Cover-Bild Die Hochhausspringerin
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19,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Hanser Berlin in Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 288
  • Ersterscheinung: 23.07.2018
  • ISBN: 9783446260399
Julia von Lucadou

Die Hochhausspringerin

Roman
Riva ist Hochhausspringerin – ein perfekt funktionierender Mensch mit Millionen Fans. Doch plötzlich weigert sie sich zu trainieren. Kameras sind allgegenwärtig in ihrer Welt, aber sie weiß nicht, dass sie gezielt beobachtet wird: Hitomi, eine andere junge Frau, soll Riva wieder gefügig machen. Wenn sie ihren Auftrag nicht erfüllt, droht die Ausweisung in die Peripherien, wo die Menschen im Schmutz leben, ohne Möglichkeit, der Gesellschaft zu dienen. Was macht den Menschen menschlich, wenn er perfekt funktioniert? „Die Hochhausspringerin“ führt in eine brillante neue Welt, die so plausibel ist wie bitterkalt. Julia von Lucadou erzählt von ihr mit der Meisterschaft der großen Erzählungen über unsere Zukunft.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 02.10.2019

Eine Welt, scheinbar noch weit weg und doch ganz nah.

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Willkommen in einer Welt, scheinbar noch ganz weit weg von der unseren, und doch so nah.

Riva, die Hochhauspringerin, immer perfekt funktionierend und nach dem System lebend, zumindest bis vor kurzem ...

Willkommen in einer Welt, scheinbar noch ganz weit weg von der unseren, und doch so nah.

Riva, die Hochhauspringerin, immer perfekt funktionierend und nach dem System lebend, zumindest bis vor kurzem und Hitomi, die sie überwacht um sie ins System „zurück zu holen“. Ein System, in dem wirklich jeder bis ins kleinste Detail überwacht wird und auf keinen Fall selbstbestimmt lebt. Alles ist perfekt, so scheint es zumindest nach außen, doch warum springt Riva nicht mehr?

Anfangs dachte ich, die Geschichte handelt von Riva und wird auch aus ihrer Sicht erzählt, doch diese Erwartung ist falsch. Als Leser erfährt man die Geschichte aus der Sicht von Hitomi und beobachtet Riva, genau wie diese, über einen Monitor. Der Leser erfährt leider nie, was Riva denkt, warum sie nicht mehr springt und welchen Auslöser es für die Verweigerung gegenüber dem System bzw. der Gesellschaft gab.
Hitomi möchte in dieses System hineinpassen, nicht auffallen und gesellschaftlich ganz oben stehen, bis zum Schluss des Romans.

Ich muss gestehen, dass ich den hochgelobten Schreibstil sehr anstrengend fand. Viele der fiktiven Welt entstammenden Fremdwörter, der Schreibstil in sich genauso kalt wie die Welt der Protagonisten und diese wiederum wirken alles andere als menschlich, entwickeln sich nicht weiter. Sympathie Fehlanzeige und doch hat mich die Geschichte dahingehend gefesselt, dass ich unbedingt wissen musste, wie es weitergeht. Eine Spannungsfaden hat sich dennoch nicht aufgebaut. Regelrechte Neugier, ob und wie Hitomi es schafft Riva zurück in den goldenen Käfig zu locken und die Hoffnung, doch noch Rivas Beweggründe zu erfahren, brachten mich dazu den Roman auch zu beenden.

Selbstverständlich gibt es Kritikpunkte an unserer Gesellschaft und wir sind meiner Meinung nach gar nicht so weit von der hier fiktiven Welt entfernt und doch fehlt es mir an Tiefgang in der Erzählung. Die Umsetzung der eigentlich brillanten Idee ist für mich nur mangelhaft erfüllt. Merkwürdige Handlungsstränge werden nicht aufgeklärt und offene Fragen bleiben neben der Enttäuschung als Leserin zurück.

Veröffentlicht am 23.07.2019

Düster und emotionskalt erzählt

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Eine junge Frau – ihr Name ist Riva – stand viele Jahre als Sportlerin im öffentlichen Rampenlicht. Gut durchtrainiert, perfektioniert für die Gesellschaft als Vorzeigeobjekt. Von einem Tag auf den anderen ...

