Cover-Bild Der Hof der Wunder
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17,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Piper
  • Themenbereich: Belletristik - Fantasy: historisch
  • Genre: Fantasy & Science Fiction / Fantasy
  • Seitenzahl: 416
  • Ersterscheinung: 02.12.2019
  • ISBN: 9783492705011
Kester Grant

Der Hof der Wunder

Roman
Andreas Decker (Übersetzer)

In einem alternativen Paris des Jahres 1823 ist die Französische Revolution fehlgeschlagen. Skrupellose Aristokraten teilen sich die Stadt mit neun kriminellen Gilden, die die Unterwelt regieren. Zwischen den Gilden herrscht ein brüchiger Frieden. Nina, Angehörige der Diebesgilde, will ihre Schwester Azelma retten. Kaplan, der Oberste der »Gilde des Fleisches«, spezialisiert auf Menschenhandel und Prostitution, hat sie an sich gerissen. Aber die Diebe wollen sich nicht mit Kaplan anlegen. Die junge Waise Ettie soll Nina bei einem verzweifelten Befreiungsplan helfen. Doch unvorhersehbare Ereignisse wie eine Hungersnot und neue Revolutionäre zwingen die ungleichen Verbündeten dazu, sich den verfeindeten Gilden anzudienen und bis zur großen Zusammenkunft der Gilden, dem legendären Hof der Wunder, zu überleben. Aber als Kaplan auf die Spur der beiden kommt, droht in ganz Paris ein Krieg auszubrechen ...

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.12.2019

Eine kreative Alternative zur französischen Revolution!

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Wie ich auf das Buch aufmerksam wurde:

Bücher über Paris sprechen mich ja immer an. Ich erinnere mich gar nicht mehr, bei welcher Bloggerin ich das Buch zuerst gesehen habe, aber es wanderte direkt auf ...

Wie ich auf das Buch aufmerksam wurde:

Bücher über Paris sprechen mich ja immer an. Ich erinnere mich gar nicht mehr, bei welcher Bloggerin ich das Buch zuerst gesehen habe, aber es wanderte direkt auf meine Wunschliste und als es dann bei der Netgalley als E-Book-Rezensionsexemplar angeboten wurde, habe ich mich natürlich sofort als Rezensientin beworben.

Handlungsüberblick:

Die Handlung setzt ein in einem fiktiven Paris, nach einer gescheiterten Revolution. Hunger, Gewalt, Intrigen und Tod regieren die Stadt. Neun verbrecherische Gilden haben Paris unter sich aufgeteilt. Der Leser trifft Nina, die der Diebesgilde angehört. Kein Diebstahl war für sie bisher unmöglich. Doch für sie zählt nichts mehr als ihre Schwester vor Kaplan, dem finstersten aller Gildenanführer, zu retten. Wird ihr dieser Diebstahl gelingen?

Mein Bucheindruck:

Mir gefiel vor allem die Fabgestaltung des Covers mit den Farben Blau, Weiß, Rot sehr gut, da sie schon auf Frankreich hindeuten und daher sehr gut zum Schauplatz der Geschichte passen. Trotzdem ist mir auch nach der Lektüre nicht so ganz klar, warum auf dem Cover gerade ein Rabe abgebildet ist.

Mein Leseeindruck:

Es war unheimlich spannend, eine andere Möglichkeit der französischen Revolution zu entdecken. Oft brauche ich bei Fantasybüchern etwas länger als bei realistischen Büchern. Aber "Der Hof der Wunder" las sich doch ziemlich schnell. Die Handlung war zu jeder Zeit spannend. Gut gefielen mir auch die Beschreibungen der Gesellschaft, der Orte und der damaligen Mode. Durch sie wurde die Welt sehr greifbar. Die Charaktere sind ebenfalls wunderbar ausgestalter. Die mutige Nina, ihre Freundin Ettie und auch der Dauphin wuchsen mir schon nach wenigen Seiten ans Herz.

Mein einziger Kritikpunkt sind die nur angedeuteten zwei möglichen Liebesgeschichten. Ich hätte mir gewünscht, dass wenigstens am Ende des Buches noch ein wenig mehr Romantik ins Spiel kommt, vor allem, weil über die ganze Handlung hinweg zwei Möglichkeiten für Nina aufrechterhalten werden.

