Cover-Bild Wir holen alles nach
(19)
  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
22,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Diogenes
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 304
  • Ersterscheinung: 25.03.2020
  • ISBN: 9783257071306
Martina Borger

Wir holen alles nach

Job und Kind unter einem Hut – die alleinerziehende Sina jongliert damit seit Jahren. Seit kurzem wird sie von ihrem neuen Partner Torsten dabei unterstützt. Und sie haben Ellen, Ende sechzig, die sich für Nachhaltigkeit einsetzt und das hat, was sich Sinas Sohn Elvis so wünscht: Zeit, Geduld – und einen Hund. Doch dann widerfährt dem sensiblen Jungen etwas Schlimmes. Da er sein Geheimnis nicht preisgibt, spinnt sich ein fatales Netz aus Gerüchten um die kleine Patchworkfamilie.

Weitere Formate

Dieses Produkt bei deinem lokalen Buchhändler bestellen

Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 13.04.2020

Einfühlsames Gesellschaftsportrait

0

Im Mittelpunkt des Roman's "Wir holen alles nach" von Martina Borger, der in München spielt, steht ein kleiner Junge namens Elvis. Seine alleinerziehende Mutter Sina bewältigt seit Jahren den Spagat zwischen ...

Im Mittelpunkt des Roman's "Wir holen alles nach" von Martina Borger, der in München spielt, steht ein kleiner Junge namens Elvis. Seine alleinerziehende Mutter Sina bewältigt seit Jahren den Spagat zwischen Job und Kindererziehung mit großen Anstrengungen. Es fehlt vor allem immer wieder die Zeit und auch die Geduld, sich mit dem sensiblen 8jährigen zu beschäftigen. Sie hat ein dauerhaft schlechtes Gewissen, wenn sie ihren Sohn wieder irgendwo parken muss, weil wieder Überstunden anstehen. Seit kurzem hat sie einen neuen Partner, der ganz anders als ihr Ex auch zuhören kann und sie unterstützt so gut er kann, an den sich Elvis aber noch gewöhnen muss. Außerdem ist er zur Zeit arbeitslos und benötigt seine ganze Energie für die Suche nach einem neuen Job.

In einem 2. Erzählstrang treffen wir auf Ellen, deren Rente als Witwe zum Leben nicht reicht. Ganz pragmatisch hat sie ihre Ausgaben aufs Nötigste zusammengestrichen und sich einen Nebenverdienst als Zeitungsausträgerin gesucht. Außerdem hat sie ihr Händchen für Kinder und als Nachhilfelehrerin entdeckt. So kommt sie mit Sina in Kontakt und soll auch Elvis im Schreiben und Rechnen etwas unterstützen, damit er eine Empfehlung fürs Gymnasium bekommen kann. Ellen und Elvis haben schnell einen Draht zueinander. Ellen entgeht auch nicht, dass der Junge nach einiger Zeit verändert wirkt, als hätte er etwas Schlimmes erlebt.

Die Autorin zeichnet in ihrem Roman ein einfühlsames Gesellschaftsportrait unserer heutigen Zeit. Da werden Altersarmut, Einsamkeit im Alter einerseits und Patchworkfamilien, Scheidungskinder anderseits thematisiert, der Druck beschrieben, der auf den Kindern schon im Grundschulalter lastet, um nur ja aufs Gymnasium zu kommen. Dieser ganze schnelllebige und stressige Alltag und was er mit uns macht, ist richtig gut und realitätsnah abgebildet.

Es geht aber auch ums Hinschauen, um Vertrauen und um Vorurteile und Vorverurteilungen. Geschickt legt die Autorin falsche Fährten aus, in die man auch als Leser tappt. Das regt wahrlich zum Nachdenken an.

Ich habe den Roman innerhalb kürzester Zeit förmlich verschlungen. Der gefühlvolle Schreibstil und die tollen Charaktere haben mich begeistert und ich konnte das Buch kaum zur Seite legen. Ich kann es nur wärmstens weiterempfehlen. Der Roman war ein absolutes Highlight für mich.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 13.04.2020

Vertrau mir!

0

Dieser Roman ist mir positiv in der Verlagsvorschau aufgefallen, weil er gesellschaftskritisch und geheimnisvoll daher kommt und gespannt begann ich zu lesen.

In der Geschichte geht es um die alleinerziehende ...

Dieser Roman ist mir positiv in der Verlagsvorschau aufgefallen, weil er gesellschaftskritisch und geheimnisvoll daher kommt und gespannt begann ich zu lesen.

In der Geschichte geht es um die alleinerziehende Sina, deren Leben ein täglicher Kampf ist. Vollzeit arbeiten gehen mit jeder Menge Überstunden, ein Chef ohne Verständis, einen neuen Partner und die Versorgung ihres Sohnes. Da ist sie über jede Betreuungshilfe froh. Doch mit einem Mal verändert sich ihr Sohn. Ist Elvis etwa etwas zugestoßen? Der Junge spricht über sein Geheimnis nicht. Was ist da nur vorgefallen?

Ein beobachtender Erzähler führt uns durch die Geschehnisse und mal begleiten wir die Nachhilfelehrerin Ellen und mal Sina, die ihren Sohn Elvis zu Ellen in die Betreuung gibt. Dadurch bekommt man als Leser in beide "Familien" einen guten Einblick.

Mir hat sehr gut gefallen, dass die Frauen trotz zahlreicher Unterschiede das gleiche Schicksal zu bestreiten haben, nämlich sich allein durch das Leben zu boxen. Ich empfand es als sehr realistisch, dass man alleinstehend alle finanziellen Hürden eben auch allein mit einem Gehalt bestreiten muss, auch wenn die Mieten immer mehr steigen, genau wie Strom, Lebensmittel und Co und dass dies einen enormen Einfluss auf die Lebensqualität der betroffenen Person hat. Großstadt muss man sich heute leisten können.

Frau Borger schafft ansonsten Figuren, mit denen man sich identifizieren kann und die man mag. Sina hätte ich zwar gern ein ums andere Mal geschüttelt, weil ich ihr Verhalten nicht immer ganz nachvollziehen konnte, aber letztendlich wollte sie ja immer nur alles richtig machen. Und durch Ellen bekommt man einen Einblick in das Leben einer Rentnerin, die sich fragt was ihr im Leben noch Gutes passieren kann oder ob es das schon gewesen ist.

Der größte Sympathieträger im Buch ist ganz klar Elvis, der Sohn von Sina. Er ist so ein lieber Kerl und beißt sich trotz aller widrigen Umstände durch. Er tut alles, damit seine Mama stolz auf ihn ist. Seine Liebe zu Hunden konnte ich nur zu gut verstehen, weil es mir da genauso geht wie ihm.

Ebenfalls sehr überzeugend kam die neue Beziehung von Sina daher, denn man spürt genau, dass nach einigen Enttäuschungen vorher das Urvertrauen beider kaum noch vorhanden ist, da alte Verletzungen aus früheren Beziehungen noch nachklingen.

Im Übrigen spürt man bei jeder Zeile, dass die Autorin sich sehr gut in München auskennt. Ich war noch nie dort, hatte es aber sehr schön bildlich vor Augen.

Ansonsten ist es der Autorin sehr gut gelungen mich als Leser auf den falschen Weg zu locken, was mir zum Schluss sehr unangenehm war, denn ich merkte, dass auch ich nicht frei von Vorurteilen und Klischees bin. Das Geheimnis wird erst ganz am Schluss gelüftet und hat mich sehr überrascht, denn das hatte ich nicht kommen sehen.

Fazit: Gelungene Gesellschaftskritik, die zudem unglaublich unterhaltend ist. Gern spreche ich eine Leseempfehlung aus.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 11.04.2020

Geheimnisse

0

Die alleinerziehende Sina lebt mit ihrem achtjährigen Sohn Elvis (ja, der Junge heißt wirklich so) in München. Ihr Job in einer Werbeagentur frisst den Großteil ihrer Zeit auf, selbst am Wochenende wird ...

Die alleinerziehende Sina lebt mit ihrem achtjährigen Sohn Elvis (ja, der Junge heißt wirklich so) in München. Ihr Job in einer Werbeagentur frisst den Großteil ihrer Zeit auf, selbst am Wochenende wird manchmal von ihr erwartet zu arbeiten. Entsprechend wenig Zeit bleibt da für Elvis, einen schüchternen und für sein Alter kleinen Jungen. Da Sina sich bereits Sorgen macht, Elvis könnte keine Gymnasialempfehlung erhalten, sucht sie eine Nachhilfelehrerin für ihn und findet die pensionierte Ellen, ein Glücksgriff, wie sich herausstellt.
Ellen lebt mit ihrem Hund in einer Wohnung, die sie sich mit ihrer kleinen Rente eigentlich gar nicht leisten kann. Von Anfang an versteht sie sich gut mit Elvis, der ebenfalls gern Zeit mit ihr und vor allem dem Hund verbringt. Als Elvis’ Vater wieder einmal einen geplanten Urlaub mit ihm platzen lässt, betreut Ellen den Jungen auch für eine Woche in den Ferien. Eines Tages entdeckt Ellen blaue Flecke an dem Jungen, der sich dazu nur ausweichend äußert. Er behauptet, sich beim Sport verletzt zu haben. Ellen befürchtet, es könnte sich um häusliche Gewalt handeln. Vielleicht ist Sina doch nicht die fürsorgliche Mutter, für die Ellen sie hielt? Oder könnte Sinas neuer Partner Torsten, der vor ein paar Monaten bei ihnen eingezogen ist, etwas damit zu tun haben? Auch einem aufmerksamen Lehrer entgehen die blauen Flecken nicht und eines Tages bekommt Sina einen Anruf vom Jugendamt...
„Wir holen alles nach“ spricht eine Vielzahl aktueller Themen an: die schwierigen Lebensumstände Alleinerziehender, ambitionierte und miteinander konkurrierende Eltern, Altersarmut, Mobbing, Gewalt, sogar Umweltthemen werden gestreift, wobei mir das ein bisschen zu viel des Guten war. Auf die Auswirkungen des Methanausstoßes von Kühen hätte ich in diesem Roman gut verzichten können. Dies aber nur am Rande, alles in allem fand ich „Wir holen alles nach“ wirklich gut und flüssig geschrieben. Vor allem Ellen und Elvis sind mit als Personen ans Herz gewachsen und ich war traurig, als das Buch zu Ende war. Einziger Kritikpunkt an diesem liebevoll gestalteten Diogenes-Band ist, dass sich mir die Bedeutung der hübschen Titelillustration nicht erschlossen hat: ein junges Mädchen im rosa Bikini, das ins Wasser springt. Ich habe keine Ahnung, was diese Szene mit dem Buch zu tun haben soll.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 11.04.2020

Gut gemeint ist das Gegenteil von gut

0

Die Romane von Martina Borger, egal ob allein oder mit Elisabeth Straub, stehen immer für Qualität. Sie setzen sich mit dem Alltag auseinander, sie wühlen auf und sie machen nachdenklich. "Wir holen alles ...

Die Romane von Martina Borger, egal ob allein oder mit Elisabeth Straub, stehen immer für Qualität. Sie setzen sich mit dem Alltag auseinander, sie wühlen auf und sie machen nachdenklich. "Wir holen alles nach" bildet da keine Ausnahme.

Hier geht es um Sina, die alles für ihren Sohn möglich machen will, die eine gute Mutter sein will. Leider gehen in der Hektik des Alltags manche Dinge unter und der Junge geht mit seinen Gefühlen nicht hausieren, sondern macht viel mit sich selber aus. Bei seiner Nachhilfelehrerin Ellen und deren Hund hat der sensible, introvertierte Junge Freude. Aber auch mit Torsten, dem neuen Freund seiner Mutter versteht er sich gut. Als beobachtet wird, dass er plötzlich blaue Flecken am Körper hat und dazu immer stiller wird, werden Gerüchte in die Welt gesetzt, die das Leben der kleinen Patchworkfamilie komplett verändern.

Gekonnt erzählt Martina Borger vom Alltag, vom Alltag, wie er wirklich ist; sie erzählt von den kleinen Lügen des Alltags, den kleinen oder großen Geheimnissen, die wir alle haben; sie legt geschickt Spuren, die beim Leser die Vorurteile schüren und so setzt sie dem Leser, in diesem Fall mir, den Spiegel vor. Wie oft werden Beobachtungen gemacht und dann Dinge erzählt, die jeglicher Grundlage entbehren? Wie oft setzen wir selber Gerüchte in die Welt, ohne groß darüber nachzudenken? Alles unter dem Deckmantel: Aber ich habe es doch nur gut gemeint!

Der Roman ist eine Aufforderung, genau hinzusehen, das offene Gespräch zu suchen, statt hinter Rücken zu reden. Dabei hat es die Autorin nicht nötig, mit dem erhobenen Zeigefinger zu winken und sie stellt sich nicht auf eine Seite. Niemand ist immer nur gut oder böse. Weder Sina noch Torsten, weder Ellen noch die Grundschullehrerin. Alle machen sich Gedanken, aber keiner hinterfragt sich selber. Das ist sehr gut gemacht!

Für mich ein absolutes Lesehighlight; ein Roman, der die Realität spiegelt!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere