Profilbild von -Leselust-

-Leselust-

Lesejury Profi
offline

-Leselust- ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit -Leselust- über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.05.2018

Vielschichtiges Buch mit ernsten Themen

Fliegende Hunde
0

Kurzmeinung:
Ein sehr interessantes, bewegendes und vielschichtiges Buch, das mir sehr gut gefallen hat. Es behandelt so viele verschiedene Themen. Es geht um Freundschaft, Liebe, Erwachsenwerden, seinen ...

Kurzmeinung:
Ein sehr interessantes, bewegendes und vielschichtiges Buch, das mir sehr gut gefallen hat. Es behandelt so viele verschiedene Themen. Es geht um Freundschaft, Liebe, Erwachsenwerden, seinen Platz in der Welt finden. Um schwierige Themen wie Magersucht und das historische Ereignis der Belagerung von Leningrad durch die Nazis. Das alles ist verpackt in einer Geschichte über zwei Mädchen, Freundinnen, die in einer kleinen Stadt in Russland gemeinsam aufgewachsen sind, die sich sehr nahe stehen und die mehr als nur Freundschaft verbindet.
Das Buch lässt sich trotz der schwierigen Themen sehr gut lesen, denn der Schreibstil ist wirklich toll. Die Geschichte bietet definitiv sehr viel Stoff zum Nachdenken und hat mich nach dem Lesen noch lange beschäftigt.



Meine Meinung:

Trigger Warning: Magersucht, Essstörung

Dieses Buch hat mir wirklich sehr gut gefallen. Es behandelt sehr schwierige Themen, wie die Belagerung von Leningrad, den Hungertod, den dort so viele Menschen starben. Es geht um Magersucht, um das harte Modelbuisness, um Prostitution. Aber auch um Liebe, Freundschaft und Familie.

Im Fokus der Geschichte stehen Lena und Oksana. Lena, die Russland hinter sich lässt und ein aufregendes Modelleben in Shanghai beginnt, das dann aber doch ganz anders ist, als sie es sich vorgestellt hat.
Und Oksana, die im tristen, russischen Vorort zurückbleibt und immer weiter in die Magersucht abrutscht.

Die Beziehung zwischen den beiden Mädchen war mir lange nicht ganz klar. War es nur Freundschaft, oder war da doch mehr? Und warum wollte Lena den Kontakt mit Oksana vermeiden? Das hat mich beim Lesen viel beschäftigt, aber auch für Spannung gesorgt. Im Verlauf des Buches wird es dann aber immer klarer und ist auch gut aufgelöst.

Das Buch behandelt wie gesagt viele schwierige Themen, unter anderem Magersucht.
Teilweise ist es schon sehr zynisch, aus einem traurigen historischen Ereignis, der Belagerung von Leningrad, eine Anleitung für eine Hungerkur zu machen. Umso erschreckender ist, dass dieses Internetportal etwas zu sein scheint, was es tatsächlich so oder so ähnlich geben könnte.


"Auf der Startseite empfing sie das stilisierte Bild eines ausgemergelten Blockadeopfers mit spitzen Rippen und dünnen Armen. (...) Darunter der Slogan: Phänomenale Ergebnisse. Die Geschichte ist unter Beweis." (aus "Fliegende Hunde", S. 12)

Auch wenn die Diät zu absurd scheint, um wirklich glaubhaft zu sein, sind die dahinterstehenden Motive, der Sog, der Druck der Community, die Dynamik im Forum sehr gut dargestellt. Wie zum Beispiel ein Mädchen, das sich zu Tode gehungert hat, als Heldin gefeiert wird und die anderen Mädchen noch mehr anspornt, statt das die "Diät" in Frage gestellt wird.


"Sie alle spürten, dass sie kaum Einfluss auf die Welt hatten und keine Kontrolle über ihr Leben, nur über ihren Körper. (...) Die Diät wirkte wie ein Betäubungsmittel: Wenn man sich auf das fokussierte, was man aß oder nicht aß, blendete man vieles andere aus. Und wie jedes Betäubungsmittel machte es süchtig." (aus "Fliegende Hunde", S. 159)

Dadurch kann man es sich sehr gut vorstellen, wie Oksana immer tiefer in diesen Abnehme-Wahn hereinrutscht. Die damit verbundenen Motive und Gefühle sind wie gesagt so gut beschrieben, dass ich es Menschen, die mit Essstörungen zu kämpfen habe, nicht empfehlen würde, da es da einige Trigger geben könnte.


