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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 09.10.2017

Viel Potenzial verschenkt!

Ein Sommer in Corona del Mar
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Ich muss direkt mal vorneweg sagen, dass ich so gar nicht nachvollziehen kann, wieso dieses Buch für die zwei oben genannten Preise nominiert wurde. Ich habe auch einige Rezensionen gelesen, die das Buch ...

Ich muss direkt mal vorneweg sagen, dass ich so gar nicht nachvollziehen kann, wieso dieses Buch für die zwei oben genannten Preise nominiert wurde. Ich habe auch einige Rezensionen gelesen, die das Buch als hochwertige, literarische Unterhaltung anpreisen, das kann ich ebenfalls nicht nachvollziehen. Ich erkläre auch gerne, wieso.

Der Schreibstil ist zwar teilweise drastisch, aber immer nur wenn etwas geschieht, das für die Geschichte wichtig ist, oder eine Wendung bringt. Der Rest des Romanes plätschert so dahin, die Geschichte wurde deshalb für mich so zäh, dass ich mehrere Male kurz davor war, den Roman abzubrechen. Der Stil hat also bei Weitem für mich nicht ausgereicht, um die Handlung voran zu bringen.

Was ebenfalls viel Potenzial verschwendet hat, ist die Umsetzung der Geschichte. Durch den Klappentext habe ich zu Anfang eine Geschichte über eine Freundschaft zwischen zwei Mädchen erwartet, die sich irgendwann aus den Augen verlieren und als Erwachsene wiedersehen. Die Freundschaft zwischen Mia und Lorrie Ann existiert aber eigentlich nur während der Schulzeit, und die wird zu Anfang des Romanes viel zu schnell abgefrühstückt, ich hatte sodass Gefühl, dass dieser Abschnitt nur geschrieben wurde, damit der Rest sich entwickeln kann. Auch später sehe ich von einer Freundschaft wenig, außer, dass man sich alle fünf Jahre mal sieht.

Durch diese Umsetzung der Geschichte war es mir auch nicht möglich, die Protagonistinnen Mia und Lorrie Ann gut kennenzulernen. Sie sind meiner Meinung nach sehr flach und schlecht greifbar. Zu Anfang wird kurz erzählt, wie die beiden und ihre Familien sich unterscheiden, leider war das alles. Das, gepaart mit dem langweiligen Schreibstil hat für mich nicht ausgereicht, um mir im Kopf eine dreidimensionale Figur zusammen zu spinnen.

Es tut mir so leid, dass ich hier nicht viel Gutes sagen kann, aber noch nicht einmal das Ende der Geschichte hat mir gefallen. Ich kann Lorrie Anns Reaktion überhaupt nicht nachvollziehen, deswegen lässt mich der Roman sehr unzufrieden zurück.

Ich kann deshalb hier leider auch keine Empfehlung aussprechen, denn weder Cover, Titel, noch Klappentext halten meiner Meinung nach, was sie versprechen.

Veröffentlicht am 08.10.2017

Absolute Empfehlung!

Mein Russland
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Die Autorin erzählt in berührende Porträts die Geschichte von elf ganz unterschiedlichen Menschen, die sie im Laufe ihrer Karriere in Russland getroffen hat.

Für mich war es sehr interessant, bereits ...

Die Autorin erzählt in berührende Porträts die Geschichte von elf ganz unterschiedlichen Menschen, die sie im Laufe ihrer Karriere in Russland getroffen hat.

Für mich war es sehr interessant, bereits in dem Vorwort der Autorin zu lesen, dass Russland selbst für seine Bewohner meistens unbegreiflich ist. Hier war das angeführte Zitat von Fjodor Tjuttschew sehr passend: " Man kann Russland mit dem Verstand nicht erfassen, sondern nur an das Land glauben." Darüber denke ich noch immer oft nach, obwohl die Lektüre schon wochenlang beendet habe.

