Cover-Bild Die Schrecken der anderen
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25,00
inkl. MwSt
  • Verlag: C.H.Beck
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Erzählende Literatur
  • Seitenzahl: 333
  • Ersterscheinung: 04.07.2025
  • ISBN: 9783406836985
Martina Clavadetscher

Die Schrecken der anderen

Roman
Der neue Roman der Schweizer Buchpreisträgerin

Wie zeigt man etwas, das längst alle sehen? Martina Clavadetscher, Schweizer Buchpreisträgerin und eine der renommiertesten deutschsprachigen Autorinnen, macht den unsichtbaren Elefanten im Raum sichtbar und fragt nach der Verantwortung von Literatur. Gekonnt erzählt und voller eindrücklicher Bilder trägt dieser Roman seine beängstigende Aktualität schon im Titel: Das könnte die Geschichte jedes Menschen sein. In jedem Land, zu jeder Zeit. Solange niemand aus den Schrecken der anderen lernt.

Ein Junge stößt beim Schlittschuhlaufen auf einen Toten im Eis und den Beginn einer sonderbaren Geschichte. Kern, ein schwerreicher Erbe, kann nicht länger ignorieren, dass seine Augen schwächer werden. Doch will er überhaupt klarsehen? Da ist Kerns hundertjährige Mutter, die den größten Teil des Tages im Dachgeschoss der Villa im Bett liegt, und doch mit brutaler Konsequenz die Fäden in der Hand hält. Da ist Schibig, ein einsamer Archivar, der sich mitreißen lässt von Rosa, der Alten aus dem Wohnwagen, die an den eigentlich unspektakulären Vorfällen ein spektakuläres Interesse hat weil sie versteht, dass nichts je ins Leere läuft, sondern alles miteinander verbunden ist: Der Tote im Eis, die Zylinderherren im Gasthof Adler, Kerns Frau, die sich weigert, Kreide zu essen, ein geplantes Mahnmal, bedrohliche Bergdrachen und andere hartnäckige Legenden.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 10.07.2025

Faszinierend

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Für mich war der Erzählstil bewusst nüchtern, sachlich beziehungsweise poetisch, der zu einer düsteren und beklemmenden Stimmung führte.
Ich habe online vor meiner Rezension recherchiert, was andere von ...

Für mich war der Erzählstil bewusst nüchtern, sachlich beziehungsweise poetisch, der zu einer düsteren und beklemmenden Stimmung führte.
Ich habe online vor meiner Rezension recherchiert, was andere von dem Buch halten und dabei bemerkt, dass einige die Erzählstränge als unverbunden empfunden haben, als einen distanzierten Erzählstil oder als beliebigen Plot. Doch für mich war es bewusst fragmentiert, sodass ein langsames Zusammenspiel entstanden ist, dem ich gespannt gefolgt bin.

Der fragmentierte Aufbau und ungewöhnliche Stil können Geduld fordern – gegen Ende jedoch wird vieles klar und überzeugend.
Ich stimme zu, dass der Stil beziehungsweise die Geschichte ein wenig Geduld erfordern, doch mir selbst hat die unterschwellige Stimmung und das gedankliche Verbinden der Stränge sehr viel Freude bereitet.

Veröffentlicht am 09.06.2025

Das Leben ist ein langes Heute (S. 236)

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Ein Titelbild wie ein Stillleben altflämischer Meister, wenn der Vogelkopf nicht aus dem Rahmen hängen würde, und dadurch stutzig macht. Die Handlung beginnt zunächst gradlinig: ein Junge entdeckt in einem ...

