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Veröffentlicht am 21.06.2021

Greenglass House

Greenglass House
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Der zwölfjährige Milo lebt in einem waschechten Schmugglerhotel, das von seinen Adoptiveltern geführt wird. Eigentlich will er die ruhigen Winterferien genießen, als plötzlich und kurz hintereinander gleich ...

Der zwölfjährige Milo lebt in einem waschechten Schmugglerhotel, das von seinen Adoptiveltern geführt wird. Eigentlich will er die ruhigen Winterferien genießen, als plötzlich und kurz hintereinander gleich fünf unerwartete Gäste auftauchen. Außerdem findet Milo eine geheimnisvolle Karte und Gegenstände verschwinden einfach. Ist ein Dieb oder eine Diebin unter den Gästen? Milo und Meddy, die Tochter der Köchin, machen sich an die Detektivarbeit.

"Greenglass House" ist ein schönes, ruhigeres Buch, das man am besten im Winter lesen sollte, eingemummelt in eine Kuscheldecke und mit Tee und Keksen, denn es ist voller Schnee, Kerzen, heißer Schokolade, Kaminfeuer, Sternenhimmel, Weihnachtsschmuck und Gemütlichkeit.

Die Geschichte lebt eindeutig von den tollen und interessanten Charakteren, die alle ihre eigenen Gründe dafür haben, bei einem solchen Wetter im ziemlich abgelegenen Hotel gelandet zu sein.
Am besten gefallen hat mir aber Milo, der Protagonist mit den chinesischen Wurzeln. Er ist ein aufgewecktes, neugieriges und vor allem freundliches und höfliches Kind. Obwohl er seine (absolut großartigen) Adoptiveltern liebt, hadert er damit, dass er nicht wie sie aussieht und fragt sich doch, wer wohl seine leibliche Verwandtschaft ist.
Sein Ärger über die verdorbenen Winterferien verschwindet dank Meddy schnell, die ihn in die Welt des Pen-and-Paper-Rollenspiels einführt. Die beiden denken sich Charaktere aus und übertragen das Spiel auf die wirkliche Welt, um die Geheimnisse des Hauses und der Gäste lüften zu können.
Es ist eine unfassbare Freude mit den beiden durch das Hotel zu schleichen und nach Hinweisen zu suchen oder mit ihnen die merkwürdigen Leute subtil zu verhören.

Obwohl es ein paar Längen gibt, erwärmt dieses Buch das Herz und am Ende warten sogar ein paar interessante Twists auf die Lesenden. Absolute Empfehlung für alle ab 10 Jahren!

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Veröffentlicht am 04.06.2021

Götter

Die Götter müssen sterben
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"Die Götter müssen sterben" ist eines dieser Bücher, in denen so viel richtig gemacht wird, die mich aber leider dennoch nicht komplett abholen konnten.

Wie offenbar schon einige vor mir hatte ich Schwierigkeiten, ...

"Die Götter müssen sterben" ist eines dieser Bücher, in denen so viel richtig gemacht wird, die mich aber leider dennoch nicht komplett abholen konnten.

Wie offenbar schon einige vor mir hatte ich Schwierigkeiten, mir die Namen und dazugehörigen Personen zu merken. Mit wechselnden Perspektiven habe ich sowieso schon meine Probleme, auch wenn ich bei den meisten Geschichten irgendwann reinkomme. Hier hat es mich jedoch so richtig verwirrt und jedes Mal aus der Story gerissen.
Und... ich weiß nicht, wie ich es beschreiben soll. Mir fehlte es manchmal an Spannung? Es fühlt sich irgendwie falsch an, das so zu schreiben, weil ja eigentlich auch ziemlich viel passiert. Aber meine Gedanken gingen die ganze Zeit auf Wanderschaft und ich musste manche Stellen mehrfach lesen, weil ich nicht bei der Sache war.

Trotzdem punktet die Geschichte beim Zwischenmenschlichen. In dieser Welt haben verschiedene Geschlechter ihren Platz, es gibt unfassbar viele tolle Kriegerinnen, Homosexualität, Consent, liebevolle Beziehungen... davon will ich mehr!
Ernsthaft, ich liebe Fantasy, aber die immer gleiche, langweilige, patriarchale Welt, in der alle Charaktere gleich aussehen und die einzige Frau mit einer Sprechrolle der Loveinterest von irgendeinem der Hauptcharaktere ist, kann langsam mal weg.
Und das heißt nicht, dass in "Die Götter müssen sterben" alle lieb und nett zueinander sind und es keine Reibungspunkte gibt. Im Gegenteil, Gewalt spielt eine große Rolle (das sind immerhin noch Amazonen!), es wird blutig und an manchen Stellen grausam.

Protagonistin Areto mochte ich sehr. Zu Beginn der Geschichte ist sie unfreiwillig mit einem Mann verheiratet, obwohl sie Frauen lieber mag, wird dann aber von den Kriegerinnen aufgenommen und bringt einen Sohn zur Welt. Außerdem spricht sie immer wieder von ihrem "Schatten", den ich als Depression gelesen habe - und darüber könnte ich leider ganze Balladen singen. Aus meiner ganz subjektiven Sicht wirkte dieser Teil glaubhaft und ich konnte mich darin wiederfinden.

Die Autorin dankt im Nachwort ihren Sensitivity Readern und mich wundert es überhaupt nicht, dass es diese gibt. Jedes sensible Thema erschien mir respektvoll und gut umgesetzt, so weit ich das beurteilen kann.

Am Ende ist das hier leider eine typische "es liegt an mir, nicht an dir, liebes Buch" Sache, weil ich einfach nicht den vollen Zugang finden konnte. Trotzdem hoffe ich, dass die Geschichte von vielen Menschen eine Chance bekommt!

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Veröffentlicht am 04.06.2021

Nachrichten

Nachrichten von Männern
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Normalerweise mache ich um solche Bücher ja einen Bogen, weil mich der Humor meistens nicht kriegt. Da ich aber die Torten der Wahrheit von Katja Berlin so liebe, war ich guter Hoffnung und wollte es doch ...

Normalerweise mache ich um solche Bücher ja einen Bogen, weil mich der Humor meistens nicht kriegt. Da ich aber die Torten der Wahrheit von Katja Berlin so liebe, war ich guter Hoffnung und wollte es doch lesen. Und naja... ich hatte trotzdem so meine Schwierigkeiten.

Natürlich ist mir klar, dass alles super überspitzt und aus humoristischen Gründen klischeehaft dargestellt wird. Trotzdem leben solche Geschichten auch davon, dass man sich irgendwo wiederfindet, schmunzelt, wissend nickt. Und das war bei mir halt absolut gar nicht so.

Immer wenn es wieder hieß "du kennst das..." war ich so: "Äh, nee".
Dabei wurde mir halt klar, wie krass anders mein Leben (verglichen mit den Autorinnen) läuft. Aber hey, irgendwann habe ich es aufgegeben, relaten zu wollen und das Buch stattdessen als Einblick in eine völlig andere Welt betrachtet. Dann wurde es doch noch ganz unterhaltsam.

Hin und wieder gibt es sogar ein paar feministische Momente (für mich die besten Stellen!) und ernste Töne (z.B. wenn es um eine tatsächlich toxische Beziehung geht und klar gesagt wird, dass man da raus muss).

Komplett fremd war mir das alles dann natürlich doch nicht, denn zumindest der Wütende, der gerne mal beleidigend wird (vor allem, wenn man ihn zurückweist), ist mir auch schon untergekommen.

Und immerhin weiß ich jetzt, wofür diese nervigen Buchstabenkombis auf Datingprofilen stehen! Astrologie für Männer... sowas hatte ich mir ja schon gedacht.

Schlecht ist das Buch also wirklich nicht und wenn du in einer Großstadt lebst, unbedingt im Büro arbeitest, ständig "Projekte" bekommst, oft reist, unfassbar viele Freundinnen und Bekannte hast, zu Übertreibungen und Drama neigst, alles gern in Wein (oder sonstigen Alkohol) ersäufst und sehr viele Typen datest, die ganz genauso sind, dann findest du dich hier auf jeden Fall so richtig wieder. :)

Naja, und da ich mit den meisten im Buch beschriebenen Nachrichten-Typen keine Erfahrung habe, füge ich als kleinen Zusatz hier mal einen hinzu, der mit tatsächlich sehr oft begegnet: Der Komplimente-Fischer!
Der schreibt schon gleich am Anfang Sachen wie: "Hey, sag mal, was hat dich denn dazu bewogen, mein Profil zu liken? Was gefällt dir so an mir? Hast du Fragen zu meinen Bildern?"
Mir wäre das ja zu peinlich und da ich nicht nur Männer date, kann ich behaupten, dass zumindest queere Frauen sowas nie schreiben würden. ;)

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Veröffentlicht am 19.05.2021

Ohne Rücksicht

Ohne Rücksicht auf Verluste
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Uff, das war wirklich keine leichte Lektüre.
Das Buch ist gut geschrieben, die Autoren klären sachlich und fundiert auf. Das ist wichtig und richtig.
Trotzdem musste ich den eReader immer mal wieder zur ...

Uff, das war wirklich keine leichte Lektüre.
Das Buch ist gut geschrieben, die Autoren klären sachlich und fundiert auf. Das ist wichtig und richtig.
Trotzdem musste ich den eReader immer mal wieder zur Seite legen, weil mich der Inhalt so ausgelaugt hat und ich einfach nicht mehr konnte.
Hier werden nicht nur die (für mich) völlig grotesken Headlines und Artikel der Bild zitiert, sondern auch Kommentare ihrer wutschnaubenden Leser. Da wird natürlich ordentlich nach unten getreten, es geht aber auch um schwer verdauliche Themen wie Mord und (sexuelle) Gewalt - das sollte man bedenken, wenn man das Buch lesen möchte.

Ich wusste ja schon, dass es bei der Bild wenig bis gar keine Skrupel gibt, aber das alles nochmal so gebündelt zu lesen... wow.

In unterschiedlichen Kapiteln geht es um Prominente, die erpresst oder nach dem Verweigern eines exklusiven Interviews negativ dargestellt werden, um Menschen, die (fälschlicherweise) zu Straftätern oder gleich für tot erklärt werden, um das widerliche Sexualisieren von Sportlerinnen oder minderjährigen (!) Mädchen, um die Ärmsten in Deutschland, die als faule und dumme Schmarotzer hingestellt werden, um das wiederholte Verletzen von Persönlichkeitsrechten, das Pushen erzkonservativer Haltungen, die Jagd auf Menschen, die Angehörige verloren haben (und das ekelhafte "Witwenschütteln"), um unsaubere Recherche oder einfach Lügen, um die Bild früher - und natürlich auch etwa ausführlicher um Julian Reichelt.

Zu allem gibt es Fußnoten, die in der eBook-Version als dicker Anhang mit jeder Menge Links aufwartet.

Ich bin den Autoren (beide vom Bildblog) wirklich dankbar für ihre Arbeit und den langen Atem, den man für so ein Projekt braucht. Ich will schon nach diesem Buch am liebsten nie wieder was von der Bild hören oder sehen... aber sie jeden Tag zu lesen und zu kritisieren oder zu widerlegen? Ich bin echt froh, dass ich das nicht machen muss und halte es gleichzeitig für unfassbar wichtig.

Jedenfalls: große Leseempfehlung, so ein Buch gehört unterstützt!

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Veröffentlicht am 31.03.2021

Klasse und Kampf

Klasse und Kampf
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Leider bin ich mit völlig falschen Erwartungen an dieses Buch gegangen, woran ich zum Teil selbst Schuld bin. Ich hätte mich vorher über die Autor:innen informieren müssen.

Ich bin davon ausgegangen, ...

Leider bin ich mit völlig falschen Erwartungen an dieses Buch gegangen, woran ich zum Teil selbst Schuld bin. Ich hätte mich vorher über die Autor:innen informieren müssen.

Ich bin davon ausgegangen, dass es hier endlich mal Perspektiven von Menschen gibt, die jetzt grade von Klassismus betroffen sind. Menschen ohne akademischen Abschluss, ohne Abi. Menschen, die von schlecht bezahlter Lohnarbeit abhängig sind (und zwar ein Leben lang und nicht nur Übergangsweise neben dem Abi/Studium) oder von knapper, staatlicher Unterstützung leben müssen. Die abgewertet, lächerlich gemacht und gegängelt werden, genau jetzt und nicht früher mal.

Stattdessen ist das hier nur ein weiteres Sprachrohr derer, die "es geschafft" haben. Die Autor:innen kommen alle aus der journalistischen, künstlerischen und akademischen Bubble. Nur deren Eltern halt oft nicht und das scheint dann schon auszureichen, um über die Themen im Buch schreiben zu können.
Das Vorwort mit dem Versprechen der Diversität ist dabei fast schon Hohn.

Nichts gegen die Geschichten an sich. Sie sind ehrlich und oft auch gut geschrieben.
Vielleicht ist es grade das, was man einer Hartz-IV-Empfängerin oder einem Kassierer nicht zutraut... aber das ist ja eigentlich auch wieder Klassimus pur. Und grade diese Perspektiven fehlen doch!

Fünf weiße Menschen, die über Rassismus diskutieren? Zu Recht ein Skandal, vielfach kritisiert.
Aber beim Thema Klasse interessiert es so gut wie niemanden, dass fast nur Akademiker:innen öffentlich zu Wort kommen. Im Gegenteil, das scheint normal zu sein und zeigt, wie weit, lang und schwer der Weg noch ist.
Arbeiter:innen und Menschen, die aus welchen Gründen auch immer keiner Lohnarbeit nachgehen (können), haben keine Plattform, keine Lobby, keine Stimme.

Schlecht ist das Buch deswegen nicht. Nur enttäuschend und für mich auch ziemlich unbrauchbar.
Lest es trotzdem, grade wenn ihr vielleicht gar keinen Bezug zum Thema habt, so als kleinen Einstieg.
Für mich ist aber klar, dass ich mich zukünftig besser informieren und keine Bücher über Klasse oder Klassismus mehr lesen werde, wenn die Perspektiven so einseitig sind.

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