Mein Eindruck vom Schreibstil:

Der Schreibstil ist flüssig und ließ sich insgesamt schnell lesen.
Gut gefielen mir auch die Geschichten, die von Orso zwischendrin in kursiver Schrift erzählt wurden. Sie bereicherten das Buch, da sie nicht grundlos erzählt wurden, sondern auch in die Handlung des Buches eingeflochten wurden. Der Grund warum diese Geschichten erzählt wurden, war zu jeder Zeit klar ersichtlich und lies das Buch insgesamt sehr rund und gut durchdacht wirken.

Mein Abschlussfazit:

Ein sehr spannendes Fantasybuch mit einer kreativen Alternative zur französischen Revolution, bei dem aber leider die Liebesgeschichte für mich etwas zu kurz kam.

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Veröffentlicht am 15.12.2019

Enttäuschend

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Bitte dran denken: das ist meine persönliche, rein subjektive Meinung.

"Der Hof der Wunder" stand schon lange vor Erscheinen auf meiner Wunschliste. Das Cover spricht mich total an und beim Titel kam ...

Bitte dran denken: das ist meine persönliche, rein subjektive Meinung.

"Der Hof der Wunder" stand schon lange vor Erscheinen auf meiner Wunschliste. Das Cover spricht mich total an und beim Titel kam mir sofort "Der Glöckner von Notre Dame" in den Sinn. Tatsächlich handelt es sich bei diesem Buch allerdings um eine Art Retelling von "Les Miserables" und dem "Dschungelbuch". Nun bin ich mit ersterem nicht wirklich vertraut, mit letzterem dagegen schon und ich fand es ziemlich kreativ, aus Paris den "Dschungel" zu machen. In den Gildenherren erkennt man eindeutig die Tiere wieder, bzw. in den Gilden die Rudel. Das hat mir richtig gut gefallen.

Ebenfalls toll ist die Tatsache, dass die Autorin nicht vor Gewalt, Hässlichkeit und Elend zurückschreckt. Wenn Protagonistin Nina in einen Berg Kacke fällt, dann ist das nicht metaphorisch gemeint: sie fällt tatsächlich in Exkremente. Die leicht schmuddeligen Gilden, die Illegalität, die Gefahr und der Dreck von Paris... das alles passt wunderbar zur Gesamtstimmung des Buches.

Leider ist es mit dem Lob an dieser Stelle erstmal vorbei, denn ich habe eine Menge Kritik am "Hof der Wunder".


Zum einen ist da der Schreibstil. Erste Person, Gegenwart und da muss ich zugeben: das ist nicht grade mein Favorit. Das kann zwar auch gut gemacht sein und ich habe definitiv schon Bücher zu meinen Lieblingen sortiert, die ebenfalls mit dieser Zeit- und der Ich-Form arbeiten, generell merke ich aber, dass mir die Vergangenheit und die dritte Person da lieber sind.

Immerhin: alles ist ausschließlich aus der Sicht von Nina geschrieben. Das Rumgespringe zwischen mehreren Sichtweisen mag ich nämlich oft auch nicht besonders.


Dennoch hatte ich manchmal das Gefühl, es liest sich ein bisschen holprig, was zwar auch (wie so oft) an der Übersetzung liegen kann, sich aber definitiv nicht ausschließlich darauf schieben lässt.

Es fehlt zum Beispiel auch an Beschreibungen der Umgebung. Manchmal wusste ich nicht, wo sich die beiden Personen, die sich grade unterhalten eigentlich befinden. In einem Raum? Auf der Straße? Und wo legen sich Nina und Ettie da grade schlafen? Auf dem Boden? Ohne Decke?

Wo anfangs zu wenig Bilder gezeichnet werden, passiert später dann zu viel: Ich möchte wirklich nicht über mehrere Seiten erklärt bekommen, welche zwanzig Kuchensorten irgendwo rumstehen und wie sie dekoriert sind.


