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Veröffentlicht am 24.09.2021

Das Ende

Das Ende von allem*
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Ich habe ja schon so einige Bücher zum Thema Astronomie/Kosmologie gelesen, aber irgendwie gibt es immer wieder was Neues zu entdecken. Denn mit dem Gedanken, dass das ganze Universum enden könnte, habe ...

Ich habe ja schon so einige Bücher zum Thema Astronomie/Kosmologie gelesen, aber irgendwie gibt es immer wieder was Neues zu entdecken. Denn mit dem Gedanken, dass das ganze Universum enden könnte, habe ich mich noch nicht so sehr beschäftigt. Umso schöner, dass es dieses Buch gibt!

Ich weiß, bei manchen Menschen löst die Vorstellung vom großen Ende Unwohlsein aus. Fortpflanzungs- und Selbserhaltungstrieb, der Wunsch, etwas auf dieser Welt zurückzulassen... alles komplett egal, wenn man versucht, das große Ganze zu betrachten. Mich erleichtert das. Der Gedanke, das irgendwann alles endet und verschwindet, ist für mich kein Schlechter.
So rät auch die Autorin, bei Alltagssorgen ruhig mal einen Schritt zurückzutreten und sich zu fragen, wie wichtig das jetzt wirklich ist. Und nein, das bedeutet natürlich nicht, dass jede Ungerechtigkeit, jeder Schmerz und jedes Leid egal sind. Aus menschlicher Sicht natürlich nicht!
Trotzdem: Liebeskummer ist vielleicht nur halb so wild, wenn man darüber nachdenkt, dass weder die eigenen noch die Überreste der anderen Person ewig sein werden. Irgendwann ist alles weg - sogar die Zeit selbst.

Zumindest gibt es Theorien dazu, die in diesem Buch beleuchtet werden.
Ich muss gestehen, mir haben meine kleinen Vorkenntnisse beim Lesen geholfen, ich glaube aber, dass man alles auch so verstehen kann. Die Autorin bemüht sich jedenfalls um Zugänglichkeit, so weit das bei einem derart komplexen Thema möglich ist.

Einiges war für mich Wiederholung, aber dafür bin ich sehr dankbar, denn ich habe das Gefühl, dass ich alles mit jedem Buch, das ich lese/höre, etwas besser durchblicke. Was mein langweiliger Astronomielehrer mir nicht beibringen konnte, verstehe ich heute auf einmal. An mir lag es also nicht, ha!

Die Autorin startet mit Grundlagen. Wie und wann ist das Universum entstanden, wie hat es sich entwickelt, wie funktioniert es? Was wissen wir genau und warum wissen wir es?
Dann folgen Kapitel zu den einzelnen Theorien wie alles enden könnte, wieso es passieren würde und was dabei auf uns und die Erde zukommen würde, würde es uns noch geben.
Klar, die Sonne bläht sich irgendwann auf, die Erde wird verkohlen, die Ozeane verdampfen, dann stürzt unser Planet in die Sonne - das wissen wir schon. Aber hier geht es darum, dass alles verschwindet und selbst Protonen zerfallen.

Meine Lieblingstheorie ist die des langsamen Versinkens in Dunkelheit. Da sich das Universum ausdehnt, wird der Abstand zwischen allem immer größer, dadurch alles dunkler, nichts Neues bildet sich mehr und naja, die Lichter gehen irgendwann aus, der Zeitstrahl endet, die Letzte macht die Tür zu. :)

Manche Theorien, wie z.B. der "Big Rip", können richtig beängstigend sein. Da kommt beim Lesen schon mal Endzeitstimmung auf.

Mein Fazit: Ein sehr gutes, auch für Laien verständliches Buch. Wer sich für die Thematik interessiert, wird seine oder ihre Freude damit haben und einiges an Neugier stillen können.

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Veröffentlicht am 26.07.2021

Blackout

Blackout
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"Blackout" ist eine Anthologie, in der unterschiedliche Teenager während eines Stromausfalls die Liebe und/oder zu sich selbst finden. Dabei sind die einzelnen Geschichten miteinander verbunden, weil sich ...

