Cover-Bild Das goldene Palais
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22,00
inkl. MwSt
  • Verlag: ROWOHLT Kindler
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 608
  • Ersterscheinung: 23.07.2019
  • ISBN: 9783463407012
Natasha Solomons

Das goldene Palais

Martin Ruben Becker (Übersetzer)

Ein opulenter Roman über eine jüdische Bankiersfamilie, die nicht zufällig an die Rothschilds denken lässt. Eine packende Saga über Macht, Liebe und Familienbande

Wien, 1910. Die alte, über ganz Europa verteilte Familie Goldbaum hat ihren enormen Reichtum Bankgeschäften zu verdanken. Greta, das jüngste Kind, ist ein eigenwilliges Wesen. Ihr droht eine Ehe mit Albert, dem Spross des englischen Zweigs der Familie, von dem es heißt, er sei spröde und sauertöpfisch, noch dazu ein leidenschaftlicher Schmetterlingsjäger. Doch Greta beschließt, die Sache auf sich zukommen zu lassen – und tut gut daran.
Während das private Glück unverhofft über Greta hereinbricht, zeigen sich immer bedrohlicher die Vorboten eines großen kriegerischen Konflikts. Ein Konflikt, in den die Goldbaums als Teil der politischen Aristokratie und Finanziers von Waffengeschäften tief verstrickt sind …

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.08.2019

Der Krieg nimmt keine Rücksicht

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Zum Inhalt

„Das goldene Palais“ von Natascha Salomons erzählt die Geschichte der „Goldbaums“ oder doch der „Rothschilds“?

Dem in der Frankfurter Judengasse geborenen Mayer Amschel Rothschild, der als ...

Zum Inhalt

„Das goldene Palais“ von Natascha Salomons erzählt die Geschichte der „Goldbaums“ oder doch der „Rothschilds“?

Dem in der Frankfurter Judengasse geborenen Mayer Amschel Rothschild, der als der Gründer der Rothschilddynastie gilt, war es noch verboten, außerhalb des Frankfurter Ghettos Grundbesitz zu erwerben. Seine Söhne zählten dagegen zu den wohlhabendsten Europäern und wurden in Österreich und England in den Adelsstand gehoben. (Wikipedia Geschichte der Rothschilds).

Die Geschichte der Goldbaums hat exakt diese Gründungsgeschichte.

Das Buch erzählt die Zeit von 1911 bis November 1917 in Europa. Es beginnt in Wien und endet in London.

Auf jeden Fall ist es die Geschichte einer Dynastie des Bankenadels. „Das goldene Palais“ bildet ein Stück Zeitgeschichte ab und es zeigt, wie begehrt das jüdische Geld und wie wenig geachtet die jüdischen Menschen nicht nur in Deutschland, sondern in Europa und Russland waren.

„Wie der alte Moses Goldbaum die fünf Bruder Dov, Moses, Robert, Jakob und Salomon in die Finanzmetropolen Europas ausgesandt hatte, damit sie Goldbaum-Bankhäuser gründeten. Jedem Bruder wurde die Samenkapsel einer Sykomore, in Silber eingefasst, mitgegeben (wegen ihrer symbolischen Widerstandskraft und der Fähigkeit, noch auf den kärgsten Grund zu gedeihen), ein Empfehlungsschreiben des Fürsten ihres Vaters und das Versprechen, die Kreditlinie des Vaters in Anspruch nehmen zu dürfen.“

Gut florierende Bankhäuser in ganz Europa, die untereinander ihre Partnerschaft und Verbundenheit durch Heirat festigten, waren das Ergebnis. Greta die Tochter des Wiener Goldbaum-Zweiges soll den Sohn des Londoner Goldbaum-Zweiges heiraten. Greta lässt sich auf das Abenteuer ein. Natascha Salomon erzählt Gretas Geschichte mit einem lachenden und einem weinenden Auge.

In Russland gibt es Progrome und trotz ihres immensen Kapitals und obwohl der Zar, das Geld benötigt, können die Goldbaums diese nicht wirklich verhindern. Und teilen Gretas französischem Cousin Henry mit, dass er im Land unerwünscht sei, sie hätten schon genügend Juden.

Die Goldbaums konnten auch den Ersten Weltkrieg nicht verhindern. Der Kriegseintritt der USA 1917 mischt die Karten neu.

Greta

Greta ist eine beeindruckende junge Frau, die sich nicht so einfach in eine Rolle pressen lässt. Sie hat eine sehr enge Beziehung zu ihrem Bruder Otto, der ihre kleine Eskapaden belächelt und sie oftmals aus schwierigen Situationen rettet.