Eine junge Frau – ihr Name ist Riva – stand viele Jahre als Sportlerin im öffentlichen Rampenlicht. Gut durchtrainiert, perfektioniert für die Gesellschaft als Vorzeigeobjekt. Von einem Tag auf den anderen streikt Riva, und will nicht mehr springen. Deshalb wird die Psychologin Hitoma Yoshida beauftragt, Riva zu motivieren, sich dem Sport wieder zu widmen. Dazu muss Hitoma erst einmal herausfinden, warum Riva sich dem Sport und Erfolg wiedersetzt. Hitoma kommt nicht an Riva heran, und bezieht einen Mann mit hinein, der Riva motivieren soll. Gleichzeitig setzt Hitomas‘ Auftraggeber – der Master genannt – sie unter Druck, dass sie endlich etwas unternehmen soll, damit Riva weder die Gesellschaft, noch die Sponsoren der Sportlerin vergrault. Hitoma wendet nicht ganz akzeptierte Methoden an. Kann Hitoma Riva aus ihrem Loch herausholen?
Julia von Lucadou greift in ihrem Debütroman zwei Frauenfiguren auf, die an ihre jeweiligen Leistungsgrenzen stoßen. Riva, die sportliche Figur, und Hitoma, die wissenschaftliche Figur, wobei beide stark, aber auch zerbrechlich wirken. Stärke nach außen zeigen für den Erfolg, aber in ihren stillen Rückzugsräumen verlieren sie sich in Schwäche und Einsamkeit, denn dann bricht das nach außen gezeigte Rückgrat zusammen. Jede von beiden versucht, auf ihre methodische Art und Weise ihr Ziel zu erreichen beziehungsweise möglichst unbeschadet aus ihrer Misere herauszukommen. Die Autorin schuf perfektionierte Figuren, die an einem strengen disziplinierten Lebensablauf verfolgen müssen beziehungsweise sollen. Andere Figuren in dem Roman vor, wie die beiden Frauen funktionieren sollen. Aber dieses Funktionieren ist begleitet von Gefühlskälte, Gefühlsarmut und technologisch durchgetaktet. Eine Welt aus Beobachtung, Computertechnologie und sozialer Ignoranz besteht diese Welt in dem Roman. Beziehungen und Familien existieren eigentlich nicht, dann eher als maschineller Ersatz in Form einer Roboterfigur.
Als ich diesen Science-Fiction Roman begann zu lesen, dachte ich immer, es ist ein Roman über zwei Frauen in zwei Lebenswelten, aber als ich dann mich genauer mit dem Roman befasste, und feststellte, dass es sich um einen Science-Fiction Roman handelte, war ich zunächst überrascht. Einzige Elemente meiner Meinung nach, waren die Technologien in den Settings und das durch und durch organisierte Leben der beiden Hauptprotagonistinnen. Es wird bei diesem Roman auch gerne von einem dystopischen Roman gesprochen. Dazu fehlen mir aber mehr die gesellschaftlichen Umstände in diesem Roman. Denn der Fokus liegt hauptsächlich auf dem Umfeld der beiden Frauen. Auf mich wirkte der Roman eher psychologisch und sozialpsychologisch, als ob man mit den beiden Frauen ein Experiment durchführen würde. Ein wenig Spannung habe ich ebenfalls vermisst.

Veröffentlicht am 19.07.2019

Eine gläserne Welt

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Die Hochhausspringerin - Julia von Lucadou

"Was macht den Menschen menschlich, wenn er perfekt funktioniert?" Klappentext

Riva und Hitomi, zwei junge Frauen, die es geschafft zu haben scheinen. Sie ...

Die Hochhausspringerin - Julia von Lucadou

"Was macht den Menschen menschlich, wenn er perfekt funktioniert?" Klappentext

Riva und Hitomi, zwei junge Frauen, die es geschafft zu haben scheinen. Sie leben in der Stadt ein perfektes und erfolgreiches Leben. Doch wie lange kann man perfekt sein, ohne daran zu zerbrechen? Denn glücklich sind sie beide nicht in dieser gläsernen Welt; das Damoklesschwert schwebt immer über ihnen. Bei Fehlern oder Nichtfunktionieren können die privilegierten Stadtbewohner jederzeit in die heißen, schmutzigen und stinkenden Peripherien ausgewiesen werden und sich selbst überlassen werden.
Riva, die berühmte Hochhausspringerin, weigert sich von einem Tag auf den anderen zu springen, auch nur zu trainieren. Hitomi soll sie dazu bringen, ihre Arbeit wiederaufzunehmen. Ein Scheitern Hitomis kann für beide die Ausweisung bedeuten. Aus einer effizienten Gesellschaft, die keinerlei Rücksicht auf Individuen nimmt.
In der Stadt ist es ungewöhnlich, seine Bioeltern zu kennen. Anpassung ist das oberste Gebot. Soziale Bindungen sind nicht erwünscht. Diese könnten schließlich das Leistungsvermögen mindern. Eine Horrorvorstellung.

