Cover-Bild In besserer Gesellschaft
22,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Kremayr & Scheriau
  • Themenbereich: Gesellschaft und Sozialwissenschaften - Soziologie und Anthropologie
  • Genre: keine Angabe / keine Angabe
  • Seitenzahl: 208
  • Ersterscheinung: 09.2018
  • ISBN: 9783218011334
Laura Wiesböck

In besserer Gesellschaft

Der selbstgerechte Blick auf die Anderen
Aber wir sind doch alle gleich!“ Der Schlachtruf der aufgeklärten Gesellschaft ist zugleich ihr größter Stolperstein: Kaum eine Annahme ist so fragil. In Wirklichkeit sind wir bestrebt, uns anderen Menschen, anderen Bevölkerungsgruppen, anderen Denkmustern, anderen Verhaltensweisen gegenüber abzugrenzen. Mann oder Frau, jung oder alt, stark oder schwach, arm oder reich, ungeachtet der sozialen Stellung, Religion oder Nation– die Mechanismen sind immer dieselben: Weniger Privilegierte pochen auf ihren ehrlichen „Hacklerstatus“ und wettern gegen die Schnösel „da oben“; das sogenannte Bildungsbürgertum schüttelt den Kopf pikiert über Wähler rechtspopulistischer Parteien und bestellt mit wohligem Gefühl das Bio-Kisterl. Konsumverhalten wird zum Statussymbol, der Beruf zur Identität und politische Andersartigkeit zum Feindbild. Die Soziologin Laura Wiesböck geht unserer Sehnsucht nach Überlegenheit mit Verve, Witz und Wissen auf den Grund – und fördert dabei auch unangenehme Wahrheiten zutage.

Dieses Produkt bei deinem lokalen Buchhändler bestellen

Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 14.05.2019

Sehr lesenwert!

0

Laura Wiesböck hat hier ein unglaublich interessantes, lesenswertes und äußerst unterhaltsames - ich möchte sagen: geradezu launiges - aktuelles soziologisches Buch geschrieben. Grob gesagt geht es darum, ...

Laura Wiesböck hat hier ein unglaublich interessantes, lesenswertes und äußerst unterhaltsames - ich möchte sagen: geradezu launiges - aktuelles soziologisches Buch geschrieben. Grob gesagt geht es darum, wie sich Menschen voneinander abgrenzen, um sich besser zu fühlen, bezogen auf acht unterschiedliche Bereiche (z.B. Arbeit, Politik, Konsum), die in jeweils zwei Unterkapiteln bestimmte Blickwinkel betrachten. Bevor ich näher auf mein Leseempfinden eingehen, möchte ich nochmals betonen, wie toll das geschrieben ist: Sachlich und wissenschaftlich fundiert, dabei aber sehr nahbar und "einfach", und das ist nicht abwertend gemeint - das Buch hat einfach unheimlich viel Spaß gemacht, was ein toller Bonus war.

Bei vielen Kapiteln habe ich Frau Wiesböck eifrig zugestimmt - sie trifft an vielen Stellen sehr gute Punkte, vor allem bei den Themen Geschlecht, Armut und Einwanderung bin ich ganz nah bei ihr. Andere Stellen haben mir neue Denkansätze offenbart, das fing gleich mit dem Auftakt "Arbeit" und dem Unterkapitel "Do what you love" an - ist das denn wirklich so erstrebenswert, sein allerliebstes zum Broterwerb zu machen, dadurch den "regulären" Feierabend zu verlieren und, sollte das Projekt scheitern, mit dem, was man liebt, eine Bruchlandung zu erleiden? Wäre nicht "Do what you do and turn it into a passion" empfehlenswerter? Total spannender Ansatz, den ich unter diesem Aspekt noch nie betrachtet habe. Außerdem: Frau Wiesböck zeigt, wie Neoliberalismus die Leidenschaft versklaven kann und den Blick weg von der Gemeinschaft wendet, z.B.:

Der individuelle Fokus auf die bestmögliche Entfaltung der eigenen Persönlichkeit geht auf Kosten des gemeinschaftlichen Engagements. Soziale Probleme werden zu persönlichen Fragen nach Selbstsorge und dem guten Leben. [...] Oder allgemein formuliert nach den Worten von Byung-Chul Han: "Burnout und Revolution schließen sich aus."