Ein Titelbild wie ein Stillleben altflämischer Meister, wenn der Vogelkopf nicht aus dem Rahmen hängen würde, und dadurch stutzig macht. Die Handlung beginnt zunächst gradlinig: ein Junge entdeckt in einem winterlich zugefrorenen See beim Eislaufen eine Leiche, ein Polizist bittet einen befreundeten Archivar auf den See hinaus zu gehen und die Meldung zu überprüfen und zu bestätigen, ob es sich tatsächlich um einen toten Menschen handelt. Ab jetzt teilt sich die Handlung in zwei parallel verlaufenden Strängen: einerseits der Archivar und sein Kreis, hauptsächlich bestehend aus Rosa, einer alten Frau die in einem Wohnwagen unweit des Ufers des Sees lebt, und dem Archivar Schibig selbst, mit Episoden artigen Auftritten anderer, wie da wären Boll oder die Tochter der alten Frau.
Und andererseits Kern, reich, verheiratet mit Hanna, und Sohn der fast hundertjährigen Frau Kern-Kübler, die ihrerseits tief in die Machenschaften ihres Vaters verstrickt ist. Der Vater, einstiger Großbauer, hatte sich mit den Nazis aus dem Nachbarland eingelassen und kam so zu Reichtum und vermehrte den nach den Krieg weiter, hielt die Gesinnungsfahne hoch, verkehrte in den rechten Kreisen und seine Tochter ebenso. Kern selbst möchte das nicht, fühlt sich machtlos, sowohl der alles bestimmenden Mutter gegenüber als auch den gesellschaftlichen Kreisen, in denen er dank seiner Position verkehren muss.
Wenn’s um Geld geht, hört die Neutralität auf. Die Schweiz hat sich ihre Neutralität schwer bezahlen lassen. Flüchtende Juden, denen in Deutschland der Tod drohte, mussten schweres Geld für sich und ihre Familienangehörigen zahlen, um aufgenommen zu werden. Die Investitionen der reichen Nazigrößen in der Schweiz wurden gerne und ohne Fragen angenommen und getätigt, wie auch die Gelder der Potentaten und Despoten nach dem zweiten Weltkrieg. Ceausescu hatte hier geheime Konten, Imelda und Ferdinand Marcos, Putin und seine Oligarchen, arabische Machthaber, Die Liste ist endlos. Banken und Wirtschaft sind eng miteinander verzahnt. Der Rubel muss rollen.
Es ist diese unerwartete Offenlegung einer bisher totgeschwiegenen Vergangenheit und ihre Fortführung in der Gegenwart, die uns überrascht. Die Greisin hält die Zügel fest in der Hand, terrorisiert ihren Sohn und Schwiegertochter, lästert über ihre Pflegerin, doch es steckt viel mehr dahinter, sie hat finstere Pläne.
Am Ende des Romans sagt Rosa zu Schibig: “- Und jetzt machst du ohne mich weiter, erfinde dich neu, lebe und liebe im Jetzt" (S. 326), um mit der Vergangenheit abzuschließen. “- Das Leben ist ein langes Heute. Und seine vielen Möglichkeiten sind das Schönste daran. Reise, Schibig, und verlieb dich, ja, verlieb dich! Das ist sowieso zu empfehlen, sooft und solange man nur kann,” (S. 326)
Clavadetscher offenbart viel, indem sie es nicht ausspricht. Wir verfolgen teilweise den inneren Monolog einiger Gestalten, der manchmal Züge des Bewusstseinsstroms annimmt. Das erlaubt uns, näher an diese Personen zu kommen, sie besser zu verstehen.
Die zwei Handlungsstränge vereinigen sich nicht wirklich im Roman. Es gibt ein paar punktuelle Berührungen, die uns das ganze Ausmaß des Ungesagten erahnen lassen, aber es gibt am Ende keinen großen gemeinsamen Fluss. Die Welten der Protagonisten sind zu verschieden, um zusammenkommen zu können, und das ist gut so.
War und ist die Schweiz wirklich so neutral, wie sie immer tut?

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Veröffentlicht am 02.06.2025

Außergewöhnlich anders

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"Die Schrecken der anderen" ist wirklich anders! Einerseits ist das Buchcover nicht unbedingt alltäglich, andererseits ist aber auch der Schreibstil, welcher sehr ausdrucksstark ist, nicht unbedingt typisch ...

