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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 12.04.2018

Liebenswerte Charaktere und ein würdiger Abschluss der Trilogie

Always and forever, Lara Jean
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Bereits im ersten Band, „To all the boys I’ve loved before“, habe ich Lara Jean sowie ihre Familie und Freunde sofort ins Herz geschlossen. Und so habe ich mich natürlich sehr gefreut, dass es endlich ...

Bereits im ersten Band, „To all the boys I’ve loved before“, habe ich Lara Jean sowie ihre Familie und Freunde sofort ins Herz geschlossen. Und so habe ich mich natürlich sehr gefreut, dass es endlich weitergeht!

„Always and forever, Lara Jean“ schließt sich nathlos an den zweiten Band „P.S. I still love you" an. Bereits nach wenigen Seiten war ich wieder voll drin in Lara Jeans Welt, in der ich mich einfach pudelwohl fühle. Lara Jean ist so ein liebenswerter Mensch, und auch die meisten anderen Charaktere sind total sympathisch. Peter und Lara Jean sind ein zuckersüßes Paar. Man gönnt ihnen ihre Liebe wirklich von Herzen, und da in diesem Band doch so einige Umbrüche stattfinden – es ist ihr letztes High School-Jahr – habe ich immer ein bisschen gebibbert, ob die beiden zusammen bleiben, denn ich wollte partout nicht, dass sie sich trennen! (Ob dem letztendlich so ist, werde ich natürlich nicht verraten.)

Dank des leichten, lebendigen Schreibstils bin ich förmlich durch das Buch geflogen. Auch wenn die Geschichte nicht sonderlich spannend ist und im Endeffekt vor allem der Alltag erzählt wird, so begleitet man die Protagonistin gerne und kann sich für jede Kleinigkeit begeistern. Man liebt und leidet mit ihr. Und man fiebert mit, ob sie endlich DAS perfekte Schokocookie-Rezept finden wird! Jenny Han schafft es spielerisch, mich mit ihren Figuren zu berühren. Ich fühle mich in Lara Jeans Welt einfach richtig wohl und aufgehoben.

Allerdings fand ich Lara Jean in manchen Dingen doch arg verklemmt und spießig. Sie ist für ihr jugendliches Alter beinahe schon ein Hausmütterchen, und in manchen Dingen musste ich wirklich den Kopf über sie schütteln, da das Verhalten eher zu einer 60jährigen Jungfer passt als zu einer 17jährigen. Und so ist es angenehm zu sehen, dass sie sich in diesem Band auch weiterentwickelt, endlich mehr aus sich herauskommt, Neues ausprobiert und offen wird für die Welt da draußen und die Möglichkeiten, die sich ihr bieten.

Margot, die älteste Schwester, mochte ich in diesem Band weniger. Sie ist etwas launisch und unfair gegenüber Trina, der neuen Partnerin ihres Vaters. Der Vater ist liebenswert, aber in manchen Dingen doch auch recht spießig. Erfrischend ist die kleinste der Song-Schwestern, Kitty, die richtig Biss hat und rotzfrech ist. Auch Trina bringt frischen Wind in die biedere Familie. Meine Lieblingsfigur – neben Lara Jean – ist jedoch ganz klar Peter, der kein besserer Partner sein könnte für Lara Jean, dem aber dennoch der Schalk im Nacken sitzt.

Wenn man es mal objektiv betrachtet, sind fast alle Figuren so sympathisch, so liebenswürdig, fast schon perfekt, dass es nahezu klebrig-süß wirkt. Das Wort „kitschig“ fällt sofort ein, und ganz ehrlich: Ja, die Bücher SIND kitschig. Und das mag nicht jeder. Aber für mich hat es gepasst, denn das Buch ist auf eine solch liebenswerte und angenehme Art kitschig, dass ich mich hier voll darauf einlassen konnte. Ich verstehe aber, wenn es Leser gibt, denen das einfach too much ist.

