Profilbild von Ambermoon

Ambermoon

Lesejury Star
offline

Ambermoon ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Ambermoon über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 23.08.2020

Zwar interessanter, jedoch oberflächlicher und reißerischer Einblick in die dunkle Seite Lateinamerikas mit seinen Serienkiller*innen

Totmacher 6
0

">>Wie viele es waren? Das weiß ich nicht mehr, bei 100 hab ich aufgehört zu zählen.

">>Wie viele es waren? Das weiß ich nicht mehr, bei 100 hab ich aufgehört zu zählen.<<"
(Laerto Patrocínio Orpinelli / S. 134)


​Gerade an so heißen Sommertagen hat man beim Gedanken an Lateinamerika Vorstellungen wie heiße Sambaklänge, Piña Colada, kubanische Zigarren, Empanadas oder Lionel Messi. Doch die lateinamerikanischen Länder haben auch ihre dunklen Seiten, welche vor allem die Bevölkerung zu spüren bekommt und die von TouristIinnen nur zu gerne ausgeblendet werden. Man möchte sich damit ja nicht sein Mojito-Geschlürfe verderben lassen.

Armut, hohe Kriminalitätsrate, Dorgenkartelle und Korruption sind für viele dort Alltag. Alltag durch den man nicht alt wird - im wahrsten Sinne.

In einer Welt, in der die Sterblichkeitsrate alleine durch Bandenkriege und Drogen schon stark erhöht ist, können Serienkiller oft ungehindert ihrem "Job" nachgehen, ihren Trieben freien Lauf lassen. Die Polizei hat mit der Kriminalität schon genug zu tun, in die sie nicht selten selbst involviert ist, und stufen so manchen Mord als "Kartell"-Mord ein.

Doch hin und wieder erschüttern Morde oder furchtbar zugerichtete Opfer selbst die hartgesottenen Polizisten und bringt sie auf die Spur eines grausamen Serienkillers.

Der Autor Gerd Frank hat sich in diesem Buch "Totmacher 6 - Das Monster der Anden und andere unheimliche Kriminalfälle lateinamerikanischer Serienmörder (1880-2014)" mit ein paar dieser berühmt-berüchtigten Serienkillern beschäftigt und gewährt den LeserIinnen einen kleinen Einblick - einen Einblick, der einem das Blut in den Adern gefrieren lässt.​

Zum Beispiel trieb in Mexiko von 1880-1908 der "Mexikanische Ripper" sein Unwesen, "Die Bestie von Guatemala" ermordete im Jahr 1946 innerhalb von vier (!!) Monaten fünfzehn (!!) Jungen im Alter von 10-16 Jahren. In Chile vergewaltigte und ermordete ein Taxifahrer zwischen 1998 und 2001 vierzehn Frauen, oder zwischen 2011 und 2014 hielt ein Serienkiller Brasilien in Atem. Er "spezialisierte" sich auf junge Mädchen, Obdachlose und Transvestiten.


"Tiago Henrique Gomes da Rocha gestand, von seinem Motorrad aus insgesamt 39 Mordtaten an Schülerinnen, Hausfrauen, Obdachlosen und Transvestiten begangen zu haben, an Menschen, die offenbar zur falschen zeit am falschen Ort gewesen waren. Denn er habe keines seiner Opfer gekannt."
(S. 159)​


Aber auch Frauen und ebenso Jugendliche, fast noch Kinder, haben sich ihren Platz in diesem Buch "verdient" und sie gingen ebenso brutal und grausam vor.

Der Autor beleuchtet hierbei nicht nur die Vorgehensweise und die Ermittlungen, sondern auch die sozialen und familiären Verhältnisse der Täter und dabei stellt sich, wie so oft, die Frage: "Wird man zum Mörder gemacht oder schon böse geboren?". Denn eins haben Opfer und Täter immer gemeinsam - sie gehören der untersten sozialen Schicht an und sind von Armut und Gewalt geprägt, wo wir wieder bei den seit jeher herrschenden politischen, sozialen und gesellschaftlichen Einflüssen Lateinamerikas wären. Diese scheinen eng verknüpft mit den grausamen Taten der KillerIinnen zu sein.

"Noch bevor er ein Jahr alt war, verstarb seine Mutter, woraufhin sein Vater ein zweites Mal heiratete. Weil die Stiefmutter sich immer eine Tochter gewünscht hatte, steckte sie den Jungen oft und gerne in Mädchenkleider, was dazu führte, daß der kleine Daniel in der Schule unentwegt gehänselt und gemobbt wurde. Dieser Zustand belastete seine Psyche auf Dauer erheblich."
("Die Bestie vom Mangrovenwald" - S. 81)


​Das hört sich nun nach einer äußerst interessanten Lektüre an und doch bin ich von diesem Buch etwas enttäuscht. Im Grunde reißt der Autor die einzelnen Fälle nur kurz an, kratzt nur an der Oberfläche. Ein Serienkiller-Porträt umfasst höchstens drei Seiten, wobei nicht selten eine halbe Seite die Aufzählung der Opfer beinhaltet und ein Bild als Platzhalter dient. Im Grunde würde man alle Informationen wohl auch im Internet erhalten und es scheint, dass der Autor auch nichts anderes getan hat als Google zu befragen.