Obwohl es sich bei ihrer Ehe mit Albert um eine arrangierte Ehe handelt, findet Greta Glück, Liebe und Geborgenheit. Allerdings sieht sie, wie ihr Cousin Henry und ihr Bruder, sich oftmals wegen der von ihnen erwartenden Pflichterfüllung verbiegen und Henry dadurch seine große Liebe und noch viel mehr verliert.

Greta findet Halt bei ihrer Schwiegermutter und schafft sich ein Refugium, einen Garten, den sie selbst plant, anlegt und mit eigenem Personal bewirtschaftet. Dieser Freiraum gehört ihr und gibt ihr Kraft.

Als Frau hat sie Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts einige Zwänge und als eine „Goldbaum“ noch viel mehr. Trotzdem verbiegt sich Greta nicht und findet einen eigenen Weg sich treu zu bleiben.

Sprachliche Gestaltung

Natascha Salomons erzählt meist aus der Perspektive Gretas, aber sie wechselt auch zu anderen Perspektiven. Sehr interessant fand ich die Perspektive von Karl, der Kanalratte. Vom Stand der Goldbaums, einer der reichsten Familien Wiens, hinab zu Karl, der sein Geld damit verdient, Knochen aus den Kanälen zu fischen und von den Almosen der Goldbaums zu leben. Durch diese Gegenüberstellung wird der Reichtum dieser Dynastie noch sichtbarer. Karl begegnet dem Leser wieder gegen Ende des Buches. Auch dann wird wieder der Bogen zu den Goldbaums gespannt.

Natascha Salomons berichtet und erzählt chronologisch, gibt den Geschehnissen unterschiedlich Raum. Das bringt Dynamik ins Geschehen.

Cover und äußere Erscheinung

Das Buch wird in Jahreszahlen von 1911 bis 1917 aufgeteilt. Den einzelnen Kapitelüberschriften werden die Monate hinzugefügt, fast schon wie ein Tagebuch oder Kalender. Das gefällt mir durch den historischen Zusammenhang sehr gut.

Und es hat ein Lesebändchen – ich liebe Lesebändchen.

Das Cover ist passend gewählt. Es zeigt Greta, aber nur bis von den Füßen bis unter die Augen in einem tiefgrünen ärmellos ausgeschnittenen Abendkleid. Aber die Augen sieht man eben nicht. Die Augen, wie sagt man so schön, die Fenster zu Seele.

Das Cover zeigt Greta in ihrer Rolle als Frau Albert Goldbaum. Wer die wirkliche Greta kennenlernen möchte, muss das Buch aufschlagen, lesen und vor allem auch zwischen den Zeilen lesen.

Gibt es ein Hörbuch

Leider bis jetzt noch nicht!

Fazit

Und dann kommt der Krieg. Plötzlich ist Greta in ihrer neuen Heimat der „FEiND“ und wird gemieden. „Das goldene Palais“ ist nun das vierte Buch, das ich innerhalb weniger Monate gelesen habe, dass sich mit dieser Zeit und dem Ersten Weltkrieg beschäftigt. Und jedes Mal ergreift mich ein Grauen und bodenlose Angst davor, jemals so etwas erleben zu müssen.

Natascha Salomons gelingt es, diese kriegsmüde angsterfüllte, hoffnungslose Atmosphäre des Krieges mit ihren Worten zu spiegeln und zu zeigen, dass der Krieg sie letztendlich alle zu Verlierern macht. Dieser Erste Weltkrieg der die Menschen ungeschützt Waffen wie Artillerie und Maschinengewehren aussetzt und zum ersten Mal in Farbbildern das Grauen ablichtet.

Gustav Klimt wird auch in das Buch geschrieben. Seine Geliebte verkauft Greta Kleider im Stile Klimts, die noch dazu ohne Corsage getragen werden! Revolution der Frauen! Die Titanic geht unter und wurde nicht von „Goldbaums“ versichert. Erst 1916/17 strecken die Goldbaums ihre fühle nach Amerika aus.

Das Buch hat mir Freude gemacht. Ich konnte mich gut mit Greta identifizieren und mag sie sehr. Ihre Stärke, aber auch ihren Pragmatismus, aus Dingen, die sie nicht ändern kann, das Beste herauszuholen.

