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Veröffentlicht am 13.10.2016

Eine hochnäsige Protagonistin und ein träger Fall.

Flavia de Luce 1 - Mord im Gurkenbeet
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Meine Meinung:

Viele Blogger denen ich folge, haben in den höchsten Tönen von der Flavia Reihe geschwärmt und da ist das erste Buch natürlich gleich auf meine Wunschliste gewandert. Diesen Monat habe ...

Meine Meinung:

Viele Blogger denen ich folge, haben in den höchsten Tönen von der Flavia Reihe geschwärmt und da ist das erste Buch natürlich gleich auf meine Wunschliste gewandert. Diesen Monat habe ich es dann endlich geschafft, es zu lesen. Und was soll ich sagen? Die Enttäuschung war sehr groß. Ich hatte mir sehr viel davon versprochen: eine junge Detektivin, sarkastische Sprüche, vielleicht ein bisschen Kombination wie bei Sherlock Holmes.
Was ich bekommen habe war ein recht banaler Fall, eine höchst unsympathische Hauptfigur und jede Menge Langeweile.

Flavia ist gerade mal 11 Jahre alt, kann aber alles und weiß auch alles (zumindest ihrer Meinung nach). Daher ist es auch gar keine Frage, dass sie die Ermittlungen in dem Mordfall übernimmt, denn im Gegensatz zu ihr sind die Polizisten natürlich vollkommen verblödet und daher heillos überfordert. Zumindest sieht die schlaue Flavia das so. Und die muss es ja wissen -schließlich ist sie doch so schlau!

Flavias Gedanken und Sprüche sollen wohl witzig sein, sind es aber leider nicht. Sie kommt dadurch leider eher arrogant und überheblich rüber, und das macht sie für mich als Protagonisten sehr unsympathisch. Was schade ist, denn eigentlich mag ich kindliche Detektive und der Charakter hätte Potential.
Genau wie die Hintergrundgeschichte. Aus den Streitigkeiten mit den Schwestern hätte man bestimmt viel Witziges machen können. Leider sind die schwesterlichen Streiche eher gemein als lustig und die Schwestern bleiben als Charaktere sehr blass und werden mit den immer gleichen Floskeln beschrieben.

In Ansätzen ist viel Gutes dabei, wie zum Beispiel die skurrilen Nebencharaktere. Allen voran den alten Gärtner Dogger. Den fand ich echt super und er hat mich das ein oder andere mal zum Schmunzeln gebracht. Auch die Haushälterin ist ein schrulliger Charakter. Und auch aus den nerdigen Briefmarkensammlern oder der trutschigen Bibliothekarin hätte man viel machen können.
Aber leider wurden die Ansätze dann nicht gut genutzt und so entsteht eine Geschichte mit vielen Längen und Wiederholungen und die Spannung will sich gar nicht so richtig aufbauen.

Vielleicht werde ich es irgendwann noch mal mit dem zweiten Fall versuchen und Flavia noch eine Chance geben. Aber "Mord im Gurkenbeet" gehört leider zu den Flops in diesem Monat und daher werde ich erstmal eine Flavia- Pause einlegen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Konnte mich nicht begeistern

The Girls
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Kurzmeinung:
Ich war so neugierig auf dieses viel gelobte Buch, aber so richtig mitreißen konnte es mich nicht. Außerdem hatte ich nach dem Lesen des Klappentextes etwas anderes erwartet. In diesem Roman ...

Kurzmeinung:
Ich war so neugierig auf dieses viel gelobte Buch, aber so richtig mitreißen konnte es mich nicht. Außerdem hatte ich nach dem Lesen des Klappentextes etwas anderes erwartet. In diesem Roman geht es hauptsächlich um die Entwicklung der Protagonisten Evie. Die Sekte spielt dabei zwar ein Rolle, ist aber nicht das eigentlich Zentrale in diesem Buch.