Ein weiteres wichtiges Thema in dem Buch, was mich aber noch mehr belastet hat, ist die Belagerung von Leningrad.
Ich wusste vorher nicht sehr viel darüber. Ich habe im Geschichtsunterricht mal davon gehört, aber genaue Fakten dazu kannte ich nicht. Zum Beispiel das im Zeitraum der Belagerung über 1 Millionen Menschen ihr Leben verloren haben. Das Buch schildert einige Begebenheiten aus der Zeit und das ist wirklich nicht leicht zu lesen. Von ganzen Familien, die verhungert oder erfroren sind. Von Menschen, die in ihrer Not ihre Katzen und Hunde gegessen haben oder eine Suppe aus Lederschuhen gekocht haben. Es gibt da noch viele weitere Beispiele, die ich ich jetzt nicht vorwegnehmen möchte. Aber ich hoffe, ich konnte einen kleinen Eindruck vermitteln, in welche Richtung diese Passagen gehen. Für mich war das wirklich nicht leicht zu lesen, aber ich finde es auch wichtig, mich an die Ereignisse im zweiten Weltkrieg zu erinnern, neues darüber zu lernen und es mir eine Warnung sein zu lassen, es nie wieder so weit kommen zu lassen, sondern aus der Geschichte zu lernen. Aber das sollte wirklich jeder Leserin selbst entscheiden, ob er/ sie so etwas lesen möchte.

Ansonsten geht es um viele Themen, die gerade Heranwachsende wie die zwei Protagonistinnen im Leben beschäftigen. Es geht ums Erwachsenwerden, den eigenen Weg zu finden. Um Einsamkeit, das Sehnen nach Liebe, Freundschaft und Anerkennung.

Trotz der teils schwierigen Themen liest sich das Buch sehr gut. Der Schreibstil schafft genau an den richtigen stellen Nähe und baut an den anderen die nötige Distanz auf.
Zwischendurch gibt es aber auch immer wieder Sätze voller Leichtigkeit und Schönheit. Und Sätze, die mich haben schmunzeln lassen, wenn es auch manchmal recht schwarzer Humor war.


"Lena mochte die chinesische Küche. Sie ähnelte der russischen weder in der Würze noch im Geschmack, dafür aber in der Bereitschaft, ein Tier restlos zu verspeisen." (aus "Fliegende Hunde", S. 58)

Quasi nebenbei bekommt man auch noch sehr interessante Einblicke in das Land und die Kultur, die Geschichte von Russland, speziell natürlich Leningrad. Aber auch über die Lage heute, welche Einflüsse die Geschichte und der Kommunismus auch heute noch haben. Das war für mich ein weiterer der vielen Punkte, die dieses Buch zu einem Highlight gemacht haben.


Fazit:
In diesem eher schmalen Buch steckt so viel drin. So viele schwierige und wichtige Themen. So viele Gefühle. Man muss sich darauf einlassen können, aber dann kann einen dieses Buch wirklich packen, berühren, zum Weinen und zum Lachen bringen. Diese emotionalen Themen sind verwoben mit der Geschichte über zwei Mädchen, die erwachsen werden, ihren Weg finden müssen und sich klarwerden müssen, wer sie sind und was sie wollen.
Die Kombination aus wichtigen Themen, interessanten Charakteren und einem sehr schönen Schreibstil macht Fliegende Hunde von Wlada Kolosowa zu etwas ganz Besonderem.

Veröffentlicht am 12.02.2018

Etwas schwächer als Band 1, trotzdem ein toller Comic

Die Stadt der Träumenden Bücher (Comic)
0

Kurzmeinung:
Ein sehr schöner Comic, der sich gut und schnell lesen lässt. Die Romanvorlage ist in diesem zweiten Band aber nicht ganz so gut umgesetzt –die Kürzungen der Romanvorlage sind mir hier unangenehm ...

Kurzmeinung:
Ein sehr schöner Comic, der sich gut und schnell lesen lässt. Die Romanvorlage ist in diesem zweiten Band aber nicht ganz so gut umgesetzt –die Kürzungen der Romanvorlage sind mir hier unangenehm aufgefallen. Trotzdem hat mir die Lektüre Spaß gemacht und nach Band 1 (Buchhaim) ist sie eh ein Muss.