Zudem wirkt alles sehr reißerisch, denn die Vorgehensweise und somit das Zurichten der Leiche, scheinen hier im Vordergrund zu stehen. Dies wird nämlich explizit beschrieben und auch so manche Bilder scheinen darauf abzuzielen die Leserschaft zu schockieren. Für Zartbesaitete ist dieses Buch also definitiv nichts.

"Hinter den Mauern und in der Kloake wurden wahre Unmengen verwesenden Fleisches, blutige Fetzen und Kleidungsstücke entdeckt, welche einen unerträglichen Gestank verursachten. Als man in der ekelhaften Masse zudem einen kleinen menschlichen Schädel und ein paar Kinderbeine erblickte, war allen Beteiligten klar, was vor sich gegangen sein musste."
("Die Kinderzerstücklerin von Mexiko-Stadt" / S. 21)


Fazit:
Für diejenigen, welche einen kurzen und schnellen Blick in Serienkiller-Porträts von Lateinamerika werfen wollen, ist dieses Büchlein sehr wohl geeignet.
Mir persönlich war es zu oberflächlich und reißerisch. Ich hatte das Gefühl, dass ich wohl durch googeln ebenfalls diese Informationen erhalten hätte.
Trotzdem konnte mich diese Lektüre durchaus für ein paar Stunden fesseln.


©Pink Anemone

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 23.08.2020

Abgefahren, witzig und acitonreich

ASH
0

Eigentlich ist die große Zeit der europäischen Superhelden seit dem Ende des Kalten Krieges vorbei. Doch als Anfang 2016 ein blutrünstiges Monster beginnt die Wiener Innenstadt unsicher zu machen, schließen ...

Eigentlich ist die große Zeit der europäischen Superhelden seit dem Ende des Kalten Krieges vorbei. Doch als Anfang 2016 ein blutrünstiges Monster beginnt die Wiener Innenstadt unsicher zu machen, schließen sich einige der wenigen noch aktiven Superwesen zusammen, um die Bedrohung zu stoppen.
CAPTAIN AUSTRIA Jr., Sohn des legendären Führers der „Wiener Wächter“ Captain Austria, die übermenschlich starke Wrestlerin LADY HEUMARKT mit ihrer undurchdringlichen Haut, das sagenumwobene Wasserwesen DONAUWEIBCHEN und der geheimnisvolle BÜROKRAT stellen sich der zuerst unüberwindlich scheinenden Aufgabe. Und machen sich auf die Suche nach dem Monster, nach alten Verbündeten und nicht zuletzt nach Antworten...
(Klappentext)

Der vorliegende Sammelband beinhaltet die ersten vier Einzelcomics mit ihren Nebenstorys und enthält somit 144 Seiten geballte ASH-Ladung. Hier wird der Anfang der neuen WIENER WÄCHTER erzählt - ASH wurde geboren.

In dieser Rezension gehe ich auf alle vier Storys etwas näher ein, mit Erwähnung der verschiedenen IllustratorInnen. Es wird spannend!!

">>Überfall auf junge Frau direkt vor der Karlskirche! Einsatzkräfte halten ein Echsenwesen in Schach, scheinen aber nicht in der Lage, es zu überwältigen!<<
>>Hä?! Woher weiß er das?<<
>>Nojo, der Magister hat so eine Art Radio im Schädel. Damit kann er Funkwellen empfangen, auch den Polizeifunk.<<"


-------

1 "Wiener Blut - Rückkehr der Helden Teil 1

Autor: Harald Havas; Pencils: Andi Paar; Inks: Thomas Aigelsreiter; Colors: Thomas Aigelsreiter, Andi Paar, Frans Stummer

Ein Monster streift seit Kurzem durch Wiens Gassen. Die bevorzugten Opfer sind telefonierende Frauen. Für den Superhelden CAPTAIN AUSTRIA Jr. ist es daher an der Zeit sich endlich mit etwas Größerem als Kleinkriminellen und Patrouillengängen zu widmen. Endlich ist wieder ein wahrer Superheld gefragt, denn die Polizei ist völlig überfordert.
CAPTAIN AUSTRIA Jr. schreitet also hochmotiviert zur Tat und freut sich wie ein Wiener Schnitzel endlich zu zeigen was in ihm steckt.
Das Ganze hat er sich jedoch leichter vorgestellt als es ist, denn dieses Monster scheint eine Art Basilisk zu sein und ist auch noch stärker als er. Wenn ihm seine Superhelden-Kollegin DONAUWEIBCHEN nicht geholfen hätte, würde er nun bei den Fischen liegen und die Superhelden-Karriere hätte geendet, bevor sie überhaupt begonnen hätte. Er muss also zu härteren Bandagen greifen und ruft alle Superhelden Wiens zusammen.
Leider sind das nicht mehr gerade viele. Einzig die alte Freundin seines Vaters LADY HEUMARKT und diese schleppt noch diesen geheimnisvollen BÜROKRATEN an. Ob sie es nun zu viert schaffen dieses Urvieh zur Strecke zu bringen?

