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Veröffentlicht am 24.10.2017

Spiegelungen

Der Fall Kallmann
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Wie lebt es sich im Schatten eines Mordes? Wer war Eugen Kallmann? Warum musste der beliebte Gesamtschullehrer in der beschaulichen schwedischen Kleinstadt sterben? Wirklich nur ein Unglücksfall, wie die ...

Wie lebt es sich im Schatten eines Mordes? Wer war Eugen Kallmann? Warum musste der beliebte Gesamtschullehrer in der beschaulichen schwedischen Kleinstadt sterben? Wirklich nur ein Unglücksfall, wie die Polizei behauptet?

Das sind nur einige Fragen, mit denen sich der neue Roman „Der Fall Kallmann“ von Hakan Nesser beschäftigt. Als Leon Berger, nach der langen Sommerpause seinen Dienst antritt, findet er im Pult unter Kallmanns Sachen eine Reihe von Tagebüchern, die sich als eine Mischung aus Dichtung und Wahrheit entpuppen und ihn schon bald daran zweifeln lassen, dass sein Vorgänger tatsächlich eines natürlichen Todes gestorben ist. Denn in seinen Einträgen behauptet Kallmann unter anderem, er würde die Gabe besitzen, in den Augen anderer Menschen erkennen zu können, ob sie gemordet haben. Und er scheint in den letzten Monaten seines Lebens einem nie entdeckten und nie gesühnten Verbrechen auf der Spur gewesen zu sein. Leon Berger will den Fall Kallmann lösen – seine privaten Ermittlungen setzen etwas in Gang, das schließlich die ganze Kleinstadt erschüttert.

Das Cover ist ein echter Hingucker, der alle Blicke auf sich zieht. Eigentlich ist es gar nicht so spektakulär; es zeigt eine typisch skandinavische Landschaft, wie man sie überall und nirgends findet. Der Betrachter sieht einen düster wirkenden See, der rundum mit dichten Bäumen bewachsen ist. Von ihm geht eine leicht mystisch wirkende Stimmung aus, und man fühlt sich eher unbehaglich in seiner Haut. Der einprägsame Titel fällt aus dem Rahmen des Üblichen. Er ist nicht reißerisch aufgemacht, sondern zeichnet sich durch eine bewusste Zurückhaltung aus.

Der Plot ist originell. Auch das Setting ist perfekt gewählt. Die Handlung spielt in einer ruhigen schwedischen Kleinstadt, hinter deren heiler Fassade dunkle Geheimnisse und menschliche Abgründe verborgen sind. Wir erfahren weder ihren exakten Namen noch ihre geographische Lage. Allzu weit entfernt von Stockhholm kann sie nicht sein, aber mehr gibt der Autor nicht über den Schauplatz der Handlung preis. Die Kleinstadt „K.“ kann überall und nirgends in Schweden liegen.

Das Geschehen wird aus der Sicht von mehreren Protagonisten, mit zeitlichen Rückblenden, erzählt. Hierbei hat sich der Autor jeweils für die Ich-Perspektive entschieden. Die Aufzeichnungen der verschiedenen Erzähler erinnern in ihrer äußeren Form an Tagebücher. Auch Eugen Kallmann hat mehrere Tagebücher hinterlassen, die gewisse Rückschlüsse auf sein Leben ermöglichen und zahllose Fragen aufwerfen. So schließt sich der Kreis.

Alle Protagonisten sind keine makellos strahlenden Helden, sondern kompliziert und vielschichtig angelegte Figuren, die mit ihren eigenen Dämonen kämpfen. Auch Eugen Kallmann ist eine komplexe Figur, die für andere Menschen schwer zu fassen ist.

Meiner Ansicht nach handelt es sich weniger um einen Krimi oder Thriller als um eine psychologische Studie. Denn es steht nicht die Aufklärung eines mysteriösen Todesfalles, sondern die Auseinandersetzung mit menschlichen Abgründen im Mittelpunkt des Handlungsgeschehens. Längst vergangene Taten werden wieder ans Tageslicht gezerrt, und die Bewohner der schwedischen Kleinstadt müssen sich ihrer Vergangenheit stellen. Gleichzeitig werden sie aber auch mit antisemitischen Strömungen im liberalen Schweden konfrontiert, die ihre Spuren im Schulalltag hinterlassen.

Das Buch trägt die Handschrift eines großen Literaten. Hakan Nesser schreibt in einem angenehmen Stil. Seine Sprache ist einfach, klar und schnörkellos, und der Roman lässt sich mühelos lesen. Das Buch ist vielschichtig angelegt, der Autor legt zahlreiche falsche Fährten, der Spannungsbogen wird zum Ende durchgehalten und eine Lösung des Falles im klassschen Sinne gibt es nicht. Auf diese Weise bleibt das Buch bis zur letzten Seite mysteriös und spannend. .Von mir gibt es für diese Leistung 5 Sterne.

