Cover-Bild Ich erwarte die Ankunft des Teufels
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18,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Reclam, Philipp
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 206
  • Ersterscheinung: 11.03.2020
  • ISBN: 9783150112564
Mary MacLane

Ich erwarte die Ankunft des Teufels

Reclams Klassikerinnen
Ann Cotten (Übersetzer)

Die 19-jährige Mary MacLane wünscht sich Napoleon oder am besten gleich den Teufel als Liebhaber. Sie träumt von einer Revolution, während sie mit ihren Mitmenschen im provinziellen Montana genauso wenig anfangen kann wie mit ihren häuslichen Pflichten und der kargen Landschaft. Mary fühlt sich einsam auf der Suche nach sich selbst und dem guten Leben – und feiert trotzdem kraftvoll das eigene Ich.
MacLane war völlig unbekannt, als sie 1902 ihr erstes, im Tagebuchstil verfasstes Buch veröffentlichte. Es wurde zum Skandal und seine Autorin zum Star. Reporter aus den Metropolen pilgerten in ihre Heimatstadt, Cocktails und Sportmannschaften wurden nach ihr benannt. Ihr Name wurde zum Inbegriff für rebellische junge Frauen.
Auch über 100 Jahre später fasziniert es ungemein, wie virtuos und selbstverständlich Mary MacLane sämtliche Konventionen über den Haufen wirft, wie sie zwischen Größenwahn und Todessehnsucht, Resignation und Euphorie tänzelt.
Zum ersten Mal in deutscher Übersetzung.

»Mary MacLanes Werk gleicht einem Zug, der mit Höchstgeschwindigkeit durch eine verstaubte, erstarrte Welt rast.« L’EXPRESS

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 17.03.2020

eine Phantasie – eine Absurdität – ein Genie

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Mary MacLane war eine außergewöhnlich Frau - halb It-Girl ihrer Zeit, halb Ikone der sexuellen Erweckung in er Vor-Revolutionszeit, halb politische Streiterin der Frauenrechte. Wer rechnen kann, kommt ...

Mary MacLane war eine außergewöhnlich Frau - halb It-Girl ihrer Zeit, halb Ikone der sexuellen Erweckung in er Vor-Revolutionszeit, halb politische Streiterin der Frauenrechte. Wer rechnen kann, kommt jetzt auf 1,5 Hälften und nähert sich damit der Größe ihres Egos, das in ihrem ersten Text „Ich erwarte die Ankunft des Teufels“ aus jedem Absatz platzt: Eine Neunzehnjährige zwischen Pubertät und Erwachsenendasein, zwischen Provinz und Kultur, zwischen Schlaf und Erweckung und mit dem unbedingten Willen zu Ruhm und einem prallen Leben lässt dröhnend alle Emotionen heraus, die sie erfüllen.

Ihr Programm: „Ich bin eine Phantasie – eine Absurdität – ein Genie!“ (S. 154) Ihr Geniebegriff ist dabei von umfassender Gestalt, aber naiv, wie überhaupt der ganze Text ein unermesslich gesteigerter naiver Aufschrei nach dem Beginn des „eigentlichen“ Lebens ist. Dabei ist MacLane weder so außergewöhnlich noch so einzigartig, wie ihr Text tut. Ganz im Gegenteil erscheint es sehr modern, wie eine junge Frau alles will, Ruhm und ein glühendes Leben, ohne dafür viel zu tun. Letztlich wartet sie auf den Teufel, weil sie sich verspricht, von diesem alles geschenkt zu bekommen. Sie verhält sich wie jemand, der wahnsinnig gern Klavier spielen können möchte, aber wegen der Mühen keinesfalls Klavier spielen lernen will. Damit charakterisiert MacLane wunderbar den Moment des Atemholens, ehe sich der Mensch für die Richtung seines Lebens entscheidet, ohne eine Ahnung davon zu haben, was das bedeutet: Richtung, Leben oder Entscheidung. Deshalb ist das Buch auch kein Roman, aber auch keine Darstellung, wie MacLane es will (S. 11, 154, 175 u.ö.), sondern am ehesten ein Bekenntnis.