Die Autorin hat sehr gut recherchiert und als Hintergrund einfließen lassen. Das hat mir gut gefallen. Auch den immer stärker werdenden Antisemitismus hat die Autorin sensibel veranschaulicht.

Dieses Buch ist absolut lesenswert.

Veröffentlicht am 04.08.2019

Packende jüdische Familiengeschichte vor dem Hintergrund der Vorbereitungen des 1. WK

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Greta Goldbaum wächst zu Beginn des 20. Jahrhunderts in einer jüdischen Wiener Bankiersfamilie auf, welche Herrscherhäuser in ganz Europa zu ihren Kunden zählt. In fast jedem Land hat ein Zweig der Familie ...

Greta Goldbaum wächst zu Beginn des 20. Jahrhunderts in einer jüdischen Wiener Bankiersfamilie auf, welche Herrscherhäuser in ganz Europa zu ihren Kunden zählt. In fast jedem Land hat ein Zweig der Familie eine Privatbank gegründet, und obwohl diese jeweils autark agieren, werden täglich Nachrichten ausgetauscht und zusammen Kredite vergeben. Auch geheiratet wird meist innerhalb der weitverzweigten Familie – das festigt die Bande zwischen ihnen. Greta soll ihren englischen Verwandten Albert Goldbaum heiraten „Die Aura ihres Namens folgte ihr überall hin wie ein glänzender Schatten; seinem Schein konnte sie niemals entkommen.“ (S. 20). Ihr Bruder Otto beschreibt Albert als ehrlich, höflich und pünktlich – also langweilig, trotzdem fügt sich sich in die Ehe.

Greta ist eine moderne, junge Frau, impulsiv und unkonventionell. Sie ist gebildet und intelligent, mag z.B. Gustav Klimt und die Kleider seiner Geliebten Emilie Flöge, welche ohne Korsett getragen werden – ein Skandal! Während „Das goldene Palais“ ihrer Eltern in Wien und auch das Anwesen ihrer Schwiegereltern voller unschätzbarer Kunstwerke und kostbarer Dinge ist, mag sie es reduziert und ursprünglich. Albert und Greta haben kaum gemeinsame Interessen „... ich werde aufgezogen, wenn Gäste erscheinen. Ich spiele die Ehefrau, die Schwiegertochter, die Goldbaum.“ (S. 207).
Albert ist ruhig, in sich gesetzt, schwärmt für Schmetterlinge und Falter. Er wäre gern Entomologe geworden, so wie Gretas Bruder Otto gern Astronom und Physiker, trotzdem ist es für die Söhne der Goldbaums selbstverständlich, in der Bank zu arbeiten. „... eine Familie besteht aus Individuen. Was gut für die Familie als Ganzes ist, ist nicht immer gut für uns als Einzelne.“ (S. 285)

Der Tagesablauf der Goldbaums wird vom Auf und Ab der Börsen bestimmt, von Kreditanfragen, Spekulationen und Versicherungen. Kaum ein Fest oder Familientreffen vergeht ohne geschäftliche Absprachen. Selbst auf der Fahrt zu Gretas Hochzeit wird mit Diplomaten darüber debattiert, ob man der österreichischen Regierung einen weiteren Kredit zur Aufrüstung der Armee gewähren soll. Krieg liegt in der Luft.

Natasha Solomons erzählt das Leben einer jungen Frau, das eng mit dem Schicksal ihres Volkes und Europa verknüpft ist. In Russland werden schon zu dieser Zeit 5 Mio. Juden schikaniert und die Goldbaums versuchen, den Zaren über Kredite zu beeinflussen. Man sagt ja, das Geld Macht bedeutet – allerdings nicht, wenn es von jüdischen Banken kommt, zeigt die Autorin hier deutlich. Die Goldbergs dürfen gern ihr Geld geben, sich aus der Politik ansonsten aber raushalten. Ihre Bemühungen, den Frieden zu erhalten, scheitern kläglich und so bangt Greta nach Kriegsausbruch um ihren Mann und ihren Bruder, die jetzt auf gegnerischen Seiten stehen. „Wer immer ihn (den Sieg) davonträgt, wird eine Welt in Trümmern besitzen.“ (S. 469)

Die Autorin hat die historisch relevanten Hintergründe sehr gut recherchiert und geschickt in die Geschichte eingebunden. Obwohl diese sich nicht ausschließlich um Gretas Leben dreht, fand ich sie durchgehend sehr spannend. Gretas Familie gehört zur Oberschicht der jüdischen Bevölkerung, trotzdem führt auch sie kein sorgen- oder kummerfreies Leben, ist auch sie Einschränkungen unterworfen und muss sich an (z.B. an politische und geschäftliche) Spielregeln halten.