Klappentext:
Kalifornien, 1969. Evie Boyd ist vierzehn und möchte unbedingt gesehen werden – aber weder die frisch geschiedenen Eltern noch ihre einzige Freundin beachten sie. Doch dann, an einem der endlosen Sommertage, begegnet sie ihnen: den „Girls“. Das Haar, lang und unfrisiert. Die ausgefransten Kleider. Ihr lautes, freies Lachen. Unter ihnen ist auch die ältere Suzanne, der Evie verfällt. Mit ihnen zieht sie zu Russell, einem Typ wie Charles Manson, dessen Ranch tief in den Hügeln liegt. Gerüchte von Sex, wilden Partys, Einzelne, die plötzlich ausreißen. Evie gibt sich der Vision grenzenloser Liebe hin und merkt nicht, wie der Moment naht, der ihr Leben mit Gewalt für immer zerstören könnte.



Zum Buch:

Zu Beginn des Buches treffen wir die jetzt 40-jährige Evie. Sie lebt alleine in einem Haus und bekommt unerwarteten Besuch. Die Gäste bringen das Thema schnell auf eine "Sekte", in der Evie Mitglied gewesen sein soll, und auf grausame Morde, die von der Sekte verübt worden sein sollen.

Ein Zeitsprung führt uns zurück in die 1960er.
Die damals 14-jährige Evie ist nicht glücklich. Sie hat sich als Person noch nicht gefunden, ist ein unsicheres Mädchen. Sie hat nur eine Freundin, Connie, und zahlreiche unerwiderte Schwärmereien.
Evies Eltern sind schon länger nicht mehr glücklich, wollen sich trennen. Sie sind so von ihrem eigenen Leben, ihren Gedanken, ihrem Tun und Lassen in Beschlag genommen, dass sie kaum Zeit für Evie haben. Ihr fehlt die elterliche Zuneigung und Aufmerksamkeit.
Und genau das ist es, was sie zu so einem "willigen Opfer" (S.158) von Russell und "The Girls" macht. Nachdem sie Suzanne und die anderen Mädchen eines Tages getroffen hat, ist sie sofort in ihren Bann gezogen.
Sie muss nicht monatelang Stück für Stück überzeugt und weichgeklopft werden, sondern ist sofort gefangen von der auf den ersten Blick so liebevollen Atmosphäre auf der Ranch, dem Quartier der Sektenmitglieder. Dazu Russells Floskeln über freie Liebe und das sie alle eine große Familie seien - und Evie verfällt dem Zauber in ihrer Naivität und Bedürftigkeit.

Bei den anderen Mädchen ist vor allem der charismatische Russell, der sie in die Gemeinschaft gezogen hat und dort auch hält. Das ist nicht so sehr der Fall bei Evie. Ihr hat es besonders die starke, schöne und etwas geheimnisvolle Suzanne angetan.
So gerät sie schließlich immer stärker hinein in die Sekte und zieht auch schließlich zu den anderen Mitgliedern auf die Ranch etwas außerhalb der Stadt.
Dort hört sie immer mehr von Russells verquerer Philosophie, arbeitet, schläft, isst, trinkt mit den anderen, feiert wilde Feste und nimmt Drogen.
Das alles auf der Ranch total heruntergekommen und schmutzig ist nimmt sie zwar wahr, es kann sie aber nicht wirklich erreichen.
Immer mehr wird sie Teil der Gruppe, immer stärker ihre "Besessenheit" von Suzanne und immer mehr lässt sie sich in eine Welt drängen, die sie eigentlich gar nicht durchschaut. Und so nimmt das Unheil seinen Lauf...



Meinung:
Ich weiß bei diesem Buch nicht genau woran es lag. Die Geschichte hat eine spannende Thematik, interessante Charaktere, und trotzdem konnte mich das Buch nicht so richtig packen.
Ich hatte wohl auch etwas anderes erwartet. Etwas ausführlichere Einblicke in die Philosophie der Sekte, in das Leben auf der Ranch, und wie Russell die Mädchen manipuliert und wie er sie mit seinen Worten an sich bindet. Und vielleicht auch ein bisschen mehr Dunkelheit und Drama.
Doch es geht in diesem Buch eigentlich nicht um die Sekte an sich, sondern darum wie Evie, exemplarisch für viele unsichere Teenager- Mädchen, in den Bann der Mädchen gerät und warum sie so schnell ein "williges Opfer" wurde.