"Blackout" ist eine Anthologie, in der unterschiedliche Teenager während eines Stromausfalls die Liebe und/oder zu sich selbst finden. Dabei sind die einzelnen Geschichten miteinander verbunden, weil sich die Protas kennen, verwandt sind, in der selben Nachbarschaft wohnen etc. Außerdem sind sie auf dem Weg zu einer Party, die eine Art Finale darstellt.
Also alles im Stil von "Tatsächlich... Liebe!" und ich könnte mir dieses Buch wirklich ganz wunderbar als Film vorstellen.

Die Stories haben aber vor allem gemeinsam, dass die Protas People of Color sind und dass Liebe in all ihren Facetten vorkommt.
Seien es zwei Jungs, die auf die selbe Schule gehen und sich während des Stromausfalls in der U-Bahn endlich näher kommen, zwei Mädchen, die auf der Suche nach einem Foto eher die Liebe zueinander finden, ehemalige Geliebte, die eine zweite Chance bekommen, best friends, die sich eingestehen, dass da eigentlich mehr zwischen ihnen ist, die Protagonistin, die eine Pause von ihrer Langzeitbeziehung und vor allem Zeit für sich selbst braucht oder das typische meet cute von zwei Personen, die sich vorher gar nicht kannten.

Der Schreibstil hat mir, trotz der unterschiedlichen Autorinnen, von vorne bis hinten zugesagt.
Normalerweise gibt es in solchen Sammlungen ja immer den ein oder anderen Flop, aber das kann ich hier nicht behaupten. Mir hat jede Geschichte gefallen und über Kleinkram (wie einen super schlauen Busfahrer, der zufällig genau die richtigen Ratschläge gibt oder die etwas klischeehafte Geschichte der best friends) sehe ich gerne hinweg.

Richtig schön ist auch, dass Rassismus und Homofeindlichkeit hier keinen (großen) Platz bekommen haben. Die Charaktere dürfen sich mit ihren Gefühlen rumschlagen, die Zukunft planen, einfach sein.
Nicht falsch verstehen: solche Themen sind schon wichtig. Aber wir brauchen eben auch die herzerwärmenden Geschichten, die comfort reads, die ausnahmsweise mal nicht mit triggernden Slurs und Situationen aufwarten. Positive Representation ist so wichtig.

Insgesamt also eine schöne, super romantische Anthologie, die total viel richtig macht. Von solchen Geschichten möchte ich mehr!

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Veröffentlicht am 19.05.2021

Ohne Rücksicht

Ohne Rücksicht auf Verluste
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Uff, das war wirklich keine leichte Lektüre.
Das Buch ist gut geschrieben, die Autoren klären sachlich und fundiert auf. Das ist wichtig und richtig.
Trotzdem musste ich den eReader immer mal wieder zur ...

Uff, das war wirklich keine leichte Lektüre.
Das Buch ist gut geschrieben, die Autoren klären sachlich und fundiert auf. Das ist wichtig und richtig.
Trotzdem musste ich den eReader immer mal wieder zur Seite legen, weil mich der Inhalt so ausgelaugt hat und ich einfach nicht mehr konnte.
Hier werden nicht nur die (für mich) völlig grotesken Headlines und Artikel der Bild zitiert, sondern auch Kommentare ihrer wutschnaubenden Leser. Da wird natürlich ordentlich nach unten getreten, es geht aber auch um schwer verdauliche Themen wie Mord und (sexuelle) Gewalt - das sollte man bedenken, wenn man das Buch lesen möchte.

Ich wusste ja schon, dass es bei der Bild wenig bis gar keine Skrupel gibt, aber das alles nochmal so gebündelt zu lesen... wow.

In unterschiedlichen Kapiteln geht es um Prominente, die erpresst oder nach dem Verweigern eines exklusiven Interviews negativ dargestellt werden, um Menschen, die (fälschlicherweise) zu Straftätern oder gleich für tot erklärt werden, um das widerliche Sexualisieren von Sportlerinnen oder minderjährigen (!) Mädchen, um die Ärmsten in Deutschland, die als faule und dumme Schmarotzer hingestellt werden, um das wiederholte Verletzen von Persönlichkeitsrechten, das Pushen erzkonservativer Haltungen, die Jagd auf Menschen, die Angehörige verloren haben (und das ekelhafte "Witwenschütteln"), um unsaubere Recherche oder einfach Lügen, um die Bild früher - und natürlich auch etwa ausführlicher um Julian Reichelt.

Zu allem gibt es Fußnoten, die in der eBook-Version als dicker Anhang mit jeder Menge Links aufwartet.

