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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 29.09.2017

Liebe im Zeichen der Wissenschaft

Die Schlange von Essex
1

In außerordentlicher und höchst niveauvoller Sprache, die der historischen Zeit angepasst ist, hat die Autorin Sarah Perry ihren Roman verfasst. Sie besticht mit einem hervorragenden Schreibstil, der mich ...

In außerordentlicher und höchst niveauvoller Sprache, die der historischen Zeit angepasst ist, hat die Autorin Sarah Perry ihren Roman verfasst. Sie besticht mit einem hervorragenden Schreibstil, der mich fasziniert und zutiefst beeindruckt. Allein der Prolog ist die perfekte Kurzgeschichte, ein stilistisches Kleinod bis ins kleinste Detail gezeichnet. Im selben Perfektionismus sind auch die Figuren angelegt. Cora Seaborne, die Protagonistin des Buches, ist eine starke Frau mit großem Willen und brillantem Intellekt. Bei der Lektüre kann ich wunderbar eintauchen in die Zeit, in das Land und die Story reißt mich mit und hält mich gefangen. Die einzelnen Szenen sind beispiellos arrangiert und ich sehe das Buch wie einen Film vor meinen inneren Augen ablaufen.

Sarah Perry wurde 1979 in Chelmsford, England geboren und hat Kreatives Schreiben an der Royal Holloway University studiert und ihr Studium als Doctor of Philosophy abgeschlossen.

Sarah Perry legt mit "Die Schlange von Essex" ihre zweite Novell vor, die erste "After me comes the Flood" wurde bisher nicht ins Deutsche übersetzt. In Großbritannien ist die Autorin längst die Nummer eins in der Bestsellerliste und erhielt die Auszeichnung Waterstones Book of the Year 2016. "Die Schlange von Essex" wurde für acht weitere literarische Auszeichnungen nominiert, darunter ist der Costa Novel Award 2017 und der Bailey's Women's Prize for Fiction 2017. (Quelle: Wikipedia sowie die Homepage der Autorin)

Meine Bewertung: Klare fünf von fünf möglichen Sternen und eine absolute Leseempfehlung. Hier findet der Liebhaber historischer Romane alles was sein Herz begehrt: ein Bild der Zeit und das Leben Ende des 19. Jahrhunderts in England, die Rolle der Frau, die Revolution der Wissenschaft und natürlich Liebe und Passion.

Veröffentlicht am 02.09.2017

Wohin die Reise führt

Palast der Finsternis
1

Anouk, Lilly, Jules, Will und Hayden alle 16 bzw. 17 Jahre alt sind allesamt aus guten Hause und hochgebildet. Die Jugendlichen haben sich auf Einladung hin beworben, an einer Expedition teilzunehmen. ...

Anouk, Lilly, Jules, Will und Hayden alle 16 bzw. 17 Jahre alt sind allesamt aus guten Hause und hochgebildet. Die Jugendlichen haben sich auf Einladung hin beworben, an einer Expedition teilzunehmen. Es gilt das Palais du Papillon zu erkunden. Der Palast wurde im Jahre 1789 vom Adligen du Bessancourt erbaut. Es handelt sich um einen unterirdischen Palast, in dem die Familie Bessancourt Zuflucht gesucht hatte, um den Kämpfen der Französischen Revolution zu entgehen. Begleitet wird die Reise von Professor Dorf sowie der Leitenden Wissenschaftlerin Miss Sei vom der Sapani Corporation. Die Anreise beginnend am JFK Flughafen New York nach Paris könnte man schon mal als luxuriös bezeichnen, alles ist vom Feinsten. Doch was wird die Gruppe in Frankreich erwarten? Und wie viel ist noch vorhanden, von dem unterirdischen Bau? Welche Abenteuer haben die Jugendlichen zu bewältigen?

Bereits der Prolog kann mich fesseln, so spannend beginnt das Buch, dass ich gleich mitten in der Story bin. Die Geschichte erzählt der Autor in zwei Ebenen, aus der Sicht des Mädchens Anouk, das an der Expedition teilnimmt und immer wieder eingestreut, kurze Kapitel aus dem Jahre 1789, dann aus der Sicht der Tochter des Erbauers des Palais du Papillon. Die Erzählweise hebt die Spannung und lockert gleichzeitig das Geschehen auf. Die Charaktere sind Stefan Bachmann unglaublich gut geglückt, trotz oder gerade wegen ihrer Eigenarten sind sie echt und glaubwürdig.