Evie wird als Charakter gut etabliert. Man kann ihre Unsicherheit nachempfinden und verstehen, wie sie dadurch empfänglich für Russells Worte und das Leben auf der Ranch wurde und nichts in Frage stellt.
Sie will ihre eigene Unsicherheit vergessen, indem sie sich die Überlegenheit und Überheblichkeit von Russells Philosophie zu eigen macht.

Vorher war Evie ein durchschnittliches Mädchen mit einem ganz normalen Teenager Leben, das in ordentlichen, vorhersehbaren Bahnen verlief. Im Vergleich dazu kam ihr das Leben der Mädchen auf der Ranch aufregend, besonders und geheimnisvoll vor, und auch das hat wohl einen Teil des Reizes ausgemacht.
Besonders interessant ist Evies Beziehung zu Suzanne. Evie schaut bewundernd, fast ehrfurchtsvoll zu Suzanne auf. Ihre Beziehung ist irgendwie schwesterlich, hat aber auch starke homoerotische Spannungen.

Die Person der Suzanne wird die ganze Zeit nicht vollkommen greifbar. Das passt aber irgendwie ganz gut zu ihrem mysteriösen Wesen und macht den Reiz ihrer Figur aus. Man vergisst schnell, das sie selbst damals erst 19 war, da Suzanne aus Evie Sicht eben so fehlerlos und überhöht dargestellt wird.

Auch gut geschildert ist die Entwicklung, wie Evie immer mehr Teil des Sekte wird. Es gibt viele Grenzüberschreitungen, die aber alle nach und nach passieren und sich steigern. So trinkt sie zunächst mit den Mädchen, nimmt Drogen, macht dann erste sexuelle Erfahrungen mit dem Sektenführer Russell. Bis sie schließlich erst ihre Mutter beklaut, dann auch in fremde Häuser einbricht und sich auch auf andere Weise von Suzanne und den anderen ausnutzen lässt. Doch das wird der damals naiven Evie erst später klar.
Die retrospektiven Schilderungen sind sehr reflektiert und ehrlich. So ist der älteren Evie durchaus bewusst, wie naiv sie eigentlich war. Wie selbstgerecht ihre Haltung damals war, und wie sie sich durch das Annahmen von Russells Theorien überlegen vorkam. Das hat mir gut gefallen.

Positiv herausstellen möchte ich außerdem den Schreibstil.
Emma Cline hat einen sehr außergewöhnlichen Ausdruck; sie kann komplexe Gedanken in eleganter Schlichtheit darstellen.
Besonders angetan haben es mir Beschreibungen von ganz alltäglichen Situationen, die jeder schon mal erlebt hat. Und sie sind noch nicht einmal besonders beschrieben. Einfach dadurch, dass sie trotz ihrer Banalität in der Geschichte auftauchen, machen sie den Text zu etwas Besonderem.
"Der Tee war zu heiß: eine kurze Pause trat ein, in der wir uns über die Tassen beugten und mein Gesicht in dem dünnen, pflanzlichen Dampf feucht wurde." (S. 140)

Aber es gab eben auch einige Dinge, die mir nicht so gut gefallen haben.
In diesem Roman gibt es viele Zeitsprünge, die den Lesefluss unterbrechen, weil man sich erstmal wieder in Zeit und Kontext zurechtfinden muss. Außerdem hat sich mir der Sinn dieser Zeitsprünge nicht vollkommen erschlossen. Sie zeigen uns die heute erwachsene Evie, aber wie die anderen Figuren da hineinpassen, erschließt sich mir nicht.