"Die Schrecken der anderen" ist wirklich anders! Einerseits ist das Buchcover nicht unbedingt alltäglich, andererseits ist aber auch der Schreibstil, welcher sehr ausdrucksstark ist, nicht unbedingt typisch für einen Roman.

Zu Beginn wirkte die Geschichte mit den unterschiedlichen Erzählsträngen auf mich noch sehr zusammenhanglos. Dies legte sich allerdings relativ schnell und die Fäden spinnen nach und nach eine Geschichte die weit in der Zeit zurück reicht. Unbewusst hat das Buch mich Kapitel für Kapitel mehr gefesselt, aber auch zum Nachdenken angeregt unter anderen beim lesen der Fragen "Welche Leiche zwingt uns, am genauesten hinzuschauen?" oder "Wie zeigt man etwas, das eigentlich längst alle sehen?".

Thematisch gesehen war ich mir nicht genau sicher auf was ich mich einlasse, vielleicht hatte ich aus dem Grund auch die anfänglichen Schwierigkeiten. Anhand des Klappentextes war nichts genaueres ersichtlich, doch gerade das hat es für mich so spannend gemacht. Ich bin sehr froh dieses Buch gelesen zu haben, allein schon weil es eine doch etwas anspruchsvollere Lektüre war, aber auch weil Martina Clavadetscher ein sehr wichtiges Thema aufgegriffen hat.

Dieser Roman ist sicherlich kein alltäglicher, bzw. für jedermann etwas. Wer jedoch wert auf gute Literatur legt sollte es ruhig wagen dieses Schätzchen in die Hand zu nehmen... und erst nach 330 Seiten wieder wegzulegen.

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Veröffentlicht am 30.05.2025

Bildreich und spannend

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Methangas zu entzünden ist einfach. Du schlägst mit der Spitzhacke ein Loch in die dünne Eisschicht, hälst ein Feuerzeug dran. Zack Stichflamme. Dieser simplen Anleitung folgte der Dreizehnjährige am nächsten ...

Methangas zu entzünden ist einfach. Du schlägst mit der Spitzhacke ein Loch in die dünne Eisschicht, hälst ein Feuerzeug dran. Zack Stichflamme. Dieser simplen Anleitung folgte der Dreizehnjährige am nächsten Tag auf seinen Schlittschuhen. Er wird die Methangasblase finden, den See Feuer speien lassen, filmen, hochladen, berühmt werden.

Schibig ist froh, Archivar zu sein. Dieses ganz für sich und dem Papier zu sein, liegt ihm mehr als die Welt da draußen. Sein Therapeut hat ihm beigebracht, tief durchzuatmen, die Hände zu Fäusten zu ballen und langsam zu zählen. Diesen Notfallplan hat er so sehr verinnerlicht, dass seine Kehle sich bald wieder öffnet, nachdem sie sich krampfartig verschlossen hat. Aber dann ruft Phil an, der Bruder seiner Ex-Freundin und bittet ihn um einen Gefallen.

Schibig tappt über den gefrorenen Ödwilersee. Er kontrolliert seinen Herzschlag, kann weder Ohrensausen noch Übelkeit feststellen. Die Kälte hilft. Er wird nur kurz etwas für Phil überprüfen und dann Entwarnung geben. Die Alte mit der Zigarette in der Hand beobachtet ihn vom Wohnwagenfenster aus. Er könnte der richtige sein, denkt sie.

Hanna Kern bleibt trotz beidseitiger Bemühungen kinderlos. Jetzt sucht sie auf den entsprechenden Onlineseiten nach biologischem Material. Ihr Mann weiß das. Nicht, dass er es gutheißen würde, aber er weiß nicht, wie er sie davon abhalten kann.

Kerns Mutter thront unter dem Dach. Sie hat allerlei Ratschläge für das Paar parat. Aber nicht nur das. Boshaft und machtbesessen ist sie. Ist sie auch die Verwalterin des Nazigolds?