Obwohl MacLane behauptet, sie „habe keine Botschaft“ (S. 57), steckt ihr Bekenntnis doch voller sowohl drastischer wie subtiler Botschaften und legt das Seelenleben, einer an sich verzweifelnden (oder verzweifeln wollenden?) jungen Frau offen. Sie beobachtet dabei sehr genau das noch nicht ausgebildete Vermögen, sich selbst in den Kontext des Lebens setzen zu könne, das Unvermögen etwa, die Zeit oder die eigene Endlichkeit wahrnehmen zu können: „Neunzehn Jahre fühlen sich an wie eine Ewigkeit, wenn man neunzehn ist.“ (S. 92) Auch dass es der Teufel sein soll, ein „Mann-Teufel“ voll Virilität und ausgemalter Kraft und Herrlichkeit, ist ein Teenietraum. Mittels starker Emphasen und fortwährender Wiederholung sowie reihende Wiederaufnahme desselben Gedankens oder anderer Gedanken in derselben sprachlichen Form gibt MacLane ihrem Text den beschwörenden, starken und die Lektüre enthusiasmierenden Ton, der einen weiterlesen und offenen Mundes staunen lässt über die Frechheit und Unverfrorenheit der Jugend, Denn nur dieser fehlen alle Grenzen, auch die Grenzen des Egos - und das ist auch gut so.

MacLane findet in der inszenierten Übergröße ihres Egos nur megalomanische Vergleiche, sie etwa sei ein „Napoleon, wenngleich in einer weiblichen Version“. (S. 15) Napoleon ist auch öfter der Fixpunkt des Vergleichs, wenn sich MacLane zum Beispiel ihr lustbetontes, erfolgreiches Leben vorstellt, dann ist das pubertär, wie auch Napoleons Ich-Bezogenheit etwas Pubertäres hatte - oder mit Mary MacLane: „… man bekommt den Verdacht, dass Napoleon Bonaparte nur lebte, um Napoleon Bonaparte zu befriedigen.“ (S. 134 f.)

Es stimmt schon, dass die Mary MacLane ihres Ego-Pamphlets nicht immer sympathisch ist. Oftmals wirkt sie vielmehr pubertär, verzogen und immer überheblich. Doch gibt sie viele humorvolle Hinweise darauf, dass es ihr nicht ganz so ernst ist mit ihrer Koketterie. Das Lob auf die MacLane-Leber, der exquisiten Eigenschaften sie hervorheben würden (S. 23), ist ein ironisches Lob pars pro toto. Und auch der Zustand des Jetzt wird in ein iornisches Verhältnis gesetzt: Denn „die Welt ist noch ein reizvoller Ort, solange ich nur mein feines, blutiges Porterhouse-Steak aus Omaha habe.“ (S. 37) Wohlgemerkt: Im Ironischen wird beides gleichzeitig gesagt, die Aussage und ihr Gegenteil, und diese Ambivalenz speist den Text mit einer spannenden Würze, die ihn unwiderstehlich macht.

Ein Wehrmutstropfen mengt sich nicht etwa durch die Übersetzung in die hervorragende Ausgabe des Reclam-Verlages, sondern durch die Übersetzerin Ann Corton. Ihr naseweises Nachwort hat zu viel von Mary MacLane. Wie sich die Übersetzerin in den Vordergrund schiebt, indem sie zum Beispiel ihr „polnisches Gendering“ verordnet, eine unlesbare Buchstabenkombination aus allen für alle Geschlechter notwendigen Buchstaben (S. 186), empfinde ich als übergriffig und unpassend. Auch das zweite Nachwort von Juliane Liebert liefert nur flachen Kontext und kaum biographische Informationen, die über den hervorragenden Anmerkungsapparat hinausgehen.

Bis Seite 183 ein außergewöhnlicher, mitreißender Text voll Aktualität, Emotion und Anregung!