Veröffentlicht am 29.09.2017

E-Mail für dich

Um die Ecke geküsst
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Der Roman "Um die Ecke geküsst" von Meg Cabot führt mitten in die aufregende Presse-Welt. Die Klatsch-Kolumnistin Melissa ist auf den Hund gekommen - den Hund ihrer Nachbarin, die ins Krankenhaus musste. ...

Der Roman "Um die Ecke geküsst" von Meg Cabot führt mitten in die aufregende Presse-Welt. Die Klatsch-Kolumnistin Melissa ist auf den Hund gekommen - den Hund ihrer Nachbarin, die ins Krankenhaus musste. Das hat sie nun von ihrer Hilfsbereitschaft! Wie soll sie sich als berufstätige Frau in New York um die Deutsche Dogge kümmern? Hilfe muss her. Sie kontaktiert Max, den einzigen Verwandten der alten Dame. Doch der will sich im Urlaub mit seiner Supermodel-Freundin nicht stören lassen und schickt stattdessen seinen Kumpel John, der ihm noch einen Gefallen schuldet. John gibt sich als Max aus und hilft Melissa. Problem gelöst! Oder doch nicht? Denn John verliebt sich in Melissa und Melissa liebt Ehrlichkeit …

Das Cover ist in einem knalligen Pink gestaltet. Eindeutiger Blickfang ist ein süßes Hündchen, das den Betrachter aus treuen Augen entgegenlächelt (oder soll ich sagen: hechelt?) Allerdings hätte ich mir von den Gestaltern etwas mehr "Hundeverstand" gewünscht. Eine Bulldogge besitzt keinerlei Ähnlichkeit mit der Deutschen Dogge Paco, die Melissa zum großen Glück verhilft. Der Titel des Romans ist dagegen wieder gut gewählt und macht auf die Handlung des Buches aufmerksam.

Meg Cabot versteht ihr literarisches Handwerk. Ihr Roman spielt in der hektischen Welt einer Redaktion, in der Zeit Geld ist - und sie wählt die perfekte Form des E-Mail-Romans. Ihre Protagonisten sind kontaktfreudig, stehen unter Zeitdruck und chatten munter hin und her, und wir erfahren auf diesem Wege alle wichtigen Informationen "um die Ecke".

Die Protagonisten sind mehr oder weniger sympathisch. Wir begegnen den unvermeidlichen männlichen und weiblichen Klatschbasen, die alle gängigen Klischees erfüllen. Die männlichen Helden Max und John stammen zwar aus vergleichbaren sozialen Verhältnissen, weisen aber völlig unterschiedliche Charaktereigenschaften auf, die wir im Laufe der Handlung "zwischen den Zeilen" lesen können.

Auch die turbulente Liebesgeschichte zwischen Melissa und John entwickelt sich "im Vorübergehen", trägt durchaus Züge einer Screwball-Comedy und ist keine einzige Sekunde langweilig. Sie gipfelt in einem spektakulären Show-Down, in dem Melissa und John gemeinsame Sache machen und den Täter durch eine kluge Aktion überführen.

Insgesamt hat mir diese rasante, spannende Liebesgeschichte in ungewöhnlichem Stil, die mit einem Hauch Krimi abgeschmeckt ist, ausgezeichnet gefallen und ich vergebe heute die Höchstnote.

Veröffentlicht am 29.09.2017

Die Götter sind los...

Henry Smart
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"Henry Smart. Im Auftrag des Götterchefs" ist der Auftakt einer vielversprechenden neuen Reihe, die Frauke Scheunemann für Kinder und Jugendliche konzipiert hat. Im Mittelpunkt steht Henry, der vor den ...

"Henry Smart. Im Auftrag des Götterchefs" ist der Auftakt einer vielversprechenden neuen Reihe, die Frauke Scheunemann für Kinder und Jugendliche konzipiert hat. Im Mittelpunkt steht Henry, der vor den langweiligsten Sommerferien seines Lebens steht: Er muss mit seinem Vater nach Bayreuth. Schlimmer geht es echt nicht. Doch dann ändert eine Pizzabestellung alles. Statt der Pizza steht nämlich ein schlecht gelaunter Riese vor der Tür. Kurz darauf liegt Henry auch schon vor Wotans Füßen, ja, dem Götterchef höchstpersönlich. Der hat noch ein Hühnchen mit seinem alten Zwergenfeind Alberich zu rupfen und kann Henry dafür ganz gut gebrauchen. Und ehe er sich‘s versieht, jagt er mit Wotans Tochter Hilda durch die Weltgeschichte.