Ein weiterer Kritikpunkt sind die vielen Zeitsprünge, deren Länge manchmal gar nicht angeben wird, ein anderes mal steht dann eine Jahreszahl über dem Kapitel – allerdings hatte ich zu diesem Zeitpunkt die vorige meist schon vergessen, konnte also nicht nachrechnen und hatte auch keine Lust, da extra nochmal nachzugucken.


Mein nächstes Problem ist Nina, unsere Protagonistin. Sie kann einfach alles und stellt sich jeder Herausforderung ohne Probleme. Außerdem hat sie offenbar ein fotografisches Gedächtnis, denn sie kann zu jeder Person, jeder Gilde, jedem Ehrenkodex und Regelwerk sofort alle Informationen runterbeten. Man könnte meinen, sie gehört zur Schreibergilde, aber nee, sie ist Diebin, die "schwarze Katze". Und sie kommt natürlich überall rein. Wenn sie im Rahmen ihrer Mission (dazu gleich mehr) irgendwo einsteigen muss, läuft das etwa so:

Ihr wird gesagt, wo sie hin muss. Dann gibt es einen großen Aufschrei, denn oh Gott! Da ist noch niemand rein- oder rausgekommen! Wirklich noch nie!! Es ist praktisch unmöglich, da einzusteigen!!!

Als Leserin freue ich mich natürlich schon auf den ausgeklügelten Plan, den Nina nun schmieden wird und auf nervenaufreibene Szenen vom Einstieg, die mich nägelkauend auf der Kante meines Sofas sitzen lassen.

Nichts davon bekomme ich.

Nina plant sich so halbgar was Unoriginelles zusammen, steigt dann über eine Stelle ein, die schon immer da war und auf die schon hundert andere mit einer halben Gehirnzelle hätten kommen können und macht, was gemacht werden muss. Große Probleme hat sie dabei nicht – läuft bei ihr.

Danach wird sie natürlich gefeiert und als was besonderes angesehen.


Über einiges war ich extrem überrascht, denn die Autorin schreibt:


Q: "is there a / the usual / love triangle in ACOM?"
A: "ACOM's ladies are far too busy fighting, scheming & adventuring to have time for love triangles."


Also erstmal: Ladies? So viele weibliche Figuren gibt es da nicht, die meisten sind männlich. Nina bildet Beziehungen fast ausschließlich zu Männern (Ettie ist hier die einzige Ausnahme, aber sie ist ja auch eine "Schwester", wie so oft in diesen Büchern; wo kommen wir denn da hin, wenn es einfach mal eine richtige Freundschaft zwischen Frauen gibt). Einmal ist sie ganz stolz, weil sie das einzige zugelassene Mädchen in einer politischen Jungsgruppe ist. eyeroll

Außerdem hat sie sage und schreibe drei (in Zahlen 3!!!) Typen, die irgendwie auf sie stehen und somit potenzielle Love Interests sind. Geküsst wird natürlich auch. Mit all dem hatte ich nach der obrigen Aussage gar nicht gerechnet!


Ninas einzige Motivation ist übrigens erst ihre leibliche Schwester, die vom "Tiger" Kaplan gekauft wurde, dann die eben erwähnte Ettie, die er gerne haben würde und die es zu beschützen gilt.


Und damit komme ich zum nächsten Punkt, dem dünnen Plot. Denn das ist tatsächlich die ganze Geschichte. Ettie beschützen. Ende.

Die Autorin hat diese Geschichte wohl angeblich in grade mal zwei Wochen komplett geschrieben und wenn das wirklich stimmt, dann muss ich leider sagen: man merkt es. Es fehlt an so vielem, es gibt kleine Fehler und der Plot gibt so wenig her – und das obwohl hier zwei (!) bereits bestehende Geschichten genommen wurden, auf denen das ganze fußt. Sorry, aber da erwarte ich doch etwas mehr... richtige Abenteuer, Intrigen, gefährliche Situationen, clevere Twists, so Zeug. Und nicht diese dünne, ein wenig fanfiction-mäßige Story, in der der Protagonistin alles vor die Füße fällt und bei der ich mich beim Lesen manchmal sogar fremdschäme.


