Zu welchem Zeitpunkt wussten Sie, dass Sie sich ganz auf das Schreiben konzentrieren möchten?
Mein Arbeitgeber, bei dem ich zehn Jahre arbeitete, verlegte seine Geschäftsstelle nach Berlin. Ich hätte mitgehen können, aber mir war klar: »Jetzt oder nie!« Ich kündigte, zog in den Norden um und machte mich als Schriftstellerin selbstständig. Ich wusste, es gab nur zwei Möglichkeiten: Ich würde es schaffen, mich als Autorin zu etablieren, oder ich würde scheitern. Aber ich wollte nicht irgendwann aufwachen und sagen: »Hättest du es doch damals getan!«
Gibt es Dinge, die Sie an Ihrem alten Beruf vermissen?
Wenn ich ehrlich bin: nein. Ich habe den besten Job der Welt!
Thriller bauen verstärkt auf interessanten Ermittlern auf, die die Leser über mehrere Bände begleiten. Warum, denken Sie, ist das so?
Auch ich selbst lese gern spannende Reihen. Ich denke, dass der Leser sich gern emotional an Ermittler bindet, wenn sie für ihn interessant sind. Das ist natürlich vor allem dann der Fall, wenn sie besondere Charakterstärken oder auch -schwächen haben, wenn ihr Privatleben fesselt, wenn der Leser sich ihnen sehr nahe fühlt. Schafft das eine Reihe bei mir, freue ich mich immer über eine Fortsetzung. Wenn sie darüber hinaus in einen spannenden Kriminalfall eingebunden sind, perfekt!
Was ist das Besondere an Ihren Krimis?
Meine Reihe um Frida Paulsen und Bjarne Haverkorn wird sich insbesondere ungeklärten Altfällen, sogenannten »Cold Cases«, widmen, in denen die beiden ermitteln und die mich selbst beim Schreiben sehr inspirieren. Und sie sind ein recht gegensätzliches Ermittlerteam, was natürlich Spannungen verursacht.
Gibt es reale Vorbilder für Ihre Ermittler?
Nein, aber wahrscheinlich sind verschiedene Personen in die charakterliche Darstellung eingeflossen.
Was ist Ihr innerer Antrieb, Kriminalromane zu schreiben?
Ich liebe es, alte und neue Kriminalfälle miteinander zu verknüpfen. Ungeklärte Morde oder vor Jahren verschwundene Menschen faszinieren mich auch im wirklichen Leben. Solche Themen treiben mich an. Daraus entstehen meine Ideen für diese Krimireihe.
Worauf legen Sie beim Schreiben besonderen Wert?
Einmal auf eine gute Figurenzeichnung. Es ist mir sehr wichtig, dass meine Protagonisten und auch Antagonisten Emotionen beim Leser wecken. Daneben auf einen Plot, der spannend, aber auch nah an der Realität angelegt ist.
Wie haben Sie für das Buch recherchiert?
Ich lege viel Wert darauf, mit Fachleuten zu sprechen, z. B. Polizisten, Rechtsmedizinern oder Ärzten. Aber auch mit den Bauern hier in der Marsch. Diese Recherchen selbst sind eine wunderbare Ablenkung zum einsamen Schreibprozess, und zum Glück renne ich mit meinen Fragen an die Experten oft offene Türen ein.
Sie sind Mitglied im Syndikat, im Verein deutschsprachiger Kriminalschriftsteller. Wie wichtig sind Ihnen Ratschläge und Einschätzungen von Schriftstellerkollegen?
Sehr wichtig. Ich habe durch das Syndikat viele tolle Autoren kennengelernt, habe Freundschaften geknüpft und gute Kritiker und Ratgeber gefunden, denen ich sehr dankbar bin. Denn durch Kritik hinterfrage ich meine Texte und entwickele mich weiter. Das wird auch nie aufhören. Für all die Hilfe, die ich über die Jahre bekam und die ich nun gern jungen Autoren anbiete, bin ich sehr dankbar.
Was hat Sie dazu veranlasst, die Elbmarsch in der Nähe von Hamburg als Schauplatz für Ihren Kriminalroman zu wählen?
Ich lebe seit fünf Jahren in der Elbmarsch. Als ich hierher zog, habe ich mich sofort in diesen
Landstrich an der Elbe verliebt. Ich genieße das flache, nordische Land mit den Schafen auf den Deichen, den rustikalen Reetdachhäusern, der immensen Vogelvielfalt der Marsch. Und natürlich mag ich die Menschen, die hier leben. Aber im Herbst/ Winter, wenn die Herbststürme, Nebel und Regentage die Marsch heimsuchen, herrscht hier oft eine düstere Atmosphäre, die perfekt für ein Krimisetting ist.
Gibt es reale Vorlagen für das Setting?
Den Ort Deichgraben gibt es nicht. Aber natürlich ist die Stimmung dieses Ortes der realen Elbmarsch im Herbst nachempfunden.
Sie haben lange Zeit in Dresden und Leipzig gelebt. Wie hat es Sie in den Norden verschlagen?
Ich bin der Liebe wegen in den Norden gezogen. Aber auch mein Vater ist im Norden geboren, ob Sie es glauben oder nicht – auf einem Krabbenkutter in der Nordsee. Vielleicht fühle ich mich deshalb hier im Norden so heimisch.
Was ist aus Ihrer Sicht das Charakteristische an diesem Landstrich?
Das Typische ist natürlich das recht flache Land und die Nähe zum Wasser. Schleswig-Holstein nennt man nicht ohne Grund das »Land zwischen den Meeren«. Zudem sind die Menschen, die im ersten Moment etwas zurückhaltender als die Sachsen sind, mit ihrer etwas trockenen, aber doch sehr herzlichen Art typisch für die Marsch. Und Sturmfluten hatten wir in Sachsen natürlich auch nicht. Zum Glück gibt es hier hohe Deiche an der Elbe.
Die Elbmarsch ist immer noch so etwas wie ein Insidertipp. Was, meinen Sie, macht sie so besonders?
Es gibt mehrere Elbmarschen, das Gebiet des Marschlands entlang der Elbe ist groß. Ich selbst lebe in der Haseldorfer Marsch an der Binnenelbe. An den Wochenenden finden viele Hamburger den Weg aufs flache Land, genießen die Schönheit der Landschaft, rasten in den Marschcafés, kaufen frisches Obst und Gemüse in den Hofläden und träumen vielleicht von einem Haus zwischen Apfelbäumen, wie es mein Kriminalhauptkommissar Haverkorn im Roman tut.