"Wiener Blut" dient vor allem erstmal dazu einem die Superhelden vorzustellen und daher kommt es zwar zu einem spannenden Kampf zwischen den Wiener Wächtern und dem Basilisken, doch dieses Biest konnte fliehen und somit endet die Story mit einem riesigen Cliffhanger.

Im Anschluß gibt es einen Kurzcomic mit dem Titel "Lady Heumarkt - Schatten der Vergangenheit". In diesem erfährt man wie diese knallharte, feministische, fluchende und rauchende Catcherin zu dem wurde was sie ist.
(Autor: Harald Havas; Pencils/Inks: Lenny Großkopf; Colors: Verena "Nudl-Monster" Loisel)

---------

2 "Die Macht des Dr. Phobos - Rückkehr der Helden Teil 2"

Autor: Harald Havas; Pencils/Inks: Michael Liberatore, Lenny Großkopf, Andi Paar; Colors: thomas Aigelsreiter, Andi Paar, Lisa Heschl, Frans Stummer; Lettering: Thomas Aigelsreiter

Der Basilisk muss unbedingt gefunden werden und dafür brauchen unsere Helden das voll ausgestattete multifunktionale Hauptquartier "SOCRATES", der einstige Unterschlupf der damaligen WIENER WÄCHTER.
Dafür muss CAPTAIN AUSTRIA Jr. jedoch Kontakt mit seinem Vater aufnehmen, um den Schlüssel von ihm zu bekommen. Der einstige CAPTAIN AUSTRIA ist jedoch in Superhelden-Rente und die Vater-Sohn-Beziehung ist nicht die Beste.
Als ob das nicht schon genug wäre, treibt sich auch noch ein Schurken-Opa in Wien herum. Er nennt sich Dr. Phobos und seine Superkraft ist mentale Manipulierung und diese zieht er aus einem Spazierstock, den er aus der ehemaligen Praxis von Sigmund Freud geklaut hat.
Den Basilisken erwischen die Superhelden zwar nicht, aber trotzdem geht es hier hoch her.

In der anschließenden Nebenstory "Der erste Mann" ist man bei der Entstehung des ersten CAPTAIN AUSTRIA dabei. Gezeichnet im herrlichen Oldschool-Stil inkl. vergilbter Comic-Optik.
(Autor: Harald Havas; Pencils/Inks/Colors: Leo Koller)

-----------

3 "Mission Graz: Alarm für Cap & Co - der Basilisk schlägt wieder  zu

Autor: Harald Havas; Pencils/Inks/Lettering: Jörg Vogeltanz; Colors: Lisa Heschl; Dialektcoach Steirisch/Grazerisch: Leo Lukas

Endlich haben unsere WIENER WÄCHTER eine Spur, wo sich der Basilisk befindet, nämlich in Graz. Also nix wie hin! Doch auch dort entwischt das Monster wieder. Sie benötigen also die Hilfe eines Grazers. Dieser ist niemand Geringeres als der GRÜNE PANTHER, ein Verbündeter des alten CAPTAIN AUSTRIA aus alten Superhero-Zeiten. Seine Superkraft ist ... wie soll man das am besten erklären? Also es sprüht nicht nur Feuer aus seinen Fingern, sondern auch aus seinem Allerwertesten. Wenn man also einen Furz von ihm abbekommt, dann kann es sein, dass man unter Feuer steht und er braucht dafür nicht mal ein Feuerzeug.
Langweilig wird es auch hier nicht und man kommt hinter ein Geheimnis den Basilisken betreffend.

Im anschließenden Kurzcomic "Helden von heute" begegnet man nicht nur dem DONAUWEIBCHEN, sondern auch Falco. In die Vergangenheit der WIENER WÄCHTER wird ebenfalls geblickt und was musste ich da erfahren? Der Walzerkönig war auch einst ein Superheld und Mitglied der WIENER WÄCHTER!! Na wumm!
(Autor: Harald Havas, Pencils: Andi Paar; Inks/Lettering: Thomas Aigelsreiter; Colors: Thomas Aigelsreiter, Andi Paar)

-----------

4 "Das letzte Aufgebot - Entscheidung im Wiener Prater - Der Wiener Rathausmann greift an"

Autor: Harald Havas; Pencils: Andi Paar; Inks/Lettering: Thomas Aigelsreiter; Colors: Thomas Aigelsreiter, Andi Paar, Frans Stummer

Der Basilisk treibt noch immer sein Unwesen! Wie soll man sich da einen Namen als neues Superhelden-Team machen, wenn man dem nicht Herr wird? Da müssen nun größere Geschütze aufgefahren werden und somit betritt ein neuer Superheld die Bühne, bzw. muss dieser aktiviert werden.
Der Häupl (ehemaliger Wiener Bürgermeister) ist darüber gar nicht erfreut und lässt seinen Veltliner schal schmecken. Immerhin wollen die WIENER WÄCHTER den RATHAUSMANN aufwecken.
Diese eiserne Statue ist zwar unverwundbar und ein Gentleman alter Schule, aber auch äußerst patschert (=ungeschickt). Da kann es schon passieren, dass die Reichsbrücke zu Bruch geht.
Mit seiner Hilfe soll es nun endlich zur letzten und alles entscheidenden Schlacht kommen. Schaffen es unsere Superhelden diesmal den Basilisken aus der Welt zu schaffen?