Was mir vorher auch nicht so klar war, ist der starke Fokus auf sexualisierte Gewalt, Menschenhandel und Prostitution. Ich weiß nicht, ob das ein großes Thema in "Les Miserable" ist, denn damit kenne ich mich wie gesagt nicht aus. In meiner Naivität habe ich bei "Fleischgilde" erst an Kanibalismus gedacht, es geht aber wie gesagt um die oben erwähnten Dinge.

Nun ist es vielleicht nicht so schlimm, diese Grausamkeiten in einem grausamen Buch darzustellen. Das gehört dazu. Mich stört jedoch der wahnsinnig einseitige, klischeehafte und langweilige Blick auf (Zwangs-) Prostitution: Männer kaufen, Frauen werden gekauft.

Von einem gefürchteten Gildenmeister des Fleisches verlange ich aber, dass er natürlich auch Männer "anbietet". Alles andere kann er sich doch gar nicht leisten, wenn er das absolute Monopol hat! Da es aber keine einzige Erwähnung von Homosexualität gibt (obwohl die Story das hergibt, ja schon fast verlangt!) und Frauen offenbar als Freierinnen nicht infrage kommen, bleibt es, wie oben schon geschrieben, einseitig.

Besonders ärgert mich das, weil die Autorin in ihren FAQs von der Wichtigkeit von Representation und "Diversity" redet. Ich verlange ja gar kein queeres Haupt-Couple, aber zumindest eine klitzekleine Erwähnung am Rande, dass Männer halt auch gerne mal Männer kaufen (grade im Paris des 19. Jahrhunderts... was meint ihr was da in Frankreich los war, es gab eine riesige queere Szene) wäre doch ganz nett gewesen.

Überhaupt wird dieses ganze Thema sexualisierte Gewalt so furchtbar schlecht behandelt. Über allen Frauen schwebt ständig die Bedrohung der Vergewaltigung. Und natürlich liegt es an ihnen selbst, dem entgegen zu wirken. Nina bekommt z.B. gleich zu Beginn ihren Kopf geschoren und eingetrichtert, dass sie ihr Haar immer kurz halten muss (dementsprechend habe ich sie mir immer kahl vorgestellt, bis dann auf einmal die Rede davon ist, dass ihre Haare gekämmt und "auf dem Kopf aufgetürmt" und verziert werden... offenbar war das Hübschsein dann später doch wichtiger), dass sie hungern muss, um "knabenhaft" auszusehen und sich in Jungsklamotten hüllen soll. Etties Haare werden mit einem Tuch bedeckt, um sie "vor hungrigen Blicken zu schützen". Das ist auf so vielen Ebenen Bullshit.

Erstens können Frauen in jedem Outfit Opfer solcher Taten werden, selbst Frauen die vollverschleiert durch die Gegend laufen.

Zweitens hat Schönheit damit recht wenig zu tun (es geht vorrangig um Macht).

Und drittens ist es totaler Quatsch, dass Jungs so etwas nicht passiert und man sich deshalb nur als einer verkleiden muss, um sicher zu sein!

Es betrifft zwar keine der relevanten Hauptfiguren, aber es schwingt schon manchmal ein kleines bisschen eine "Männer sind potenzielle Triebtäter, vor denen es sich zu jeder Zeit zu schützen gilt" Aussage mit.

Außerdem wird mehr als einmal betont, dass etwas schreckliches "ja auch Frauen und Kinder" betroffen hätte und deshalb sehr viel schlimmer wäre. Kinder, da gehe ich mit, aber Frauen? Wäre es denn weniger schlimm, wenn es nur Männer getroffen hätte? Nach dem Motto: "XY ist passiert, aber die Opfer waren zum Glück nur Männer. Keine Frauen dabei. So eine Freude!" Nee, da gehe ich nicht mit.


Fazit: Ich bin so, so enttäuscht. Wie eingangs geschrieben stand das Buch ewig auf meiner Wunschliste. Ich hatte mich riesig darauf gefreut, habe fast schon auf das Erscheinen hingefiebert und war mir sicher, dass ich es lieben und mit einer glühenden Fünf-Sterne-Rezi belohnen würde. Einen zweiten Stern vergebe ich nur für mein kleines Lob am Anfang und dafür, dass POC hier representiert werden (sogar own voices!). Eigentlich sollte es dafür keine cookie points geben, aber naja, gut finde ich es eben doch.