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Veröffentlicht am 16.03.2020

Interessant

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Bei diesem Buch handelt es sich um das Tagebuch von Mary MacLane, das bereits vor über 100 Jahren geschrieben wurde. Damals war sie ein 19 Jahre altes Mädchen und hält in ihrem Tagebuch ihre Gedanken und ...

Bei diesem Buch handelt es sich um das Tagebuch von Mary MacLane, das bereits vor über 100 Jahren geschrieben wurde. Damals war sie ein 19 Jahre altes Mädchen und hält in ihrem Tagebuch ihre Gedanken und Eindrücke fest.

Der Einstieg in die Geschichte fiel mir ein wenig schwer, da mir der Stil ein klein wenig zu poetisch war. Auf der einen Seite, findet man dadurch viele schöne Sätze. Sätze, die man sich herausschreibt und voller Begeisterung wiederholt, aber auf der anderen Seite, fiel es mir auch schwer, in einen richtigen Lesefluss zu kommen. Die Handlung ist zwar durchaus interessant, aber alles in allem wiederholt sich die Aussage des Buches doch immer wieder: Alles im Leben bleibt gleich. Nichts ändert sich. MacLane präsentiert diese Aussage sehr trübselig und düster. Dadurch hatte das Buch dann für mich einige Längen, was das Lesen dann etwas herausgezögert hat. Jedoch könnte ich mir vorstellen, dass sie mit ihren Gedanken gerade jüngere Leser gut ansprechen könnte.


Abgesehen davon, finde ich es beeindruckend wie sie einen Einblick in ihre Gedanken- und Gefühlswelt gibt und die Welt betrachtet. Insbesondere wenn man ihr Alter in Betracht zieht! Von diesem Gesichtspunkt aus, eine wirklich beeindruckende Persönlichkeit!

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Veröffentlicht am 16.03.2020

Faszinierend, beeindruckend, ein Muss

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Vor mehr als 100 Jahren schrieb die 19-jährige Mary MacLane ein Tagebuch der etwas anderen Art, denn sie wartet nicht auf den Ritter in schillernder Rüstung, wie viele andere Frauen ihrer Zeit. Sie sagt ...

Vor mehr als 100 Jahren schrieb die 19-jährige Mary MacLane ein Tagebuch der etwas anderen Art, denn sie wartet nicht auf den Ritter in schillernder Rüstung, wie viele andere Frauen ihrer Zeit. Sie sagt von sich: „Ich erwarte die Ankunft des Teufels“.

Absolut kompromisslos ehrlich, reflektierend setzt sich Mary mit sich selbst auseinander und stellt fest: Ich bin nicht wie die anderen Frauen meiner Zeit. Für sie besteht kein Reiz darin einen wohlsituierten Mann zu heiraten, ihm Kinder zu gebären und den Haushalt zu führen. Mary, die sich selbst als Genie bezeichnet, erwartet mehr von ihrem Leben. Sie will das, was normalerweise den Männern ihrer Zeit vorbehalten ist: Bildung, Ruhm, Aufmerksamkeit. Sie will eine leidenschaftliche Liebe, keine wohl überlegte. Sie will alles oder nichts. Dabei schwankt sie zwischen einer gnadenlos realistischen Einschätzung ihrer individuellen Lage und Träumereien und Sehnsüchten, die typisch sind für ein gerade 19-jähriges Mädchen. Doch gerade die Gesellschaftskritik, die Mary MacLane immer und immer wieder übt und mit der sie klassische Rollenbilder anzweifelt bleiben im Gedächtnis und hinterlassen prägenden Eindruck.

Faszinierend, beeindruckend, ein Muss.

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Veröffentlicht am 14.03.2020

Alleingelassen im Nichts der Ödnis und des Sands

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Ich erwarte die Ankunft des Teufels von Mary MacLane

Es ist nicht leicht ein Mädchen und weiblichen Geschlechts zu sein. Nicht mal in der heutigen Zeit. Überall heißt es: „Tu dies, tu das, tu Jenes“. ...