Ich will hier gar nicht so viel von den einzelnen Personen erzählen, aber eine Person ist mir besonders im Gedächtnis geblieben: Wassiliy Slonow, ein Künstler. Sehr gut hat mir allerdings der sarkastische Humor des Künstlers gefallen, anders kann man wohl auch nicht mit solchen "Zuständen" umgehen. Ich war hier wirklich sehr erschrocken, in welchem Ausmaß der Künstler zensiert wird, indem zum Beispiel ständig seine Ausstellungen boykottiert werden, damit er ja seine Meinung nicht öffentlich kundtun und womöglich andere "anstacheln" kann. Doch er lässt dich davon nicht unterkriegen und kämpft immer weiter für sein Recht, seine Meinung durch seine Kunstwerke weiterhin zu vertreten, er will sich das partout nicht nehmen lassen und aufgeben kommt für ihn nicht in die Tüte.

Die Menschen, mit denen Carola Schneider gesprochen hat, sind zum Teil politisch engagiert, zum Teil aber auch ganz normale Menschen, wie zum Beispiel Bauern, ein junges Ehepaar, das für seine Selbstständigkeit gekämpft hat und Künstler. Mir hat hier sehr gut gefallen, dass die Menschen nicht nur Leute waren, die etwas zu sagen haben, sondern dass so ziemlich jede gesellschaftliche Schicht, bis auf die Oligarchen vertreten waren.

Zu jeder Reportage gibt es eine Einladung und ein Bild bzw. Bilder, die einem den Inhalt noch näher bringen, als es die faszinierenden Berichte sowieso schon tun. Dieses Buch habe ich mehrere Male durchgelesen und werde es sicher auch noch einmal tun. Das Einzige was mich sehr traurig gestimmt hat, ist, dass viele Vorurteile, die ich Russland gegenüber hatte, mehrfach bestätigt wurden.

Trotzdem eine absolute Empfehlung von mir für Leser, die sich für die Weltpolitik oder einfach nur für Russland an sich interessieren.

Veröffentlicht am 06.10.2017

Der Titel ist hier tatsächlich Programm!

Herzensräuber
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Wir lesen die komplette Geschichte aus Sicht von Zola, dem spanischen Straßenhund. Es war meine erste Geschichte dieser Art, denn ich habe mich immer geweigert, solche Bücher zu lesen, weil ich immer dachte, ...

Wir lesen die komplette Geschichte aus Sicht von Zola, dem spanischen Straßenhund. Es war meine erste Geschichte dieser Art, denn ich habe mich immer geweigert, solche Bücher zu lesen, weil ich immer dachte, sie sind zu kitschig und zu "süß", ich denke, du weißt, was ich damit sagen will. Hier hat mich aber der Klappentext derart begeistert, und ich habe das Buch angefordert.

Dieser Titel hat in der Geschichte eine besondere Bedeutung. Bevor ich begann zu lesen, dachte ich, damit sei Zola, der Hund, gemeint, wie er den Menschen, die ihm begegnen die Herzen raubt, aber das ist damit nicht gemeint. Was Herzensräuber wirklich bedeutet, musst du selbst nachlesen, die Überraschung möchte ich dir nicht wegnehmen, weil ich sie einfach großartig fand.

Bereits der Anfang hat mich gefesselt, denn wir erfahren, wie schwer Zolas Leben auf Spaniens Straßen ist, und mit welchen Problemen er zu kämpfen hat. Er ist auf der Straße gelandet, weil sein früheres Herrchen gestorben ist und sich danach niemand um den kleinen Spanier gekümmert hat, er wurde also sich selbst überlassen. Ich habe schon viele Reportagen diesbezüglich gesehen und kann daher sagen, dass er sein Leben sehr realistisch darstellt, hier wird nichts beschönigt oder dramatisiert. Das hat mir schon sehr gut gefallen.

Was mir fast das Herz gebrochen hat, war die Situation, als Zola auf Tobias trifft. Hier wurde Zolas innerer Konflikt, endlich jemand zu haben, der ihn liebhat, aber sich gleichzeitig zu fürchten geschlagen zu werden, sehr überzeugend geschildert. Ich hatte das Bedürfnis zwischen die Seiten zu fassen und Zola Mut zu machen, dabei sind mir auch die Tränen die Wange herunter gekullert. Das hat mir so weg getan, unglaublich. Ich kenne diese innere Zerrissenheit von mir, wahrscheinlich hat es mich deswegen so berührt, aber die Autorin schreibt auch sonst einfach großartig.