Das Ende ist zufriedenstellend, kam dann aber doch etwas abrupt. Z. B. hätte ich gerne etwas zur Korea-Reise gelesen. Die Geschichte ist an sich aber einigermaßen rund und stimmig abgeschlossen. Das High School-Kapitel schließt sich, das Collegeleben wird nach Ende dieses Bandes beginnen. Jenny Han lässt theoretisch Luft für eine Fortsetzung, betont aber im Nachwort, dass eine solche nicht geplant ist. So kann der Leser selbst entscheiden, wie es mit Lara Jean & Co. weitergehen könnte.

Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich das Buch sehr wehmütig zugeklappt habe, da ich die Trilogie um Lara Jean sehr gerne gelesen habe und sie mir jetzt schon ein bisschen fehlt.

Veröffentlicht am 02.04.2018

Ein unterhaltsames Plädoyer für die Liebe

Hurra, wir lieben noch!
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Die meisten kennen Bill Mockdrigde vermutlich als "Erich Schiller" aus der Lindenstraße. Dabei war er schon lange davor als Schauspieler aktiv. So gründete er 1982 in Bonn das bis heute noch erfolgreiche ...

Die meisten kennen Bill Mockdrigde vermutlich als "Erich Schiller" aus der Lindenstraße. Dabei war er schon lange davor als Schauspieler aktiv. So gründete er 1982 in Bonn das bis heute noch erfolgreiche Improvisationstheater "Springmaus". Und dort lernte er auch seine spätere Frau Margie Kinsky kennen, ebenfalls Schauspielerin und Kabarettistin. Zusammen haben sie sechs Söhne großgezogen, die allesamt im künstlerischen Bereich tätig sind. Einer ihrer wohlgeratenen Sprößlinge ist der bekannte Comedian Luke Mockridge.

Durch Zufall bin ich 2014 über Margie Kinskys Autobiographie "Ich bin so wild nach deinem Erdbeerpudding" gestolpert, die mir sehr gut gefiel. Ich kannte sie damals noch gar nicht, mochte aber ihren Humor auf Anhieb und schloss die ganze Familie ins Herz. Deshalb war es für mich klar, dass ich auch dieses Buch lesen möchte.

Nachdem also Margie und Bill jeweils eigene Bücher veröffentlicht hatten, haben sie hier nun zusammen zum Stift gegriffen und erzählen über ihr bewegtes Leben, vom ersten Kennenlernen über die Familiengründung bis zum Neubeginn zu zweit, nachdem alle Kinder flügge geworden sind. Sie sparen kein Thema aus und gewähren tiefe, intime Einblicke in ihr Familien- und Liebesleben.

Die beiden wechseln sich mit ihren Erzählungen ab und führen auch öfter Dialoge. Sie sprechen zudem den Leser direkt an, so dass man das Gefühl hat, dass sie ganz locker und ungezwungen bei einem Kaffeeklatsch miteinander quatschen und man daneben sitzt und genüsslich dem Schlagabtausch folgt. Dabei nehmen sie sich selbst so richtig auf die Schippe, sind jedoch auch selbstkritisch und einsichtig.

Einen besonderen Reiz macht hierbei aus, dass Margie und Bill nicht unterschiedlicher sein könnten. Hier die temperamentvolle, aufbrausende, shoppingsüchtige Großstadtpflanze, dort der ruhige, in sich gekehrte, gutmütige und naturliebende Holzfäller. Das sorgt natürlich für Reibereien, und doch klappt es einfach so einmalig gut mit den beiden, dass man nur neidisch sein kann. Bei all den Frotzeleien ist immer ganz deutlich die große Liebe zwischen den beiden zu spüren.

Ich habe das Ehepaar leider noch nie live auf der Bühne erlebt, aber TV-Auftritte der beiden sowie ihre Serie "Die Mockridges" gesehen. So konnte ich mir dank des lebendigen Schreibstils gut vorstellen, wie sie das Geschriebene erzählen und hatte richtig ihre Stimmen im Ohr und ihre Mimik und Gestik vor Augen.

Ich bin selbst schon länger in einer festen Beziehung und musste über so einiges schmunzeln und "Oh ja, das kenne ich!" denken. Und ich konnte auch ein bisschen was für mich mitnehmen und aus der Lebenserfahrung der beiden Autoren schöpfen. Ich glaube auch, dass das Buch besonders interessant für Paare ist, die ebenso wie die beiden nach dem Auszug der erwachsenen Kinder wieder traute Zweisamkeit neu erlernen müssen.