Ich erwarte die Ankunft des Teufels von Mary MacLane

Es ist nicht leicht ein Mädchen und weiblichen Geschlechts zu sein. Nicht mal in der heutigen Zeit. Überall heißt es: „Tu dies, tu das, tu Jenes“. Du musst dich SO und SO geben, du darfst DAS nicht tun. Benimm dich. Wenn nicht, ist das ein Skandal. Pass dich an. Fall nicht auf. Sei so, wie die anderen. Sei bitte nicht merkwürdig, oder noch schlimmer, habe bitte nicht deine eigenen Gedanken zu diversen Dingen. Und warum? Na weil du ein Mädchen bist. Sei folgsam, sonst sieht die Welt dich als Rebellin. Tu, was man dir aufträgt. Gib, wenn möglich keine Widerworte. Sonst giltst du als anstrengend und stur…….und komisch. Und das kommt bei anderen nicht an. Denn viel zu groß ist die Scheu, damit auch noch als Egoistin zu gelten, wenn man nur an sich denkt, und nicht an die anderen, und sich nicht anpassen will. Schnell wird man dann eine Einzelgängerin. Ebenfalls wäre es übrigens schön, wenn du dich nicht allzu sehr selbstverwirklichst, denn immerhin solltest du als Frau doch auch noch den Pflichten nachgehen, die eine Frau so hat, denn Ehe und Familie sind schon wichtig für eine tugendhafte Gesellschaft. Damals wie heute. Also. Natürlich darf man sich selbstverwirklichen in der heutigen Zeit. Aber ist das wirklich so gerne gesehen? Ist es gerne gesehen, ein Mädchen zu sein, die ihren Mund aufmacht, und sagt, was sie will und denkt, und was für sie erstrebenswert ist? Wir leben in einer relativ freien Zeit, denken wir zumindest. Auch wenn es auf vielen Orten der Welt nicht so ist. Aber wie muss das Ganze für ein 19jähriges Mädchen im Jahre 1901 ausgesehen haben? In einer Zeit, die wirklich durchdrungen war, von einer Scheintugend der Menschen, die sich gottesfürchtig gegeben haben, und hinter deren Masken sich aber ähnliche Probleme abgespielt haben, wie sie heute stattfinden? In einer Zeit, die nicht ganz so frei war, wie sie es heute ist….. naja scheint? Mary MacLane ist im Jahre 1901 ein junges Mädchen von 19. Und in diesem Buch wird nicht etwa ihre Geschichte erzählt. Nein. Es ist eine „Bestandsaufnahme“ von Beobachtungen. Eine Mischung aus Beobachtungen, Selbstbeschreibung, Vorwürfen gegenüber den Menschen………und dem Warten auf den Teufel.

Die Geschichte des Buches:

Die Geschichte des Buches ist keine richtige, nein, eigentlich gar keine Geschichte. Es ist eine Darstellung. Laut Mary MacLane. Ein inneres Gespräch mit sich selbst, von ihrem Blickwinkel. Mary spricht mit sich, mit ihrer eigenen Seele, mit dem Teufel. Über sich, die Menschen, die Welt, ihre Familie, die Liebe, die unerwidert ist. Mary feiert sich, und ihren Egoismus und ihre Boshaftigkeit, wie sie selbst sagt. Aber auf der anderen Seite gibt es auch Phasen im Buch, wo sie sich klein und nichtig, unbeliebt und als NICHTS fühlt, weil die Welt sie nicht wahrnimmt. Was dann wieder zum einen dazu führt, dass sie sich über die Menschen und ihr Leben auslässt. Zum anderen aber auch dazu, dass sie sich selbst einredet, ein Genie und etwas Besonderes zu sein. Was in gewisser Hinsicht ja auch so ist, sonst hätte man hier kein Buch von ihr vor sich liegen. Und trotzdem ist das Ganze ein Spiegelbild der Ignoranz von anderen Menschen, die jemanden einfach nicht anerkennen, den sie für merkwürdig halten. Mehr kann man nun auch nicht zum Buch sagen, denn der Rest sind alles Denkansätze, die ich nochmal im Fazit erörtern werde. Wer über Mary MacLane nichts weiß, dem hier ein paar Hilfestellungen, um diese Frau besser einordnen zu können. Geboren 1881 in Kanada, gestorben 1929. Erst ein Umzug nach Minnesota. Nach dem Tod des Vaters heiratete die Mutter ein zweites Mal, und somit kam der Umzug nach Butte, diesem Ort, den sie im Buch öfters beschreibt. Das war 1989. Mary war bisexuell, was man in ihrem Buch auch herauslesen kann, da sie die unerwiderte Liebe zu ihrer ehemaligen Lehrerin beschreibt. Sie schreibt ganz klar feministisch, aber ohne es zu übertreiben. Man merkt im Buch sehr häufig, wie sehr sie die wunderschönen Formen und Vorteile eines wunderbaren weiblichen Körpers lobt. Ihre Bücher haben natürlich schon damals für Kontroverse gesorgt, denn die Menschen waren ja noch tugendhafter, als sie es heute sind. Die ständige Erwähnung des Teufels, und die Einblicke in ein intimes Seelenleben waren ein kleiner Skandal. Trotz allem gingen im ersten Monat 100.000 Exemplare dieses Buches über den Ladentisch. Man höre und staune.