Quasi die 2000er Version von "Brot und Spiele". Anstatt als unterbezahlte Freelancerin gegen das System zu rebellieren, wird nach Feierabend der Yokakurs besucht, um abzuschalten. Im Kapitel "Arbeitslosigkeit" wird dieser Ansatz weiter aufgegriffen: Der Status wird als persönliches Versagen des Individuums, nicht als allgemeiner Fehler im System erkannt. Und die Abgrenzung wirkt hier nicht nur zwischen, sondern auch innerhalb der Schicht, etwa wenn sich sozial Schwache gegenseitig voneinander abgrenzen, anstatt gemeinschaftlich für Besserung zu sorgen. Trash-TV-Formate und Boulevardmedien, die entsprechende Klischees bedienen, befördern diese Haltung weiter.

Einzig beim Kapitel "Konsum" habe ich an mehreren Stellen die Stirn runzeln müssen. Ganz selbstreflektiv betrachtet kann ich nicht sagen, ob die Ablehnung aus grundsätzlicher Überzeugung rührt oder eher daher, dass ich mich selbst etwas zu sehr angesprochen gefühlt habe. Denn auch ich habe mich bewusst einem möglichst nachhaltigem, ökologischem Lebensstil verschrieben. Frau Wiesböck sagt, dass dieses "Mindset" durchaus zu Selbstgerechtigkeit führen kann - indem man sich anderen, die sich z.B. kein Bioobst leisten können (oder wollen), moralisch überlegen fühlt. Da kann ich mich nicht ganz frei von sprechen, allerdings bin ich auch keine dogmatische Predigerin, sondern habe eher die Erfahrung gemacht, dass ich im ersten Schritt zur Rechenschaft gezogen werde und mir der moralische Vorwurf im weiteren Verlauf des Gesprächs gemacht wird.

Alles in allem also ein Buch, dem ich zu großen Teilen zustimme, das mich in neue Denkrichtungen gebracht hat, zum Schauen über den eigenen Tellerrand einlädt und das obendrein sehr unterhaltsam war - das hat volle fünf Sterne verdient, denn ich habe sehr gerne und mit viel Freude gelesen. So unterhaltsam kann Soziologie sein!

Veröffentlicht am 09.02.2019

Regt zur Reflexion an

0

Laura Wiesböck nimmt in ihrem Buch "In besserer Gesellschaft. Der selbstgerechte Blick auf die Anderen" den Ausdruck "Wir sind doch alle gleich." unter die Lupe. Schnell wird klar, dass dem nicht so ist.

In ...

Laura Wiesböck nimmt in ihrem Buch "In besserer Gesellschaft. Der selbstgerechte Blick auf die Anderen" den Ausdruck "Wir sind doch alle gleich." unter die Lupe. Schnell wird klar, dass dem nicht so ist.

In acht Kapiteln mit je einem Hauptthema veranschaulicht die Autorin, wie wir uns von anderen Menschen distanzieren, sie bewerten und uns über sie erheben. Ob es dabei um Geschlechterfragen, Kriminalität, Armut/Reichtum, den Beruf als identitätsstiftende und erhabene Funktion oder das Konsumverhalten geht, eins wird immer deutlich: Niemand ist vor Stereotypen und Vorurteilen gefeit. Sie werden automatisch aktiviert und ziehen entsprechendes Handeln nach sich. Die Soziologin Laura Wiesböck erklärt deren Ursachen, Denk- und Handlungsmuster, die zum selbstgerechten Blick und der Abgrenzung Andersdenkender führen. Dabei hebt sie weder den moralischen Zeigefinger, noch die Moralapostel-Keule. Stattdessen stellt sie authentische Beispiele dar, veranschaulicht sie in verschiedenen Kontexten, sodass der Leser verschiedene Perspektiven einnimmt und sich selbst sicherlich das ein oder andere Mal selbst erkennt.
Das Buch hat nicht nur informativen Charakter, sondern öffnet die Augen ein Stück weiter und regt zur Selbstreflexion an!

Veröffentlicht am 29.11.2018

Vorurteil und Selbstreflexion

0

Das Buch „In besserer Gesellschaft“ von Laura Wiesböck ist mit dem Untertitel „Der selbstgerechte Blick auf die Anderen“ im Verlag Kremayr & Scheriau erschienen.

Unterteilt ist das Buch mit dem Blick ...

Das Buch „In besserer Gesellschaft“ von Laura Wiesböck ist mit dem Untertitel „Der selbstgerechte Blick auf die Anderen“ im Verlag Kremayr & Scheriau erschienen.

