Vermittelt die falschen Werte
Ich gehöre zu den Leuten, die bisher noch nicht "Cinder und Ella" von Kelly Oram gelesen und somit auch lieben gelernt haben, aber der Hype ist natürlich nicht an mir vorbei gegangen. Da ich von der Prämisse ...
Ich gehöre zu den Leuten, die bisher noch nicht "Cinder und Ella" von Kelly Oram gelesen und somit auch lieben gelernt haben, aber der Hype ist natürlich nicht an mir vorbei gegangen. Da ich von der Prämisse von"V is for Virgin" auch direkt angesprochen war und nun schon so viel gutes über die Autorin gehört hatte, war ich auf jeden Fall gespannt auf den neuen Titel aus dem One-Verlag.
Der Einstieg in die Geschichte fiel mir relativ leicht, was vor allen Dingen an Kelly Orams lockerleichten Schreibstil lag, der erfrischend gut zu dem Setting der Geschichte gepasst hat. Angesiedelt ist die Handlung an der Highschool, wie es sich wie so typisch bei einem Young-Adult Buch gehört. Natürlich wurden hier auch mit Klischees gespielt, was mich aber nicht weiter gestört hat, da der Fokus sehr stark auf dem Hauptthema lag.
Die Protagonistin Val ist nämlich noch Jungfrau und der Roman soll auch jüngere Leserinnen dazu ermutigen, dass es völlig in Ordnung ist, wenn man im Teenageralter noch nicht so viele Erfahrungen gemacht hat, sondern sich wie in Val's Fall einfach noch Zeit lassen möchte, bis man mit einer anderen Person schläft. Prinzipell ist das eine sehr gute Einstellung und wirklich erwünschenswert, dass in unserer Gesellschaft offen über das Thema geredet wird und besonders junge Mädchen begreiflich gemacht wird, dass sie sich alles andere als unter Druck gesetzt fühlen müssen bestimmte Erfahrungen schon in einem sehr jungen Alter gesammelt haben zu müssen. Das dieser Message eine Plattform geboten wird, ist somit schon mal eine gute Sache, allerdings nicht im Kontext dieses Jugendbuches.
Der Loveinterest Kyle benimmt sich von Anfang an wie ein Arschloch, betreibt Slutshaming und drängt die Protagonistin Val immer und immer wieder dazu mit ihm zu schlafen. Und trotzdem entwickelt das junge Mädchen Gefühle für ihn.Aber auch Val, welche gerne die Moralapostel spielt, hat keine weiße Weste und könnte meine anfänglich Begeisterung für sie leider nicht aufrecht erhalten und auch der ganze mediale Aufzug war mir einfach zu viel des Guten. Gegen Ende entwickeln sich dann plötzlich doch fast alle Charakter des Buches weiter, was in einem sehr überzogen Epilog endet, welcher die Spannung auf Teil zwei schüren soll. Dieser hat jede Unglaubwürdigkeit des Buches aufgegriffen und auf ein komplett neues Level gebracht. Es ist viel zu viel passiert. Besonders, wenn man das Alter der Charaktere betrachtet.
Es gab in dem Buch sowieso einige große Zeitsprünge, die irgendwie Lücken in der Erzählung und Entwicklung der Figuren gerissen haben. Dadurch war die ganze Sache nicht so rund, wie ich es mir erhofft hätte. Ebenfalls nicht so wie erhofft wurde das Thema der Jungfräulichkeit behandelt. Die Sache wird stark übertrieben und aufgebauscht, wodurch gleichzeitig die ganze Geschichte stark unrealistisch wirkt. Es gibt wirklich viele Übertreibungen und auch wenn das irgendwie ganz gut zum Buch gepasst hat, war das mir persönlich oft zu drüber. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass ich eigentlich eine Liebesgeschichte erwartet habe, aber es in Wirklichkeit gar keine gibt.
Dieses Buch ist echt deshalb schwierig zu bewerten. Ich bin mit dem Schreibstil sehr gut klargekommen, habe das Buch auch in einem Rutsch durchgelesen und verstehe, warum der Verlag einen solchen Titel für sein Programm auswählt. Wenn man sich doch tiefergehend mit der Geschichte beschäftigt, merkt man wie viele Probleme diese eigentlich beinhaltet. Aus diesem wirklich wichtigen Thema hätte man eine wirklich schönere Geschichte konzipieren können, bei der die Message nicht im Sande verläuft und die vor allen Dingen dazu hätte beitragen sollen, dass man sich als Leser nicht über die gegensätzlichen Wertevermittlungen ärgert. Es war viel Potenzial vorhanden, aber dieses Buch sollte in keinem Fall als Vorbild für junge Mädchen dienen.
Fazit: "V is for Virgin" kann letztendlich nur mit Kelly Orams Schreibstil punkten. Ansonsten fehlen sympatische Charaktere und sogar eine wirklich nachvollziehbare Liebesgeschichte. Das Thema hätte so gut funktionieren können, aber "V is for Virgin" ist am Ende leider nichts mehr als ein Jugendbuch mit verpacktem Slutshaming und Sexismus, die nicht dazu dienen sollte, das sich junge Leser/-innen diese Geschichte an ihr ein Beispiel nehmen.