Das Cover:

Sehet her. Dies, das Cover, zeigt mich: Mary Mac Lane, in ihrem vollkommenen Frauenkörper.

Fazit und Gedanken zum Buch, die unweigerlich beim Lesen kommen:

Ich gebe zu, es ist schwierig nicht nur durch seine eigene öde Düsternis aus Sand zu laufen, sondern auch noch durch die einer anderen Person, nämlich der von Mary. Dies sollte man vor der Lektüre realisieren. Nicht auf einmal und gut dosiert und eingeteilt, ist das machbar. Aber Vorsicht. Die Dosis macht das Gift. Auch hier kann ein wenig zu viel Lesekonsum dazu führen, weiter in seine eigene Düsternis einzutauchen. Deswegen sollten sensible Gemüter das Buch eventuell abschnittsweise lesen. Mary scheint fast depressiv, in ihrer Düsternis und Finsternis gefangen. Und ja. Diese Einsicht soll es auch geben. In einer Zeit wo immer mehr Leute depressiv werden, und in ihrer eigenen Finsternis versinken, sollte man Einsicht in solch eine Gedankenwelt bekommen. Denn wenngleich wir in unserer ach so toleranten Welt meinen, dass wir anderen immer helfen werden, ist das natürlich nicht so. Manche Gedanken ziehen einen runter, man ist nicht mehr fröhlich, man muss nachdenken. Und das alles ist unbequem. Man will es lieber bequem, fröhlich, und alles in einer Welt voller Sonnenschein. So ist die Welt aber leider nicht. Und ja. Es ist fast schon, wie eine Stigmatisierung, dass man denjenigen, der solche Gedanken hat, am Besten in Ruhe lässt. Dabei ist das genau das Falsche. Entweder weil man einfach nicht weiß, damit umzugehen, oder weil man nur an sich denkt. In zweitem Fall kann man Mary MacLane nicht absprechen, dass sie ein Buch über sich schreibt. Denn andere reden ja auch ständig nur über sich :), über viel schlimmere Themen. Mary gibt eine Einsicht. Und das gefällt mir am Buch. Sie ist eine Vergessene, die man eigentlich nicht vergessen sollte.

