Cover-Bild Kostbare Tage
Band 4 der Reihe "Ein Holt Roman"
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24,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Diogenes
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 352
  • Ersterscheinung: 27.05.2020
  • ISBN: 9783257071252
Kent Haruf

Kostbare Tage

pociao (Übersetzer), Roberto de Hollanda (Übersetzer)

Es ist der letzte Sommer für Dad Lewis am Rand der Kleinstadt Holt – die er nie verließ, im Gegensatz zu seinen Kindern. Aber was wäre Holt ohne neue Geschichten? Die kleine Alice zieht im Nachbarhaus bei ihrer Großmutter ein, und der neue Reverend Lyle hat nicht nur mit den eigenwilligen Anwohnern zu kämpfen.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.07.2020

Unverwechselbar Kent Haruf

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Dieses ist das dritte Buch von Kent Haruf, das ich gelesen habe, und ich kann nicht genug davon bekommen. Dabei finden wir hier keine großartige Handlung, sondern lernen in Episoden einzelne Menschen des ...

Dieses ist das dritte Buch von Kent Haruf, das ich gelesen habe, und ich kann nicht genug davon bekommen. Dabei finden wir hier keine großartige Handlung, sondern lernen in Episoden einzelne Menschen des fiktiven Ortes Holt kennen, gelegen in der Weite des US-Staates Colorado, zwei Stunden entfernt von Denver.
In diesem Buch geht es vordergründig um das Sterben des alten Eisenwarenhändlers Dad Lewis, wir erleben mit ihm seine letzten Tage, seine Wünsche, seine Sorgen, seine Lebensgeschichte, die ihm immer wieder in Episoden durch den Kopf geht, weil ihm bewusst wird, dass er einiges im Leben hätte anders machen können. Aber hinter den Zeilen geht es um so viel mehr. Aktionsgeladene Spannung findet der Leser nicht, jedoch ein eindrucksvolles Gemälde des sozialen Lebens in dieser Kleinstadt.
Wir lernen Personen kennen, die alle irgendwie mit Familie Lewis zu tun haben, als Nachbarn, als Freunde, als Dienstleistende.....allen gemeinsam ist eine gewisse Einsamkeit, die mehr oder weniger gut verarbeitet wird. Die meisten dieser Menschen haben Schicksalsschläge hinter sich, die nachwirken. Aber sie geben nicht auf, sondern helfen sich auch untereinander. Dies empfinde ich als rührend und anrührend zugleich. Sie unterstützen sich gegenseitig und helfen einander in Notsituationen. Faszinierend ist es, das soziale Gefüge in dieser Stadt zu erleben. Da wird geholfen und unterstützt, wie man es im heutigen Stadtleben kaum noch kennt. Man erkennt die Sorgen und Nöte der anderen und versucht, eine Lösung zu finden. Ich muss gestehen, dass mir bisweilen Tränen in die Augen traten, weil die Protagonisten so einfühlsam und fürsorglich agierten. Oder auch, als Dad Lewis sich von seiner Tochter Lorraine, noch ein letztes Mal zu prägnanten Orten in Holt fahren lässt....
Originell und typisch ist Kent Harufs Schreibstil, der zwar einfach gehalten ist, aber sehr viel Atmosphäre wiederspiegelt. Da sehe ich mich dann auf der riesigen Viehweide als Beobachter am riesigen Trog stehen oder empfinde die drückende Schwüle des Sommers in Colorado. Interessant ist die fehlende Zeichensetzung bei der wörtlichen Rede, alles ist Erzählung und geht ineinander über, man gewöhnt sich schnell daran. Vereinzelt gibt es auch Rückblicke auf die Vorgängerbände, was ich sehr lesenswert fand, aber man muss die anderen Bücher nicht vorher gelesen haben.
Alles in allem ein sehr empfehlenswertes Buch, das zu Herzen geht, nicht auf kitschige Weise, sondern voller Empathie und Optimismus.

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Veröffentlicht am 06.07.2020

Gelungen und berührend

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Kostbare Tage ist der Abschlussband zu der Serie um die fiktive Kleinstadt Holt in Colorado des leider schon verstorbenen Autors Kent Haruf.

Ich muss gestehen ich bin ein großer Fan dieser Reihe im Episodenstil, ...

Kostbare Tage ist der Abschlussband zu der Serie um die fiktive Kleinstadt Holt in Colorado des leider schon verstorbenen Autors Kent Haruf.

Ich muss gestehen ich bin ein großer Fan dieser Reihe im Episodenstil, obwohl Episodengeschichten nicht so mein Lieblingsstil ist. Endlich wieder in Holt angekommen, der Stadt mit dem endlosen Himmel und ihren besonderen und doch so normalen Bewohnern.
Dad Lewis wird sterben, der Krebs wird gewinnen. Äußerst poetisch und feinfühlig versteht es Kent Haruf die letzte Zeit des sehr eigenständigen Mannes, der so manche Lebensentscheidung in dem Buch überdenkt zu schildern.
Mary, seine Frau wird von ihrer Tochter Lorraine bei der Pflege unterstützt. Aber Holt wäre nicht Holt, wenn nicht auch Berta und die kleine Alice, Willa und Alene Johnson genauso wie Pfarrer Lyle die Familie tatkräftig und liebevoll unterstützen würden. In den einzelnen Kapiteln erfahren wir von den Päckchen der anderen Bewohner des Dorfes, in dem jeder Jeden kennt und meint schon alles von seinem Gegenüber zu wissen.