Im Anschluß gibt es diesmal gleich zwei Kurzcomics:

In "Stimmen" wird auf den Werdegang des BÜROKRATEN eingegangen. (Autor: Harald Havas; Pencils/Inks/Lettering: Michael Wittman; Colors: Lisa Heschl)
In "Wellen" hat das DONAUWEIBCHEN die Hauptrolle. (Autor: Harald Havas; Pencils/Inks/Lettering/Colors: Lisa Heschl)

-----------

Diese Sammelband enthält nicht nur Storys, wobei jede von verschiedenen Comic-Zeichnern und -Zeichnerinnen illustriert wurden, sondern auch die unterschiedlichen Cover-Varianten der Einzelhefte, Einblicke in das Making-Of anhand von Skizzen, Entwürfe von Covers und die Entstehung der Austrian Superheroes.

Es ist also ein Schmankerl durch und durch und mir fiel eine Newcomerin ganz besonders ins Auge - Lisa Heschl. Ihren Stil finde ich umwerfend. Ihre Illustrationen wirken teils wie gemalt und mit Airbrushtechnik. Ich bin hin und weg.
Doch mich konnten die Ideen und Storys bereits von Anfang an begeistern. So herrlich anders, so unglaublich atmosphärisch, genial spannend und der Humor kommt auch nicht zu kurz.
Meine Erwartungen wurden übertroffen und ich war gespannt, ob dieses Niveau gehalten werden kann. Achtung Spoiler! - Ja, es kann und es wird.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 17.08.2020

Gelungener Finalband der Trainspotting-Reihe mit typischen Brainfuck-Momenten à la Welsh.

Die Hosen der Toten
0

Beruflich läuft es gar nicht mal schlecht für Mark Renton. Als Manager erfolgreicher DJs reist er um die Welt. Die Kohle stimmt. Warum fühlt es sich trotzdem nicht richtig an? Eine Zufallsbegegnung mit ...

Beruflich läuft es gar nicht mal schlecht für Mark Renton. Als Manager erfolgreicher DJs reist er um die Welt. Die Kohle stimmt. Warum fühlt es sich trotzdem nicht richtig an? Eine Zufallsbegegnung mit seinem einstigen Weggefährten Franco Begbie reißt ihn aus seinem Trott. Verdammt noch mal, das Leben hat doch mehr zu bieten! Bald findet sich Mark in einer Welt wieder, die er längst hinter sich geglaubt hatte: in den dreckigen Straßen einer verachtenswerten schottischen Kleinstadt ... (Klappentext)

✵✵✵✵✵

"Ich bin völlig im Arsch, habs tierisch im Rücken. Ich stehe kurz vor einer ausgewachsenen Panikattacke, und Don Promillo neben mir hört nicht auf zu labern, überträgt seine Panik aufs ganze Flugzeug. Ich glotz konzentriert in meine Zeitschrift, ring nach Luft und bete, dass die Pillen bald wirken."
(S. 11)


Wie im Zitat geht es wohl jedem mal von uns im Leben, doch bei unseren Trainspotting-Jungs aus Edinburgh scheint das nicht nur eine Metapher, sondern der Leitsatz des Lebens zu sein. Wenn es bei denen scheiße läuft, dann richtig und dann hilft auch keine Pille - nicht das sie das nicht versuchen würden.

Die Leith-Jungs sind nun schon lange keine Jungs mehr, sondern mittlerweile Mitte 40. Sie sind zwar erwachsen, doch nicht wirklich reifer und das Leben verläuft auch nicht unbedingt nach Plan, so sehr sie sich das auch einreden.
Mark Renton lebt im sonnigen Kalifornien und jettet MDMA-einschmeißend und koksend als DJ-Manager durch die Weltgeschichte. Doch das hört sich besser an als es ist, denn er muss jeden beschissenen Tag Kindermädchen für seine DJ's spielen, die sich wie verwöhnte Kinder auf Zuckerschock benehmen.
Frank Begbie, ebenfalls in Kalifornien lebend und einst größter Wichser von Edinburgh mit psychopathischen Anlagen, scheint jedoch sein Leben tatsächlich in den Griff bekommen zu haben. Freischaffender Künstler, verheiratet und Vater zweier Töchter. Doch auch bei ihm läuft nicht alles rund. Ein suspendierter Cop hat ihn im Visier und möchte ihm einen Mord anhängen. Ist Begbie wirklich ein anderer geworden und lässt er diese Verleumdung auf sich sitzen, oder schlummert der alte Psychopathen-Begbie noch in ihm?
Simon aka Sick Boy lebt in London und ist dem Pornogeschäft sozusagen treu geblieben. Er betreibt ein Escord-Service, hat einen Sohn, vögelt noch immer wild durch die Gegend und ist auch weiterhin Drogen wie Ecstasy und Koks nicht abgeneigt. Weiters ist er immer noch der egoistische Arsch wie eh und je, mit einer Sensibilität eines Traktorreifens und mit einem Talent anderen das Leben zu versauen.
Spud hat es so richtig scheiße getroffen. Von den Drogen nie weggekommen verdient er sich sein täglich Brot mit Betteln auf Edinburghs Straßen. Als ob es nicht schon schlecht genug für ihn laufen würde, geht er einen Deal ein. Diesmal hat es jedoch nichts mit Drogen zu tun. Ob illegaler Organhandel da besser ist, um an Geld zu kommen?
Wie es der Zufall will treffen die großen Jungs aufeinander, eins führt zum Anderen und schon sitzen alle zusammen wieder gehörig in der Scheiße.
Misstrauen, Drogen, Alkohol und sich gegenseitig übertrumpfen zu wollen macht das Ganze nicht besser und wer diese Buchreihe kennt, kann sich denken was einem hier erwartet.