Ein sehr gelungenes Debüt, die spannende Darstellung einer realistischen Dystopie. Wobei die Autorin nur einen kleinen Ausschnitt einer beklemmenden Zukunftsvision zeigt. Denn es geht nur um diese eine Stadt und ihre Peripherien. Auch darüber, wie es zu diesem Ist-Zustand kommen konnte, erfährt der Leser nichts. Doch es fehlte mir auch nichts. Denn die Charaktere sind gut ausgearbeitet und führen uns ganz aktuelle Fragen vor Augen. Was ist Glück? Kann man die Familie wirklich abschaffen? Wie weit darf eine Leistungsgesellschaft gehen? Welche Werte zählen? Sind wir überhaupt überlebensfähig ohne soziale Bindungen?

Dazu hat die Autorin das Ideal einer Hochhausspringerin erfunden. So spannend wie einfach. Und sie kommt ganz ohne Roboter oder KI aus. Gerade das macht diese Geschichte so beängstigend realitätsnah.

So schlicht so gut. Sprachlich und stilistisch recht einfach gehalten und trotzdem sehr berührend.
Ausnahmsweise möchte ich hier auch das Cover erwähnen. Denn es passt perfekt zur Geschichte. Silbern glänzender Hintergrund, eine Frau befindet sich im freien Fall. Es strahl Perfektion und Kälte aus.
Ich fand diesen Roman sehr beeindruckend und beklemmend. Von mir eine absolute Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 03.01.2019

Ein Ausblick in unsere Zukunft?

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Gebundene Ausgabe: 284 Seiten
Verlag: Hanser Berlin (23. Juli 2018)
ISBN-13: 978-3446260399
Preis: 19,00 €
auch als E-Book erhältlich

Ein Ausblick in unsere Zukunft?

Inhalt:
Riva ist seit Jahren eine ...

Gebundene Ausgabe: 284 Seiten
Verlag: Hanser Berlin (23. Juli 2018)
ISBN-13: 978-3446260399
Preis: 19,00 €
auch als E-Book erhältlich

Ein Ausblick in unsere Zukunft?

Inhalt:
Riva ist seit Jahren eine gefeierte Hochhhausspringerin. Ihre Fans lieben sie. Doch jetzt weigert sich die 24-Jährige plötzlich, ihren Vertrag zu erfüllen, zu trainieren und zu springen. Die Psychologin Hitomi wird auf Riva angesetzt. Sie soll erreichen, dass Riva wieder funktioniert, wie die Gesellschaft es von ihr erwartet.

Meine Meinung:
Nach dem Klappentext hatte ich eigentlich erwartet, dass Riva hier die bestimmende Protagonistin ist. Tatsächlich dreht sich der Plot aber hauptsächlich um die Ich-Erzählerin Hitomi Yoshida. Hitomi steht anfangs hundertprozentig hinter dem System der totalen Überwachung. Ihr Ziel ist es, in der städtischen Hierarchie weiter aufzusteigen bzw. um Himmels willen nur ja nicht abzusteigen und in die Peripherien verbannt zu werden. Doch genau das droht ihr, wenn sie ihren Job, Riva zu „reanimieren“, nicht schafft. Der Druck, dem Hitomi ausgesetzt ist, nimmt stetig zu.

Mittels digitaler Überwachung versucht Hitomi herauszufinden, warum Riva von heute auf morgen mit dem Highrise Diving aufhörte. Dass sie dabei selbst von ihrem Arbeitgeber überwacht wird, ist ihr zunächst nicht klar. Je länger sie sich mit Riva befasst, umso mehr Zweifel kommen ihr am System. Ihre Entwicklung geht allerdings in fast mikroskopisch kleinen Schritten voran, sodass sich manche Passagen unnötig in die Länge ziehen. Denn die Handlung ist auch nicht wirklich actionreich.

Dagegen bleiben am Ende noch so viele Fragen offen, dass mich das Buch leicht unzufrieden zurücklässt. Ein paar Seiten in der Mitte eingespart und dafür mehr Fragen beantwortet bzw. eine tiefgründigere Ausarbeitung an anderer Stelle hätten das Werk in meinen Augen runder gemacht.