(Kleiner Nachklapp: Ich weiß nicht, warum das Buch als "Fantasy" vermarktet wird. Ich konnte keine Elemente dieses Genres entdecken.

Nachklapp 2: Fabeln spielen hier eine kleine Rolle. Allerdings heißt der Eber nicht Isegrim, sondern der Wolf, wenn ich mich richtig erinnere.)

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Veröffentlicht am 13.12.2019

Katzen und Mäuse

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Vor vielen Jahren ist die Revolution in Frankreich gescheitert. Anstatt die Köpfe der Adligen auf der Guillotine rollen zu lassen, starben viele, viele Aufständische und deren Anführer. Seitdem wird Paris ...

Vor vielen Jahren ist die Revolution in Frankreich gescheitert. Anstatt die Köpfe der Adligen auf der Guillotine rollen zu lassen, starben viele, viele Aufständische und deren Anführer. Seitdem wird Paris von den in Saus und Braus lebenden Adligen auf der einen Seite und den Verbrechergilden auf der anderen Seite beherrscht. Nina Thenardier ist die Schwarze Katze, eine der besten Diebinnen der Stadt. Um ihre Ziehschwester Ettie vor dem Tiger, dem Anführer der Fleischgilde, zu schützen, ist sie bereit, alles zu tun - selbst wenn es bedeutet, eine Revolution anzustiften und sich selbst in Lebensgefahr zu begeben.

So hat man Les Miserablés noch nie gelesen. Nach kurzen, anfänglichen Einstiegsschwierigkeiten hatte ich begriffen, woher mir die Namen so bekannt vorkamen und je mehr sich diese Welt für mich erschloss, desto faszinierter wurde ich. Sie sind alle da: Gavroche, die Thenardiers, Javer, die aufrührerischen Studenten. Sie werden in eine komplexe Geschichte gepackt, die jedoch auch nicht ohne Wiedererkennungswert ist, dabei entsteht trotzdem eine völlig eigene Erzählung, die ich so noch nicht gelesen habe. Falls es überhaupt einen Kritikpunkt gibt, dann höchstens den, dass am Ende doch verdammt viele Männer um die Gunst von Nina buhlen, aber das ist so dermaßen dezent im Hintergrund, dass ich gut damit leben konnte. Ein Buch, das man vielleicht wirklich am meisten genießen kann, wenn man sowohl Hugos Die Elenden als auch Kiplings Dschungelbuch kennt, doch auch für diejenigen, auf die das nicht zutrifft, dürfte es interessant werden, wenn sie nach einer Lektüre abseits des Mainstreams suchen.

Veröffentlicht am 06.12.2019

Frankreich ohne eine Revolution

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Ein wirklich sehr schönes Buch! Ein Retelling von Les Miserables und Das Dschungelbuch, was will man als Leser mehr?

Im Buch geht es darum, was gewesen wäre, wenn die Französische Revolution als geendet ...

Ein wirklich sehr schönes Buch! Ein Retelling von Les Miserables und Das Dschungelbuch, was will man als Leser mehr?

Im Buch geht es darum, was gewesen wäre, wenn die Französische Revolution als geendet wäre als in Wirklichkeit. Wir begleiten die junge Nina Thénardier, die in einen der Gilden lebt, die es nach der Französischen Revolution gibt. Ihr Vater stellt eine Bedrohung für sie dar, sodass sie in der Gilde der Diebe die Diebeskunst lernen und anwenden soll. Genau das tut sie. Sie ist ein starker und mutiger Charakter, der gut ist in dem, was er tut. Deswegen nennt man sie schon bald die schwarze Katze, da sie unbemerkt den Leuten ihre Sachen abnehmen kann.

Wir lernen auch die kleine Ettie kennen, die vom Anführer der Gilde des Fleisches gewollt wird. Nina will dies zuerst zulassen, um ihre Schwester aus den Fängen „des Tigers“ zu retten, entscheidet sich jedoch um, weil ihr der Preis zu hoch ist. Doch – wie in jeder guten Geschichte – macht sie sich damit eine Menge Feinde. Nun gilt es, die kleine Ettie zu beschützen, koste es, was es wolle.