Sehr schade ist auch, das gerade der Anfang etwas holprig ist. Der Leser wird mitten ins Geschehen geworfen, es treten gleich mehrere Charaktere auf, die nicht sehr ausführlich eingeführt werden und dann kommen auch gleich Zeitsprünge. Das war für mich ein bisschen viel am Anfang. Dann allerdings hat Cline gut Spannung erzeugt, in dem sie Andeutungen auf die Sekte macht, welche die Neugier des Lesers wecken.
Der Spannungsbogen ist dann aber leider ziemlich früh wieder abgerissen. Immer wieder wird auf die "schrecklichen Morde" oder die "grausamen Ereignisse" angespielt, was wohl weiter Spannung erzeugen sollte. Ich fand es ehrlich gesagt zunächst verwirrend und später nur noch nervig, da diese Anspielungen leider das einzige Stilmittel zum Spannungsaufbau waren.

Was mir außerdem gefehlt hat, war die Stimmung. Man liest zwar von der Ranch, man hat Evie Schilderungen, aber es bleibt irgendwie distanziert. Ich war nicht wirklich dabei, als die Mädchen betrunken um das Lagerfeuer tanzten, habe nicht wirklich die Fliegen summen gehört, die Trägheit der Sommerhitze und der Drogen gespürt.
Der Funke ist irgendwie nicht übergesprungen, die Geschichte hat mich nicht wirklich in ihren Bann ziehen können.

Fazit:
Hach, das fällt mir bei diesem Buch wirklich schwer.
Ich hab es irgendwie nicht so gern gelesen, habe mich mit der Geschichte schwer getan und zwischendurch immer mal ein anderen Buch zu Hand genommen. Gefesselt hat es mich also wirklich nicht.
Aber ich kann nicht so genau sagen, woran es jetzt eigentlich lag. Ja, ein paar negative Dinge sind mir schon aufgefallen, aber als ich jetzt die Rezension geschrieben habe und die Bewertung vornehmen wollte. Aber das Buch hat eben auch sehr viel Positives.
Deswegen fiel mir die Bewertung auch sehr schwer.
Eigentlich ist es ja ein spannendes Thema und ein interessanter Schreibstil. Aber eben nur eigentlich. Denn gefallen hat mir das Buch irgendwie trotzdem nicht.
Es tut mir leid, wenn das jetzt nicht sehr hilfreich war...

Mein Tipp: Am besten bildet ihr euch selbst eine Meinung, denn über diese Buch wird viel gesprochen, und es wird wohl auch noch eine weile Thema bleiben.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Ein Buch über Kommunismus und Essstörung, Heimlichkeit und Heimatlosigkeit.

Stalins Kühe
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Kurzmeinung:
Interessante geschichtliche Hintergründe, aber leider etwas langatmig und durch die vielen Zeitsprünge und Perspektivwechsel kompliziert zu lesen.



Klappentext:
Annas Eltern trennen sich, ...

Kurzmeinung:
Interessante geschichtliche Hintergründe, aber leider etwas langatmig und durch die vielen Zeitsprünge und Perspektivwechsel kompliziert zu lesen.



Klappentext:
Annas Eltern trennen sich, als ihre Mutter Katariina herausfindet, dass ihr Mann sie betrügt. Sie, die Estin, verleugnet ihre Herkunft, weil sie weiß, welch schlechtes Ansehen Estinnen in Finnland haben – sie gelten als russische Huren, die es geschafft haben, durch Heirat nach Finnland zu entkommen. Aus Angst, dass ihrer Tochter die gleiche Verachtung zuteilwird wie ihr, darf diese die Sprache nicht lernen und keinem sagen, woher die Mutter stammt. Dabei fahren die beiden regelmäßig nach Estland, um die Familie zu unterstützen, die das Grauen der sowjetischen Arbeitslager kennenlernte und unter den Bespitzelungen und Erpressungen durch enge Vertraute litt. Während Anna um ihr Gewicht kämpft und lernen muss, dass sie wirklich krank ist und die anorektische Bulimie sie umbringen kann, erfährt der Leser die Hintergründe der Familiengeschichte, Ursache für Annas Leiden, die bis in die Zeit der Besetzung Estlands nach dem Zweiten Weltkrieg zurückreicht. In brillanter Sprache, mit genauer Kenntnis der historischen Hintergründe und einer meisterhaften Komposition beweist Sofi Oksanen erneut, warum ihre Romane weltweit gefeiert werden.


