Profilbild von AngiFr

AngiFr

Lesejury Star
offline

AngiFr ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit AngiFr über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.10.2017

Ein Dorf in den Bergen

Kind ohne Namen
0

Nach einem Jahr Studium kehrt Xenia in ihr kleines Heimatdorf zurück, bei Nachfragen gibt sie als Grund den Ausfall eines Professors an, oder sie beteuert, eine kleine Auszeit einzulegen. In Wahrheit ist ...

Nach einem Jahr Studium kehrt Xenia in ihr kleines Heimatdorf zurück, bei Nachfragen gibt sie als Grund den Ausfall eines Professors an, oder sie beteuert, eine kleine Auszeit einzulegen. In Wahrheit ist sie jedoch schwanger und möchte dies so lange wie möglich für sich behalten. Das kleine Dorf verwaist immer mehr, viele sind fortgezogen, in die Stadt, weil es dort Arbeit für sie gibt. Die meisten Unternehmen im kleinen Ort liegen brach. Die Menschen, die geblieben sind, sind wortkarg und eigentümlich. Beherrscht werden alle vom Burgherrn, dem Besitzer der Burg am Berg, wobei selbst die Burg dem Dorf lediglich den Rücken zukehrt. Der trügerische Frieden, der im Dorf herrscht, wird jäh unterbrochen, als die Gemeinde zwölf Flüchtlinge einquartieren muss. Hier zeigen sich schnell Missgunst, Fremdenfeindlichkeit und Misstrauen. Xenia, weltoffener als ihre Mitbewohner, nimmt die kleine Gruppe aus dem Nahen Osten unter ihre Fittiche und stößt prompt auf Widerstände. Xenias Mutter, die als ehrenamtliche Bürgermeisterin tätig ist, versucht zu schlichten. Das bringt Probleme mit sich, besonders für Xenia ...

In wunderbarer, poetisch angehauchter Sprache erzählt der Autor Christoph Poschenrieder die Geschichte seiner Protagonistin Xenia und die ihres Dorfes. Sein Sprachstil ist einzigartig und unverwechselbar. Jedes Kapitel ist ein fein detailliertes, literarisches Kleinod für sich, das im Gesamten das Leben eines kleinen Dorfes in den Bergen widerspiegelt. Lokalkolorit vom Feinsten! Nicht nur der Alltag sondern auch die Menschen mit ihren Ecken und Kanten sind hervorragend dargestellt. Die Figuren sind allesamt eindringlich und authentisch beschrieben, sie runden die Geschichte in Perfektion ab.

Von Herzen gerne vergebe ich diesem Buch seine wohlverdienten fünf von fünf möglichen Sternen und empfehle es absolut weiter. In brillanter Weise malt der Autor ein Gesellschaftsbild, wie es stimmiger nicht sein könnte. Leser von modernen, zeitgeschichtlichen Romanen sind hier genau richtig.

Veröffentlicht am 06.10.2017

Millenium, die Fünfte

Verfolgung
0

Lisbeth Salander, die eine zweimonatige Haftstrafe absitzen muss, da sie die Polizeiarbeit beeinträchtigt hatte, indem sie einen Jungen versteckt hielt. Dass sie dem Kind dadurch das Leben rettete, bewahrt ...

Lisbeth Salander, die eine zweimonatige Haftstrafe absitzen muss, da sie die Polizeiarbeit beeinträchtigt hatte, indem sie einen Jungen versteckt hielt. Dass sie dem Kind dadurch das Leben rettete, bewahrt sie nicht vor der Strafe. Angeblich um sie zu schützen, wird Lisbeth in das Frauengefängnis Flodberga gebracht, das einzige Frauengefängnis mit einem Sicherheitstrakt. Nach außen hin ein Vorzeige-Objekt, sieht es drinnen ganz anders aus. Gewalt bestimmt das Leben der Insassen. Lisbeth selbst wurde bisher noch nicht angegriffen, doch eine junge Frau aus Bangladesch wird regelmäßig Opfer von Gewalt, die von der Insassin Beatrice Andersson genannt Benito angestachelt wird. Benito beherrscht den gesamten Trakt samt Vollzugsbeamten. Lisbeth versucht zu helfen … Währenddessen hat Mikael Blomkvist samt seines Magazins Millenium zurückgefunden in die Normalität und erhielt die Akzeptanz seiner Leser zurück. Wöchentlich besucht er Lisbeth im Gefängnis, sieht er sich doch für ihre Haftstrafe verantwortlich. In einer persönlichen Angelegenheit bittet Lisbeth ihn, für sie zu recherchieren und prompt landen beide in einem Sumpf aus Desinformationskampagnen als moderne Kriegsführung, Bandenkriminalität, Korruption und den Dämonen aus der Vergangenheit.