Meine Bewertung: klare fünf von fünf möglichen Sternen und eine absolute Leseempfehlung an junge und alte Leser gleichermaßen, die die Spannung eines Thrillers gepaart mit Fantasy und Horrorelementen geboten bekommen wollen. Mich selbst hat dieses Buch gefangen genommen und ich konnte es nicht mehr aus der Hand legen. Faszination pur!

Veröffentlicht am 30.08.2017

Jäger und Gejagte

Halali
1

Die 82jährige Holda lebt mit ihrer Enkelin Laura im selben Hochhaus, in unterschiedlichen Appartements versteht sich. An Abenden, die die beiden in regelmäßigen Abständen gemeinsam verbringen, erzählt ...

Die 82jährige Holda lebt mit ihrer Enkelin Laura im selben Hochhaus, in unterschiedlichen Appartements versteht sich. An Abenden, die die beiden in regelmäßigen Abständen gemeinsam verbringen, erzählt Holda ihre Geschichte. Wie das war, das Leben, in den Nachkriegsjahren, Anfang der 50er in Bonn. Holda hat als Vorzimmerdame im Innenministerium gearbeitet. Laura hat einen ähnlichen Beruf ergriffen, allerdings nennt sich das heute „Assistenz der Geschäftsführung“. Unverheiratete Frauen wurden damals noch Mädchen und Fräulein genannt, vieles was heute als selbstverständlich gilt, war damals noch unschicklich. Ziel der jungen Frauen war es, einen Ehemann zu ergattern, denn dann galten sie als versorgt. So wurde in der Kantine versucht zu flirten mit den unverheirateten jungen Regierungsräten oder mit den Studenten. Aber wer ist hier Jäher und wer der Gejagte?

In feiner, auserwählter Sprache, durchzogen mit Sätzen im Bonner Dialekt erzählt Ingrid Noll eine wunderbare Geschichte. Mich begeistert besonders, dass sie dafür ihre Protagonistin Holda erzählen lässt. Holda und ihre Enkelin Laura, die so verschieden sind und doch soviel gemeinsam haben, faszinieren mich. Meine persönliche Heldin ist jedoch die Gräfin, die Tante von Holdas Freundin und Kollegin Karin. Eine feine Dame, zwar nicht reich, aber vornehm und mit dem Herzen auf dem rechten Fleck. Ingrid Nolls Gespür für feinsinnigen Humor ist einzigartig und unerreicht. Die Geschichte selbst ist spannend wie fesselnd und nimmt völlig unerwartete Wendungen. Der kalte Krieg und dessen Auswirkungen sind beängstigend greifbar.

Ganz still und leise hat sich dieses Buch in mein Herz geschlichen und nimmt nun dort einen Favoritenplatz ein. Selbstverständlich vergebe ich dem Buch fünf von fünf möglichen Sternen und empfehle es nur zu gerne weiter. Wer ein bisschen Bonner Luft in den 50er Jahren schnuppern möchte, sollte sich unbedingt auf diese Zeitreise begeben und er wird nicht enttäuscht werden – versprochen! Ganz wundervoll beschreibt die Autorin zudem die Unterschiede zwischen damals und heute – was waren die Lieblingsessen, wie war der Ablauf im Büro, die Moralvorstellungen.

Veröffentlicht am 27.08.2017

Speiseplan der Zukunft

Verbrannte Mandeln
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In den Nachrichten hören wir nahezu täglich davon: Geröllmassen stürzen die Berge hinab und verschütten Täler, riesige Eisberge lösen sich ab, Gletscher schmelzen, der Meeresspiegel steigt, unsere Küsten ...

In den Nachrichten hören wir nahezu täglich davon: Geröllmassen stürzen die Berge hinab und verschütten Täler, riesige Eisberge lösen sich ab, Gletscher schmelzen, der Meeresspiegel steigt, unsere Küsten schrumpfen. Das alles sind Auswirkungen der Erderwärmung, des Klimawandels. Die beiden Autoren Wilfried Bommert und Marianne Landzettel behandeln in ihrem Buch allerdings einen anderen Aspekt der schleichenden Katastrophe, die da auf uns zurollt: wie verändert sich unsere Nahrung in diesem Wandel. Wenn die Sommer immer früher im Jahr die Temperaturen aufheizen, also der Frühling quasi wegfällt, ist es klar, dass die Ernte weitaus geringer ausfallen muss, als von der Landwirtschaft geplant. Wie werden sich unsere Kinder und Kindeskinder ernähren? Kann die Reißleine noch im letzten Moment gezogen werden?

