Churchills Geheimnisse am Gardasee
Mit "Was am Ufer lauert" schickt Lenz Koppelstätter, bisher vor allem für seine Südtirol-Krimis bekannt, zum zweiten Mal die Polizeireporterin Gianna Pitti am Gardasee auf Ermittlungen. Hatte der erste ...
Mit "Was am Ufer lauert" schickt Lenz Koppelstätter, bisher vor allem für seine Südtirol-Krimis bekannt, zum zweiten Mal die Polizeireporterin Gianna Pitti am Gardasee auf Ermittlungen. Hatte der erste Band der Reihe angesichts der Einführung mehrerer Handlungsträger noch einige Längen, geht es nun mehr zur Sache. Nachdem ihr totgeglaubter Vater, ein Investigativjournalist, wieder aufgetaucht ist, deutet alles auf eine Vater-Tochter-Kooperation hin. Doch das Treffen mit einem Informanten am Seeufer gerät anders als gedacht: Gianna findet eine tote Frau und eine leere CD-Hülle. Später ist die Leiche sogar verschwunden. Und auch sonst gibt es manche gefährliche Situation.
Ist Gianna zunächst eher ahnungslos zu dem Treffen gestartet, kommen nach und nach mehr Informationen: Es geht um möglicherweise brisante Informationen, die auch die britische Geschichte umschreiben könnten. Winston Churchill verbrachte in den 1920-er und 30-er Jahren immer wieder seinen Urlaub am Gardasee und soll in jenen Jahren unter anderem Briefe an Mussolini geschrieben haben. War der eiserne Premierminister, der seine Landsleute auf den Krieg gegen Nazi-Deutschland eingeschworen hatte, etwa zumindest zeitweise ein heimlicher Faschist?
Es gibt sogar Verbindungen in die eigene Familie, denn Giannas Urgroßvater traf der Familiengeschichte zufolge öfter mit Churchill zusammen. Giannas Onkel, der Marquese, stürzt sich in die Familienarchive, während Gianna zum ersten Mal gemeinsam mit ihrem Vater recherchiert. Ihre eigentliche Chefin sieht es mit gemischten Gefühlen, ist Gianna doch ihre beste Reporterin. Das Verschwinden eines britischen Historikers und Churchill-Experten sind ein weiterer Hinweis, dass die Geister der Vergangenheit höchst lebendig sind und heftige Reaktionen in der Gegenwart hervorrufen.
Bei all ihren Unterschieden und gelegentlichen Kontroversen ziehen die Pittis an einem Strang, um die Wahrheit herauszufinden. Das ist spannend zu lesen und spart nicht mit viel Lokalkolorit. Daneben thematisiert Koppelstätter auch ein höchst aktuelles Thema, den Niedergang der traditionellen Zeitung, die angesichts kostenloser Onlineangebote plötzlich aus der Zeit gefallen scheint. Das wird eine Herausforderung ganz anderer Art für Gianna werden, wie sich am Ende herausstellt. Wobei die Darstellung ihrer Chefin, die mit Mitte 40 keine Ahnung von neuen Medien zu haben scheint, im modernen Medienbetrieb nicht wirklich realistisch sein dürfte - da hat der Autor wohl ein paar Vorurteile gegen Frauen und Technik.