Meine Meinung:
Wie ihr ja wisst, bin ich ein großer Walter Moers Fan und er ist einer meiner Lieblingsautoren und "Die Stadt der träumenden Bücher" ist einer meiner Lieblingsromane. Bei Band 1 habe ich lange überlegt, ob ich den Graphic Novel wirklich lesen möchte. Moers hat in seinem Roman die Stadt und die Personen so gut beschrieben, dass ich sehr genaue Vorstellungen von allem hatte und etwas Angst hatte, die Bilder könnten da nicht mithalten. Aber die Neugier hat dann doch überwogen und ich wurde nicht enttäuscht. Band 1 hat mir richtig gut gefallen und endet mit so einem Cliffhanger, dass ich Band 2 sofort bestellen musste.
Auch mit "Die Katakomben" ist eine tolle Umsetzung der großartigen Romanvorlage gelungen, aber diesmal etwas schwächer, als der erste Band. Die Kürzungen des Romantextes haben mir hier nicht ganz so gut gefallen. Besonders die Zeit von Hildegunst in Schloss Schattenhall hatte für mich zu große Lücken und die Beziehung zum Schattenkönig ist für mich nicht so gut rüber gekommen.
Aber die Bilder waren wieder toll gestaltet. Besonders gut gefallen hat mir, wie die Bilder im Vergleich zu der Zeit in Buchhaim immer düsterer werden, was natürlich sehr gut den Kontrast zu der (vermeintlich) friedlichen und gemütlichen Stadt und den gefährlichen Katakomben darstellt.
Im Anhang des Graphic Novel befindet sich diesmal ein "Making Of" , was ich auch sehr interessant fand. Spannend zu sehen, was so hinter den Kulissen abläuft und wie so ein Comic entsteht.


Fazit:
Etwas schwächer als Band 1, aber trotzdem ein spannender und gut bebilderter Comic, der Spaß macht. Für Moers Fans ein Must Have und auch sonst eine Leseempfehlung. Den Vorgänger Band (oder die Romanvorlage) sollte man aber gelesen haben.

Veröffentlicht am 07.11.2017

Düster, spannend und gut recherchiert

Oxen. Das erste Opfer
0

Kurzmeinung:
Der erste Band der Oxen Trilogie ist ein gelungener Thriller. Der Einstieg ist zunächst etwas zäh, aber dann konnte ich das Buch kaum noch aus der Hand legen. Besonders gefesselt hat mich ...

Kurzmeinung:
Der erste Band der Oxen Trilogie ist ein gelungener Thriller. Der Einstieg ist zunächst etwas zäh, aber dann konnte ich das Buch kaum noch aus der Hand legen. Besonders gefesselt hat mich der gut recherchierte politische Hintergrund.

Meine Meinung:
Dieser Thriller hat mich von der ersten Seite an gefesselt.
Der Hauptcharakter ist Niels Oxen, ein Elitesoldaten a.D., der die höchsten Auszeichnungen seines Landes erhalten hat für Einsätze an den Brennpunkten dieser Welt.
Wir lernen ihn kennen, wie er mit seinem Hund Mr. Withe in den Mülltonnen seiner Stadt nach Essen sucht. Oxen scheint still, verstört und unnahbar, er geht der Konfrontation mit Menschen aus dem Weg. Nachts suchen ihn seine „sieben Dämonen“ heim, die er nur mit Alkohol und Drogen bekämpfen kann. Er ist ein sehr interessanter, düsterer und komplexer Charakter.
Man braucht einige Zeit, um mit ihm warm zu werden und am Anfang ist er nicht gerade sympathisch. Aber nach und nach bricht das Eis und man lernt mehr über seine Vergangenheit und kann ihn als Person besser verstehen. Das macht diesen Charakter sehr interessant und authentisch.

Gut gefallen hat mir, wie viele der Personen sich irgendwo schon einmal begegnet sind, was interne Verstrickungen erahnen lässt und Raum für spannende Beziehungsdynamiken liefert.
Eine sehr interessante Person ist auch Margrethe Franck, Mitarbeiterin im Geheimdienstteam und
ähnlich rätselhaft wie Oxen. Auch Margarethe ist in ihrem Job eine Außenseiterin und das Zusammenspiel dieser beiden außergewöhnlichen Charaktere ist es, was diesen Thriller so besonders macht.

Trotz zahlreicher Toter hält sich die Brutalität dieses Buches in Grenzen und die LeserInnen werden auf Grund der politischen Verwicklungen und vor allem durch das Zusammenspiel der
Protagonisten gefesselt. Der politische Hintergrund ist gut recherchiert und mit geschichtlichen Fakten hinterlegt. Die Auflösungen des spannenden Plots ist glaubwürdig, hat mich aber auch erschrocken und mich nachdenklich zurückgelassen.