Aber generell kann ich es jedem ans Herz legen, der a) etwas über Beziehungen lernen, b) die beiden Künstler besser kennenlernen oder c) einfach nur mal wieder herzhaft lachen möchte. Denn egal, ob man dieses Buch als Autobiographie, Beziehungsratgeber oder was auch immer verstehen möchte: Es ist vor allem unterhaltsam, lustig und lebensbejahend, und man nimmt für sich garantiert die ein oder andere Lektion mit.

Veröffentlicht am 14.03.2018

Spannender Fall mit einem mauligen Kommissar und einer sympathischen Profilerin

Tod am Deich. Ostfrieslandkrimi
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Ulrike Busch hat ein Faible für die friesischen Inseln und veröffentlicht neben der „Kripo Greetsiel“-Reihe, die in Ostfriesland angesiedelt ist, auch noch eine weitere Krimireihe, die "Kripo Wattenmeer", ...

Ulrike Busch hat ein Faible für die friesischen Inseln und veröffentlicht neben der „Kripo Greetsiel“-Reihe, die in Ostfriesland angesiedelt ist, auch noch eine weitere Krimireihe, die "Kripo Wattenmeer", die in Nordfriesland spielt.

Ich hatte vor Kurzem direkt mit dem dritten Band „Mordsleben“ angefangen. In diesem Band (Achtung, Spoiler!) sind die beiden Kommissare Tammo Anders und Fenna Stern seit Kurzem ein Liebespaar, und der aktuelle Fall wurde für mich ein bisschen davon überschattet, dass Tammo eigentlich keinen rechten Bock auf seine Arbeit hat und lieber Zeit mit seiner Freundin verbringen will. Deshalb wollte ich die Kommissare besser und vor allem von Anfang an kennenlernen und beschloss, die Reihe von vorne zu beginnen. Die Bände sind aber natürlich unabhängig voneinander lesbar und in sich abgeschlossen.

Leider hat sich mein erster Eindruck von Tammo (noch) nicht geändert. Ich finde ihn unsympathisch, er ist mir zu launisch und unmotiviert. Ja, er hat schon das Herz am rechten Fleck, und gegenüber Fenna reißt er sich auch meist am Riemen. Und in diesem Fall hat er auch wirklich Gründe für seine Abneigung gegenüber dem Hauptverdächtigen Enno Duwe. Aber als Kommissar finde ich ihn eher nervig. Da ist mir Fenna schon viel sympathischer.

Dies ist nun insgesamt der fünfte Krimi, den ich von dieser Autorin lese, und von daher kann ich mich nur wiederholen: Ich mag ihren Schreibstil sehr. Er lässt sich flüssig lesen, ist lebendig, kurzweilig und fängt den Charme Norddeutschlands gut ein.

Die Kriminalfälle haben meist ein hohes Aufgebot an Figuren (Verdächtige, Opfer, Zeugen), und selbst die kleinsten Nebenrollen werden liebevoll ausgearbeitet. Blut und Action sind hier Mangelware, dafür steht die Ermittlungsarbeit im Vordergrund. Durch ständig wechselnde Perspektiven erhält der Leser nach und nach neue Teile für das Krimi-Puzzle. Vielleicht liegt es daran, dass ich nicht der typische Krimileser bin, aber mir fällt es bei Buschs Fällen tatsächlich immer schwer, den wahren Täter ausfindig zu machen. Dafür bietet sie zu viele potentielle Täter und Motive. Und das ist ja das Spannende an der Sache. Und auch in "Tod am Deich" ist es mir wieder passiert, dass ich am Schluss mal so ziemlich jeden verdächtigt habe und mir bis zur Aufklärung immer noch nicht sicher war.