Zum Buch:
Das Buch wird Abwechselnd von Katariina und ihrer Tochter Anna erzählt. Neben dem Perspektivwechsel gibt es auch immer Zeitsprünge, so dass ich mich manchmal sehr konzentrieren musste, um das Erzählte einordnen zu können. Es geht hin und her, zwischen Estland und Russland, zwischen Katariina und Anna, von den 40ern bis in die 90er.
Allerdings ist es spannend, die Geschichte der Familie sowohl aus Sicht der Mutter, als auch aus Sicht der Tochter zu erfahren. Die beiden nehmen Situationen und Gegebenheiten oft ganz unterschiedlich wahr und man merkt den Generationsunterschied und das sie in unterschiedlichen Welten großgeworden sind.
Wenn aus Katariinas Sicht geschrieben wird, erfährt man viel Geschichtliches. Über die Situation in Estland zu Zeiten des Kommunismus, und über die Beziehung des Landes zu Finnland. Über die Widerstandskämpfer und den Geheimdienst.
Katariina heiratet einen Finnen und verlässt ihr Heimatland. In Finnland allerdings lebt sie ein Leben voller Geheimnisse, denn niemand soll wissen, das sie Estin ist. Frauen aus Estland haben in Finnland einen schlechten Ruf und werden als "russische Huren" bezeichnet. Und so verbietet Katariina ihrer Tochter auch, estnisch zu sprechen, sie hört keine estnischen Lieder, unterdrückt diesen Teil von ihr komplett.
Anna leidet unter diesen Heimlichkeiten, lernt trotzdem estnisch. Sie findet ihren Platz weder so richtig in Finnland, noch in Estland. Sie entwickelt langsam eine Essstörung, die immer weiter zu einer anorektischen Bulimie wächst. Und das bringt auch wieder viel Heimlichtuerei, Verstecken und Lügen mit sich. Und Distanz - Anna fällt es schwer, Nähe zuzulassen und sich auf eine Beziehung einzulassen.


Meinung:
Insgesamt hat mir das Buch leider nicht so gut gefallen. Am Anfang fand ich die geschichtlichen Hintergründe sehr spannend, da ich so gut wie nichts über die Geschichte von Estland und Finnland wusste. Diese interessanten Aspekte sind sehr atmosphärisch und einfühlsam beschrieben, so dass mir nicht nur die geschichtlichen Fakten nährgebracht wurden, sondern ich mir auch die Stimmung in den Ländern gut vorstellen konnte. Es wird toll vermittelt, welcher Zeitgeist gerade herrscht und welche Vorurteile in den Köpfen der Menschen sitzen.
Allerdings sind diese Leckerbissen verpackt in einer verworren gestrickten Handlung, die dem Leser mit dem vielen Hin und Her zwischen Zeiten, Orten und Perspektiven sehr viel Konzentration abverlangt. Und das kostet Kraft und hat mich dazu bewogen, das Buch mehrmals zur Seite zu legen.
Außerdem werden sehr viele Personen nur kurz eingeführt und mir war oft nicht ganz klar, wo sie in dem komplizierten Beziehungsgeflecht ihren Platz finden.
Annas Essstörung wird anfangs gut beschrieben. Der Leser erfährt Fakten und viel interessantes über das Leben und den Alltag mit dieser Krankheit. Und auch hier schafft die Autorin es, eine Stimmung zu vermitteln, die Gefühle anzusprechen. Aber nach einiger Zeit verliert sich die Atmosphäre leider in ewigen Wiederholungen und am Ende hat mich der "Anna- Teil" fast nur noch gelangweilt.