Mary will nur Glück, und hofft, dass der Teufel ihr das beschaffen kann. Und diese Sehnsüchte. Die Sehnsüchte von Mary. Die Wirkung des Buches ist verzögert. Wir merken erst später, was uns eigentlich gesagt wird. Es ist ein Einblick in die Untiefen einer Seele. Wer das Buch liest, der hält auf gewisse Weise Zwiesprache mit Mary. Auch ich habe dies getan. Und auch wenn wir uns in vielen Dingen einig sind, und die Menschen sich seit damals nicht viel geändert haben wie mir scheint, so kam es vor, dass ich ihr nicht überall Recht geben kann. Im Hinblick auf manche Schriftsteller, auf Kaiser Claudius, oder Chopin. Aber ja, Bei Griechenland sind wir uns einig. Mary beschreibt ihre Familie, zu der sie keine Nähe spürt, die Menschen in der Stadt, zu denen sie keine Nähe spürt, die Stadt selbst, der Sand und die Ödnis, zu der sie keine Nähe spürt. Butte selbst ist zu dieser Zeit ein Schmelztiegel an Menschen, und menschlichen Charakteren. Und sie alle sind für Mary verabscheuungswürdig, nicht erwähnenswert, und stehen irgendwie unter ihr, und ihrem Genie. Die Ödnis der Landschaft ist auch ein wenig der Trostlosigkeit dieser geschuldet, und damit der Wirtschaftlichkeit dieser Zeit. Denn just damals wurde viel industrialisiert, und man achtete auf einmal nicht mehr so sehr auf die Feinheiten und wunderbaren Landschaften der Natur, wenn es nur ums Geld ging. Also im Grunde dasselbe Problem wie heute. Es wird viel von damals reflektiert, was heute genauso aktuell sein könnte. Landschaften, die weichen müssen, um Geld zu machen, und die damit öde und karg werden.

Mary will keine Botschaft aussenden mit dem Buch, das betont sie des Öfteren. Trotzdem tut sie es irgendwie unbewusst. Sie will eine Darstellung, ihres Selbst, und ihres Seelenlebens. Dabei rauschen wir durch genau dieses hindurch, und erkennen die Liebe und die Leidenschaft, die sie empfindet. Zum einen für ihre einzige Freundin im Leben, die diese Liebe natürlich nicht erwidert. Und zum anderen die glühende Leidenschaft die sie gegenüber dem Teufel immer wieder beschreibt. Beide Lieben, die zu ihrer einzigen Freundin, und die zum Teufel, sind leidenschaftlich, und auch so beschrieben. Selbst wenn beide Lieben natürlich unerwidert bleiben.

Mary wird unterschätzt. Mary…..fühlt sich den anderen Menschen überlegen. Sie beschreibt hauptsächlich sich. Und ihrem Umgang mit der Umwelt, den Idioten, denen, die sie nicht zu schätzen wissen. Sie fühlt sich erhaben, und irgendwie auch als etwas Besseres, als die Menschen um sie herum. Sie stellt sich höher, denn sonst ist niemand da, der sie höherstellt. Sie erkennt sich an, weil niemand da ist, der ihr Anerkennung gibt. Weder ihre Familie, noch die Menschen im Ort. Sie will Ruhm, sie will Anerkennung. Da ist sie ganz selbstsüchtig. Doch irgendwie nimmt sie keiner wahr. Heute würde man sagen, Mary feiert sich und ihre Andersartigkeit selbst. Sie ist seltsam, doch stolz darauf. Nicht angepasst. Mit ungewöhnlicher Denkweise. Ein „merkwürdiges Mädchen“. Sie erzählt von ihrem Leben in der spießigen Einöde. Und von ihren Träumen, die so ganz anders sind, als die der Mädchen der damaligen Zeit. Mary ist aber auch eine Seele, die damit klarkommen muss, allein zu sein. Immerzu alleine. Keiner glaubt an sie, niemand versteht sie, ihre Mutter, und die 3 Geschwister eingeschlossen, sehen in ihr ebenfalls eine Merkwürdigkeit. Und so feiert Mary ihre Einzigartigkeit, ohne dass die Welt sie als Einzigartigkeit ansieht. Denn ihr fehlt es an Liebreiz, und Schönheit. Ist sie doch nur gewöhnlich anzusehen. So hingegen hat sich ja zum Heute nicht viel geändert. Sind nicht die, die top aussehen erfolgreicher, und wird ihnen nicht nachgesagt, wie toll sie seien? Und wer beachtet die Unscheinbaren, die vielleicht viel schlauer sind, aber nie eine Chance bekommen? Mary ist anders. Während die anderen jungen Menschen sie anstarren, und mit ihr nichts anzufangen wissen, gibt es bei den Erwachsenen eine gewisse Überheblichkeit, nach dem Motto „Ach das junge Ding, weiß doch gar nichts von der Welt.“ Und es ist wie ein stummer Schrei an die Welt. Ein Schrei, der besagt, endlich gehört und wahrgenommen zu werden. Sie Schuld sucht sie auf jeden Fall nicht bei sich, sondern bei anderen :)