Temporeich in der Handlung wie in der Erzählform mit schnell wechselnden Schauplätzen erzählt uns der Autor David Lagercrantz, wie es mit Lisbeth Salander und Mikael Blomkvist weiter geht. Der Spannungsbogen wurde hoch gespannt vom Autoren und kann stets gehalten werden. Fast schon atemlos lese ich das Buch und bin gefesselt und gebannt. David Lagercrantz schafft es erneut, im Sinne Stieg Larssons, die beiden Protagonisten weiter leben zu lassen. Lisbeth und Mikael sind einzigartige Charaktere von ungeheurer Tiefe. Die Nebenfiguren ergänzen das Bild zur brillanten Perfektion. Der Schreibstil ist großartig und mitreißend, die verwendete Sprache samt der Dialoge hervorragend inszeniert. Die Handlung selbst könnte nicht brisanter und zeitgemäßer sein.

Mein Urteil: fünf von fünf möglichen Sternen und eine absolute Leseempfehlung meinerseits. David Lagercrantz kann mit seinem zweiten Teil in der Fortsetzung der Millenium Reihe überzeugen und voll punkten. Für Fans der Serie ein Must-Read, aber Liebhaber der skandinavischen Krimikunst werden bei der Lektüre voll auf ihre Kosten kommen.

Veröffentlicht am 02.10.2017

Eine weihnachtliche Zeitreise

Der Weihnachtswald
0

Die junge, erfolgreiche Anwältin Eva Lankers hat nur eines im Auge: ihre Karriere. Dabei hält sie Freunde und Familie auf Abstand. Gefühle lässt sie nicht wirklich zu. Nun steht das Weihnachtsfest an und ...

Die junge, erfolgreiche Anwältin Eva Lankers hat nur eines im Auge: ihre Karriere. Dabei hält sie Freunde und Familie auf Abstand. Gefühle lässt sie nicht wirklich zu. Nun steht das Weihnachtsfest an und das verbringt die junge Frau traditionsgemäß, wenn auch widerstrebend, im Haus ihrer Großmutter Anna Koffler. Für die 95jährige Frau ist Weihnachten schon immer etwas Besonderes und Wichtiges gewesen. Währenddessen ist Eva eher der personifizierte Mr. Scrooge. Das Fest im Hause der Oma zu verbringen, heißt für Eva auch auf Philipp wieder zu treffen, den Sohn einer lieben Freundin Ihrer Großmutter und gleichzeitig deren Haushälterin. Sofort entflammen Auseinandersetzungen, die es immer bei einem Zusammentreffen der beiden gibt. Als dann aber ein Waisenmädchen, das Anna für die Festtage eingeladen hatte, plötzlich in einem Schneesturm verschwindet, begeben sich Eva und Philipp gemeinsam auf die Suche nach dem Kind.

Schon nach einigen Sätzen finde ich mich herrlich in der Geschichte zurecht und die Autorin kann mich mit ihrem exzellenten Schreibstil fesseln. In schöner, frischer und lebendiger Sprache erzählt die Autorin Angelika Schwarzhuber ihre Geschichte um die Familie Koffler. Die zeitlich versetzten, historischen Passagen sind sprachlich wunderbar angepasst. Die Figuren sind alle authentisch und haben Blut. Besonders die Protagonistin Eva macht eine prächtige Verwandlung durch, allerdings in kleinen Schritten, so dass die Glaubwürdigkeit bestehen bleibt. Die Geschichte selbst ist einfach nur als zauberhaft zu bezeichnen. Fast schon fieberhaft habe ich wissen wollen, wie die Story endet, so gebannt habe ich gelesen und bin den Charakteren gedanklich gefolgt. So manche Träne habe ich vor Rührung vergossen.

Nur zu gerne vergebe ich diesem Buch seine wohlverdienten fünf von fünf möglichen Sternen und empfehle es unbedingt weiter. Dies ist das perfekte Buch für ein Adventswochenende, idealerweise mit Schnee, auf jedem Fall aber in eine warme Decke gehüllt und mit einer Tasse heißen Schokolade in Reichweite.

Veröffentlicht am 29.09.2017

Liebe im Zeichen der Wissenschaft

Die Schlange von Essex
1

In außerordentlicher und höchst niveauvoller Sprache, die der historischen Zeit angepasst ist, hat die Autorin Sarah Perry ihren Roman verfasst. Sie besticht mit einem hervorragenden Schreibstil, der mich ...