Fazit:
Wer sich speziell für Bulimie und/oder die Geschichte von Estland und Finnland interessiert, der wird in diesem Buch viel Reizvolles finden. Mir jedoch sind die literarischen Leckerbissen aus atmosphärisch dicht beschriebenen Szenen zu wenig und sie verlieren sich in den langatmigen Wiederholungen des ewig Gleichen und in einem verworrenen Handlungstrang.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Interessante politische Ansätze, aber zu viel Sex und Sexismus

Unterwerfung
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Meinung:
Ich war sehr gespannt auf das Buch, nachdem es in den Medien ja doch recht viel Aufmerksamkeit bekommen hat und die Meinungen sehr auseinandergingen.
Mich hat das Buch oft sehr wütend gemacht, ...

Meinung:
Ich war sehr gespannt auf das Buch, nachdem es in den Medien ja doch recht viel Aufmerksamkeit bekommen hat und die Meinungen sehr auseinandergingen.
Mich hat das Buch oft sehr wütend gemacht, und ich habe mich gen Ende etwas quälen müssen.


Die Schilderungen der politischen Situation fand ich sehr spannend. Houellebecq beschreibt ein interessantes Szenario, in dem die arabischen Vereinigungen nach und nach zu mehr Macht gelangen, bis die Bruderschaft der Muslime schließlich den Präsidenten stellt. Die etablierten Parteien und der Front National haben Stimmen und Einfluss verloren. Es kommt zu Ausschreitungen, besonders zwischen Muslimen und Juden und viele verlassen das Land. Der Protagonist beschreibt die Veränderungen im Land, die dieser Machtwechsel mit sich bringt. So zum Beispiel der nun mehr verhüllende Kleidungsstil der Frauen, oder das Lehrer und Professoren dem Islam angehören müssen, die Schulpflicht drastisch verkürzt und Polygamie legalisiert wird.
Der Protagonist lässt sich viel über den Islam erzählen, und so erfährt man auch als Leser einiges über die Religion. Etwa die Begründung für die Polygamie, oder Ansichten über die Stellung der Frau oder das Christentum etc.
Das alles fand ich recht spannend und vieles an dem Szenario hat mich zum nachdenken angeregt.


Auf der anderen Seite berichtet der Protagonist aber auch in aller Ausführlichkeit von seinem Sexualleben. Houellebecq verwendet hier oft eine recht vulgäre Sprache und rutsch fast ins Pornografische ab. Das hat mir nicht gefallen.
Auch die geschilderte Einstellung des Protagonisten gegenüber Frauen hat mich wirklich sehr wütend gemacht. Frauen werden komplett auf ihr Äußeres reduziert. Wer nicht mehr jung und knackig ist, ist nicht mehr begehrenswert und der Protagonist findet es nur logisch, wenn Ehemänner sich eine junge Geliebte suchen, wenn ihre Frauen die ersten Falten bekommen.
Eine Frau muss nur zwei Qualitäten haben: Sie muss eine "Kochtopffrau" sein, und vorzügliche Mahlzeiten zubereiten können; auf Wunsch muss sie sich aber auch in eine "Dirne" verwandeln können. Klar, dass dem Protagonisten die Idee der Polygamie gefällt, die es ihm erlaubt, eine ältere "Kochtopffrau" sowie eine junge, knackige Frau fürs Bett zu haben.
So ein Frauenbild ist mir zuwider und ich konnte die langen Monologe und Darstellungen des Protagonisten zu diesem Thema nur schwer ertragen. Meine Strategie war, das Buch in kleinen Dosen zu konsumieren, damit ich bis zum Ende durchhalte. Und zum Glück gab es ja zwischendurch auch immer wieder Schilderungen des politischen Geschehens und der gesellschaftlichen und Kulturellen Veränderungen.


Fazit:
Insgesamt bekommt das Buch von mir nur 2 Sterne. Obwohl ich das politische Szenario interessant fand, hat mich das Frauen- Thema doch zu sehr aufgeregt und auch der Schreibstil hat mir nicht so gut gefallen.