Was mir bei jedem ihrer Krimis auffällt: Ulrike Busch scheint über einen unendlichen Fundus an norddeutschen Namen für ihre Figuren zu verfügen, die ich vorher noch nie gehört habe. Und sie macht mir immer wieder Lust darauf, doch mal einen Urlaub auf den friesischen Inseln zu verbringen. Hoffentlich stolpere ich aber dabei nicht über eine Leiche…

Veröffentlicht am 21.02.2018

Erlebnisse im Kriegsgebiet Syrien aus Sicht eines Kindes

Ich bin das Mädchen aus Aleppo
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Es beginnt mit einem Tweet im September 2016: „I need peace.“ Diese Worte kommen von einem kleinen Mädchen namens Bana Alabed, das mit seinen Botschaften in kürzester Zeit die Aufmerksamkeit der ganzen ...

Es beginnt mit einem Tweet im September 2016: „I need peace.“ Diese Worte kommen von einem kleinen Mädchen namens Bana Alabed, das mit seinen Botschaften in kürzester Zeit die Aufmerksamkeit der ganzen Welt auf sich und die Situation in Syrien lenkt. Mit mittlerwile über 350.000 Abonnenten auf Twitter, darunter auch Prominenten wie J.K. Rowling, wurde sie sogar jüngst zu einem der „25 einflussreichsten Menschen im Internet“ gewählt.

In diesem Buch erzählt sie nun – zusammen mit ihrer Mutter Fatemah – ihre Geschichte. Man erfährt hier vor allem etwas über Banas Leben in Syrien, bevor die Familie in die Türkei geflüchtet ist, darüber, wie schön ihre ersten drei Lebensjahre in friedlichen Zeiten waren. Syrien war für Bana das Paradies. Dann fingen die ersten Unruhen an, der Vater wird von Assads Geheimdienst festgenommen, die politische Lage ist prekär. Und schließlich ist die Familie Alabed mittendrin im Krieg. Bomben fallen nahezu pausenlos, das Leben wird gefährlich, Entbehrungen sind an der Tagesordnung. Obwohl die Familie aus der Mittelschicht stammt und sich etwas besser auf die neuen Umstände einrichten kann, geht es auch bei ihnen irgendwann nur noch ums nackte Überleben.

Die Schilderungen aus dem Kriegsgebiet sind bedrückend. Wenn ein Kind sagt, dass es die verschiedenen Bomben anhand der Geräusche auseinander halten kann und dass ein Tag, an dem „nur“ wenige Bomben fallen, ein guter Tag ist, dann ist das ein Zustand, der für Menschen wie uns, die in Frieden leben dürfen, schockierend ist und unendlich traurig macht.

Banas Ausführungen sind kindlich gehalten, für Banas Alter (Zum Entstehungszeitpunkt des Buches war sie ungefähr sieben Jahre alt.) jedoch stellenweise sehr klug. Sie verfügt über eine feine Beobachtungsgabe und ist ein sensibles, empathisches Mädchen, das einerseits den Grauen des Krieges voll zu spüren bekommt und Angst um das Leben ihrer Lieben hat, andererseits aber auch unschuldige, kindliche Gedanken hat wie z. B. dass sie gerne ihre Puppen mitnehmen möchte auf der Flucht. Ein Kind, das noch unschuldig ist, aber im Krieg viel zu früh und zu schnell erwachsen werden muss.

Dennoch muss ich sagen, dass mich Banas Schilderungen nicht so emotional mitgerissen haben. Vielleicht auch, da sie konstruiert und nicht altersgemäß wirken. Hingegen fand ich die Kapitel aus Sicht der Mutter viel berührender. Sie wendet sich direkt an Bana. Fatemah Alabed ist eine kluge Frau, die viele Weisheiten niederschreibt und deutliche Worte findet für das Grauen um sie herum. Man spürt ihre Angst um die Familie und die Verzweiflung. Diese Texte haben mir tatsächlich besser gefallen als Banas Schilderungen. Es ist jedoch diese gelungene Kombination aus kindlicher Beobachtung und mütterlicher Fürsorge, die dieses Buch außergewöhnlich macht. Denn Flüchtlingsberichte gibt es mittlerweile einige auf dem Markt, aber meines Wissens keine, bei denen Mutter und Kind abwechselnd erzählen.

