Wie entsteht eigentlich ein Kinderbuch?

Artikel vom 15.05.18

Zum Welttag des Buches lud der Bastei Lübbe Verlag im April eine Schulklasse zu einer Veranstaltung unter dem Motto „Wie entsteht eigentlich ein Kinderbuch?“ ein. Eine Lektorin aus dem Kinderprogramm erklärte dabei spielerisch den Weg von der Idee zum fertigen Buch und während einer Rallye durchs Haus lernten die Kinder einzelne Abteilungen kennen. Und auch wenn ich ungefähr doppelt so groß war wie die anderen Teilnehmer (und unbedeutend älter), habe ich mich unter die Klasse gemischt, um mir ein paar Notizen zu machen und Fotos zu schießen. Denn ich war ebenfalls neugierig auf die Abläufe hinter den Kulissen und hab einiges Neues erfahren, was ich euch natürlich nicht vorenthalten möchte.

Kennt ihr die Bücher von Ralf Butschkow? Der Illustrator hat eine ganze Reihe Suchspaß-Wimmelbücher gestaltet, die Kindern ab 4 Jahren jede Menge Freude bereiten. In den detailreichen Bildern verstecken sich kleine Fehler, die es zu entdecken gilt.

Die Wimmelbücher von Ralf Butschkow

Da wird das Brot mit einer Säge in Scheiben geschnitten, ein Schneemann aus Gras gebaut und das Cello mit einem Brotmesser gespielt. Mein Neffe liebt diese Bücher, in seinem Kindergarten gibt es jede Menge Ausgaben. Und auch die Grundschüler hatten viel Spaß mit den Wimmelbildern. Kaum hielt die Lektorin das Buch in der Hand, drängten sich die Schüler um sie und suchten hektisch nach Fehlern. Allein für diesen Moment hat sich die Veranstaltung schon gelohnt: Wenn eine ganze Schulklasse sich auf ein Buch stürzt, geht mir als Leser das Herz auf. Es stimmt einfach nicht, dass sich Kinder nicht mehr für Bücher begeistern können.

Bevor er für den Baumhaus Verlag tätig wurde, hat Ralf Butschkow auch schon bei Carlsen erfolgreich Bücher veröffentlicht. Mit der Reihe „Ich habe einen Freund/eine Freundin“ bringt er kleinen Kindern die verschiedensten Berufe nah. Als er dann Baumhaus seine Wimmelbuch-Idee vorstellte, stieß diese sofort auf Begeisterung. Die Reihe würde wunderbar ins Programm passen und so wurde ein Vertrag ausgehandelt. Dabei wurden nicht nur das Honorar und die Menge an Freiexemplaren festgelegt, sondern auch die Anzahl der Zeichnungen und der Termin, zu dem alle Inhalte fertig sein mussten. Auch die Nutzungsrechte und Leistungen, die beide Seiten zu erbringen haben, sind typischerweise Bestandteil von Verlagsverträgen.

Die Zusammenarbeit von Lektorat und Autor

Im Februar erschien nun Butschkows neuestes Kinderbuch bei Baumhaus „Was ist das denn für eine Jahreszeit?“ – ein Bilderbuch über Frühling, Sommer, Herbst und Winter, bei dem sich, wie auch bei den Vorgängerbänden, alles um die Fehlersuche dreht. Am Anfang jedes Buches steht für Butschkow das Brainstorming. Mit Bleistift und Papier bewaffnet lässt er seinen Ideen freien Lauf, kritzelt erste Entwürfe, bringt kleine Szenen zusammen und entwickelt nach und nach ein Konzept.

Wenn er eine genauere Vorstellung vom Gesamtbild hat, nimmt er sich ein neues Platt Papier und fertigt eine Skizze an. Bevor es dann an den Feinschliff geht, schickt er das Bild an die Lektorin.

Diese prüfte das Bild: Sie schaut nicht nur, ob das Arrangement stimmig ist und zur Idee des Buches passt, sondern in diesem Fall auch, ob genügend Fehler verteilt und diese gut zu finden sind. Mit Anmerkungen geht die Skizze wieder zurück an den Illustrator, der sich nun an eine saubere Zeichnung mit Tusche setzt und diese anschließend mit Farbe versieht.