Ich bin den Autoren (beide vom Bildblog) wirklich dankbar für ihre Arbeit und den langen Atem, den man für so ein Projekt braucht. Ich will schon nach diesem Buch am liebsten nie wieder was von der Bild hören oder sehen... aber sie jeden Tag zu lesen und zu kritisieren oder zu widerlegen? Ich bin echt froh, dass ich das nicht machen muss und halte es gleichzeitig für unfassbar wichtig.

Jedenfalls: große Leseempfehlung, so ein Buch gehört unterstützt!

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Veröffentlicht am 01.03.2021

Land der weißen Männer

Das Land der weißen Männer
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Dieses Buch ist ein absolutes Must-Read, wenn man sich für Politik und Geschichte der USA interessiert.

Ijeoma Oluo beleuchtet blinde Flecken und legt den Finger in die tiefe Wunde, auf die viele weiße ...

Dieses Buch ist ein absolutes Must-Read, wenn man sich für Politik und Geschichte der USA interessiert.

Ijeoma Oluo beleuchtet blinde Flecken und legt den Finger in die tiefe Wunde, auf die viele weiße Menschen lieber ein winziges Pflaster kleben würden, um dann nicht mehr darüber nachdenken zu müssen.
So werden die klassischen Cowboys enthe­ro­i­sie­rt, das Leid der amerikanischen Ureinwohner aufgezeigt, Sklavenhandel, Rassismus und Misogynie thematisiert und am Ende einfach sämtliches Unrecht schonungslos offengelegt.
Dabei tut das Lesen oft ziemlich weh, vor allem, weil so viele Fälle von Gewalt geschildert und misogyne Rassisten ungefiltert zitiert werden, aber auch, weil man immer einen Bogen zu unserer heutigen Gesellschaft schlagen kann und muss.

Die Autorin verbindet geschichtliche Fakten, die aktuelle Situation und eigene Anekdoten über ihre Erfahrung als Schwarze Frau sehr geschickt.
Außerdem zieht sie keine Grenzen und kritisiert nicht nur Trump (eh klar), sondern zum Beispiel auch Biden und Sanders - und in einem sehr überraschenden Kapitel (von dem ich nicht wusste, dass ich es brauchte, aber es tat SO gut) männliche Feministen. Alles natürlich gut begründet, mit Hand und Fuß.

Ich kann das Buch wirklich nur empfehlen, man lernt einfach unfassbar viel.

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Veröffentlicht am 10.02.2021

why we matter

Why We Matter
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Dieses Buch ist ein grandioser, intersektionaler, feministischer Rundumschlag.
Die Autorin schreibt gradlinig und auf den Punkt, füllt dabei Wissenslücken, webt gekonnt ihre persönliche Geschichte mit ...

Dieses Buch ist ein grandioser, intersektionaler, feministischer Rundumschlag.
Die Autorin schreibt gradlinig und auf den Punkt, füllt dabei Wissenslücken, webt gekonnt ihre persönliche Geschichte mit ein (die aber nie im Mittelpunkt steht) und scheut nicht davor zurück, Rassismus oder Homofeindlichkeit in ihrer eigenen Familie zu benennen.

Manches war mir schon bewusst, einiges kannte ich noch nicht. Die Empathie-Lücke erklärt zum Beispiel so vieles, was ich vorher nicht greifen konnte.

Obwohl wir so unterschiedliche Leben führen und Erfahrungen machen, habe ich mich beim Lesen mit der Autorin verbunden gefühlt. Das hat mich selbst überrascht, weil ich ähnliche Bücher von Feministinnen mittlerweile ein bisschen kritischer betrachte und deren Backround sich oft wie ein Graben zwischen uns anfühlt. Beim Kapitel über LGBTQI+ habe ich mich z.B. in ihrer Story teilweise wiedergefunden und kam mir gleich weniger allein und merkwürdig vor. Außerdem erkennt und benennt sie die verschiedenen "Härtegrade" der Diskriminierung, so sind schwule Männer meistens viel sichtbarer als lesbische Frauen (kennt man ja, dass es um Homosexualität geht und nur von "den Schwulen" die Rede ist) und Bisexuelle und trans Personen werden besonders abgewertet (oft sogar innerhalb der Community).