"Wer zeit seiner Jugend in ner Brühe aus Gumley-Mittelmaß mariniert wurde, einem faden Sud aus Sozialbauten, die so grau in grau sind, dass sie in dieser eintönigen Umgebung nicht mal mehr unangenehm auffallen, aus versnobten, aber trotzdem beschissen aussehenden Bungalows und den Mietskasernen von Dalry, diesem dunklen Gorgie-Tumor am Arsch der Stadt, der is für den Rest seines Lebens von einem nie wieder zu entfernenden Schandfleck moralischer Schwäche gezeichnet." (S 238)

Man liest hier wieder aus verschiedenen Perspektiven und taucht so in das Leben der jeweiligen Protagonisten ein. Im Verlauf trifft man auf alte Bekannte, wie z.B. Mikey Forrester, Terry oder Carl Ewart aka N-Sign, die manche eventuell aus "Klebstoff" kennen.
Die Jungs sind, wie schon erwähnt, erwachsener geworden, jedoch kein bisschen weiser. Sie stolpern von einem Kackhaufen in den nächsten. Zunächst jeder in seinen eigenen, bis sich die einzelnen Handlungsstränge im Verlauf zu einem großen Haufen Scheiße verbinden in dem alle bis zum Hals drinstecken. Alles ins Laufen gebracht durch einen kleinen Dominostein, der zu einer Kettenreaktion führt.
Die Jungs haben, wie immer, ihre ganz eigene Art mit Problemen umzugehen, zu agieren und zu reagieren, denn Leith-Jungs bleiben Leith-Jungs. Dabei kommt es zu einigen überraschenden Wendungen und natürlich zu spannenden und vor allem auch skurrilen Szenen.

"...für die guten Dinge scheinst du immer weniger Zeit zu haben, denn ständig hast du irgendnen Scheiß am Hals, also gehst du dazu über, dich nen feuchten Kehricht um den Kack anderer Leute zu kümmern - der überrollt dich nämlich, wenn du ihm zu viel Platz einräumst - du lehnst dich zurück und glotzt POP IDOL - natürlich mit ironischer Distanz, nicht geizend mit überheblicher Kritik und höhnischer Verachtung - aber gelegentlich, nur gelegentlich, reicht das nicht, um diese komische überwältigende Stille zu übertönen, und plötzlich hörst du es, dieses leise Zischen im Hintergrund - das ist das Geräusch deiner verpuffenden Lebensenergie..." (s. 20)

Dies ist der finale Band der Trainspotting-Reihe rund um die Leith-Jungs Renton, Sickboy, Begbie und Spud. Genau als solches sollte dieses Buch auch gelesen werden, denn für Trainspotting-Neueinsteiger ist es nicht geeignet.
Als ich erfuhr, dass dieses Buch erscheint, habe ich sogleich die gesamten Bände dieser Reihe aus meinem Regal gekramt und gönnte mir einen ReRead. Diesmal in chronologischer Reihenfolge und dieses Leseerlebnis war absolut abgefahren und kann ich nur empfehlen (im Anschluß folgt die chronolog. Reihenfolge).
Nicht nur weil man auf diese Art die Jungs von ihrer Jugend an begleitet, ihnen beim Erwachsenwerden (oder auch Nicht-Erwachsenwerden) zusieht und dadurch einen intensiveren Bezug zu deren Lebensgeschichte erhält, sondern den Autor Irvine Welsh beim schriftstellerischen Wachsen zusehen kann.
Wie auch die Leith-Jungs wurde der Autor "erwachsen" ohne dabei seinen speziellen Schreib- und Erzählstil zu verlieren.

"Flankiert von seinem medizinischen Team, bestehend aus Youssef und Enan, bemüht er sich fieberhaft, in dieser letzten Wendung der grauenvollen Geschehnisse der vergangenen Tage einen Sinn zu erkennen, aus diesem Armageddon seines Lebens eine Erkenntnis zu gewinnen. Er versucht den Wendepunkt zu finden, jenen Moment, ab dem alles den Bach runterging."
(S. 266)


Wer bereits Bücher von Irvine Welsh gelesen hat weiß, dass es bei ihm keinesfalls zimperlich zugeht. Derbe Sprache, manchmal im typischen Gossen-Slang, gepaart mit Gesellschafts- und Sozialkritik. Hier wird einem die Gesellschaft in ihrer derbsten und auch direktesten Form vor Augen geführt, daher sind hier Sexismus und Political Incorrectness ebenso enthalten, wie auch Drogenkonsum und Sex. Gleichzeitig lässt einem so manche Situationskomik schmunzeln oder böse grinsen, während sich einem zwischen den Zeilen eine unglaubliche Tiefe im literarischen Hochgenuss offenbart.
Es erwartet einem hier also eine wahre Gefühlsachterbahn, welche sich durch Ekel, Empörung, Lachen und gespanntes Luftanhalten in der Mimik abzeichnet. Bei einer Szene verdrückte ich sogar ein paar Krokodilstränen, obwohl ich alles andere als nah am Wasser gebaut bin.
Übrigens hat hier der Übersetzer Stephan Glietsch wieder einmal hervorragende Arbeit geleistet.