In außerordentlicher und höchst niveauvoller Sprache, die der historischen Zeit angepasst ist, hat die Autorin Sarah Perry ihren Roman verfasst. Sie besticht mit einem hervorragenden Schreibstil, der mich fasziniert und zutiefst beeindruckt. Allein der Prolog ist die perfekte Kurzgeschichte, ein stilistisches Kleinod bis ins kleinste Detail gezeichnet. Im selben Perfektionismus sind auch die Figuren angelegt. Cora Seaborne, die Protagonistin des Buches, ist eine starke Frau mit großem Willen und brillantem Intellekt. Bei der Lektüre kann ich wunderbar eintauchen in die Zeit, in das Land und die Story reißt mich mit und hält mich gefangen. Die einzelnen Szenen sind beispiellos arrangiert und ich sehe das Buch wie einen Film vor meinen inneren Augen ablaufen.

Sarah Perry wurde 1979 in Chelmsford, England geboren und hat Kreatives Schreiben an der Royal Holloway University studiert und ihr Studium als Doctor of Philosophy abgeschlossen.

Sarah Perry legt mit "Die Schlange von Essex" ihre zweite Novell vor, die erste "After me comes the Flood" wurde bisher nicht ins Deutsche übersetzt. In Großbritannien ist die Autorin längst die Nummer eins in der Bestsellerliste und erhielt die Auszeichnung Waterstones Book of the Year 2016. "Die Schlange von Essex" wurde für acht weitere literarische Auszeichnungen nominiert, darunter ist der Costa Novel Award 2017 und der Bailey's Women's Prize for Fiction 2017. (Quelle: Wikipedia sowie die Homepage der Autorin)

Meine Bewertung: Klare fünf von fünf möglichen Sternen und eine absolute Leseempfehlung. Hier findet der Liebhaber historischer Romane alles was sein Herz begehrt: ein Bild der Zeit und das Leben Ende des 19. Jahrhunderts in England, die Rolle der Frau, die Revolution der Wissenschaft und natürlich Liebe und Passion.

Veröffentlicht am 26.09.2017

Ein harter Job

Engelsschuld
0

Die Staatsanwältin Jana Berzelius hatte zwar den Selbstmord ihres Vaters noch in allerletzter Sekunde verhindern können, doch hat er nur schwerverletzt überleben können. Langsam kämpft er sich mühselig ...

Die Staatsanwältin Jana Berzelius hatte zwar den Selbstmord ihres Vaters noch in allerletzter Sekunde verhindern können, doch hat er nur schwerverletzt überleben können. Langsam kämpft er sich mühselig zurück ins Leben und muss alles neu erlernen; kommunizieren kann er noch nicht mit seiner Umwelt. Für Jana zählt es jedoch lediglich, den Ort ausfindig zu machen, an dem er ihre privaten Dokumente versteckt hält. Sie sind es, die ihr Geheimnis bewahren, der einzige Beweis ihrer Vergangenheit. Nicht ganz, es gibt da noch den Straftäter Danilo, auch er weiß Bescheid. Jana und er kennen sich bereits seit Kindertagen. Und Danilo ist gerade aus dem Vrinnevi Krankenhaus in Norrköping entkommen … Zudem erschüttern gerade grausame Morde die beschauliche Stadt. Hier scheint jemand eine Rechnung begleichen zu wollen. Es benötigt einige Zeit, bis Jana die Zusammenhänge erkennt.

Die Autorin Emelie Schepp versteht es wirklich, ihre Figuren anzulegen. Die Staatsanwältin Jana Berzelius, die nach außen hin die kühle, leicht arrogante Karrierefrau gibt, arbeitet schwer daran, ihr Geheimnis zu wahren. Ich kann vom ersten Moment an sehr gut mit ihr mitfiebern. Die anderen Charaktere sind ebenfalls authentisch und haben alle Ecken und Kanten, das hebt die Spannung und das Lesevergnügen noch einmal mehr an. Der Spannungsbogen wird hoch gehalten von Emelie Schepp und ihr Tempo ist durchaus zügig. Der Schreibstil der Autorin ist faszinierend und mitreißend. Die Lektüre ist Unterhaltung pur und an Dramatik fast nicht zu überbieten. Die Geschichte selbst lässt mir sozusagen das Blut in den Adern gefrieren und beeindruckt mich zutiefst.

Von Herzen gerne vergebe ich diesem Buch seine wohlverdienten fünf von fünf möglichen Sternen und empfehle es absolut weiter. Die Reihe um die Staatsanwältin Jana Berzelius steht für kühle, schwedische Crime Noir. Die Übergänge von Gut und Böse sind zuweilen fließend, Gänsehaut und fröstelnde Schauer sind auf jeden Fall garantiert. Nun warte ich ganz gespannt auf den nächsten Teil der Reihe, der in Schweden bereits in diesem August erschienen ist.