Fazit: Packende jüdische Familiengeschichte vor dem Hintergrund der Vorbereitungen des 1. WK.

Veröffentlicht am 30.07.2019

Gut erzählte Geschichte und viele historische Zusammenhänge

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Allgemeines:

Natasha Solomons legt mit Das goldene Palais ihren fünften Roman vor. Ihre Großeltern sind 1936 vor dem Naziregime von Berlin nach England geflüchtet. Ihren ersten Roman schrieb sie über ...

Allgemeines:

Natasha Solomons legt mit Das goldene Palais ihren fünften Roman vor. Ihre Großeltern sind 1936 vor dem Naziregime von Berlin nach England geflüchtet. Ihren ersten Roman schrieb sie über die Integration jüdischer Flüchtlinge in die englische Gesellschaft; für ihn erhielt sie 2010 den „Galaxy Book Award New Writer of the Year‘“. Der Roman wies autobiografische Züge auf, denn ihrem Großvater gelang diese Integration. Das goldene Palais ist ein Familienroman, der das Leben der Familie Goldbaum im beginnenden 20. Jahrhundert und während des Ersten Weltkriegs erzählt. Das goldene Palais erschien am 23.07.2019 im Rowohlt Verlag als Hardcover und umfasst 605 Seiten.

Inhalt:

„Ein opulenter Roman über eine jüdische Bankiersfamilie, die nicht zufällig an die Rothschilds denken lässt. Eine packende Saga über Macht, Liebe und Familienbande.

Wien, 1910. Die alte, über ganz Europa verteilte Familie Goldbaum hat ihren enormen Reichtum Bankgeschäften zu verdanken. Greta, das jüngste Kind, ist ein eigenwilliges Wesen. Ihr droht eine Ehe mit Albert, dem Spross des englischen Zweigs der Familie, von dem es heißt, er sei spröde und sauertöpfisch, noch dazu ein leidenschaftlicher Schmetterlingsjäger. Doch Greta beschließt, die Sache auf sich zukommen zu lassen – und tut gut daran.

Während das private Glück unverhofft über Greta hereinbricht, zeigen sich immer bedrohlicher die Vorboten eines großen kriegerischen Konflikts. Ein Konflikt, in den die Goldbaums als Teil der politischen Aristokratie und Finanziers von Waffengeschäften tief verstrickt sind …“ (Quelle: Rowohlt Verlagsseite)

Meine Meinung:

Natasha Solomon legt mit ihrem Roman eine Geschichte vor, die das Leben der jüdischen Bankiersfamilie Goldbaum zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Wien und dem übrigen Europa zum Inhalt hat.

Im Mittelpunkt steht die junge Wienerin Greta, die mit dem aus England stammenden Albert, der zu dem britischen Teil der Goldbaums gehört, verheiratet werden soll. Greta ist eine für die damalige Zeit emanzipierte Frau, die sich traut, sich gegen die herrschenden Konventionen aufzulehnen. Sie entscheidet sich sehr bewusst für die Ehe mit dem ihr völlig unbekannten Albert.

Das für mich eigentlich Interessante an Solomons Roman ist der historische Kontext, der rund um die erzählte Handlung eine wichtige Rolle spielt. Solomon hat genau recherchiert und gibt einen guten Einblick in das jüdische Leben des ausgehenden 19. und des beginnenden 20. Jahrhunderts. Als Bankiers und Geldgeber hoch geachtet, in anderen Belangen aber gesellschaftlich oft unerwünscht und zurückgewiesen, so sieht das Leben der Familie Goldbaum – stellvertretend für das vieler jüdischer Familien – aus. Das folgende Zitat sei hierfür ein Beispiel (Henri, Banker und ein Mitglied der Familie Goldbaum möchte nach Russland reisen, um den Winterpalast zu sehen. Zudem haben die Goldbaums geschäftliche Beziehungen zu Russland.):

„Am folgenden Nachmittag erhielt Henri einen unangenehmen Besuch vom russischen Botschafter. Claire Bouchard [Anm.: Henris Lebensgefährtin] wäre als Gast von Nikolaus, dank der Gnade Gottes Herrscher und Regent aller Russen, willkommen. Henri Louis David Goldbaum allerdings nicht. Juden, und seien sie noch so reich, war die Einreise nach Russland nicht gestattet.“ (S. 74)