Wie immer bei Welsh spielt auch hier Musik eine wichtige Rolle und man taucht in eine Story ein, die einem mit Songs umspült, die einem nicht nur in die Techno-Szene der 2000er, sondern auch in die 80er und 90er entführt.

Fazit:
Es hat Spaß gemacht mit den Jungs wieder durch die Straßen zu ziehen und ihnen dabei zuzusehen, wie sie sich immer tiefer in die Scheiße reiten. Natürlich gibt es auch hier wieder die typischen Brainfuck-Momente à la Welsh.
Es ist für mich also ein würdiges und gelungenes Finale der Trainspotting-Reihe, welches ich in kürzester Zeit verschlang. Doch Welsh wäre nicht Welsh, wenn er sich am Ende nicht doch eine kleine Hintertür offen gelassen hätte. Man darf also durchaus gespannt sein, ob und wann die ein oder andere Trainspotting-Figur in einem zukünftigen Welsh-Roman ihren Auftritt hat, oder ob es nicht doch irgendwann einen 5. Band der Reihe gibt. Ich persönlich hätte nichts dagegen.

© Pink Anemone (inkl. Book-Soundtrack, Leseprobe, Bilder und ausführlicher Autoren-Info)

Chronologische Reihenfolge:

"Skagboys" (2013)
"Trainspotting" (1996)
"Porno" (2004)
"Kurzer Abstecher" (2017) Eine Begbie-Story, welche auch unabhängig gelesen werden kann
"Die Hosen der Toten" (2020)


  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 12.08.2020

Phantastik / Eine Mischung aus Familiendrama, Lovecraftschen Peter Pan und Coming-of-Age

Das Haus der finsteren Träume
0

Die USA in den 1960er-Jahren: Harry Turner, ein geradezu fanatischer Verehrer von H. P. Lovecraft, macht sich an die Verwirklichung eines gewaltigen Vorhabens. Auf seinem Grundstück soll ein Geisterhaus ...

Die USA in den 1960er-Jahren: Harry Turner, ein geradezu fanatischer Verehrer von H. P. Lovecraft, macht sich an die Verwirklichung eines gewaltigen Vorhabens. Auf seinem Grundstück soll ein Geisterhaus entstehen, und zwar das größte und unheimlichste, das Amerika je gesehen hat. Harrys komplette Familie arbeitet an dem Projekt mit, obwohl seine pragmatisch veranlagte Frau und seine beiden Töchter die Augen vor der gruseligen Wahrheit verschließen: Die Monster, die im Geisterhaus der Turners ihr Unwesen treiben, sind echt. Der einzige, der diese Tatsache akzeptiert, ist der jüngste Turner-Spross Noah. Doch als er eines Tages beschließt, den Ungeheuern die Tür zu öffnen, wird das Leben der Turners zum Albtraum ... (Klappentext)

✧✧✧✧✧

"Hier werden die Wände dünn, die Verwirrung nimmt zu. Es gibt Türen, wo früher nur Wände waren, und wo Licht brannte, greifte die Dunkelheit um sich. Der einzige Weg nach draußen führt hier hindurch auf die andere Seite."
(S. 200)


Ich möchte gleich einmal damit beginnen, dass der Klappentext irreführend ist und daher völlig falsche Erwartungen weckt. Aufgrund dessen habe ich nämlich mit einer spannenden und gruseligen Horrorstory über ein Spukhaus mit grauenerregenden Monstern gerechnet.
Ja, es kommt ein Spukhaus vor, jedoch nur am Rande. Im Grunde ist es auch kein Spukhaus, sondern nur ein Hobby und eine Einnahmequelle für die Familie. Und Ja, es kommt ein Monster darin vor, jedoch keineswegs grauenerregend und angseinflößend. Ergo - es ist definitiv kein Horrorroman!
Obwohl meine Erwartungen diesbezüglich nicht erfüllt wurden, habe ich dieses Buch innerhalb von zwei Tagen verschlungen.
Doch um was geht es denn nun in diesem Roman?