Die Ödnis und Langeweile des eigenen Lebens, ja gar der eigenen Existenz, zeugen von einer gewissen Todessehnsucht, die Mary hat und entwickelt, in diesem ihr so verhassten Ort, in dem sie leben muss. Mit seinen ach so verhassten Bürgern. Es ist ein Kreislauf. Tagein Tagaus erlebt sie dasselbe. Spaziergänge in der öden langweiligen Landschaft, ohne Abwechslung. Einzig das Schreiben bleibt ihr. Es ist ihr Ausdruck und gleichzeitig ihre Rettung. Das Buch ist nichts für Zartbesaitete und Wohlfühlleser. Wir haben es hier mit einer kleinen Rebellin zu tun, die für sich selbst rebelliert, indem sie ihre Gefühle und Gedanken aufschreibt. Und die sind oftmals provozierend. Ich glaube die gute Mary nimmt diese Provokationen oft auch als Herausforderung an. Zusammen mit der sie verschmähenden Außenwelt.

Doch Mary beschreibt auch die schönen Dinge im Leben. Flüsse, Morgendämmerungen, Abendrot. Blüten, Pflanzen, Gräser, die Natur. Oh, und Oliven. Das Glück, und was es ihr bedeutet. Mary glaubt alles Glück sei nicht von Gott, sondern vom Teufel geschaffen. Sie ist schwankend in ihren Aussagen. Mal zu Tode betrübt, einen Moment später himmelhochjauchzend.

Das Buch ist wie die Suche nach einem Platz im Leben. Man will etwas bewirken. Aber nicht durch Taten, sondern durch Worte. Vielmehr ist es der Drang danach, nicht in Vergessenheit zu geraten, wahrgenommen zu werden, und zu überdauern. Auch dies…… ein Ding, welches in uns Menschen tief verwurzelt ist. Dieses „Du bist eigentlich in Nichts gut, du existierst eben einfach“, ist eine Sache, die man allzu leicht übernehmen kann, wenn es einem von Anderen nur zu lange eingeredet wird. Wenn sich niemand um dich Gedanken macht, und du Nichts bist, dann fängst du eben an dir eigene Gedanken über dich zu machen.

Das Buch zieht einen ein wenig runter, in einen Abgrund. Es gibt kein Gut und kein Böse, weil in allem beides steckt. Und trotz, dass im Buch diese Düsternis herrscht, kann ich Mary und ihre Sichtweise verstehen. Die Nichtakzeptanz von Menschen, und sich trotzdem immer wieder Zureden, man sei trotzdem etwas Besonderes, sind eine gängige Weise, auch heute noch, wenn einem von der Welt die Anerkennung fehlt, die einem eigentlich zustehen sollte. Und nicht immer ist man für sich selbst verantwortlich……… manchmal muss eben wirklich auch die Umwelt auf einen achten, achtsam sein, und einen wahrnehmen. Wenn möglich nicht nur als Verquerdenkerin. Bei Mary ist kein Interesse anderer da, nur Lieblosigkeit wird ihr entgegengebracht. Sie suhlt sich darin. Man merkt aber auch, wie sehr sie durstet. Nach Liebe…… Leben… Das Buch ist somit ein wunderbares Symbol dafür, was wir alles sein könnten, wenn man uns eine CHANCE geben würde. Menschen die glauben uns zu kennen, glauben und zu durchschauen, uns sagen, dass wir sicher so und so sind. Und in Schubladen stecken. Oder wie es heute gerne der Fall ist, gar analysieren…………….. die wissen doch im Grunde gar nichts über uns. Wir werden festgelegt in Gruppierungen. Geordnet nach Schulabschlüssen, danach welches Geschlecht wir haben, welchen Gesundheitsstand es gibt, und viele andere Dinge. Aber wer sagt uns, dass nicht vielleicht in genau der einen Person, der man keine Chance gibt, weil sie nicht ins Schema passt, ein Genie steckt…… das vielleicht mal unserer Welt viel Positives geben würde?