Die Autorin hat einen sehr malerischen und flüssig-weichen Schreibstil, sodass ich das Buch innerhalb kürzester Zeit durchhatte. Darüber hinaus passt es zu der Zeit, in der das Buch spielt. Und das Setting, wow. Ich habe mich sofort im Frankreich des 18. Jahrhunderts eingefühlt.

Alles in allem eine Empfehlung!

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Veröffentlicht am 02.12.2019

Unglaubliches Retelling von Les Misérables und dem Dschungelbuch, voller Rache, Verrat, Loyalität und Freundschaft. Lesen!

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Manchmal frage ich mich, wie mir solche Schätze wie Der Hof der Wunder so lange entgehen konnten. Ja, es ist erst am Anfang Dezember erschienen, aber ich bin auf dieses Buch erst Ende November gestoßen, ...

Manchmal frage ich mich, wie mir solche Schätze wie Der Hof der Wunder so lange entgehen konnten. Ja, es ist erst am Anfang Dezember erschienen, aber ich bin auf dieses Buch erst Ende November gestoßen, als ich nach Neuerscheinung des Folgemonats gestöbert habe.
Erst hat mich das Cover gecatcht (obwohl das Originalcover hundertmal schöner ist), dann der Klappentext: Ein alternatives Paris in dem die Französische Revolution gescheitert ist, skrupellose Adlige teilen sich die Stadt mit Verbrechern, die in Gilden organisiert sind. Nina Thénardier ist Teil der Diebesgilde und untersteht somit dem Schutz des Herrn der Diebe. Thénardier? Da war doch was.. Und ja, auf der Homepage der Autorin wird das Buch als Retelling von Les Misérables und Das Dschungelbuch beworben. Wie das funktionieren soll? Ich wurde auf der Homepage der Autorin fündig und war noch mehr davon überzeugt, dass ich dieses Buch schnellstmöglich lesen möchte: die komplette Besetzung von Les Misérables ist Teil der Geschichte, Das Dschungelbuch hingegen ist nicht mit Tieren vertreten, Kester Grant hat die Charaktere für ihren Debütroman vermenschlicht.
Im englischen Original erscheint The Court of Mircales erst im Frühjahr 2020. Doch wir dürfen schon jetzt in den Genuß dieses Trilogieauftakts kommen. Und ja, es ist ein Genuß. Und was für einer!

Kester Grants Schreibstil ist bildhaft, blumig und detailliert und passt zu der Zeit, in der die Geschichte spielt. Manchmal wirken die Sätze geradezu vornehm, im krassen Gegensatz zu dem Elend, das sie beschreiben. Kurze Abschnitte zu Beginn mancher Kapitel, die die Geschichte der Stadt erzählen, schaffen einen tollen Überblick darüber, was nach dem Scheitern der Revolution geschehen ist.
Das Setting ist so, wie man sich Paris zu Zeiten großer Not vorstellt. Dreck, Krankheit, Verbrechen auf der Seite der Armen und der Elenden, den Kindern des Hofs der Wunder, regiert durch die Zusammenkunft der Gildenherren an der Hohen Tafel. Auf der anderen Seite der Adel, Kuchen essend und mit dem Leben der Armen spielend.
Die Französische Revolution ist in diesem alternativen Paris gescheitert, der Epochenumbruch in politischer, wirtschaftlicher und kultureller Hinsicht ist ausgeblieben. Der Absolutismus und die Ständegesellschaft werden hingenommen und nicht in Frage gestellt, ein König regiert von Gottes Gnaden, ohne Verfassung, ohne Gesetze, ohne Grundrechte des Einzelnen. Eine unglaublich spannenden Ausgangssituation, die vielleicht auf den ersten Blick nicht wirklich ersichtlich ist. Man denke nur an die Restauration und die Wiederherstellung der Monarchie und den Juliaufstand 1830. Aber ein Umbruch kann nie von heute auf morgen passieren, er braucht Zeit. Vor allem auch, um die Denkweisen der Menschen zu verändern, ihnen bestimmte Werte zu vermitteln, um eine Nation aufzubauen und sie zu stärken. Und dieser Umbruch, die Verfassung von 1791, die Grundrechte, alles das ist in Ninas Paris nie passiert.