Es begann alles mit der Begegnung von Harry und Margeret. Harry, ein Büchernarr, Fan von Horrorfilmen und vor allem Horrorromanen und glühender Lovecraft-Bewunderer. Er arbeitet bei McDonalds und kümmert sich nebenher um seine schizophrene Mutter. Margeret hingegen kommt aus gutem Hause, studiert und ihre Eltern wünschen sich für sie eine gute Partie und somit finanzielle Sicherheit.
Margeret wirft ihre sichere Zukunft über Bord, um mit ihrer großen Liebe, dem Büchernerd Harry, ein einfaches aber glückliches Leben zu führen. Es scheint auch alles gut zu laufen. Sie leben in einem kleinen Haus, Margeret hat ihr Studium hingeschmissen und ist nun Hausfrau und Mutter zweier Mädchen, die vom Charakter und Temperament her nicht unterschiedlicher sein könnten.
Doch plötzlich beginnt sich Harry zu verändern und sich seltsam zu benehmen. Er möchte sich auf Biegen und Brechen einen Kindheitstraum von einem Spukhaus im eigenen Garten erfüllen - eine Attraktion für die Nachbarn, ähnlich einer Geisterbahn. Er steckt all seine Energie und alles Geld in diesen Wunschtraum, scheint wie besessen. Auch Margaret ist nicht mehr glücklich in ihrer Ehe und ihrer Rolle als Hausfrau und Mutter.
Hier scheint das Schicksal seinen Lauf zu nehmen und zwar keinen guten. Das einzig halbwegs Gute, was dann noch passierte, war die Geburt ihres Sohnes Noah.
Doch sah Margaret nicht schon viel früher das Monster an ihr Fenster klopfen?

"Das Kratzen am Fenster war so sachte wie ein sanfter Stupfs gegen die Schulter. Wäre ich älter oder vorsichtiger gewesen, oder hätten die Erwachsenen in meiner Kindheit besser auf mich achtgegeben, dann hätte ich mir vielleicht Sorgen gemacht, dort draußen erwischt zu werden. Aber ich war daran gewöhnt, unsichtbar zu sein, und es fiel mir sowieso schwer, mir wegen irgendetwas Sorgen zu machen, sobald mein Freund da war."
(S. 169)


Noah ist der Erzähler dieser Geschichte und man begleitet ihn über mehrere Jahrzehnte hinweg.
Mit ihm taucht man in eine Familiengeschichte voller Abgründe ab. In eine Familie, in der jeder mit sich selbst beschäftigt und mit seinen eigenen Problemen und inneren Dämonen zu kämpfen hat.
Und auch Noah sieht das Monster, freundet sich mit diesem jedoch an. Diese Kreatur wird zu seinem einzigen Freund, hilft ihm mit einigen Schicksalsschlägen zurechtzukommen und öffnet ihm das Tor zu einer anderen Welt - im wahrsten Sinne.

"In einer Familie zu leben, die unter einem Verlust leidet, an den man sich selbst nicht erinnern kann, ist ungefähr so, als säße man im Kino hinter einem großen Menschen. Rundherum lachen oder weinen die Zuschauer und reagieren irgendwie, aber man hat keine Ahnung, was da vorne los ist."
(S. 145)


Wie man eventuell erkennen kann, fällt es mir schwer eine aussagekräftige Inhaltsangabe zu schreiben, denn es ist eine komplexe Story, die so viel mehr enthält und welche sich erst am Ende vollends entfaltet.
Es ist kein Horrorroman, sondern eine Story, welche dem Subgenre Phantastik zugeordnet werden kann.
Eine Story in der ein Wesen die Familie von Beginn an zu verfolgen scheint und das mysteriöse Verschwinden von Kindern in der Umgebung der Turners beinhaltet.
Es ist aber auch gleichzeitig eine Geschichte über eine Familie in der Geheimnisse und das Schweigen innerhalb einer Familie, Verdrängung und das Flüchten in eigene Welten ebenso thematisiert werden, wie auch gleichgeschlechtliche Liebe und der Kampf um Akzeptanz. Aber auch Krebs, Depression und Suizid sind Inhalt der Story. Daher kommt das Buch auch nicht gänzlich ohne Triggerwarnung aus.
Und überall begegnen einem H.P. Lovecraft und seine Geschichten. Er scheint der rote Faden dieser Story zu sein - er und sein Tor zur Anderswelt.

"Da erhellt ein Blitz, der anscheinend im Park einschlug, den grauen Tag. In diesem Moment wirkt der Absprungplatz wie ein riesiger pechschwarzer Turm, so glatt wie Vulkanglas, der sich in den flüchtig erhellten Himmel reckt. Die Oberfläche sieht ölig und schmierig aus wie frischer Teer."
(S. 358)


Der Schreibstil ist einfach und flüssig und die Erzählweise äußerst packend. Doch vor allem besticht die Story durch seine bedrückende Atmosphäre, welche einem von Anfang bis Ende umgibt wie dichter Nebel, der sich erst am Ende zurückzieht und einem die Story als Ganzes verstehen lässt.

Fazit:
Dieses Buch enthält keinen Horrorroman, sondern eine Mischung aus Familiendrama, Lovecraftschen Peter Pan und Coming-of-Age. Gleichzeitig ist es eine Story der modernen Phantastik, eine Hommage an H.P. Lovecraft und allgemein eine Hommage an Bücher.
Diejenigen, welche also furchteinflößenden Geisterhorror erwarten, wie der Klappentext durchaus suggeriert, werden enttäuscht sein. Doch wer bereit ist, sich auf die Story und die Phantastik einzulassen und auch Geduld mitbringt, dem kann es durchaus passieren, sich in der Story zu verlieren.