Das Cover ist faszinierend. Automatisch richtet sich der Blick des Betrachters nach oben. Denn man sieht einen lässig gekleideten Jungen aus luftiger Höhe stürzen. Im Vordergrund lauert ein unheimlich wirkender einäugiger Riese, der den Betrachter mit einem schwer zu deutenden Gesichtsausdruck anstarrt. Auf seiner Schulter sitzt ein Rabe, der den Sturz des Jungen zu beobachten scheint. Auf der linken Seite steht ein zierliches Mädchen, dessen rote Haare im Wind flattern. Der Magie dieser Darstellung kann man sich gar nicht entziehen - man wird automatisch hineingezogen in diese rasante Geschichte und möchte sofort mit der Lektüre beginnen.. Dazu trägt auch der gut gewählte Titel bei, Er macht auf dieses Buch neugierig und erzeugt eine gewisse Erwartungshaltung beim Leser.

.Frauke Scheunemann schreibt sehr flüssig, und das Buch lässt sich mühelos lesen. Mit ihrer atmosphärisch dichten Darstellung schafft sie es im Handumdrehen, eine fremde Welt vor unseren Augen entstehen zu lassen. Ihre Sprache ist genau auf ihre Zielgruppe ausgerichtet. Henry spricht exakt in dem gleichen flapsigen, schnoddrigen Tonfall, den Kinder in diesem Alter an den Tag legen. Schon aus diesem Grund können sich die kleinen Leser mit ihrem "Helden" identifizieren, der sozusagen ins kalte Wasser geworfen wird und sich mit unbekannten Problemen herumschlagen muss. Der Autorin gelingt es mühelos, das hohe Tempo beizubehalten und den Spannungsbogen bis zur letzten Seite zu halten, und durch die zahlreichen überraschenden Wendungen bleiben ihre Leser immer bei der Stange.

Besonders gut hat mir gefallen, dass dieser Fantasy-Roman nicht nur unterhaltsam, sondern auch informativ geschrieben ist. Frauke Scheunemann hat gründlich recherchiert und längst vergessene nordische Sagen, Legenden und Geschichten in eine originelle Geschichte eingebunden. Hierbei erscheinen manche strahlenden Helden-Gestalten in einem ganz anderen Licht und bekommen mal ihr Fett weg. Man kommt gar nicht mehr aus dem Schmunzeln heraus - und das finde ich wirklich klasse.

Alles in allem hat das Buch mir ausgezeichnet gefallen, und ich habe gar keine andere Wahl, als die Höchstnote von 5 Sternen zu vergeben. Alles andere würde den Zorn der Götter herausfordern.

Veröffentlicht am 14.09.2017

Blutrot

Durst
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Für mich war dieses Buch die erste Begegnung mit Harry Hole. Insider wissen, dass es sich bereits um den 11. Band handelt. Der Roman spielt in Oslo. Ein Serienkiller findet seine Opfer über die Dating-App ...

Für mich war dieses Buch die erste Begegnung mit Harry Hole. Insider wissen, dass es sich bereits um den 11. Band handelt. Der Roman spielt in Oslo. Ein Serienkiller findet seine Opfer über die Dating-App Tinder. Die Polizei hat keine Spur. Der einzige Spezialist für Serientäter, Harry Hole, unterrichtet an der Polizeihochschule, weil er mehr Zeit für seine Frau Rakel und ihren Sohn Oleg haben möchte. Doch Holes alter Chef Mikael Bellmann setzt Hole unter Druck. Die schlimmsten Befürchtungen werden wahr, als tatsächlich eine weitere junge Frau verschwindet, ausgerechnet eine Kellnerin aus Holes Stammlokal. Und der Kommissar kann nicht länger die Augen davor verschließen, dass der Mörder für ihn kein Unbekannter ist.

Das Cover des Romans ist gar nicht spektakulär. Trotzdem kann man sich seiner Faszination kaum entziehen. Die idyllisch anmutende Landschaft am Wasser ist ein dunkles Rot getaucht, das böse Vorahnungen wachruft.

Der Titel des Buches ist perfekt gewählt. Auch optisch gesehen sind die in einem klaren Rot schimmernden Buchstaben perfekt in Szene gesetzt worden. Die Doppeldeutigkeit des Titels zieht automatisch die Aufmerksamkeit des Lesers auf sich und weckt eine hohe Erwartungshaltung. Ohne zu viel verraten zu wollen: er wird nicht enttäuscht!

"Durst" ist ein blutrünstiger, schockierender Thriller, der nach starken Nerven verlangt. Der Protagonist Harry Hole ist eine vielfach gebrochene Figur. Der trockene Alkoholiker kämpft gegen seine eigenen Dämonen und muss sich mit dem komplizierten Fall eines Serienmörders auseinandersetzen, der ihn an seine persönlichen Grenzen führt.