Die Weltsicht ist eher düster und der Aussteiger Oxen hat einen ganz besonderen Blick auf das Leben. Und so ist auch der Schreistil eher düster und sarkastisch, manchmal ein bisschen verbittert. Das Buch lebt außerdem von seinen tollen Dialogen.

Fazit:
Aus meiner Sicht ist Oxen von Jens Henrik Jensen ein gelungener Thriller voller Spannung, einem interessanten Plot und ungewöhnlichen Charakteren.
Ich warte jetzt schon auf das Erscheinen des 2. und 3. Bandes, die für Frühjahr und Sommer nächsten Jahres angekündigt sind.

Veröffentlicht am 15.10.2017

Eine Kindheit zwischen Liebe, Freundschaft und Rassismus

Das Mädchen mit den roten Schuhen
0

Am 2. Oktober ist Jodi Picoults neuer Roman "Kleine große Schritte" erschienen und als Vorgeschmack zu eben diesem Roman wurde eine Kurzgeschichte als eBook veröffentlich. Darin wird die Kindheit von Ruth ...

Am 2. Oktober ist Jodi Picoults neuer Roman "Kleine große Schritte" erschienen und als Vorgeschmack zu eben diesem Roman wurde eine Kurzgeschichte als eBook veröffentlich. Darin wird die Kindheit von Ruth Brooks geschildert. Ruth ist die Protagonistin in "Kleine große Schritte" und durch die Kurzgeschichte erhalten die Leserinnen einen Einblick in Ruths Vergangenheit und können sich so ein besseres Bild von dem Charakter machen. Wie sehr diese Einblicke helfen, ihr Denken und Handeln im Roman "Kleine große Schritte" nachzuvollziehen, werde ich nach der Lektüre des Romans natürlich noch genauer berichten.

Meine Meinung:
Diese Kurzgeschichte bietet einen Einblick in die Kindheit von Ruth. Sie geht als einzige Person of Colour auf eine Schule, auf der sonst nur reiche, weiße, privilegierte Kinder sind. Dort macht sie schon früh Erfahrungen mit Rassismus und Ausgrenzung.
Auf den wenigen Seiten hat Picoult es geschafft, mir ein gutes Bild von den Personen zu vermitteln. Durch den (wie immer) sehr schön Schreibstil der Autorin konnte ich mich sehr gut in die Personen hineinversetzen. Schon auf diesen wenigen Seiten werden wichtige Fragen zum Thema Rassismus aufgeworfen und die Art und Weise, wie das Thema behandelt wird, gefällt mir bisher sehr.
Diese Kurzgeschichte ist mit Sicherheit eine spannende Ergänzung zu dem im Oktober erschienenen Roman.
Ich freue mich jetzt schon sehr auf "Kleine große Schritte". "Das Mädchen mit den roten Schuhen" war eine gute Einstimmung, hat mich sehr neugierig auf den Roman gemacht und meine Vorfreude noch mal gesteigert.

Fazit:*
Ein paar wenige Seiten, die schon viel vermitteln. Sie ermöglichen einem einen Einblick in die Kindheit der Protagonistin Ruth, was sie bewegt und geformt hat. Picoult beweist einmal mehr, dass sie wirklich schreiben kann. Diese Kurzgeschichte ist eine schöne Ergänzung zum Roman "Kleine große Schritte" und macht Lust auf die Lektüre! "Das Mädchen mit den roten Schuhen" kann aber auch für sich alleine stehen und bietet auf wenigen Seiten viel Stoff zum Nachdenken.

Veröffentlicht am 19.09.2017

Erst etwas zäh, dann schockierend und bewegend!

Und es schmilzt
0

Kurzmeinung:
Ein Buch, das erst im letzten Viertel wirklich überzeugt, mich dafür aber dann mit voller Wucht getroffen hat, mich schockiert und bewegt hat, wie es lange kein Buch getan hat. Dennoch keine ...

Kurzmeinung:
Ein Buch, das erst im letzten Viertel wirklich überzeugt, mich dafür aber dann mit voller Wucht getroffen hat, mich schockiert und bewegt hat, wie es lange kein Buch getan hat. Dennoch keine uneingeschränkte Leseempfehlung, da der Inhalt für manche vielleicht wirklich nicht das Richtige ist.