Es ist heftig umstritten, ob Bana das Buch wirklich selbst geschrieben/diktiert hat. Und wenn man sich mit dem Medienphänomen Bana Alabed beschäftigt, stößt man auf viele Theorien, dass ihre Twitter-Meldungen nicht von ihr selbst stammen, ihr von ihrer Mutter oder gar anderen Dritten in den Mund gelegt wurden. Zuerst einmal: Welches Kind im Grundschulalter ist bitte fähig, ein eigenes Buch zu schreiben? Vermutlich keines. Dass hier ein Ghostwriter oder zumindest ein vertrauter Erwachsener das Schreiben übernommen hat, sollte klar sein.

Doch es wird im Internet viel diskutiert, wie authentisch Bana mit ihren Tweets und ihrem Buch ist. Man argumentiert, dass sie scheinbar gar nicht Englisch beherrscht, dass ihr Wortschatz nicht altersgerecht ist, dass manche Aussagen widersprüchlich sind. Es gibt sogar Theorien, dass Banas Vater mit Terrorgruppen sympathisiert oder gar selbst Terrorist ist. Die Krönung des Ganzen ist dann für viele das Bild, das Bana glücklich lächelnd mit dem türkischen Präsidenten Erdogan zeigt – für viele ein No Go.

Jedoch bleibt für mich das Ergebnis das Gleiche: Die Erlebnisse von Banas Familie im Krieg sind glaubwürdig und stehen stellvertretend für unzählige andere syrische Familien, die dieses schlimme Schicksal teilen. Man muss hier nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen. Was Bana widerfahren ist, spiegelt die Realität wider, und ich denke, daran wiederum hat niemand Zweifel.

Dass für ein Kind, das aus dem Krieg flüchten muss und sich einfach nur Frieden ersehnt, ein Mann (hier: Erdogan), der dafür sorgt, dass ihre Familie in Sicherheit leben kann, ein Mensch ist, den man mag, ist doch eigentlich nachvollziehbar. Bana wird in ihrem Buch auch nie politisch, und das ist gut so, denn ich denke nicht, dass sie bereits all die politischen Hintergründe versteht. Es ist lediglich auffallend, dass sie nur von Assad bzw. dem Regime als Gegner spricht, aber die unzähligen Terrorgruppen, die ebenfalls das Land zerstören, weitestgehend unerwähnt lässt. Hier steckt vielleicht die politische Gesinnung der Familie dahinter, wenngleich Banas Eltern im Buch als unpolitisch dargestellt werden. Letztendlich wird Bana dann auch vom Regime als Staatsfeindin betrachtet und erhält Morddrohungen. Dies zeigt, wie wichtig sie mittlerweile als Medienfigur geworden ist, so wichtig, dass Assad sie töten lassen will und dass Erdogan sie mit Kusshand aufnimmt und ihr eine Sonderbehandlung zukommen lässt. Die Familie muss z. B. nicht ins Lager, sondern erhält eine eigene Wohnung, wie man zum Schluss kurz erfährt. Im Übrigen finde ich es schade, dass genau diese beiden Punkte – Banas Twittertätigkeit sowie Flucht und Neuanfang in der Türkei – nur kurz abgehandelt werden. Gerade darüber hätte ich gerne noch mehr erfahren.

Jeder muss für sich selbst entscheiden, was er von Bana Alabed halten will. Meines Erachtens ist sie ein mutiges Mädchen, das hofft, die Welt rettet ihr Volk, wenn sie ihr nur zeigt, wie schlimm es den Syrern geht. Leider ist sie aber auch eine Medienfigur, die von Erwachsenen ausgenutzt und instrumentalisiert wird. Das alles lässt natürlich Zweifel entstehen, wie authentisch dieses Buch ist. Und auch ich muss zugeben, dass mich die „Medienfigur“ Bana Alabed auf Grund dieser Kontroversen mit gemischten Gefühlen zurück lässt.

Dennoch spreche ich eine klare Leseempfehlung aus. Das Buch eignet sich meiner Meinung nach auch gut für Kinder ab dem Grundschulalter. Ich kann mir vorstellen, dass Eltern es gemeinsam mit ihren Kindern lesen und mit ihnen über die schwere Thematik altersgerecht reden können. Denn der Krieg im Nahen Osten und die vielen Flüchtlinge, die nach Europa kommen, sind ein großes Thema bei uns und werden es sicherlich noch längere Zeit bleiben.