Die Arbeit des Illustrators

Korrekturen vom Lektorat

Die Herstellung

Nun müssen Texte und Bilder zusammengefügt werden. In der Regel übernimmt dies ein externer Grafiker, der auch Vorschläge für die passende Schrift macht. Wenn das endgültige Layout von Lektorat und Herstellung abgesegnet ist, gestaltet der Grafiker das Buch durch. Müssen in den Illustrationen noch kleine Korrekturen vorgenommen werden, kann der Grafiker dies oft direkt im Computerprogramm erledigen. Dann werden alle Seiten ausgedruckt, um den Innenteil auf Fehler zur prüfen: Sind auch keine Rechtschreibfehler im Text oder falsche Umbrüche, passen die Zeichnungen bei Doppelseiten exakt aneinander, stimmt die Reihenfolge usw. Erst wenn sichergestellt ist, dass der Innenteil komplett fehlerfrei ist, werden die Daten an die Druckerei geschickt, die alles in gewünschter Menge (Wie viele Bücher produziert werden, hängt vor allem von der Verkaufserwartung ab. Es muss eingeschätzt werden, wie relevant ein Titel für den Markt ist und wie die Konkurrenztitel aktuell aussehen.) auf Papier druckt und anschließend wieder an die Herstellungsabteilung zurückschickt. Erneut werden die Ausdrucke geprüft. Hier seht ihr beispielsweise den Ausdruck von „Die kleine Spinne Widerlich“ von Diana Amft. Abschließend werden Innenteil und Umschlag (der mit Pappe stabilisiert wird – bei Kinderbüchern muss dieser ja möglichst robust sein) gebunden. Und die Bücher sind fertig.

Die Arbeit der Herstellung

Vertrieb und Marketing

Der Vertrieb muss sich nun darum kümmern, dass die Bücher auch ihren Weg zum Leser finden. Er fungiert als Bindeglied zwischen dem Verlag als Produzenten und dem Handel als Verkäufer. Neben der klassischen Buchhandlung verhandelt er auch mit Onlineshops und Buchgemeinschaften. Zudem arbeitet er eng mit der Marketingabteilung zusammen. Gemeinsam wird überlegt, welche Maßnahmen ergriffen werden, um möglichst viele Kunden zu erreichen und Bücher zu verkaufen. Hier gibt es ein breites Spektrum an Möglichkeiten: angefangen bei Anzeigen in passenden Zeitschriften über Plakatwerbung oder Social-Media-Aktionen bis hin zu groß angelegten Guerilla-Maßnahmen. Da sich Wimmelbücher im Internet großer Beliebtheit erfreuen und vor allem auch dort gut verkaufen, wurde bei Butschkow zusätzlich auf Amazon eine Anzeige geschaltet.

Lizenzen

Dass die Suchspaß-Wimmelbücher von Butschkow nicht nur Kinder in Deutschland begeistern würden, dachte sich auch die Lizenzabteilung und bot die Titel verschiedenen Verlagen im Ausland an. Mittlerweile ist der erste Band der Reihe "Da stimmt doch was nicht" in 24 Ländern erschienen – darunter zum Beispiel in Lettland, Griechenland, der Mongolei, den USA und Finnland. Und wie ihr seht blieb es bei (fast) allen Ausgaben bei dem Original-Cover („Die wilden Kerle“ haben sich einfach dazwischen gemogelt – bitte ignoriert das. ;-)).

Die Lizenzabteilung war unsere letzte Station und die Schulklasse machte sich auf den Rückweg. Ich selbst habe einige neue Bereiche des Verlags kennengelernt und bin mit vielen Ideen für weitere Artikel an meinen Schreibtisch zurückgekehrt, z.B. „Wie entsteht eigentlich ein Cover?“, „Wie entdecken Lektoren neue Autoren?“ oder „Wie sieht die Arbeit eines Vertriebsmitarbeiters aus?“

Verratet uns doch mal, welche Themen euch noch interessieren würden!

 

Eure Meinung ist gefragt

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Welche Themen würden euch noch interessieren?

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Annette127

Mitglied seit 24.03.2018

Man soll soviel lesen wie möglich, dadurch lebt man nämlich sehr lange.

Veröffentlicht am 17.05.2018 um 11:21 Uhr

Das finde ich sehr interressant. Vor allem auch das alles fehlerfrei sein muß, bevor es in den Druck hinausgeht. Das finde ich sehr in Ordnung. Kinderbücher finde ich eh auch sehr interressant, alleine schon wegen der guten Gestaltung.

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Wuschel

Mitglied seit 13.12.2017

Bücher sind die besseren Menschen. ;)

Veröffentlicht am 17.05.2018 um 11:54 Uhr

Da wird man ja neidisch! Was für ein genialer Einblick! Vielen lieben Dank dafür!

Die von dir gestellten Fragen finde ich toll und hoffe, dass ich bald mehr darüber lesen darf.

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Squirrel

Mitglied seit 11.05.2016

Immer in Bewegung

Veröffentlicht am 17.05.2018 um 15:39 Uhr

Die Wimmelbücher sind total niedlich. Da würde ich den Überblick verlieren, lauter verrückte Sachen sind drin. Der Kaffee trinkende Hund am Küchentisch im ersten Buch ist goldig und wie verwirrt Lisa aussieht. Da kann Ralf Butschkow auch selber bald nicht mehr durchblicken

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NicoleJagusch

Mitglied seit 16.05.2018

Wenn ich keine Bücher lese, rede ich über sie.

Veröffentlicht am 18.05.2018 um 22:06 Uhr

Oh das war richtig cool, richtig interessant!!!