Rassismus nimmt zu Recht sehr viel Raum ein und als Nicht-Betroffene bin ich dankbar für jede Aufklärung und das Sichtbarmachen. Wir müssen noch so viel lernen und dieses Buch ist eine große Hilfe.

Am besten gefallen hat mir aber, dass Kapitalismus, Klasse und Armut hier ausnahmsweise mal nicht ignoriert werden. Die Autorin ist, wie fast alle Personen mit Reichweite, die sich öffentlich feministisch äußern (ob in Podcasts, auf Social Media oder eben in Büchern), Akademikerin und profitiert vom aktuellen System. Dennoch kritisiert sie es scharf und macht deutlich, dass Menschen, die zum Beispiel aus welchen Gründen auch immer grade keiner Lohnarbeit nachgehen (können), als faul, dumm und wertlos abgestempelt werden.
Ja, sie stellt das Konzept von Lohnarbeit (und Geld!) sogar komplett infrage und zeigt auf, dass wir eine sehr enge Sichtweise davon haben, was als Arbeit gilt und was nicht, wer wertvoll ist und wer nicht.
Dennoch bin ich der Meinung, dass es insgesamt mehr Stimmen von Nicht-Akademiker:innen und Menschen aus der Arbeiter:innenklasse und der sogenannten Unterschicht braucht... dass wir sichtbarer werden und uns organisieren müssen. Viele (so auch ich lange) sind so voller Scham und Ohnmacht, dass sie nicht mal wissen, dass sie unterdrückt werden und das Recht haben, sich zu wehren.
Und hier setze ich auch mit meiner Kritik an: das Buch ist nicht sonderlich niedrigschwellig und enthält einige Fremdwörter. Die Arbeiterin/Hartz IV-Empfängerin aus der Kleinstadt wird andere, konkretere Sorgen haben und es wohl eher selten lesen, was schade ist, weil genau da die Diskriminierung im Alltag greift und Wissenslücken gefüllt werden müssen.
Dafür ziehe ich allerdings keinen Stern ab, weil das Buch ansonsten zu gut ist!

Auch andere Themen, wie das große Konzept "Wissen", werden spannend beleuchtet. Was ist das überhaupt und wer entscheidet, welches Wissen richtig und wertvoll ist?
Und warum gilt die Sichtweise Nicht-Betroffener (häufig die weißer Männer) als objektiv und unvoreingenommen, während den Betroffenen immer Subjektivität und "zu wenig Abstand von der Thematik" unterstellt wird?
Obwohl doch grade sie über ein Wissen verfügen, das anderen vielleicht verborgen bleibt?

In jedes Kapitel fließt ein wenig Geschichtsunterricht mit ein und ich bin immer wieder fassungslos, dass ich über bestimmte Themen absolut gar nichts in der Schule gelernt habe.

Als es um Krankenhäuser und das Gesundheitssystem ging, konnte ich zum ersten mal mein eigenes Erlebnis, das mittlerweile 10 Jahre her ist und mich nicht loslässt, einordnen. Ich bin damals vom Personal schlecht behandelt und sexistisch beleidigt worden, der Arzt meinte sogar "typisch Frau, wegen ein bisschen Bauchschmerzen rumheulen und die Notaufnahme belasten".
Einen Tag später bin ich zusammengebrochen und wurde notoperiert.
Sowas passiert jeden Tag. Frauen wird schnell ein psychischer Grund angedichtet, sie sterben häufiger an nicht erkannten Herzinfarkten, weil ihre Beschwerden von der männlichen "Norm" abweichen, während Männer viel schneller zu Fachärzt:innen überwiesen werden.
Schwarzen Menschen wird sogar noch weniger geglaubt und sie bekommen zum Beispiel seltener Schmerzmittel, weil sie nicht ernst genommen werden (auch hier greift die Empathie-Lücke).

Übrigens habe ich zu Beginn des Buches irgendwann mal angefangen, Sätze zu markieren, um sie hier zitieren zu können. Leider musste ich dann schnell feststellen, dass ich am liebsten alles zitieren würde, weil ein guter Absatz den nächsten jagt.

Das Thema Sexarbeit bekommt ebenfalls viel Platz und ich habe alles dazu aufgesogen. Ich kann die Menschen, die für ein Sexkaufverbot sind, nur beknien dieses Buch zu lesen.
Oder überhaupt alle... bitte lest es!

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