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Veröffentlicht am 06.12.2022

Berührende Geschichte

Findelmädchen
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Über die Nachkriegsjahre in Deutschland und das Schicksal eines Geschwisterpaar Helga und Jürgen erzählt Lilly Bernstein in ihrem Buch „Findelmädchen“. Die Hauptprotagonistin Helga, das Findelmädchen, ...

Über die Nachkriegsjahre in Deutschland und das Schicksal eines Geschwisterpaar Helga und Jürgen erzählt Lilly Bernstein in ihrem Buch „Findelmädchen“. Die Hauptprotagonistin Helga, das Findelmädchen, wurde zusammen mit ihrem Bruder Jürgen im Jahr 1945 von einem französischen Ehepaar in Köln aufgelesen. Die Kinder, damals sechs- und sieben Jahre alt, saßen allein vor einem Bunker. Ihre Mutter war spurlos verschwunden. Doch die Franzosen haben die Suche nach den Eltern von Helga und Jürgen nie aufgegeben und den Vater der Beiden gefunden, der nach jahrelanger russischer Gefangenschaft nach Köln zurückgekehrt ist.

Für die Familie beginnt ein neuer Lebensabschnitt. Alle müssen neu anfangen, ihr Glück finden, die ´Zeit, die durch den Krieg verlorengegangen ist, irgendwie nachholen. Während die Männer in der neuen Lage scheinbar leichter Fuß fassen können, ist der Lebensweg von Frauen von vielen Hindernissen geprägt. So darf Helga nicht auf das Gymnasium gehen, weil ihr Vater es ihr nicht erlaubt. Stattdessen darf sie die Haushaltsschule besuchen, die damals für Mädchen, künftige Ehefrauen und Mütter, bestimmt war. Während des Praktikums in einem Waisenhaus stößt Helga auf Umstände, die aus heutiger Sicht unvorstellbar wären. Gegen die Ungerechtigkeiten, die den Waisenkindern dort geschehen, gegen die zweifelhafte, unmenschliche Erziehungsmethoden begehrt Helga auf und versucht nach all ihr zur Verfügung stehenden Mitteln Abhilfe zu schaffen.

Helgas berührende Geschichte wirkt authentisch. Sie wurde von der Autorin mit viel Herz erzählt und rührt des Öfteren zu Tränen. Wunderbar vermittelt die Schriftstellerin die Atmosphäre der Nachkriegsjahre in Deutschland und schildert ein authentisches Bild der damaligen Gesellschaft. Der Leser kann sich gut in die menschlichen Schicksale hineinversetzen.

Ich bin in diese Geschichte versunken, habe mit Helga und ihrer Freundin Fanny, deren Tochter in einem Waisenhaus aufwachsen musste, mitgelitten und um ihr Schicksal mitgefiebert.

Der Roman wirkt ein bisschen wie ein modernes Märchen, das wirklich geschah, deswegen passt er hervorragend in die aktuelle Vorweihnachtszeit. Das Buch bekommt meine wärmste Empfehlung. Es ist lesenswert, zu jeder Jahreszeit!

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Veröffentlicht am 04.12.2022

Ein Roman über Carola Neher

Aufstieg in den Abgrund
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Carola Neher, in der Goldenen Zwanzigern als schönste Frau Deutschland und begabte Schauspielerin groß gefeiert, von vielen bewundert und beneidet, endete als Sträfling in einem sowjetischen Gefängnis. ...

Carola Neher, in der Goldenen Zwanzigern als schönste Frau Deutschland und begabte Schauspielerin groß gefeiert, von vielen bewundert und beneidet, endete als Sträfling in einem sowjetischen Gefängnis. Ihre Lebensgeschichte ist ungewöhnlich und sehr spannend, deswegen reizte mich das biografische Roman über sie, der aus der Feder des Journalisten Holger Haase stammt.

Wie der Autor im Nachwort selbst erklärt, gibt es viele Nachweise über das Leben von Carola Neher in Deutschland. Diese autobiografischen Belege dienten ihm als Grundlage für den Roman über die Schauspielerin. Die Erzählung über die Zeit des Exils entspringt mehr der Fantasie des Autors, weil über diesen Lebensabschnitt der Protagonistin nur wenige Zeugnisse gibt.

Zwar ist das Schicksal von Carola Neher bewegend, aber der Roman hat mich nicht wirklich berührt. Besonders der erste Teil über ihre glänzende Karriere in Deutschland, emotionslos und trocken erzählt, ähnelt mehr einem sachlichen Bericht als einem Roman. Der Schauspielplatz der Geschichte wirkt theatralisch, die Protagonistin bleibt unsympathisch und unnahbar. Dieser Teil des Romans lässt sich nur zäh lesen, die Geschichte konnte mich nicht packen.