Was mich ebenfalls sehr berührt hat, war die Idee, den großartigen Geruchssinn der Hund mit in die Geschichte einzubeziehen. Das hat die Autorin meiner Meinung nach absolut großartig gemacht, indem sie Zola die Stimmungen der Leute erschnüffeln lässt, die das jeweilige Buch gelesen haben. Überhaupt ist Zola sehr sensibel, aber das sind Straßenhunde, die ein Zuhause finden tatsächlich sehr oft, mein Spanier war quasi die verkörperte Sensibilität.

Die Geschichte ist alles andere als klischeebehaftet, denn auch schwierige Themen wie häusliche Gewalt, Mobbing an Schulen und Demütigung durch Behörden werden in der Geschichte angesprochen. Originalität ist ebenso gewährleistet durch die originellen Figuren, die außer Tobias in der Geschichte eine Rolle spielen, die einen sind zauberhaft, die anderen weniger. Aber auch hier will ich nicht zu viel verraten, denn sonst würde ich auch viel von der Geschichte spoilern.

Der einzige Punkt, den ich zu beanstanden habe, ist, dass mir Zola in manchen Situationen dann doch zu menschlich gedacht hat, was anfangs nicht so der Fall war. Das fand ich ein bisschen schade, aber ansonsten kann ich das Buch jedem empfehlen, der Hunde mag und eine herzerwärmende Geschichte lesen möchte.

Veröffentlicht am 04.10.2017

New-Adult-Thriller

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Dieses Buch ist der erste Thrillerroman der Autorin und gleichzeitig der erste Roman von ihr, der sich mit dieser Thematik beschäftigt.

Die drei Protagonisten sind sehr gut ausgearbeitet worden, jeder ...

Dieses Buch ist der erste Thrillerroman der Autorin und gleichzeitig der erste Roman von ihr, der sich mit dieser Thematik beschäftigt.

Die drei Protagonisten sind sehr gut ausgearbeitet worden, jeder war auf seine Art und Weise unverwechselbar, vor allem in ihrer Denkweise. Und doch haben sie sich sehr geähnelt. obwohl sie dasselbe Schicksal und denselben Kulturkreis teilen. Das Einzige, was mich an den Figuren gestört hat, war, dass mir ihr Leben in Deutschland anfangs zu glatt war. Alle leben in einer Pflegefamilie, alle haben eine Ausbildung und alle verhalten sich rücksichtsvoll und nett. Ich kann das Anliegen der Autorin natürlich verstehen, mit Vorurteilen aufräumen zu wollen, ich bin selbst auch kein Fan davon, aber das hätte man meiner Meinung nach spannender umsetzen können.

Erzählt wird die Geschichte aus Sicht der drei Protagonisten Nasri, Hasan und Rami, jeweils mit Rückblenden in ihre Vergangenheit, was mir persönlich gut gefallen hat, aber auch hier hätte ich mir ausführlichere Rückblenden gewünscht, im Roman waren das immer nur so kurze Sequenzen, wodurch ich leider öfter aus dem Lesefluss gerissen wurde. Allerdings haben die Rückblenden mir auch die drei Jungs näher gebracht, weil ich sie besser verstehen konnte, weil ich um ihrer Vergangenheit wusste.

Das Erzähltempo der Geschichte gefällt mir sehr gut, es gibt keine Längen bzw. unnötige Passagen, Langeweile kam also zu keinem Zeitpunkt beim Lesen auf. Man kann deutlich merken, dass die Autorin sich mit dem Schreiben und dem Plotten einer Geschichte gut auskennt.

Der Schreibstil ist sehr flüssig, ich konnte immer alles gut verstehen, was die Autorin mitteilen wollte, die Dialoge waren jeweils an den Sprecher angepasst, sodass jeder seine eigene Stimme bekommen hat.

Am Ende des Thrillerromans gibt es ein Glossar, dass diverse arabische Ausdrücke und Redewendungen ins Deutsche übersetzt, außerdem wird der islamische Feiertag des Aschura-Festes näher erläutert. Außerdem wird der Mythos "72" erklärt, der Teil des Buchtitels ist.

