Das Begabte Kind
Eigentlich hatte ich dieses Buch gar nicht auf dem Schirm. Der Hexen-Hype geht total an mir vorbei, irgendwie reizt mich das Thema nicht so sehr wie viele andere. Trotzdem war ich sehr neugierig auf das ...
Eigentlich hatte ich dieses Buch gar nicht auf dem Schirm. Der Hexen-Hype geht total an mir vorbei, irgendwie reizt mich das Thema nicht so sehr wie viele andere. Trotzdem war ich sehr neugierig auf das Buch und gerade die Topic »Das begabte/besondere Kind« hat mich angesprochen.
DIVERSITÄT
Das ist das erste Wort, das mir bei diesem Buch einfällt. Denn »Der Hexenzirkel Ihrer Majestät« versucht möglichst divers zu sein. Sei es kulturelle Herkunft oder Sexualität. So gut wie jedes Thema hierzu wird angesprochen. Was ich grundsätzlich gut finde. Aber es war einfach viel.
So viel, dass Juno Dawson nicht jedem Thema gerecht werden konnte. Es gibt Themen, die mehr Aufmerksamkeit erhalten, wie beispielsweise Feminismus, Queerness oder kulturelle Herkunft. Leonie, eine der Protagonistinnen, gründet einen neuen Hexenzirkel, weil der HIM (Hexenzirkel Ihrer Majestät) sehr cis-hetero-normativ ist. Meist haben auch nur Frauen magische Begabungen. Zwar gibt es männliche Hexer, diese sind aber seltener und in der Regel auch nicht besonders mächtig.
Diese genannten Themen sind quasi allgegenwärtig und haben super gut zur Handlung gepasst und stellt die Gesellschaft in einer Art dar, die der Realität so nahe kommt. Man könnte sich vorstellen, dass es den Hexenzirkel in Groß Britannien tatsächlich geben könnte. Gleichzeitig sind das Themen, mit denen sich auch real existierende Organisationen beschäftigen. Beispielsweise was eine Organisation tut, die nur Frauen aufnimmt und dann mit Personen konfrontiert wird, die transgender sind. Die unterschiedlichen Ansichten der Charaktere fand ich super dargestellt, weil auch genau das die Realität widerspiegelt. In dieser Hinsicht fand ich das Buch wahnsinnig gelungen.
Allerdings sind es wie gesagt viele Themen, denen die Autorin nicht immer gerecht werden konnten. Manchmal kam es mir vor, als würde sie versuchen möglichst divers zu sein, in dem sie alle Themen benennt. Aber das ist dann auch nicht unbedingt eine besonders gute Repräsentation, wenn sie benannt werden oder die Charaktere random darüber diskutieren und das Thema damit total aus der Handlung heraussticht und sich nicht wirklich einfügt. Das hat mich teilweise leider wirklich aus der Geschichte gerissen, was doch schade ist. Viele viele wichtige, diverse Themen werden super gut dargestellt, es hätte gar nicht jedes mögliche Thema gebraucht.
CHARAKTERE
Ich hatte das Gefühl, dass im Fokus definitiv Niamh und Theo, das begabte Kind, stehen. Die beiden werden vom Schicksal zusammengeführt und bilden schon bald eine Einheit. Die Dynamik ihrer Beziehung mochte ich wahnsinnig gerne. Ich fand es schön, mitanzusehen, wie sie immer mehr Vertrauen zueinander schöpfen und sich aufeinander verlassen.
Gleichzeitig fand ich die Kombination aus den anderen Charakteren sehr interessant. Da ist die ehrgeizige Helena, die den Hexenzirkel über alles stellt. Leonie mit ihrem neuen Zirkel, die sich irgendwie noch ein bisschen selbst zu suchen scheint. Und Elle mit ihrer Familie, die nichts über ihre Fähigkeiten weiß,
EMOTIONALE DISTANZ
Der einzige wirkliche Kritikpunkt, den ich an dieses Buch habe, ist, dass ich den Schreibstil etwas distanziert habe. Ich fand die Themen klasse, ich mochte die Kombination der verschiedenen Charaktere, über den Weltenbau müssen wir gar nicht erst reden, denn der war grandios.
Und trotzdem ging mir die Handlung einfach nicht nahe genug. Da war noch so viel Raum zwischen mit und den Charakteren. Zwischen mir und ihren Emotionen, dass mir das mitfühlen teilweise wirklich schwer gefallen ist. Es gab durchaus Stellen, die dazu getaugt hätten, einem das Leser*innenherz aus der Brust zu reißen. Aber diese Gefühle blieben leider weitestgehend aus. Ich hätte mir gewünscht, mehr in die Geschichte eintauchen zu können. So blieb immer eine gewisse Distanz, die das Buch dann leider auch einen Stern Abzug kostet.
FAZIT
Insgesamt hätte »Der Hexenzirkel Ihrer Majestät - Das begabte Kind« das erste Jahreshighlight werden können. Sowohl Weltenbau als auch die Charaktere und ihre Entwicklung haben mich extrem überzeugt. Lediglich der Schreibstil hat mich nicht vollends überzeugt, weil er mich nicht richtig in die Geschichte gezogen hat. Die Handlung hätte in mir weitaus mehr Emotionen wecken können als sie es getan hat. Das ist aber ein Kritikpunkt, von dem ich glaube, dass er von Buch zu Buch besser werden könnte, weshalb ich den zweiten Band auf jeden Fall lesen möchte. Außerdem endet der Reihenauftakt mit einem fiesen Cliffhanger.