Mich hat dieses Buch sehr berührt, merkte beim Lesen allerdings, dass die anderen Bände bekannt sein sollten um den gesamten Zusammenhang verstehen zu können. Holt und seine Bewohner sind sehr vielschichtig und ohne Vorkenntnisse kommt die Botschaft des Buches wahrscheinlich nicht so beim Leser an. Klare Leseempfehlung*****



Veröffentlicht am 29.06.2020

Unaufgeregte, detailreiche Erzählung über den letzten Sommer eines Mannes

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Kostbare Tage sind die Sommertage für den an Lungenkrebs erkrankten Dad Lewis, denn es wird sein letzter Sommer, in der fiktiven Kleinstadt Holt, irgendwo im Mittleren Westen der USA, sein. Gepflegt und ...

Kostbare Tage sind die Sommertage für den an Lungenkrebs erkrankten Dad Lewis, denn es wird sein letzter Sommer, in der fiktiven Kleinstadt Holt, irgendwo im Mittleren Westen der USA, sein. Gepflegt und unterstützt wird er bis zum letzten Tag von seiner Frau Mary. Als sein Zustand immer schlechter wird kommt auch die gemeinsame Tochter Lorraine nach Hause um zu unterstützen. Nur ihr Bruder Frank, der sein Elternhaus, aufgrund seiner vom Vater nicht akzeptierten Homosexualität verlassen hat, kehrt nicht nach Hause zurück. Dad sinniert im Laufe der Zeit über sein Leben, das im Großen und Ganzen ein sehr glückliches war, von ein paar Episoden abgesehen. Auch die Nachbarinnen Berta May mit ihrer achtjährigen Enkelin Alice und Willa mit ihrer Tochter Alene besuchen und begleiten Dad regelmäßig in seinen letzten Tagen. Zwischendurch erfährt der Leser auch mehr über deren Leben und ihre Schicksalsschläge.
Der Erzählstil Harufs passt zur Story und seinen Beschreibungen über die weite Landschaft Holts und der Langsamkeit der Kleinstadt.
"Kostbare Tage" kann als Buch über das Loslassen und Abschiednehmen beschrieben werden. Es kommt jedoch gänzlich ohne Theatralik und Resignation aus. Ich empfand es als tröstlich und es hat mich trotz der eher unaufgeregten und etwas vorhersehbaren Handlung dennoch bis zur letzten Seite nicht losgelassen.

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Veröffentlicht am 28.06.2020

Ein brillanter Erzähler

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Kostbar sind die Tage für Dad Lewis, denn wegen seiner unheilbaren Lungenkrebserkrankung sind sie gezählt. Auf dem Heimweg vom Arztbesuch mit seiner Frau Mary, nimmt der 77-Jährige die Landschaft besonders ...

Kostbar sind die Tage für Dad Lewis, denn wegen seiner unheilbaren Lungenkrebserkrankung sind sie gezählt. Auf dem Heimweg vom Arztbesuch mit seiner Frau Mary, nimmt der 77-Jährige die Landschaft besonders intensiv wahr, sieht er sie doch mutmaßlich zum letzten Mal:

"Sie ließen Denver hinter sich, dann die Berge, fuhren zurück auf die Hochebene: Salbeisträucher, Palmlilien, Moskito- und Büffelgras auf den Weiden, Weizen und Mais auf den bestellten Feldern. Von beiden Seiten des Highways gingen unter dem klaren blauen Himmel Landstraßen ab, alle gerade wie Zielen in einem Buch, mit nur wenigen vereinzelten Kleinstädten auf dem flachen offenen Land." (S. 7)

Wenig später sind sie zurück in Holt, jener fiktiven Kleinstadt in Colorado, in der alle sechs Romane von Kent Haruf (1943 – 2014) angesiedelt sind:

"Die Main Street mit nur einer einzigen Ampel, die an der Ecke Second Street von rot auf grün sprang und wieder zurück, das drei Blocks umfassende Geschäftsviertel, die alten Backsteingebäude mit den hohen Blendfassaden, die Post mit ihrer ausgebleichten Flagge, die Häuser zu beiden Straßenseiten der Main Street, die Straßen im Westen, nach Bäumen benannt und die im Osten, nach amerikanischen Städten benannt, den Highway 34, der die Main Street kreuzte und in beiden Richtungen aufs flache Land führte, die Weizen und Maisfelder, die örtlichen Weideflächen, …, und die blauen Sandhügel in der dunstigen Ferne." (S. 77)

Kleinstadtleben
Eine eingeschworene Gemeinschaft ist dieses Holt, jeder weiß über jeden Bescheid, Veränderungen sind unerwünscht. Ein Mann wie Reverend Rob Lyle, den man wegen seiner Parteiname für einen schwulen Pastor hierher strafversetzt hat, muss sich für seine Auslegung der Bergpredigt als „Terroristenfreund“ beschimpfen und verprügeln lassen. Nur wenige wollen, wie die alte Witwe Willa Johnson, seine Visionen hören.