In dem zweiten Teil des Romans lässt der Autor die Protagonistin besser kennenlernen, ihr oft nicht nachvollziehbares Verhalten besser verstehen. Carola Neher, die sowohl auf der Bühne wie auch privat große Erfolge feierte, musste zum Schluss, bei den Verhören vom sowjetischen Geheimdienst, die schwerste Rolle ihres Lebens spielen. Denn auf dem Spiel standen diesmal entweder ihre Rückreise nach Deutschland oder Gulag; es war ein Spiel um Leben und Tod.

Die Lebensgeschichte des einst gefeierten Stars ist tragisch und bewegend. Da mich aber der Roman darüber nicht überzeugen konnte, kann ich das Buch lediglich mit drei Sternen bewerten.

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Veröffentlicht am 04.11.2022

Interessanter Auftakt der Krimireihe mit Lilly Hed

Im Feuer
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Lilly Hed, die bisher eine glänzende Karriere als Ermittlerin in Stockholm gemacht hat, entscheidet sich für einen einfachen Dienst bei der Polizeidienststelle in einem kleinen Ort an der Schärenküste. ...

Lilly Hed, die bisher eine glänzende Karriere als Ermittlerin in Stockholm gemacht hat, entscheidet sich für einen einfachen Dienst bei der Polizeidienststelle in einem kleinen Ort an der Schärenküste. Sie will mit ihrer Vergangenheit abschließen, zu Ruhe kommen, neu anfangen.

Doch an die Ruhe ist in dem brütend heißen Sommer in dem idyllischen Ort nicht zu denken. Erst kurz vor Lillys Ankunft in Nynäshamn ist bei einem Brand ein Mensch ums Leben gekommen; der Feuerwehrchef Jesper liefert Lilly Beweise, die auf eine mögliche Brandstiftung hinweisen könnten. Bald brennt es an verschiedenen Stellen des Ortes, Menschen verlieren ihr Leben, ihr ganzes Hab und Gut. Trotz der extremen Trockenheit und Hitze glaubt Lilly nicht so recht auf die Unglücksfälle und entscheidet sich für die polizeiliche Ermittlung. Bald gerät sie selbst in tödliche Gefahr.

„Im Feuer“ ist der Auftakt einer Krimireihe mit der jungen tapferen Ermittlerin Lilly Hed. Die Autorin Pernilla Ericson, die als Journalistin über Klimawandel und soziale Gerechtigkeit berichtet, lässt diese Themen auch in ihren Roman einfließen. Die extreme Wetterlage in sommerlichen Schweden und damit verbundene Trockenheit halten sowohl die Feuerwehr wie auch die Polizei auf Trab. Viele Menschen befinden sich in akuter Lebensgefahr. Bewegende Szenen der erbarmungslosen Gefahr und der engagierten Rettungsaktionen füllen mehrere Seiten des spannenden Krimis.

Drei spektakuläre Brandfälle erregen Lillys Aufmerksamkeit. Schnell erkennt sie die Handschrift des Täters und ermittelt gewissenhaft in allen Fällen. Doch der Täter ist schlau und unberechenbar und ist der Polizei immer einen Schritt voraus. Unheimlich spannend fand ich Lillys Entscheidung über den Neuanfang. Die nach und nach enthüllten Gründe dafür sind ergreifend; Lillys Handlungen nachvollziehbar. So gewann die engagierte Ermittlerin meine volle Sympathie.

FAZIT: Ein gelungener Reihenauftakt mit spannenden Themen und lebhaften Protagonisten. LESENSWERT!

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Veröffentlicht am 27.10.2022

Auf den Spuren des Familiengeheimnisses – Fiktion oder Wahrheit?

Verbrenn all meine Briefe
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Nach einem erneuten Wutausbruch und dem Streit mit seiner Frau versucht Alex nach den Ursprüngen seines unkontrollierbaren Verhaltens zu suchen. Dem Rat seiner Psychologin folgend recherchiert er in der ...

Nach einem erneuten Wutausbruch und dem Streit mit seiner Frau versucht Alex nach den Ursprüngen seines unkontrollierbaren Verhaltens zu suchen. Dem Rat seiner Psychologin folgend recherchiert er in der Geschichte seiner Familie und stößt auf eine unglückliche Liebesgeschichte, die bisher für alle Familienmitglieder Tabu war.
Im Jahre 1932 verliebte sich Alex Großmutter Karin in einen jungen Schriftsteller Olaf und war bereit für ihn sogar die Ehe mit dem berühmten Schriftsteller Sven Stolpe zu beenden. Um die Sache genau zu ergründen stöbert Alex im Nachlass seines Großvaters, findet Briefe und Tagebücher von damals, erinnert sich an seine Besuche bei den Großeltern im Jahr 1988.