Doch nun weg von der Geschichte Frankreichs, hin zur Geschichte Nina Thénardiers. Deren Leben in Sicherheit endet, als ihr Vater ihre Schwester Azelma an Kaplan verkauft. Kaplan, der Tiger, herrscht über die Gilde des Fleisches, deren Geschäft Prostitution und Menschenhandel ist. Nina wird von einem Freund Azelmas am selben Tag zur Gilde der Diebe gebracht, um sie vor ihrem Vater zu schützen. Dort wird sie zur Schwarzen Katze, der besten Diebin der Gilde. Doch immer noch sind ihre Gedanken bei ihrer Schwester, die sie aus den Fängen Kaplans retten möchte. Der Plan: Kaplan etwas vorzuführen, ihm jemanden schmackhaft zu machen, um sie dann seiner Reichweite zu entziehen. Sie hat ein kleines Mädchen dafür gefunden. Ettie, wunderschön, mitfühlend, kindlich naiv, Mündel ihres Vaters. Und Kaplan will sie. Kurz bevor sich er und Thénardier über Etties Preis einig sind, trifft Nina die richtige Entscheidung dazu, dass sie Ettie nicht Kaplan überlassen kann, selbst dann nicht, um ihre Schwester zu retten. Nun richtet sich Ninas Fokus auf Ettie und sie wird alles tun, um sie vor Kaplan zu beschützen.

Nina ist ein toller Charakter. Sie ist mutig, ja, wagemutig, sie macht alles für diejenigen, die sie liebt. Tomasis, ihren neuen Vater, Herr der Diebesgilde, ist ihr mehr Vater als Thénardier es jemals war. Das vergilt sie mit Treue und außergewöhnlichen Geschenken. Und Ettie.. Ettie wird für sie wie eine Schwester. Doch da Kaplans Begehrlichkeit nun geweckt ist, muss sie sich eine List überlegen, um sie seinem Griff zu entziehen. Dabei findet sie Verbündete, keine Freunde, denn diese gibt es nicht am Hof der Wunder. Und sie findet Feinde, Feinde, die alles versuchen, ihre Pläne zum Scheitern zu bringen. Somit stellt es eine große Herausforderung dar, Ettie zu beschützen, die sie mit ihrer Schläue und Cleverness zu bewältigen versucht. Und als ob das nicht schon reichen würde steht Paris erneut vor dem Kollaps. Eine neue Hungersnot, eine neue Seuche wütet und macht das Leben in den Straßen und der Unterwelt der Stadt noch schwieriger, als es eh schon ist.

Auch die anderen Personen sind unglaublich gut gezeichnet. Ettie schließt man mit ihrer kindlich-freudigen Art sofort ins Herz, die anderen Charaktere wie Orso, Loup oder auch Montparnasse sind ebenfalls auf ihre Art besonders entwickelt. Unheimlich, geheimnisvoll, aber treue Verbündete Ninas und nicht nur dadurch sympathisch.

Die Parallelen zu Les Misérables sind unübersehbar, die zum Dschungelbuch eher weniger. Ich glaube nicht, dass mir alle Personen bewusst als die Charaktere aufgefallen sind, wie Rudyard Kiepling sie erdacht hat. Schon allein deswegen, weil ich sein Buch nie gelesen habe und ich nur die romantische Disneyversion kenne. Aber das macht nichts, denn auch ohne dieses Wissen hat mich die Geschichte vollkommen eingenommen und in ihren Bann gezogen. Denn sie ist spannend, voller Freundschaft, Verrat und Loyalität. Voller Rache, Schmerz und Listen, voller Leid, Mitgefühl und Trauer. Magie jedoch ist nicht Teil der Welt, doch dieses historische Fantasybuch kommt auch ganz ohne aus. Denn die Magie liegt in der Geschichte, im Kampf Arm gegen Reich, im Kampf Ungerechtigkeit gegen Recht, im Kampf der Elenden gegen den Adel. 5 Sterne.