nicht wirklich von einem Spannungsaufbau oder unerwarteten Wendungen, aber trotzdem hat sie mich unglaublich gefesselt.
Zu lesen wie sich die Menschen in so einer Ausnahmesituation verhalten (zumindest in der Welt des Autors) hat mich so viele verschiedene Gefühlsebenen durchleben lassen, wie ich es bei nur ganz wenigen Büchern bisher erlebt habe.

Der Schreibstil an sich ist für den "normalen Leser" sicherlich etwas ungewohnt, jedoch keineswegs schwierig oder gar unverständlich.

Alles in allem kann ich dieses wunderbare Buch nur weiterempfehlen! (Jetzt nicht gerade als 'seichte Sommerlektüre'...)
Vor allem wenn man Lust hat auf ein Buch, dass einen auf seine ganz eigene Art und Weise packt und auch erstmal nicht mehr loslässt.