Mary MacLanes Buch wurde 1902 veröffentlicht, und bis heute nicht ins Deutsche besetzt. Dies geschieht jetzt erst. Und ich finde die Zeit könnte nicht passender sein. Ist doch die Aussage des Buches heute aktueller denn je. Ich bin auf jeden Fall froh, dass solch ein Klassiker nicht in Vergessenheit geraten ist, war die junge Mary ihrer Zeit doch irgendwie voraus. Und auch wenn das Buch damals einen Skandal heraufbeschworen hat……….. so zeigt das ja nur, dass die Menschen dadurch irgendwie berührt wurden. Skandale aufgrund von Dingen, die eigentlich kein Skandal sind, bringen wenigstens die Maschinerie des Nachdenkens zum Laufen. Dass jede Zeit natürlich auch noch ihre Eigenheiten hat, und sie gerade in einer leben musste, in der es für Frauen nicht gerade leicht war, ihre Meinung kundzutun, das ist eine andere Sache. Dieses Buch ist kein neues Buch, nein, es ist vielmehr ein wiederentdecktes. Das Ganze wurde in einer Art Tagebuch geschrieben. Verschiedene Tage aus dem Leben von Mary Mac Lane, die sie beschreibt.

Also liebe Mary. Du wolltest schreiben, du wolltest Ruhm, du wolltest, dass man deine Schriften wahrnimmt, und dass sie von Menschen in einer anderen Zeit gelesen werden, die sich dir verbunden fühlen, und nachvollziehen können, wie es dir beim Schreiben ging. Ich würde sagen, Du hast alles richtig gemacht :)

Und weil im Buch so viele Gedichte und Lieder aus einem anderen Jahrhundert vorkommen, würde ich Mary für ihre Rezension gerne ein Lied widmen, dass ihr vielleicht als 19jährige Frau DIESER unserer Zeit gefallen hätte. Denn ein bisschen ihrer Zeit war sie ja schon voraus:

„And once the water starts to rise……………. And heaven's out of sight……….She'll want the devil on her team……

……..My Lucifer is lonely………“

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Veröffentlicht am 14.03.2020

Überzeugend

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Meine Meinung:

Ich bin niemand der viele Klassiker liest, aber dieses Buch hat mich ziemlich angesprochen.

Schon das Cover finde ich unglaublich schön aufgemacht. Unter dem roten Schutzumschlag, haben ...

Meine Meinung:

Ich bin niemand der viele Klassiker liest, aber dieses Buch hat mich ziemlich angesprochen.

Schon das Cover finde ich unglaublich schön aufgemacht. Unter dem roten Schutzumschlag, haben wir das gleiche Bild noch einmal in schwarz/weiß.

Das Buch selbst ist ein Tagebuch, in dem uns die Protagonistin in ihrem Leben mitnimmt. Sie hält sich selbst für ein Genie, keiner scheint sie zu verstehen, da sie so brillant ist. Eigentlich wäre mein Interesse bei so was schon sehr gering, da es alle sehr eingebildet und oberflächlich klingt, doch ich war begeistert.
Der Schreibstil ist einfach zu lesen, keine zu langen Sätze und die Kapitel bzw. Tage sind auch nicht allzu lang. Selbst als die Schreiberin des Tagebuchs beschreibt wie sie eine Olive isst, fand ich das ansprechend. Sie ist sehr klar in ihren Wünschen und ich denke das sie in ihrem Denken auch sehr weit ist, für eine Frau in dieser Zeit (1901).

Mich konnte dieser Klassiker überzeugen und für schöne Lesestunden sorgen. Meiner Meinung nach ist er weiterzuempfehlen.