Schauplätze des Romans sind Österreich, Frankreich, die Schweiz, Russland und England. Bis auf Russland Länder, in denen die weitverzweigte Familie Goldbaum lebt. Solomons erzählt chronologisch, lässt aber unterschiedlich viel Zeit zwischen den unterschiedlichen Kapiteln vergehen, das ist ein wohltuender Stil, da die erzählte Geschichte sich so auf Wesentliche Ereignisse fokussiert. Mit Beginn der Kriegshandlungen 1914 bis hin zum Eintritt der Vereinigten Staaten von Amerika verdüstert sich das Schicksal der Goldbaums parallel zum Kriegsgeschehen: Der Antisemitismus nimmt zu. Die Fremdenfeindlichkeit der Engländer gegen die Deutschen aber auch, was Greta, obwohl Österreicherin, empfindlich zu spüren bekommt. Die Geschichte der Goldbaums ist wirklich bewegend, zeigt sie doch, dass das Schicksal dieser großen Bankiersfamilie mit dem Zeitgeschehen eng verquickt ist. Das alles erzählt Solomons, ohne Schuldzuweisungen vorzunehmen. Sie hat vielmehr intensiv bezüglich der historischen Geschehnisse recherchiert und baut auf Fakten, die sie ausgesprochen glaubwürdig als Rahmen ihres Romans nutzt. Somit liest man nicht nur ein wirklich packendes Buch, sondern lernt eine Menge über finanzielle Verstrickungen von Bankhäusern und Politik, gegenseitige Ausbeutung und auch Verrat. Die Einblicke in das jüdische Alltagsleben und die damit zunehmend verbundenen Ängste, haben mich sehr beeindruckt. Zudem sind die verschiedenen Lebensentwürfe der Goldbaums ein gutes Beispiel für gegenseitigen Respekt und Toleranz.

Fazit:

Ein Buch, das ich jedem empfehlen kann, der sich nicht nur für eine gut erzählte Geschichte, sondern auch für historische Zusammenhänge interessiert.

Veröffentlicht am 26.07.2019

Der beste Roman, den ich seit langem gelesen habe - berührend, zärtlich und bittersüß

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Die Autorin Natasha Solomons führt die Leser zurück in eine längst vergangene Zeit, als die Damen noch Korsetts trugen und die Herren ihre Koteletten wachsten.

Wien, 1910. Greta, das jüngste Kind der ...

Die Autorin Natasha Solomons führt die Leser zurück in eine längst vergangene Zeit, als die Damen noch Korsetts trugen und die Herren ihre Koteletten wachsten.

Wien, 1910. Greta, das jüngste Kind der Bankiersfamilie Goldbaum ist eigenwillig und aufmüpfig. Ihr älterer Bruder Otto ist ihr Verbündeter gegen die strenge Mutter und schmuggelt sie mit in Vorlesungen und geht mit ihr zur Jagd. Um die Macht der Familie zu vergrößern soll Greta den ihr unbekannten Cousin Albert heiraten.

«Wenn ich Mutter bin, werde ich nicht so sein wie du. Ich werde meine Kinder jeden Tag sehen. Und ich werde sie küssen und in den Arm nehmen und zulassen, dass sie auf meinen Schultern kleine Fäden von Rotz hinterlassen wie eine Schneckenspur. Und sie werden auch wissen, dass ich sie liebe.» Greta küsste ihre Mutter auf die Stirn und ließ sie allein in ihrem dämmrigen Zimmer.


Von dem eleganten Elternhaus in Wien, über das moderne Paris, folgen wir Greta nach England in ihre Ehe.

"Wenn Wien die alte Tante in ihrer Krinoline war, die für das Kaiserreich die Anstandsdame spielte, dann war Paris die Cousine, die Greta ein Glas Champagner in die Hand drückt."


Trotz der konservativen Traditionen der englischen Gesellschaft, erkämpft sich Greta ein kleines Fleckchen Freiheit und bringt es zum Blühen.
Sie entdeckt ihre Wünsche und schließlich auch die Liebe.

Vor dem Hintergrund des kommenden Ersten Weltkriegs bahnt sich ein Umbruch in der Gesellschaft an. Erfindungen wie die Schreibmaschine und das Telefon, die Streiks der Arbeiter und die wirtschaftlichen Turbulenzen haben Auswirkungen auf das Bankhaus Goldbaum.