">>Kommen Sie sich nicht albern vor? Sollten Sie nicht eher Bücher für Erwachsene Lesen?<<
>>Ich halte Horrorgeschichten für die wichtigsten Bücher der Welt<<, entgegnete er."
(S. 39)



© Pink Anemone (inkl. Leseprobe und Autoren-Info)

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 29.07.2020

Kannibalen-Horror - blutig, brutal und für mich leider schon zu sehr ausgelutscht.

Beutezeit
0

Drei junge Paare wollen eine Urlaubswoche in einem abgelegenen Ferienhaus an der amerikanischen Ostküste verbringen. Was sie nicht wissen: Die Gegend wird von einer Gruppe Verwahrloster heimgesucht, die ...

Drei junge Paare wollen eine Urlaubswoche in einem abgelegenen Ferienhaus an der amerikanischen Ostküste verbringen. Was sie nicht wissen: Die Gegend wird von einer Gruppe Verwahrloster heimgesucht, die unter primitivsten Bedingungen leben und Urlauber nur als Beute betrachten. Die Jagd beginnt …
Jack Ketchums brillanter Debütroman gilt schon lange als Klassiker der Horrorliteratur. Sein entlarvender Blick auf die Grundmauern unserer Gesellschaft ist ein schockierender Kommentar auf die Frage, wo Menschlichkeit und Zivilisation aufhören und die Herrschaft ungezügelter Brutalität beginnt...
(Klappentext)

☠☠☠☠☠

Ich habe mir von diesem Buch wohl etwas zu viel versprochen, immerhin gilt Jack Ketchum als einer der Pioniere des modernen Horrorromans der 80er Jahre.
Obwohl es durchaus ekelerregende, grauenhafte und äußerst blutige Szenen gab, konnte ich diesen Horrorroman nicht wirklich ernst nehmen. Dies lag vor allem an dem typisch amerikanischen Horror-Klischee, und das die Story daher natürlich nicht ohne Sex auskommt.

Das Thema "Kannibalismus durch Wilde" ist für mich schon ziemlich ausgelutscht, wobei dies keinesfalls die Schuld des Autors ist. Immerhin schrieb er das Buch schon in den späten 70ern.
Andere Autoren und Filmemacher versuchten ihn, aufgrund des Erfolgs, natürlich zu kopieren. Vor allem die Filmreihe "Wrong Turn" blitzte bei mir während des Lesens immer wieder in meinen Gedanken auf.

Nicht ernst nehmen konnte ich den Roman schon allein aufgrund der Figuren nicht.
Nicht nur das sie für mich allzu blass daherkamen, störte mich zusätzlich, dass hier von den späteren Opfern jeder auf jeden geil war - selbst in einer schockierenden und an und für sich traumatisierenden Szene. Als ob man die körperlichen Vorzüge und vor allem die Titten einer Freundin bewundert, während man Gefahr läuft von einer Familie Wahnsinniger niedergemetzelt und gebraten zu werden. Joa klar, wenn mir einer mit einem Hackebeil nachläuft, kann ich natürlich auch nicht den Blick vom Knackarsch des Freundes meiner Freundin wenden und mir dabei einen geilen Fick vorstellen. Scheiß auf die Gefahr durch Kannibalen (man stelle sich hier mein genervtes Augenrollen vor).
Ein paar Logikfehler führten dann noch zusätzlich zu einem Kopfschütteln bei mir. Ein Wunder, dass ich danach kein Schädel-Hirn-Trauma hatte, während mir die Augen stecken blieben.

Der Schreibstil ist äußerst einfach gehalten und flüssig und es gibt durchaus mehrere spannende Szenen und überraschende Wendungen. Daher huschte ich trotz der oben genannten Mankos durch das Buch.

Was mich jedoch besonders begeistern konnte war das Ende, denn es gibt kein Happy End im eigentlichem Sinne ... es gibt keine Gewinner. Dadurch ist das Ende authentischer als der ganze Rest, denn der Lauf des Lebens spielt sich meist genau so ab. Das Leben ist eben kein Pony-Hof und auch nicht gänzlich ohne Kannibalismus.
Da Romane, egal welchen Genres, meist mit einem glücklichen Ende enden, begrüßte ich nahezu das Ende von "Beutezeit", welches gerade dadurch aus den vielen (Horror-)Romanen hervorsticht. Und somit beende ich meine Kurzrezension mit diesem Zitat:

">>... Ein dicker alter Cop riskiert nachts im Wald seine Haut, und dann muss er sich so was von seinen Kollegen bieten lassen. Ich sag dir, Sam, die Zivilisation stinkt.<<
>>Keine Ahnung. Bis jetzt ist sie mir noch nicht über den Weg gelaufen.<<"
(S. 237)


Fazit:
Obwohl mich der 1. Band der Beute-Reihe nicht sonderlich vom Hocker reißen konnte, werde ich mir wohl auch die zwei Folgebände gönnen. Immerhin konnte mich der Autor trotz der Mankos an der Stange halten, sodass ich das Buch in einem Rutsch gelesen habe. Ich könnte mir in den Arsch beißen diese Reihe nicht schon früher gelesen zu haben, trotz des ganzen Ami-Horror-Klischee-Mist.

© Pink Anemone

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere