Profilbild von Archer

Archer

Lesejury Star
offline

Archer ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Archer über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 03.11.2017

Mordsgefühle

Dunkel Land
1

Verena Hofer ist eigentlich Literaturdozentin, doch vor kurzem hat sie alles verloren. Ihre Schwester, ihren Freund, ihren Job. Nur ihre kleine Nichte lebt bei ihr nach dem Tod ihrer Schwester. Sie braucht ...

Verena Hofer ist eigentlich Literaturdozentin, doch vor kurzem hat sie alles verloren. Ihre Schwester, ihren Freund, ihren Job. Nur ihre kleine Nichte lebt bei ihr nach dem Tod ihrer Schwester. Sie braucht Geld, dringend, und nimmt daher einen Babysitterjob auf Gut Wuthenow an, einem herrschaftlichen Anwesen im Havelland. Es stellt sich jedoch heraus, dass sie kein Babysitter für ein Kind ist, sondern auf den Neffen der Frau von Wuthenow aufpassen soll. Carl ist ein brillanter Kopf, ein Kriminalist, der als außenstehender Spezialist die Polizei berät. Es gibt nur ein Problem: Seit er eine Kugel in den Kopf bekommen hat, ist sein Kurzzeitgedächtnis kaputt. Als die Berliner Polizei in einem Serienkillerfall ermittelt und ihn dazuzieht, wird Verena mehr als seine Assistentin - sie fungiert als Gedächtnis und Gewissen des Profilers.

Ich mochte den Schreibstil und die Idee. Keine Ahnung, ob es das wirklich gibt, dass man jeden Morgen aufwacht und nichts mehr vom letzten Abend weiß, wenn man es sich nicht aufgeschrieben hat, aber die Idee hatte was. Es schadete auch nichts, dass alles ein bisschen zu sehr Friede, Freude, Eierkuchen auf Gut Wuthenow ist. Was mich mehr störte, war das sofortige Schmachten Verenas auf den ach-so-heißen Kriminalisten. Und violette Augen! Alter! So was ertrage ich kaum in Jugendbüchern, muss das echt noch in Krimis vorkommen? Völlig unnötig, zumal die Protagonisten beide die dreißig überschritten hatten und nun echt kein Teeniegeschmachte notwendig war. Übelst Klischee waren auch die Neonazis, die alle fett, dumm und aggressiv waren. Schön wär's, wenn es im real life so abginge, dann müsste man sich um diese Bande nicht solche Sorgen machen. Sieht hier extrem nach Meckerei aus, aber ich sehe Potenzial für die Serie (falls es eine wird), wenn sich das Liebesgedöns dezent im Hintergrund hält und vorrangig auf die Fälle konzentriert wird. Und sich bitte, bitte die violetten Augen als Kontaktlinsen oder eine scheußliche Augenkrankheit herausstellt. 3,5/5 Punkten.

Veröffentlicht am 26.10.2017

Die Wege trennen sich

Die Gabe der Auserwählten
1

Lia wurde bei der Flucht schwer verletzt, doch zusammen schaffen sie, Rafe und dessen Männer es nach vielen Gefahren in das sichere Militärlager Dalbrecks an der Grenze zu Venda. Hier erfährt Rafe, dass ...

Lia wurde bei der Flucht schwer verletzt, doch zusammen schaffen sie, Rafe und dessen Männer es nach vielen Gefahren in das sichere Militärlager Dalbrecks an der Grenze zu Venda. Hier erfährt Rafe, dass sein Vater gestorben ist, mit einem Schlag wird aus Rafe, dem Soldaten, König Jaxon, der Herrscher. Und wie es Herrscher so an sich haben, lassen sie nur ungern andere Meinungen neben sich stehen, auch lügen und betrügen sie gern einmal. Rafe ist in dieser Hinsicht nicht anders, wie Lia schmerzhaft erfahren muss. Als sie bemerkt, dass er sie weder ernst nimmt noch wirkliches Vertrauen in sie hat, entschließt sie sich zu einem Schritt, der ihnen beiden wehtun muss.

Auch dieser Band schließt sich nahtlos dem zweiten an, und mir gefällt wirklich gut, dass es eine durchgehende, stringente Handlung gibt. Immer mehr Konflikte und Intrigen stürzen auf Lia ein, aber anstatt sich geschlagen zu geben, wächst sie daran. Obwohl sie bald alles verliert: Freunde, Vertraute, Sicherheit, wird sie nicht zu einer Heulsuse, aus jeder Konfrontation geht sie stärker hervor. Endlich mal eine Heldin, die nicht den Prinzen auf dem weißen Pferd braucht, um sie zu retten, eine, die nicht völlig den Kopf wegen eines hübschen Gesichts und muskulösen Körpers verliert. Was mich absolut aufregt, ist die Unsitte, ein im Englischen bestehendes Buch zweizuteilen und damit an einer Stelle aufzuhören, die so sinnlos und ereignislos wie möglich ist.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Charaktere
  • Atmosphäre
  • Erzählstil
  • Gefühl
Veröffentlicht am 18.10.2017

Das Cover ist Programm

Schreckliche Gewalten
1

Man muss dem Verlag zugutehalten, dass er diesen Roman wohl selbst nicht ernst nimmt, denn das Cover haben sie bestimmt von den malenden Affen im Krefelder Zoo entwerfen lassen. Das Cover ist auch noch ...

Man muss dem Verlag zugutehalten, dass er diesen Roman wohl selbst nicht ernst nimmt, denn das Cover haben sie bestimmt von den malenden Affen im Krefelder Zoo entwerfen lassen. Das Cover ist auch noch das Beste am Buch. Und was eine Jury als Kunst betrachtet, nun, dafür kann so ein Verlag nun echt nichts.

Worum geht's? Keine Ahnung. Aber spekulieren. Ich stelle mir folgendes Szenario vor:
Verleger und/oder Agent kommen zum Autor und sagen: Weißt du was? Dein Erstlingswerk hat sich gut gemacht, schreib doch mal was Neues, was Tiefsinniges, so was, wie du immer in dein Buch da kritzelst.
Der Autor schaut pikiert auf und sagt: Hey, ich schreibe da nichts. Das ist ein Zeichenbuch für Erwachsene, ich male die Mandalas aus. Solltest du auch mal probieren, ist voll Hare Krishna und so.
Ach, egal, sagen Verleger und/oder Agent. Bald ist wieder dieses Dings, wie heißt das?
Deutscher Buchpreis?, fragt der Autor, während er sorgfältig - die Zungenspitze zwischen die Zähne geklemmt -, ein helles Rot auswählt.
Genau, das Dings. Also, schreibst du was?
Klar, wenn ich die Blüte ausgemalt habe. Apropos Blüte, hast du schon mal Bachblüten ausprobiert? (Hält ihm eine Pflanze vor die Nase.)
Das ist Hanf!, empören sich Verleger und/oder Agent.
Ja, voll gut. Wird man ruhig und kriegt auch schöne Träume. Fast wie Mandalas. Manchmal wird man auch aggressiv.
Ach, egal, wiederholen Verleger und/oder Agent. Schreib das so, Longlist ist sicher.
(Sie hatten Recht.)

Veröffentlicht am 28.02.2017

Weltallumfassende Langeweile

Die Krone der Sterne
1

Das ist eine Hörbuchrezension, vielleicht schreibe ich ein paar Namen falsch.

Iniza ist eine Adlige vom Rande des von Hexen beherrschten Teil des Weltraums. Sie soll der Gottkaiserin als Braut zugeführt ...

Das ist eine Hörbuchrezension, vielleicht schreibe ich ein paar Namen falsch.

Iniza ist eine Adlige vom Rande des von Hexen beherrschten Teil des Weltraums. Sie soll der Gottkaiserin als Braut zugeführt werden, ein Tribut, den die Völker zu zahlen haben. Doch die junge Baroness hat andere Pläne für ihr Leben und beschließt zusammen mit dem Hauptmann ihrer Leibgarde Glanis (also der hat sich jedenfalls vorbildlich um ihren Leib gekümmert, das ist echt lobenswert ^^), vom Schiff der Hexen zu fliehen. Doch während ihrer Flucht geht etwas schief; Iniza wird von Kranit, dem letzten Waffenmeister von Amun, gekidnapt. Ganz nebenbei jedoch rettet Kranit ihr und dem Hauptmann das Leben – mehrmals. Gemeinsam sind sie jetzt auf der Flucht vor den Hexen und einer zweiten Partei, der Gilde, die von dem fanatischen Onkel von Iniza vertreten wird. Als sie auf die Alleshändlerin Shara Bitterstern treffen, ist das Chaos perfekt und Iniza und Glanis weiter denn je davon entfernt, ihr Ziel zu erreichen: das sagenumwobene Noa, dem Piratenstützpunkt, der von Inizas zweitem Onkel geführt wird.

Der Sprecher ist top und hat sich redlich Mühe gegeben, diese Story irgendwie mit unterschiedlichen Stimmen für die jeweiligen Personen aufzupeppen. Doch nach einem recht spannenden Anfang schlich sich gähnende Langeweile in die Geschichte, die sich eigentlich nur durch unendliches Geschwätz und wilde Fluchten auszeichnet. Das hätte eine mitreißende Sache werden können, denn die Idee von Hexen, die den Weltraum beherrschen, hat was. Doch ein paar Raumschiffe und Blaster und Lasersalven (oder wie der Sprecher regelmäßig sagte: Laserssssalven) machen noch kein Weltraumabenteuer, ein bisschen mehr Substanz hätte es haben dürfen. Stattdessen bekommt man endlose Diskussionen von Seiten Inizas und Glanis', besonders in Situationen, in denen wirklich keine Zeit für so sinnloses Aufbegehren ist; schlimmer ist, dass mir – mit Abstrichen -, außer Kranit niemand auch nur annähernd sympathisch war. Iniza ist eine Dumpfbacke, Glanis ist lediglich ein Schattencharakter, der so wenige Eigenschaften hat, dass ich auch nicht annähernd eine Vorstellung bekam, was ihn für Iniza interessant machte (umgekehrt dasselbe, übrigens), Shara eine Psychopathenkuh, die ich an Kranits Stelle zehnmal aus der Schleuse geworfen hätte. Zusammen mit Glanis und Iniza, Ende der Story. Ok, das ist nicht das Ende der Story, leider. Es gibt noch (eine oder mehr) Fortsetzung(en), allerdings nicht für mich.

Veröffentlicht am 25.01.2017

Blutzwilling

Der Näher
1

Das ist der dritte Teil um den Stuttgarter Fallanalytiker Martin Abel und hätte Löffler das Buch bei seinem Hausverlag herausgebracht, wäre es wahrscheinlich auch beim Titel mit Blut- irgendwas weitergegangen. ...

Das ist der dritte Teil um den Stuttgarter Fallanalytiker Martin Abel und hätte Löffler das Buch bei seinem Hausverlag herausgebracht, wäre es wahrscheinlich auch beim Titel mit Blut- irgendwas weitergegangen. So jedoch erscheint das Buch bei Weltbild unter einer anderen Aufmachung und einem abweichenden Namen. Das sollte Thriller-Fans jedoch nicht abhalten, denn geschrieben ist das Buch sehr gut und sehr routiniert, Abel ist meistens sympathisch und sowohl die Dialoge als auch die meisten auftretenden Personen sind authentisch, manchmal sogar witzig (bestes Beispiel Abel - Stange).

Es fängt damit an, dass in Gummersbach eine Joggerin von einem Mann verfolgt wird, der eindeutig nicht nur nach der Uhrzeit fragen will. Auf ihrer Flucht vor ihm stürzt sie in eine Erdspalte, in der sie die Leichen einer Frau und eines neugeborenen Babys findet. Abel, der sich eigentlich erholen soll von seinen letzten Fällen, befindet sich vor Ort und zieht sofort die richtigen Rückschlüsse zu den Vermisstenfällen, die er bearbeitet. Er ist sich sicher, dass sie es mit einem Serienmörder zu tun haben, und die darauf folgenden Ereignisse geben ihm recht. Der Näher, wie ihn die Kriminalisten nennen, ist grausam. Er entführt Schwangere, schneidet ihnen bei lebendigen Leib ein Loch in den Bauch, näht einen Reißverschluss ein und ... ich formuliere das mal so: Es ist nichts für Zartbesaitete. Abel und die mehr oder weniger abweisende Kriminalistengruppe um Hauptkommissar Borchert haben jedenfalls eine harte Nuss zu knacken, die sie nicht nur im übertragenen Sinne zum Kotzen bringen wird.

Wie erwähnt, sehr gut geschrieben und auch mal was anderes als der übliche Einheitsbrei unter den Thrillern. Warum ich trotzdem "nur" drei Punkte gebe? Mir wurde auf Dauer die Logik zu sehr um des Effekts willen vernachlässigt. Das fängt schon mal mit der Joggerin an. Die überlebt eine Nacht in einem Erdloch. Normalerweise kein Problem, doch es ist Winter. Als sie losgerannt ist, waren es gerade mal 5 ° und nachts wird es noch mal um einiges kälter. Aber weil sie Funktionskleidung trägt ... na ja. Das könnte man noch durchwinken. Aber dann: Abel lässt sich von einem Psycho-Ehemann fast verprügeln, ohne dass es für den auch nur irgendwelche Konsequenzen gibt. Die gefangenen Frauen sind wild entschlossen zu fliehen, eine hat sogar einen metallenen Fuß des Bettes, das sie dem Täter an den Kopf drischt. Überhaupt dieses Metallstück: Würde nicht jeder in so einer Situation zuerst versuchen, mit dieser Waffe seinen Peiniger zu überwältigen? Stattdessen wird eine "Leitung" zur Nachbarin freigeschaufelt. Warum fragt keiner den Täter, woher er die große, blutende Kopfwunde hat? Ein winziger, zehnjähriger Junge killt mit der Routine eines dreimal so alten Serienkillers eine junge Kuh. Die Ermittler finden das Haus des Täters, vor dem ein Betonmischer steht, dessen Motor läuft. Sie wissen genau, wozu dieser Betonmischer benutzt wird, aber kommt irgendwer von denen auf die Idee, mal den Schlüssel abzuziehen und das Teil auszustellen? Natürlich nicht, das würde ja den Showdown versauen. Last but not least. So "originell" die Morde waren, habe ich bis zum Schluss nicht kapiert, was sich genau der Täter dabei erhofft hat zu erreichen. Es war eine wirre Erklärung um Mythologie, die zumindest bei mir nicht gezündet hat. In einem Satz am Ende wurde auch beiläufig erwähnt, dass der Verfolger der Joggerin gefunden wurde, es handelte sich übrigens um einen Typen, der schon mal als Peiniger des Killers aufgetaucht ist - auch da wieder nicht in Charakter. Als Jugendlicher wurde er als ziemlich dumm beschrieben, auf einmal ist er ein clever planender Vergewaltiger, der sein Opfer nur aus einem dummen Zufall heraus nicht erwischt. Noch eines der Dinge, die um des reinen Effekts geschrieben wurden.