Starke Frauen
Überhaupt die Frauen: Sie sind hier für Gefühle, Menschlichkeit, Liberalität und Hilfsbereitschaft zuständig. Mary und ihre aus Denver herbeigeeilte Tochter Lorraine pflegen Dad hingebungsvoll während dieser letzten Wochen. Ihre Nachbarin Berta May, die ihre verwaiste achtjährige Enkelin Alice aufzieht, packt ganz selbstverständlich mit an, genauso wie Willa und ihre Tochter Alene, die darüber eine endgültige Rückkehr nach Holt in ihrem Ruhestand nachsinnt. Frauen mit schweren Schicksalsschlägen und doch voller Herzenswärme und gelegentlichen Ausbrüchen von Lebensfreude.

Zeit für eine Bilanz
Dad Lewis dagegen kann nur schwer Gefühle zeigen. War sein Leben glücklich? 

"Oh ja, ich war glücklich. Abgesehen von einer Sache." (S. 147)

Die „eine Sache“ ist der Weggang seines Sohnes Frank, dessen Homosexualität der Vater nicht akzeptieren konnte. Nun begegnet er Dad nur noch in seinen Tagträumen.

Immer wieder gern in Holt
Gefreut habe ich mich über kurze Hinweise auf Figuren aus anderen Romanen Harufs, die Brüder McPheron, Victoria oder Rose Tayler aus "Lied der Weite" und "Abendrot". Zeitlich ist "Kostbare Tage" später angesiedelt, jedoch vor dem unvergleichlichen Finale "Unsere Seelen bei Nacht".
Auch in meinem vierten Roman von Kent Haruf haben die alltäglichen Probleme der US-Kleinstadtbewohner aus dem Mittleren Westen nichts von ihrer Faszination eingebüßt. Wie immer wechseln sich Szenen der Trauer und Melancholie ab mit solchen der Hoffnung und Freude. Nach wenigen Zeilen war ich wieder mittendrin und genauso gefesselt wie jedes Mal, obwohl ich immer noch nicht ganz genau weiß, warum.    

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Veröffentlicht am 16.06.2020

Melancholie mit Wohlfühlfaktor

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Mitten in der tiefsten Provinz Amerikas, in der Kleinstadt Holt, verbringt der schwerkranke Dad Lewis seinen letzten Sommer. Obwohl die Gegend für einen Außenstehenden abgehängt und trostlos wirkt, wohnt ...

Mitten in der tiefsten Provinz Amerikas, in der Kleinstadt Holt, verbringt der schwerkranke Dad Lewis seinen letzten Sommer. Obwohl die Gegend für einen Außenstehenden abgehängt und trostlos wirkt, wohnt Dad Lewis schon sein ganzes Leben dort. Seine Kinder, Lorraine und Frank, sind in Holt aufgewachsen.
Um die letzten Wochen, die ihrem Vater noch bleiben, gemeinsam zu verbringen, kehrt Lorraine aus der Großstadt nach Hause zurück.

Die Hauptfigur liegt im Sterben und muss noch reinen Tisch machen. Auch die anderen Figuren haben schwerwiegende Herausforderungen im Leben zu bewältigen. Da ist die kleine Alice, die bei ihrer Großmutter wohnt, weil sie ihre Mutter an den Krebs verloren hat. Es gibt die einsamen Johnson-Frauen und den neue Reverend Lyle, der für diese Gegend etwas zu aufgeschlossen ist. Wahrscheinlich mochte ich „Kostbare Tage“ gerade wegen dieser bedrückenden Schicksale. Die Art, wie die Charaktere damit umgehen, hat mich beeindruckt. Da ist kein Jammern über die eigenen Unzulänglichkeiten oder unzufriedenes Lamentieren, sondern ganz selbstverständlich gegenseitige, nachbarschaftliche Unterstützung. Jeder hat seinen Platz, gleicht eine Lücke beim Anderen aus.

Mit seinem Zeichnen des einfachen, provinziellen Lebens, schafft Kent Haruf eine unvergleichliche Wohlfühlatmosphäre. Trotz des nahenden Todes und der alles umgebenden Melancholie erlebt der Leser mit den Figuren ganz wunderbare Momente. Dabei ist er zu keinem Zeitpunkt kitschig, sondern eher gesellschaftskritisch unterwegs. Seine Töne sind stets sanft, seine Kritik schwingt leise mit.

Dieser Roman war mein erster Kent Haruf und wird bestimmt nicht mein letzter sein. Ich liebe seine Sprache und die Entschleunigung, mit der mir die Geschichte das Lesen bereichert hat. Gern spreche ich eine Leseempfehlung aus.

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