Auf über 600 Seiten bescheibt die Autorin die Erlebnisse und Gefühle ihrer liebevoll gezeichneten Charaktere.
Was geht in dem jungen Ehemann Albert vor, der sich scheinbar mehr für Käfer und Schmetterlinge interessiert, als für seine Frau Greta?
Wovon träumt sein älterer Bruder Clemens, der einmal das Bankhaus übernehmen soll, jedoch keinerlei Talent für Geschäfte hat?
Und wer ist der Waisenjunge Karl, der in den Kanälen unter dem Wiener Palais lebt?
Wie ist seine Geschichte mit der der Goldbaums verwebt?

Eine Erzählung, schimmernd, wie ein zartes Seidengewebe. Viele Seiten verströmen den Duft eines sonnenbeschienenen englischen Gartens, lassen mich in eleganten Bildern schwelgen. Mit meisterhaften Metaphern hat die Autorin eine Atmosphäre geschaffen, die mich in ihren Bann gezogen hat.

"Greta mochte diese Anschlagzettel. Die Bäume im Park waren voll von ihnen, wie von einer bestimmten Art weißer Vögel. Sie waren Botschaften aus einer anderen Welt – aus der gewöhnlichen Welt, in der Menschen zu kämpfen hatten, Schnaps aus der Flasche tranken, Schnitzel und Würste zu Abend aßen und eine überschaubare Anzahl Hosen besaßen. Die Zettel an den Bäumen betrafen verloren gegangene Hunde, Zimmer zur Miete oder Damen niederen Ansehens, die ihre Dienste anboten. Die verzweifeltsten waren auch die faszinierendsten: ein Geiger, der im Tausch für ein anständiges Essen und einen Eimer Kohlen Unterrichtsstunden anbot, zum Beispiel. Das Gewöhnliche und das Alltägliche war in Gretas Augen voller Glanz."

Eine Geschichte voll stummer Sehnsüchte, die mich mehrmals aufseufzen ließ.
Berührend und zärtlich und bittersüß.

Absolute Leseempfehlung für Fans von "Downton Abbey" und Gartenliebhaber.
Wenn Sie dieses Jahr nur ein Buch lesen - lesen Sie dieses!

(Laut der Internetseite der Autorin wurden die Fernseh-Rechte von "House of Gold" verkauft. Es ist geplant eine internationale TV-Serie zu drehen.)

Veröffentlicht am 20.07.2019

Packend und stark

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Die Familie Goldbaum erinnert irgendwie an die Rothschilds Der Roman beginnt stark, es werden besonders die Hauptfigur Greta, aber auch ihr Bruder Otto und späterer Gatte Albert beleuchtet. Größtenteils ...

Die Familie Goldbaum erinnert irgendwie an die Rothschilds Der Roman beginnt stark, es werden besonders die Hauptfigur Greta, aber auch ihr Bruder Otto und späterer Gatte Albert beleuchtet. Größtenteils dreht es sich um das Bankhaus, das nur deswegen so groß ist, weil die verschiedenen Zweige der Familie so vernetzt mit- und untereinander sind. Mit beleuchtet wird ab dem zweiten Drittel zunehmen die unterschwellige Position als jüdisches Bankhaus. Dabei kommen auch historische Fakten auf den Tisch, immer wieder wie nebenbei unterfüttern sie die Story.

Stark besonders in den ersten zwei Dritteln des Buches, danach nimmt der Erste Weltkrieg gefühlt das Heft in die Hand. Und man verliert Greta ein wenig aus dem Blick. Abgesehen davon erscheinen die zuletzt beschriebenen Ereignisse eher trivial. Denn alles andere wird blass und davon profitiert der Roman an sich überhaupt nicht. Das Ende kommt ziemlich abrupt und ist zwar verständlich und anrührend. Es bleibt eine kleine Leere bei mir zurück und die Frage, ob es das jetzt war oder ob noch ein zweiter Teil folgen wird?

Der Schreibstil ist hervorragend von Anfang bis Ende. Der Erzählstil ist locker, lässt Lesenden genügend Raum, um selbst mitzudenken und verzichtet auf überflüssiges Geschwurbel. Ich konnte mir die Personen gut vor dem inneren Auge vorstellen ebenso ihre Handlungsweisen. Es gibt immer Unterschiede, je nachdem welcher Familienzweig gerade besucht wird - ob in Wien, Paris oder London - jedes Mal fließt das typische des jeweiligen Landes mit hinein. Sei es im Umgang mit Juden speziell oder von der Lebensart her. Das macht diesen Roman neben der eigenwilligen Hauptperson Greta sehr besonders.