Handwerklich gesehen ist dieses Buch ein literarisches Meisterwerk. Jo Nesbo schreibt in einem faszinierenden Stil. Seine Sprache ist schlicht, aber ausgereift. Der Plot ist nicht neu, aber hervorragend umgesetzt. Der Einstieg in das Buch ist glänzend gelungen; der überzeugende Prolog macht auf das Geschehen neugierig. Mühelos gelingt es ihm, den Spannungsbogen von der ersten bis zur letzten Zeile auf einem hohen Niveau zu halten. Die Lösung des Falles ist schockierend - und überrascht den Leser. Mehr kann man sich nicht von einem Thriller wünschen.

Von mir gibt es 5 Sterne für die glaubwürdige Darstellung eines psychisch kranken, manipulativen Menschen und eine klare Lese-Empfehlun

Veröffentlicht am 10.09.2017

Auf den Hund gekommen...

Hund aufs Herz
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Auf den Hund kommen kann man schneller als man denkt. Der Roman "Hund aufs Herz" von Mirjam Müntefering erzählt von Lara, die die Welt nicht mehr versteht. Nach zwanzig Jahren Ehe will ihr Mann sie verlassen ...

Auf den Hund kommen kann man schneller als man denkt. Der Roman "Hund aufs Herz" von Mirjam Müntefering erzählt von Lara, die die Welt nicht mehr versteht. Nach zwanzig Jahren Ehe will ihr Mann sie verlassen - für eine Jüngere! Kurzentschlossen packt sie ihre Sachen und flüchtet zu ihrer Freundin nach Usedom. Doch was soll sie nun mit ihrem Leben anfangen? In ihren alten Job, in der Firma ihrer Noch-Schwiegereltern kann sie nicht zurück. Bald bietet sich ihr jedoch eine einzigartige Chance: Sie soll für zehn Wochen eine Hundetagesstätte als Urlaubsvertretung übernehmen - und das, obwohl sie gar keine Ahnung von den Vierbeinern hat. Das merkt auch Niklas, der ihr unter die Arme greifen soll und leider verdammt gut aussieht ...

Schon das Cover dieses Romans ist ein echter Hingucker. Der cremeweiße Welpe stützt sich auf seine winzigen Pfötchen und lässt das Herz des Betrachters höher schlagen. Im Hintergrund sieht man einen weißblau gestreiften Strandkorb vor einer malerischen Kulisse, was auf einen Wohlfühl-Roman schließen lässt.

Der Titel des Romans ist gut gewählt. Er ist kurz und knackig, bleibt im Gedächtnis und macht auf das Geschehen neugierig. Auch optisch ist er perfekt in Szene gesetzt worden; die leicht geschwungene Schrift in einem kräftigen Fliederton fällt jedem Betrachter ins Auge.

Der Roman wird aus der Ich-Perspektive erzählt. Im Mittelpunkt des Geschehens steht Lara, die vor den Trümmern ihrer Existenz steht und einen neuen Weg für sich finden muss. Die überstürzte Reise auf die Insel Usedom entpuppt sich als Glücksfall. Im Laufe des Romans vollzieht Lara eine positive Entwicklung. Sie findet nicht nur eine neue Liebe, sondern auch ihr Glück: ihr (aus einer Schnaps-Laune geborener) Ferien-Job entpuppt sich als Traumberuf(ung).

Aber auch die anderen Charaktere kommen nicht zu kurz; sie besitzen viele Ecken und Kanten und wirken authentisch und lebendig. Der Plot ist überzeugend; das Setting perfekt gewählt. Die Insel Usedom wird so anschaulich geschildert , dass man die unverfälschte Landschaft an der Ostsee direkt vor seinen Augen zu haben und die klare, salzige Luft am Strand zu atmen glaubt.

Mirjam Müntefering schreibt in einem angenehmen, gut lesbaren Stil. Das Buch ist ein echter Page-Turner. Ihr humorvoller, unterhaltsamer Liebesroman hat mich von der ersten Zeile an gefangengenommen und nicht mehr losgelassen. Das Fachwissen der Autorin schimmert überall durch; der Leser erhält viele wertvolle Informationen über Hunde, ihre Erziehung, Haltung und Pflege und lernt die besondere Beziehung zwischen Frauchen/Herrchen und Hunden verstehen. Ganz nebenbei wird für den Betrieb von "Hutas" (Hunde-Tagesstätten) geworben, die nicht nur auf Inseln, sondern auch in den Städten sinnvoll sind. Von mir gibt es eine klare Lese-Empfehlung - also die Höchstnote: 5 Sterne.