Sicher liefert Julia von Lucadou in ihrem Debütroman viele Anstöße, die einen über unsere Gesellschaft und die Richtung, in die sie sich heute schon entwickelt, nachdenken lässt. Doch etwas grundlegend Neues weiß sie dabei nicht zu erzählen.

★★★☆☆

Veröffentlicht am 04.11.2018

Großartige Dystopie über Selbstoptimierung und die Leistungsgesellschaft

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Kurzmeinung:
Ein wirklich starkes Debüt, das mich sehr beeindruckt hat. Julia von Lucadou erschafft eine Zukunftsversion unserer Gesellschaft, bei der es mich schaudern lässt, die aber gleichzeitig erschreckend ...

Kurzmeinung:
Ein wirklich starkes Debüt, das mich sehr beeindruckt hat. Julia von Lucadou erschafft eine Zukunftsversion unserer Gesellschaft, bei der es mich schaudern lässt, die aber gleichzeitig erschreckend realistisch erscheint. Sie wirft wichtige Fragen über den Leistungsdruck in unserer Gesellschaft, über Selbstoptimierung und Überwachung auf. Das ganze veranschaulicht sie gekonnt an der Gegenüberstellung zweier sehr interessanter Frauenfiguren, die sich gut kontrastieren. Eine Geschichte, die es sich zu lesen lohnt!

Meine Meinung:
Mit "Die Hochhausspringerin" erschafft von Lucadou eine erschreckend realistische Dystopie, in der die Leistungsgesellschaft absolut auf die Spitze getrieben wurde. In einer Welt, in der man nur so viel Wert ist, wie man leistet, darf man keine schlechten Tage haben. Denn Credits, Wohnort, Aufenthaltserlaubnis –wirklich alles hängt von der eigenen Leistung ab.
Wenn man manche aktuellen Entwicklungen weiterdenkt, könnte eine zukünftige Gesellschaft tatsächlich so aussehen. Alles was zählt ist Produktivität und wie viel Leistung ein Mensch bringt
In dieser Welt treffen zwei sehr unterschiedliche Frauen aufeinander. Hitomi, die hart arbeitet, um ganz nach oben zu kommen. Und Riva, die dort schon angekommen ist und riskiert, alles zu verlieren, weil sie nicht mehr "funktioniert".

Was mich sehr schüttert hat, sind die Werte in dieser Welt. Wirklich alles dreht sich um die Leistungsfähigkeit der Menschen. Zum Beispiel soll eine Affäre nicht etwa beendet werden, weil es moralisch fragwürdig ist und die Partnerin oder der Partner emotional darunter leiden könnte. Nein, sondern weil das Ende einer Partnerschaft schlecht für die Produktivität ist. Das ist wirklich ziemlich zynisch, finde ich.
In dieser Welt ist es auch nicht per se schlimm, wenn es einem Menschen schlecht geht. Es ist nur seine Leistungsfähigkeit sinkt. Es geht nicht darum zu heilen, sondern nur darum Funktionalität wieder herzustellen.


Zwei interessante Frauenfiguren: Riva und Hitomi

Genau so ein Fall ist Riva. Sie war erfolgreiche Hochhausspringerin, hatte es aus den "Slums" –den sogenannten Peripherien– bis in den elitären Stadtkern geschafft. Doch von heute auf morgen schmeißt sie plötzlich alles hin, riskiert ihren ganzen Status. Und das ohne ersichtlichen Grund. Deswegen wird Hitomi engagiert. Die Psychologin soll herausfinden, was mit Riva los ist und sie wieder dazu bringen, zu funktionieren.
Für Hitomi hängt viel an diesem Auftrag. Sollte sie nicht die gewünschten Erfolge erzielen, wird auch sie alles verlieren und muss zurück in die Peripherie, wo sie ein Leben im Elend erwartet.

Die Geschichte wird also angetrieben von zwei sehr starken Spannungsbögen:
Einerseits möchte man herausfinden, was mit Riva los ist. Was Auslöser für ihren plötzlichen Sinneswandel ist. Andererseits nimmt man großen Anteil an Hitomis Schicksal und was aus ihr wird.

Der Kontrast zwischen diesen beiden Frauenfiguren hat mir sehr gut gefallen. Hitomi, die gerade dabei ist, sich hochzuarbeiten und Angst hat alles zu verlieren. Und Riva, die auf dem Höhepunkt ihres großen Erfolges bereitwillig alles wegschmeißt, was sie sich aufgebaut hat.
Ich hatte beim Lesen richtig Herzklopfen, so sehr habe ich den Erfolgsdruck gespürt, unter dem Hitomi steht. In dieser Welt steht und fällt alles mit der Leistung.