Der Roman ist meiner Meinung nach ein New-Adult-Thriller, ich könnte mir ihn sogar gut als Schullektüre vorstellen. Ich habe ihn gerne gelesen und spreche hiermit eine Empfehlung aus für Thrillerfans dieser Zielgruppe und für Leute, die sich mit dem Thema "Radikalisierung" beschäftigen möchten.

Veröffentlicht am 03.10.2017

Absolute Empfehlung!

Geborene Freaks
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Dieses Buch ist ein Rezensionsexemplar aus dem btb-Verlag.

Die Freaks waren immer schon ein bisschen merkwürdig, aber niemand ahnt, dass sie von ihrer eigenen Großmutter verflucht wurden. Eigentlich ...

Dieses Buch ist ein Rezensionsexemplar aus dem btb-Verlag.

Die Freaks waren immer schon ein bisschen merkwürdig, aber niemand ahnt, dass sie von ihrer eigenen Großmutter verflucht wurden. Eigentlich hatte Oma nur vorgehabt, jedem ihrer Enkelkinder bei der Geburt eine spezielle Gabe mit auf den Weg zu geben. Diese »Geschenke« ihrer Großmutter stellen sich jedoch bald als Flüche heraus, die das Leben der jungen Freaks ruinieren. Als Großmutter im Sterben liegt, hat sie einen letzten Wunsch: Ihre Enkelin Angie soll ihr helfen, alle Geschwister in ihrem Krankenhauszimmer zu versammeln, um das Geheimnis um die gutgemeinten Flüche zu lüften ..

Andrew Kaufman ist Autor, Filmemacher und Radioproduzent. Mit seinem ersten Roman »Alle meine Freunde sind Superhelden« gelang ihm ein internationaler Überraschungserfolg. Zuletzt erschien bei btb »Geborene Freaks«. Kaufman lebt mit seiner Familie in Toronto.

Dieser fantasievolle Roman ist mein erstes Buch von Andrew Kaufman und ich hoffe, er schreibt noch viele weitere, tolle Geschichten. Ich habe die Geschichte sehr genossen, sie hat mich in eine andere Welt mitgenommen und aufgeheitert, als es mir nicht sehr gut ging.

Grob gesagt geht es hier um fünf Geschwister, die jeder für sich, und doch irgendwie zusammen, ihre Familiengeschichte aufarbeiten. Sie alle sind von ihrer Großmutter (von ihren Enkeln "der Hai" genannt), aus rein guter Absicht, mit einem Fluch belegt worden. Angie kann immer verzeihen, Lucy verirrt sich nie, Richard meidet die Gefahr, Abba verliert nie die Hoffnung und Kent ist der geborene Kämpfer. Hört sich ja erstmal gut an, hat den Geschwistern aber so einige Nachteile und missliche Situationen im Alltag eingebracht.

Der Roman hat mich an eine "On-the-road"-Geschichte erinnert, nach und nach habe ich sämtliche Familienmitglieder kennengelernt und konnte in ihr jeweiliges Leben und ihre Art und Weise schnuppern, mit ihren jeweiligen Flüchen umzugehen. Dass der Vater der Kinder bei einem Autounfall ums Leben gekommen ist, hat die Mutter nie überwunden, und jeglichen Kontakt Bezug zur Realität und ihrer Familie verloren, sie lebt in einem Pflegeheim.

In Rückblenden werden Ereignisse aus der Kindheit der Geschwister erzählt, was mir ebenfalls sehr gut gefallen hat. ich mag Bücher sehr gerne, die auf mehreren Zeitebenen spielen, das wurde hier sehr gut umgesetzt, zu keiner Zeit hatte ich Schwierigkeiten, die Ebenen auseinander zu halten und konnte alle Zusammenhänge gut erkennen.

Der Schreibstil ist in so skurril und absurd, aber auf eine liebreizende Art und Weise. Manchmal habe ich beim Lesen den Kopf geschüttelt, aber meistens musste ich grinsen, und meine Laune wurde richtig angehoben. Irgendwie habe ich so das Gefühl gehabt, dass ich genau dieses Buch in dem Moment gebraucht habe. Wir beide haben super zusammen harmoniert.

Einem Buch, das mir so viele tolle Emotionen schenken kann, kann ich nur 5 Sterne geben. Wer außergewöhnliche Familiengeschichten mag und gerne lachen möchte, ist hier sehr gut beraten.