Fazit: Die Trägerin des Schweizer Buchpreises 2021 hat die Schrecken der Vergangenheit an die Oberfläche geholt und sichtbar gemacht. Mit kleinsten, auf den ersten Blick, zusammenhanglosen Episoden malt sie ein Gesamtbild. Ihre Sprache ist bildreich und so bin ich mittendrin in einer großen Vertuschung, die Agatha Christie gleichsam eine spannende Aufklärung findet. Fast jedes Kapitel endet mit einem gut gemachten Cliffhanger und lässt mich neugierig hoffen, bald mehr zu erfahren. Die Autorin ist ein ganz großes Schreibtalent. Das war mitreißend, spannend und unterhaltsam.

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Veröffentlicht am 08.06.2025

Belletristik und Kriminalroman in einem!

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. Hast du Lust auf einen literarisch anspruchsvollen Krimi? Einen fast schon poetischen Krimi, der dich mit seiner Geschichte fesselt und lange nicht mehr loslässt? Dann solltest du „Die Schrecken der ...

. Hast du Lust auf einen literarisch anspruchsvollen Krimi? Einen fast schon poetischen Krimi, der dich mit seiner Geschichte fesselt und lange nicht mehr loslässt? Dann solltest du „Die Schrecken der Anderen“ lesen. Mich hat es sehr beeindruckt, wie Clavadetscher es schafft, ohne viel „Tamtam“ eine so düstere Atmosphäre zu schaffen.
Große Leseempfehlung meinerseits! 4,5/5 ⭐️

. Aber worum geht es hier genau…
Eine Leiche im See…
ein Archivar des Polizeipräsidiums, der lieber bei seinen Akten ist als bei anderen Meschen…
„Die Alte“, die sich mit Hilfe des Archivars auf die Suche nach der Wahrheit hinter der Seeleiche macht…
ein Sohn in einem fragwürdigen Verein mit einer 100 jährigen Mutter mit fraglichen Ansichten und eine Schwiegertochter, die einfach nicht schwanger wird…

. In „Die Schrecken der Anderen“ folgen wir mehreren Erzählsträngen in der Gegenwart. Zunächst bekommt man als Leser das Gefühl mehrere total verschiedene Geschichten zu lesen, jedoch eröffnet sich nach und nach eine komplette Geschichte, die auf unerwartete Weise fesselt und uns als Leser auf interessante Kriminalroman Reise mitnimmt.
Mir wurde zwar schon relativ früh klar in welche Richtung die Geschichte geht, jedoch war der Weg dahin wirklich toll geschrieben.
Die Charaktere sind wirklich realistisch dargestellt, jedoch finde ich das es ihnen an einigen Stellen an Tiefe fehlt. Was wirklich schade ist, da der Roman ansonsten durch seine Bildsprache ein wirklich tolles Bild entstehen lässt.
Die Aufarbeitung einer dunklen Geschichte, die nicht nur fiktiv daherkommt ist Clavadetscher sehr gelungen. Dieser Roman ist eine Mischung aus Belletristik, Kriminalroman und Geschichtsbuch.
Sprachlich lässt „Die Schrecken der Anderen“ die Ausbildung der Autorin erkennen… das Studium der Deutschen Literatur, Linguistik und Philosophie sind unverkennbar. Und gerade deswegen ist es wohl ein wirklicher Genuss diesen Roman zu lesen.
Die Autorin möchte aufzeigen, dass jegliche Handlung miteinander zusammenhängt und man sich nicht so einfach seiner familiären Vergangenheit entziehen kann. Und das jede noch so kleinste Handlung eine Konsequenz hat. Ob gut oder schlecht!
Ich finde wirklich jeder sollte diesem Roman eine Chance geben! Ich weiß, dass nicht jeder Leser von Anfang an begeistert sein wird, aber es lohnt sich wirklich sehr!
Absolut lesenswert!
Martina Clavadetschers „Die Schrecken der Anderen“ hat das Potenzial ein moderner Klassiker zu werden.

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