„Verbrenn all meine Briefe“ ist ein beeindruckender Roman, in dem Alex Schulman über die intimsten Geheimnisse seiner Familie spricht. Er verrät mehrere Details aus dem Leben der Familie seines Großvaters Sven Stolpe; die Romanfiguren sind authentisch, er nennt sie sogar mit ihren richtigen Namen.
Einfühlsam beschreibt er die dramatische Liebesgeschichte seiner Großmutter, nennt Orten und Zeit des Geschehens, schildert die darauffolgenden Veränderungen im Leben des Ehepaars Stolpe. In einer ruhigen, leicht lesbaren Sprache skizziert der Autor das Porträt seines Großvaters: eines verbitterten, bösartigen Mannes, der seine Familie jahrelang tyrannisiert hat.
Der Titel des Romans „Verbrenn all meine Briefe“ klingt dramatisch und verkündet unwillkürlich eine Tragödie. Dementsprechend ist die von Alex recherchierte Geschichte extrem spannend; sie nimmt einen unvorstellbaren -Verlauf.
In der Danksagung spricht Alex Schulman über seine Arbeit an dem Buch und betont ausdrücklich, dass obwohl die Geschichte auf wahren Begebenheiten berührt, es ist ein Roman.
Ich habe das feinsinnig geschriebene Buch mit großem Interesse gelesen und würde es wärmstens empfehlen.

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Veröffentlicht am 24.10.2022

Interessante Geschichte

Zwischen den Meeren
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„Vier Frauen und ein Jahrhundertbauwerk, das die Welt verändert“ - mit diesem Untertitel wurde das Thema des neuesten Romans von Lena Johannson präzise zusammengefasst.
Der Nord-Ostsee-Kanal wurde Ende ...

„Vier Frauen und ein Jahrhundertbauwerk, das die Welt verändert“ - mit diesem Untertitel wurde das Thema des neuesten Romans von Lena Johannson präzise zusammengefasst.
Der Nord-Ostsee-Kanal wurde Ende das 19. Jahrhunderts gebaut. Das Schicksal von Stine, Regina, Sanne und Mimi wurde von diesem Ereignis stark geprägt.
Stine aus Kiel unterstützt ihren Vater, den Inhaber eines Kolonialwarenladens, beim Umbau des bisherigen Geschäftes zum Eisenwarenhandel. Beide hoffen auf einen besseren Umsatz und gute Verdienstmöglichkeiten, wenn der Kanal gebaut wird. Denn bisher war nur der Puppentheater vom Stines Großvater die beliebteste Attraktion ihres Trödelladens.
Im Juni 1886 wurde Regina aus Rendsburg von ihrem Vater, einem Großgrundbesitzer, zur Heirat mit einem älteren, vermögenden Mann gezwungen. Denn Reginas Vater wittert im Kanalbau ein gutes Geschäft und dafür braucht er sofort viel Geld.
Seit ihrer frühesten Kindheit ist Sanne aus Brunsbüttel vom Schleusenbau fasziniert. Der Großvater hat sie in die Geheimnisse des Schleusenbaus eingeweiht und ihr die benötigten Kenntnisse beigebracht. Sanne würde liebend gerne bei dem Bau des Kanals mitmachen. Nur ob sie als Frau diesen Job bekommen kann?
Sehr früh und unerwartet hat Mimi Dahlström ihre Mutter verloren. Ab sofort musste das 12-jährige Mädchen mehrere familiäre Verpflichtungen übernehmen: für ihre jüngeren Geschwister sorgen und auch ihrem Vater Heinrich H. Dahlström zur Seite stehen. Heinrich Dahlström kämpfte jahrelang für die Genehmigung des Kanalbaus.
Der Kanalbau ist das führende Thema dieses Romans. Spannend erzählt die Autorin über die Ereignisse, die mit dem größtem Bauprojekt damaligen Zeit zusammenhängten. Glaubwürdig und einfühlsam berichtet sie über das Leben der Menschen, die mit diesem Projekt konfrontiert wurden; offen spricht sie über ihre Ängste und Hoffnungen. Denn für die meisten von ihnen stand in dem Zusammenhang sehr viel auf dem Spiel.
Die Geschichten der vier Frauen wurden abwechselnd im Verlauf der Handlung erzählt. Obwohl die vier jungen Frauen verschiedene Schichten der Gesellschaft repräsentieren, hat jede von ihnen mit diversen Vorurteilen und auch einigen Schicksalsschlägen zu kämpfen. Ihre Träume und Pläne waren in der Zeit nur schwer zu realisieren.
„Zwischen den Meeren“ ist der Auftakt der Nord-Ostsee-Saga über das Leben der vier jungen Frauen und den Bau des Nord-Ostsee-Kanals. Die Wahrheit und Phantasie wurden in dem Roman gekonnt vermischt; das Buch macht auf die interessanten historischen Fakten aufmerksam, die Lebensgeschichten der Frauen berühren. Gerne würde ich die Fortsetzung der Saga lesen.

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