Je mehr ich in diesem Buch gelesen habe, desto mehr hat sich das unangenehme Gefühl verstärkt, das ich gegenüber dieser dystopischen Welt empfunden habe. Dass der Wert eines Menschen ausschließlich an seiner Leistung bemessen wird.


Psychologisch interessant: Heilung, Optimierung und Produktivität

Auch wegen meines Studiums beschäftigt mich die Frage sehr, wie man mit Menschen in Krisensituationen oder mit psychischen Belastungen umgeht. Was steht im Vordergrund? Die Heilung des Patienten um des Patienten willens, oder die Wiederherstellung seiner Produktivität? Ist das überhaupt deutlich zu trennen?
In dem Roman ist die Antwort scheinbar einfach. Riva soll wieder funktionieren. Was ihr fehlt, oder was der Auslöser war, ist eigentlich egal. Hauptsache, sie springt wieder und die Sponsoren bekommen ihr Geld durch die Werbeeinnahmen.
Versteckt wird das alles aber sehr geschickt unter dem Deckmantel der Sorge um die Gesundheit der Menschen. Man will ja schließlich nur das Beste für die Menschen. Ihre psychische und physische Gesundheit stärken. Das dadurch auch die Produktivität steigt? Purer Zufall.
Für mich hat von Lucadou hier sehr geschickt der Gesellschaft den Spiegel vorgehalten. Schaut man sich den aktuellen Trend des "Selbstoptimierungswahn" an, sind da solche Tendenzen schon zu erkennen, finde ich. Schnell noch eine Achtsamkeitsmeditation in den vollen Terminplan einschieben. Nicht, weil man es wirklich will und das dem eigenen Lebensstil entspricht, sondern weil man sich dadurch positive Outcomes verspricht. Oder in der dystopischen Welt der Hochhausspringerin: weil man es machen muss, um seine Credits zu erhöhen und seinen Status aufrechtzuerhalten. Dass das dem zugrundeliegenden Konzept von Achtsamkeit komplett widerspricht, ist dabei egal.
Das sind für mich persönlich total spanende Fragen. Kann etwas prinzipiell Gutes, wie Achtsamkeit und Meditation auch seine positive Wirkung verlieren, wenn man es aus den falschen Gründen macht?


Ein zweiter spannender Aspekt war für mich die totale Überwachung, die in dieser zukünftigen Welt stattfindet. In der Geschichte findet eine fast vollständige Überwachung der Menschen statt. Überall sind Kameras, man wird über Handy und Tablet immer geortet, die Fitnesstracker liefern weitere Daten zu Schlaf und Ess- und Trinkgewohnheiten. So wird jeder Einzelne zum gläsernen Menschen. Doch in dem Buch gibt es keinen per se "bösen" Staat mit bösen Absichten, der die Daten ausnutzt, um Macht auszuüben und Angst und Schrecken zu verbreiten. Es geschieht ja alles unter dem Deckmantel der Fürsorge für die Bewohner. Es geht um die "Optimierung" der Menschen. Ein hehres Ziel? Und gerade weil diese Böswilligkeit fehlt, macht es für mich die Situation irgendwie noch unangenehmer, weil ich kein richtiges Feindbild hatte, keinen klaren Gegner, kein schwarz-weiß.
Diese technische Überwachung lieferte für mich auf jeden Fall einen zweiten, reizvollen Blick auf das vorherrschende Thema der "Optimierung des Menschen" und die Erhöhung seiner Leistungsfähigkeit.


>>"Macht es dich nicht wütend, dass wir nichts selbst entscheiden können?" "Sie versuchen ja nur, unser Potenzial zu erkennen und uns zu fördern. Du kannst ja immer noch nein sagen." "Wen kennst du, der schon mal nein gesagt hat?"<<


Fazit:
Die Hochhausspringerin von Julia von Lucadou ist ein absolut gelungenes Debüt, das uns in eine erschreckende Zukunftswelt entführt und damit spannende Fragen auch für die heutige Gesellschaft stellt. Wie wichtig ist uns der Mensch, wie wichtig seine Leistung. Wie weit wollen wir gehen, in den Bereichen Selbstoptimierung und Tracking?
Das alles wird sehr spannend und anschaulich verpackt in eine Geschichte, die um zwei interessante Frauenfiguren kreist, die sich wunderbar kontrastieren und ergänzen.