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Veröffentlicht am 04.02.2018

Reich bebilderter, hochwertiger Katalog mit kleinen Schwächen

Osiris
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Vom 10.02.2016 bis 13.08.2017 zeigte das Museum Rietberg in Zürich die erfolgreiche Ausstellung "Osiris - Das versunkene Geheimnis Ägyptens". Die meisten der gezeigten Artefakte stammten aus Ausgrabungen ...

Vom 10.02.2016 bis 13.08.2017 zeigte das Museum Rietberg in Zürich die erfolgreiche Ausstellung "Osiris - Das versunkene Geheimnis Ägyptens". Die meisten der gezeigten Artefakte stammten aus Ausgrabungen des Europäischen Instituts für Unterwasserarchäologie (IEASM) unter Leitung des bekannten Unterwasserarchäologen Franck Goddio. Das hier vorliegende Buch ist der begleitende Ausstellungskatalog.

Goddios Team entdeckte während seiner Unterwassergrabungen in der Bucht von Abukir die antiken, im 8. Jahrhundert n. Chr. versunkenen Städte Thonis-Herakleion und Kanopus. In diesen Städten spielte der Kult um den altägyptischen Gott Osiris eine große Rolle, und so beschäftigt sich der Begleitband eindrücklich mit dem 4000 Jahre alten Osiris-Mythos, den Ausgrabungsstätten sowie den Osiris-Prozessionen.

Ich selbst habe leider diese Ausstellung nicht besuchen können. Da ich studierte Ägyptologin bin, interessierte mich dieses Buch natürlich sehr, da ich mir die Ausstellung wenigstens so doch noch indirekt anschauen konnte.

Positiv hervorheben möchte ich gleich zu Beginn das wunderschöne Layout. Der Katalog ist durchgehend reich bebildert mit Aufnahmen der Objekte und Fotos von den Unterwassergrabungen. Einige der Bilder erstrecken sich sogar über drei (aufklappbare) Seiten. Das Buch macht wirklich einen sehr hochwertigen Eindruck.

Der Textteil ist in unterschiedliche Kapitel eingeteilt, die sich mit verschiedenen Aspekten des Osiris-Mythos' beschäftigen. Diese sind von drei verschiedenen Wissenschaftlern (Jocelyne Berlandini-Keller, Anne-Sophie von Bomhard, Sydney Hervé Aufrère) verfasst. Und hier setzt auch meine Kritik an. Natürlich kaufen sich dieses Buch Menschen, die sich für Archäologie und das alte Ägypten besonders interessieren. Und vermutlich sind viele dieser Leute recht gebildet und haben vielleicht auch schon einige Vorkenntnisse in diesem Bereich. Allerdings fand ich die Text viel zu trocken und wissenschaftlich und eher weniger geeignet für "die breite Masse". Selbst ich als "Fachfrau" fand die Texte größtenteils ziemlich dröge. Ich finde, man muss Wissenschaft nicht immer trocken rüberbringen.

Hinzu kommen zahlreiche Zitate aus antiken Inschriften, die scheinbar recht willkürlich zwischen oder neben die Texte gesetzt wurden, was den Lesefluss stört und das Layout etwas unruhig wirken lässt. Ich wusste manchmal gar nicht, was ich zuerst lesen soll.

Positiv hervorzuheben ist die ausführliche Bibliographie im Anhang. Auch dass die Fußnoten direkt auf der Seite des Textes sind, gefällt mir gut. Und es ist löblich, dass einige Fachbegriffe auch in einer Randnotiz kurz erklärt werden, allerdings gibt es so viele Fachbegriffe, die wiederum nicht erklärt werden, dass man stattdessen entweder ein ausführliches Glossar hätte beifügen oder es alternativ direkt hätte lassen können.

Trotz dieser Kritikpunkte ist dieser Katalog jedoch wirklich ein sehr schönes, hochwertiges Buch, das ich jedem ans Herz legen kann, der sich für das alte Ägypten und den Gott Osiris interessiert.