Meine Meinung:
"Ein Buch, das alles gibt und alles verlangt" – das ist wirklich nicht übertrieben!
Von dem Buch hatte ich im Vorfeld schon sehr viel gehört. Dass es echt heftig sei und schockierend. Mit diesen Erwartungen habe ich dann angefangen und war zunächst etwas verwirrt. Denn da passierte nichts Schockierendes. Es wurde einfach die Geschichte von drei Freunden erzählt, die in einem kleinen Dorf aufwachsen. Und das alles sehr episodenhaft. Es brauchte sehr lange, bis Schwung aufkam. So sehr im Dunkeln gelassen fühlte ich mich lange von keinem Buch und ich war mir nicht so sicher, ob ich das mag. Einerseits hat es mich sehr neugierig gemacht. Andererseits hatte ich manchmal das Gefühl, etwas orientierungslos durch die Geschichte zu stolpern.

Den Eindruck verstärkt hat noch die Tatsache, dass die Geschichte auf zwei Zeitebenen erzählt wird. Einmal gibt es die Eva in der Gegenwart, die sich mit dem Eisblock im Kofferraum auf den Weg in ihr Heimatdorf macht. Und dann gibt es noch die Eva in der Vergangenheit, wie sie und ihre Freunde ihre Kindheit in dem kleinen Dorf verbracht haben. Innerhalb der zwei Zeitebenen ist die Reihenfolge aber auch nicht chronologisch und durch die episodenhafte Erzählweise habe ich zwischendurch den Überblick verloren und konnte manche Ereignisse nicht einordnen. Das hat mir nicht so gut gefallen.


"Dass die Sommermonate mir später am intensivsten im Gedächtnis bleiben würden, wusste ich schon, bevor sie vorbei waren. Es fiel mehr Sonnenlicht auf unsere Bewegungen, Erinnerungen daran konnten sich schärfer entwicklen." (Aus "Und es schmilzt", S.163)


Der Anfang hat sich also etwas gezogen und ich musste mich orientieren. Zusammenhangslose Episoden aus der Gegenwart und der Vergangenheit wechselten sich ab. Die Bedeutung hat sich mir nicht immer erschlossen. Mir fehlte der rote Faden und auch die Spannung wollte sich nicht so recht aufbauen.
Doch die zunehmend düstere Stimmung ließ dunkle Vorahnungen aufkommen, dass da etwas Schlimmes passieren würde und machte mich schon neugierig. Wirklich spannend wurde die Geschichte aber erst im letzten Viertel. Ab da konnte ich das Buch dann auch nicht mehr aus der Hand legen. Ich habe trotz großer Müdigkeit bis tief in die Nacht gelesen, bis ich das Buch beendet hatte. An Schlaf war danach nicht mehr zu denken.

Ich möchte jetzt nicht näher auf den Inhalt eingehen, weil ich niemandem etwas vorwegnehmen will. Aber das Buch hat mich schockiert und bewegt. Ich habe geweint und ich wollte das nicht lesen. Wirklich nicht. Eigentlich hätte ich keine weitere Seite ertragen können. Aber irgendwie musste ich dann doch weiterlesen. Noch Tage später beschäftigt es mich und es ist mir sehr schwergefallen, Worte für diese Rezension zu finden.
Im Nachhinein wünschte ich manchmal fast, ich hätte das Buch nicht gelesen. Aber eben nur fast, denn das Buch ist auch wirklich sehr gut – vielleicht gerade wegen seiner Schockwirkung.

Dennoch kann ich keine uneingeschränkte Leseempfehlung aussprechen. Mir hat das Buch zwar gut gefallen, aber eben auch sehr – wirklich SEHR – mitgenommen. Und das, obwohl ich eigentlich sehr hart im nehmen bin. Ich hätte mir irgendeine Warnung gewünscht, worauf man sich einlässt. Vielleicht sogar ein "Träger Warning". Denn dieses Buch ist bestimmt nicht für jeden etwas!


Fazit:
Die erste Hälfte des Buches ist eher verwirrend und langatmig. Dann nimmt die Geschichte aber Fahrt auf, wird immer düsterer und was dann kommt, übersteigt selbst die schlimmsten Vorahnungen. Es hat mich schockiert, bewegt, erschüttert. Das Buch hat mich nicht mehr losgelassen und noch Tage später musste ich all meinen Freunden von diesem Buch erzählen, weil ich einfach darüber sprechen musste.
Keine uneingeschränkte Leseempfehlung, weil die Themen und die expliziten Beschreibungen bestimmt nicht für jede
n das Richtige sind. Dennoch ist dieses Buch auch wirklich gut – gerade weil es so echt, roh und düster ist. Wer sich also traut, beim Lesen aus seiner Komfortzone herauszukommen und bereit ist zu leiden, dem kann ich dieses Buch empfehlen.