Unterteilt ist das Buch mit dem Blick auf die Anderen, der in Wirklichkeit ein Blick auf uns selbst ist, in acht Unterkapiteln zu je einem Hauptthema: Arbeit, Geschlecht, Einwanderung, Armut und Vermögen, Kriminalität, Konsum, Aufmerksamkeit und Politik. Laura Wiesböck beschreibt dabei, wie wir uns von unseren Mitmenschen distanzieren, die Anderen bewerten und uns selbst ins bessere Licht stellen. Dabei veranschaulicht die Autorin den Lesenden, dass niemand von Vorurteilen befreit ist und wir alle, zumindest ab und zu, in Stereotypen denken.

Laura Wiesböck beschreibt in ihrem Buch, die Vorurteile, die wir alle haben und versucht Möglichkeiten aufzuzeigen, wie wir „offener“ leben können, ohne je den Zeigefinger mahnend zu erheben. „In besserer Gesellschaft“ zeigt, dass wir doch nicht alle gleich sind und regt zur Selbstreflexion an. Die im Buch thematisierten Punkte dienen meiner Meinung nach auch als Diskussionsgrundlage und bieten somit Raum für „mehr“.

Veröffentlicht am 25.11.2018

Ein Blick genügt – oder auch nicht

0

Wir urteilen über andere Menschen – jeden Tag, beim ersten Blick, beim ersten Attribut, das ihnen beigefügt wird. Sozial schwache Menschen sind selbst schuld, Hausmänner sind keine Männer, eine Frau muss ...

Wir urteilen über andere Menschen – jeden Tag, beim ersten Blick, beim ersten Attribut, das ihnen beigefügt wird. Sozial schwache Menschen sind selbst schuld, Hausmänner sind keine Männer, eine Frau muss alle Rollen – von erfolgreichen Berufstätigen bis zur hingebungsvollen Mutter und Geliebten – mit einem Lächeln erfüllen, Fremde wollen immer nur auf unsere Kosten leben – doch woher kommen unsere Annahmen?

Laura Wiesböck greift in ihrem Buch genau die Vorurteile auf, die uns schon so selbstverständlich geworden sind, dass wir sie kaum noch hinterfragen. Sie zerpflückt jedes einzelne von ihnen, folgt ihnen zu ihrem Ursprung bis hin zu der Zeit, in der sie für den Menschen überlebenswichtig waren. Sie verfolgt aber auch die subtileren Einflüsse der Medien, wie der Definition der Werbung von einer heilen Welt. Der Leser wird mit unliebsamen Wahrheiten konfrontiert. Seine eigene Bequemlichkeit, aber auch Manipulatoren von außen zimmern ein Weltbild und eine Stimmung, die es zu überdenken gilt. Laura Wiesböck findet drastische Worte, das macht das Buch zu einer spannenden Lektüre, aber ihre Ausführungen sind auch fundiert, sodass man beginnt viele Dinge aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten.

Fazit: Der Leser findet in diesem Buch sowohl eine unterhaltsame Lektüre als auch viele Denkanstöße zum Umdenken und kritischen, neuen Wahrnehmungen. Gerade die Manipulatoren von außen sind Aspekte, die immer wieder überraschen. Ein tolles Buch für alle, die ihren eigenen Standpunkt neu sehen und der Welt mit einem neuen Blick gegenübertreten wollen.

Veröffentlicht am 03.10.2018

Den strengen Blick, den man auf andere wirft, sollte man des Öfteren auch mal auf sich selbst verlagern.

0

Laura Wiesböcks 207-seitiges Sachbuch „In besserer Gesellschaft. Der selbstgerechte Blick auf die anderen“ ist 2018 im Wiener Verlag Kremayr & Scheriau erschienen. „Wir sind doch alle gleich!“ – ein Satz, ...