Veröffentlicht am 03.09.2019

Große Enttäuschung.

Das Verschwinden der Stephanie Mailer
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Kurzmeinung:
Ein wirklich starker Anfang, der dann leider ziemlich schnell in Klischees, hölzerne Dialoge, stereotype Figuren und zum Teil wirklich absurde Handlungsstränge übergeht.
Das Joel Dicker großartige ...

Kurzmeinung:
Ein wirklich starker Anfang, der dann leider ziemlich schnell in Klischees, hölzerne Dialoge, stereotype Figuren und zum Teil wirklich absurde Handlungsstränge übergeht.
Das Joel Dicker großartige Krimis schreiben kann, hat er mit "Harry Quebert" und "Die Geschichte der Baltimores" bewiesen. Für "Stephanie Mailer" kann ich aber leider wirklich keine Empfehlung aussprechen.


Meine Meinung:
Der Anfang der Geschichte ist unglaublich gut gelungen. Schon in den ersten Absätzen hat Dicker große Spannung erzeugt und mich sofort an die Seiten gefesselt. Ich war gleich neugierig und konnte das Buch zunächst kaum aus der Hand legen.
Doch das war dann auch schon fast das einzig Gute an dem Buch. Denn die sogartige Spannung konnte der Autor nicht sehr lange aufrechterhalten und so ging es ziemlich schnell abwärts.
Was dann kamen waren hölzerne Dialoge, stereotype Figuren und der klassische Verlauf eines beliebigen whodunit Krimis. Nicht generell schlecht, aber eben auch nichts besonderes, wie ich es bei Dicker erwartet hätte.
Beim Lesen wirklich gestört haben mich die häufigen Wechsel zwischen erster und dritter Person der ErzählerInnen. Ich habe für diese Wechsel kein logisches Konzept feststellen können und so haben mich diese eher irritiert.
Da der Kriminalfall leider nicht allzu große Spannung aufkommen lässt, muss der Autor leider zu (billigen) Hilfsmitteln greifen, wie zum Beispiel dem Wechsel in eine andere Zeitebene, wenn es im aktuellen Handlungsstrang gerade interessante Entwicklungen gab. Das kann man gerne ein oder zwei mal als Stilmittel einbauen. Wenn es aber fast zum einzigen Mittel wird, um Spannung zu erzeugen, dann ist das leider schon eher traurig, finde ich.
Manche Handlungsstränge waren leider nicht nur "nicht spannend", sondern leider regelrecht langweilig. Beispielhaft möchte ich hier die Passagen von Steven und Alice nennen. Auf vielen Seiten wurde immer und immer wieder das selbe erzählt. Dabei hat man als Leser*in die Beziehungsdynamik längst verstanden gehabt. Die Handlung dreht sich dort leider viel im Kreis.
Als sich zu der fehlenden Spannung und den zahlreichen Klischees und stereotypen Figuren dann auch noch wirklich abstruse Handlungsstränge gesellten, wie zum Beispiel die Kindheit des einen Ermittlers bei seinen Großeltern, die ausschließlich die Sätze "Verdammte Affenbande" und "So ne Kacke" gebrüllt haben sollen, war ich wirklich kurz davor, das Buch abzubrechen. Aber das habe ich dann doch nicht übers Herz gebracht, weil ich die Arbeit des Autors ja eigentlich wirklich schätze.
Zum Ende des Buches kam dann auch noch mal ein bisschen Spannung auf. Die Auflösung fand ich auch gar nicht schlecht. Ein bisschen enttäuschend fand ich aber, dass die vielen losen Enden, die sich über den Verlauf des ja doch recht umfangreichen Romans angesammelt hatten, relativ lieblos in kurzen Abschnitten in einem Epilog abgearbeitet wurden.


Fazit:
Mein Fazit zu diesem Buch: lest lieber die ersten beiden Romane von Joel Dicker. Die sind beide wirklich großartig und sehr empfehlenswert!