Das Autorenduo schreibt in guter und verständlicher Sprache. Der Schreibstil ist mitreißend und das Buch liest sich fast wie ein Krimi. Allerdings habe ich immer im Hinterkopf, dass dieser Stoff die reine Realität ist. Schädlinge, die sich rasend vermehren, Überschwemmungen, die uns bedrohen, und, und, und … Wilfried Bommert und Marianne Landzettel lassen nichts aus, machen klar, was uns allen blüht, gerade auch vor dem Hintergrund, dass der aktuelle amerikanische Präsident nichts besseres zu tun hatte, als aus den Pariser Klimaverträgen auszusteigen.

Sehr gerne vergebe ich diesem Sachbuch seine verdienten fünf von fünf möglichen Sternen und empfehle es absolut weiter. Eine brillante Recherchearbeit, die in ergreifenden Texten wachrüttelt – eine Pflichtlektüre! Ein jeder sollte sich für sich selbst überlegen, wie ist der Klimawandel überhaupt noch zu stoppen, wie werden wir alle in der Zukunft leben, werden wir auf Luxusgüter zukünftig verzichten müssen?

Veröffentlicht am 16.08.2017

Gesine in ihrem bisher emotionalstem Fall

Wildeule
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Es ist gerade Mitte Januar und Gesine Cordes, Friedhofsgärtnerin und ehemalige Polizeibeamtin, hat es gerade nicht leicht. Ihre Beziehung zu ihrem besten Freund Hannes van Deest ist angeknackst. Ausgerechnet ...

Es ist gerade Mitte Januar und Gesine Cordes, Friedhofsgärtnerin und ehemalige Polizeibeamtin, hat es gerade nicht leicht. Ihre Beziehung zu ihrem besten Freund Hannes van Deest ist angeknackst. Ausgerechnet in der Silvesternacht hat sie ihn provoziert und damit zutiefst verletzt, seitdem herrscht Funkstille zwischen den beiden. Als sie für eine Beerdigung die Friedhofskapelle herrichten muss, ist ihr dies als willkommene Abwechslung nur recht. Scheint es sich doch um eine prominente Person zu handeln, die hier betrauert werden soll. So prunkvoller Blumenschmuck wurden bestellt und ein prächtiger Sarg wurde hereingetragen. Doch wo bleiben die Trauergäste? Nur ein einzelner, ärmlich wirkender Mann erscheint. Gesines Neugier ist geweckt. Als Gesine dann unerwartet die Leiche eines Mordopfers entdeckt, überschlagen sich die Ereignisse. Denn Hannes gerät unter Verdacht und verstrickt sich auch noch in Lügen. Wird Gesine trotzdem zu ihm stehen und versuchen, den Mord aufzuklären? Bald weiß sie nicht mehr, wem sie vertrauen kann.

Die Autorin Annette Wieners hat es geschafft, mich schon nach den ersten gelesenen Zeilen wieder in die Stimmung und spezielle Atmosphäre um Gesine Cordes zu entführen. Die beiden Vorgängebände sind mir sogleich präsent. Die Sprache der Autorin ist gewohnt schön und ansprechend, ihre Liebe zum Detail, auch in Bezug auf die Tier- und Pflanzenwelt, werden erneut deutlich. Ihre kleinen Exkursionen um hiesige Giftpflanzen sind faszinierend wie lehrreich. Die Figuren sind fürsorglich und versiert entwickelt. Der Plot ist brillant gesponnen und Annette Wieners lässt den Täter erst sehr spät erahnen, denn Verdächtige gibt es viele, in diesem hervorragenden Kriminalroman.

Sehr gerne vergebe ich diesem Buch seine wohlverdienten fünf von fünf möglichen Sternen und empfehle es unbeschränkt weiter. Leser, die reelle Polizeiarbeit und auch herausstechende Charaktere lieben, werden begeistert sein. Mich hat dieser Band der Reihe um Gesine Cordes ganz besonders beeindruckt und gefesselt.