Laura Wiesböcks 207-seitiges Sachbuch „In besserer Gesellschaft. Der selbstgerechte Blick auf die anderen“ ist 2018 im Wiener Verlag Kremayr & Scheriau erschienen. „Wir sind doch alle gleich!“ – ein Satz, der in unserer Gesellschaft oft zu hören ist, der herangezogen, um Ungerechtigkeiten anzuprangern und auszumerzen. Aber was bedeutet „Gleichheit“ eigentlich? Und vor allem: Sind wir wirklich alle gleich? Dass dem einerseits nicht so ist, dass wir alle andererseits auch täglich vieles tun, um uns selbst aus dieser Gleichheit hervorzuheben, stellt Laura Wiesböck in ihrem Buch anhand der Bereiche Arbeit, Geschlecht, Einwanderung, Armut und Vermögen, Kriminalität, Konsum, Aufmerksamkeit sowie Politik dar. Gerahmt werden ihre Ausführungen durch ein Vorwort, in dem sie die These aufstellt, dass wir alle ein Bedürfnis nach „Abgrenzung, Zugehörigkeitsgefühl und Anerkennung“ haben, welches sich in unserer Gesellschaft widerspiegelt, und durch ein Nachwort, in dem sie eine Möglichkeit vorstellt, dieser Diskrepanz zu begegnen, sowie einem obligatorischen Quellenverzeichnis. In allen oben genannten Gesellschaftsbereichen trifft man dasselbe Phänomen an: Distinguiert schauen die einen auf „die da unten“ herab, versuchen sich in Szene zu setzen und meinen, die Weisheit allein für sich gepachtet zu haben. Was wir an den einen kritisieren, praktizieren wir selber ebenso, oft ohne uns dessen bewusst zu sein – und, noch schlimmer, ohne die anderen wirklich zu kennen. Denn wieso sollten wir sie kennenlernen (wollen)? Wir haben uns unser Urteil doch schon längst gebildet. Da sind die Arbeitnehmer/innen, die sich dem Zwang der Arbeitswelt entziehen wollen, sich selbstständig machen und sich in andere Zwänge begeben. Bringen sie es dann tatsächlich „zu etwas“, treten sie in die Fußstapfen ihrer vormaligen Vorgesetzten und üben ihrerseits Zwänge auf andere aus, oder kreieren ihrerseits eine eigene Klasse der neuen „Selfmades“ – und der Klassenkampf geht weiter. Da konsumieren wir, um unseren Status nach außen zu tragen, und wenn der Konsum nicht mehr ausreicht, geht es „back to the roots“ – Öko heißt die neue Klasse, die uns wieder nur dazu nutzt, auf andere hinabzuschauen. Wir wollen modern sein und weltoffen – aber wehe, die Welt kommt zu uns. Wenn dieses geschieht, schreien alle laut auf. Und wieder ist es da – das Herabschauen und Disqualifizieren des Andersartigen. Mal ehrlich gefragt: Wer von uns kennt dieses Phänomen nicht? Wir alle praktizieren es wenigstens hin und wieder, meist jedoch öfter, als wir es wahrhaben wollen – dieses liest Leser/in schnell aus Wiesböcks Darstellungen heraus. Ich selber habe mich jedenfalls doch das ein oder andere Mal ertappt gefühlt – gerade da, wo ich es am wenigsten für möglich gehalten hätte. Die Autorin schreibt locker flockig, trotz des ernsten Themas fehlt es nicht an Humor. Auch Menschen, die sich mit diesem Thema ansonsten weniger beschäftigen, sollten den Ausführungen leicht folgen können. Zahlreiche Beispiele untermauern das Geschriebene, zweiseitige Schwarzweißzeichnungen mit passendem Zitat, z.B. „Was Orwell nicht vorausgesagt hatte, ist, dass wir die Kameras selbst kaufen, und dass unsere größte Angst wäre, das (sic!) uns niemand zusieht.“ (K.L. Jensen), führen in die jeweiligen Kapitel ein, worauf eine kurze Erörterung, welche Themen im jeweiligen Kapitel behandelt werden, folgt. Die Themen, die Frau Wiesböck in ihrem Buch behandelt, entsprechen nicht immer meinem persönlichen Geschmack, so finde ich z.B., dass man die Frage danach, ob ich jetzt wirklich in jedem Satz, den ich von mir gebe, beiderlei (oder besser: mehrere) Geschlechter ansprechen muss, auch übertreiben kann. Andererseits hat mir an dem Buch sehr gefallen, dass mir die Augen oft geöffnet wurden: Dass ich arrogant und selbstgerecht bin, wusste ich schon vorher. Allerdings hat mir das Buch auch die Augen auch für Bereiche geöffnet, die ich selber vorher nicht unbedingt im Fokus hatte. Dass diese Selbstgerechtigkeit zum Menschen dazu gehört, dass niemand vor ihr gefeit ist, hat mich beruhigt. Weshalb ich aber allen das Buch empfehlen kann, ist, dass es dazu animiert, sich selbst einfach besser und mehr zu reflektieren. Und dass es Mut gibt, vielleicht einmal über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen.