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Veröffentlicht am 19.10.2016

Komm und lerne, Smoky Barrett!

Die Stille vor dem Tod
1

Komm und lerne, Smoky Barrett steht mit Blut geschrieben (drunter ist für Mörder in Ausbildung oder Weicheier) an der Wand eines Hauses, in dem sich eine abgeschlachtete Familie befindet. Ich spoilere ...

Komm und lerne, Smoky Barrett steht mit Blut geschrieben (drunter ist für Mörder in Ausbildung oder Weicheier) an der Wand eines Hauses, in dem sich eine abgeschlachtete Familie befindet. Ich spoilere mal: Bis zum Schluss erfährt keiner, nicht einmal die Topagentin selbst, was damit gesagt sein soll. Aber das ist auch nicht schlimm, es bleiben so viele offenen Enden übrig, dass sich das dagegen noch vergleichsweise harmlos anfühlt. Doch weiter im Test, von mir jedoch ganz unblutig beschrieben: In der Straße, in der sich die ermordete Familie befindet, geht's plötzlich zu wie im Krieg. Die Nachbarn ballern sich gegenseitig ab, Smoky wird erst mit einer Schrotflinte bedroht, dann entführt, dann drehen alle Serienkiller Amerikas auf und gründen ihren eigenen Pfadfinderverein und Smoky ist nicht nur ständig in Lebensgefahr, sondern auch noch ständig schwanger, zumindest in der ersten zähen Hälfte.

Und ehrlich mal. Noch nie ist mir eine Schwangere so auf die Nerven gegangen. Ich habe nie wissen wollen, wie Schwangerenurin riecht, dank McFadyen weiß ich es ausgiebig. Überhaupt sind Körperflüssigkeiten (wenn es denn wenigstens um Sex ginge, verdammich!) des Autors liebste Abschweifungen. Und Abschweifungen gab es viele. Wer noch nie vorher was von Smoky gelesen hat - no problem, es wurde in jeder Situation eine Rückblende in vergangene Zeiten gestartet. Fast so ausgiebig beschrieben wie Schwangerschaftsurin. Oder Schwangerschaftsschweißgestank. Oder Smoky auf einer Toilette. Alter! Irgendwann muss doch so eine Fixierung schon krankhaft sein? Extrem übertrieben waren auch sämtliche Ereignisse. Ein oder zwei Serienkiller sind für Newbies, mit so was wird sich hier nicht abgegeben. Hier wird gemordet, gefoltert, abgeschlachtet, was das Zeug hält, die einzigen Erklärungen, die mir irgendwie noch eingängig schienen, waren die Finanzierungen des Ganzen. In Zusammenhang damit gefiel mir auch die auffällige CIA-Hetze. Wer zum Schluss Antworten oder Lösungen erwartet, sollte seinen Anspruch lieber mal zurückschrauben, sonst sind Enttäuschungen vorprogrammiert. Was Smoky gelernt hat, weiß ich nicht. Ich habe gelernt, dass alle Serienkiller so übelst langweilige Labertaschen sind, dass man allein schon von ihren Ansprachen tot umfallen kann. Ist zwar ein schönerer Tod als der, der einem bevorsteht, aber macht das Buch auch nicht besser. Mach's gut, Smoky. Ich habe mich jetzt durch fast 500 Seiten gekämpft, nur um festzustellen, dass es der Prolog für die eigentliche Jagd ist. Nein, danke. Du schaffst das bestimmt auch ohne mich.

Veröffentlicht am 11.10.2016

Einer wird scheitern, einer wird sterben, einer ist schon tot

Magisterium
1

Das dritte Jahr von Call, Tamara und Aaron beginnt. Und wie es scheint, wird es ein gutes Jahr werden, dieses Bronzene Jahr. Denn die drei plus ihre Lehrer und Calls Vater Alastair bekommen erst einmal ...

Das dritte Jahr von Call, Tamara und Aaron beginnt. Und wie es scheint, wird es ein gutes Jahr werden, dieses Bronzene Jahr. Denn die drei plus ihre Lehrer und Calls Vater Alastair bekommen erst einmal eine Party ihnen zu Ehren ausgerichtet, weil sie den Feind des Todes besiegt haben. Zumindest denkt das die Mehrheit der magischen Welt, die drei sowie Jasper wissen es ja besser. Doch bereits während die Party in vollem Gang ist, geschieht etwas Unfassbares: Ein Mädchen aus dem Magisterium wird ermordet und auf Call ein Attentat verübt. Wer will ihn tot sehen? Und gehen die Angriffe gegen Call-den-Makar oder Call-ich-bin-eigentlich-der-Feind-des-Todes? Zurück im Magisterium lassen seine Freunde Call nicht mehr aus den Augen und sie beginnen, Nachforschungen zu betreiben. Während in ihrer Freizeit ein erneuter Angriff beginnt, die beiden Makare Seelenmagie lernen und die Liebe Einzug in ihrem Leben hält, wartet im Verborgenen ein hinterhältiger Feind darauf zu töten, und er beschränkt sich nicht allein auf C

Fast hätte ich gedacht, dieser Teil könnte endlich mal auf eigenen Füßen stehen, ohne sich ständig Vergleichen mit Harry Potter gefallen lassen zu müssen, aber das trauen sich die beiden Autorinnen wohl nicht (oder nicht zu). Immer wieder wird das Original bemüht und katapultiert die Geschichte in den Rang einer Fanfiction, was eigentlich schade ist, denn das Potenzial für etwas Eigenständiges ist vorhanden. Woran die Geschichte auch arg krankt, ist die fehlende Beschreibung diverser Lehrmethoden. Ich persönlich habe wenig Vorstellungen davon, was die drei lernen, falls sie überhaupt etwas lernen. Gelegentlich bemühen Aaron und Call die Chaosmagie, doch ansonsten lernen sie wohl bei Master Rufus so ziemlich nichts. Anders ist ihre ständige Unsicherheit beim Verteidigen nicht zu erklären, besonders wenn Master Rufus irgendwann gedenkt doch aufzutauchen und dann mit übermenschlicher Lässigkeit die gefährlichsten Kreaturen beseitigt. Positiv empfand ich die Entwicklung einiger Protagonisten, wozu der Hauptakteur leider nicht zählt. Noch immer ist er wehleidig, egoistisch und vor allem jemand, den ich nicht zum Freund haben möchte, denn dazu taugt er nichts. Immerhin hat mich das Buch mit seinem Ende so weit bei der Stange gehalten, dass ich auch die letzten beiden Bände lesen möchte, aber ich erwarte endlich mehr Eigenständigkeit bei den Autorinnen und den Mut, sich von J. K. Rowling zu lösen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
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  • Schreibstil
Veröffentlicht am 15.09.2016

Besser als erwartet

Emba - Bittersüße Lüge
1

Beinahe hätte ich mich durch das dümmliche Cover und den abgehackten Klappentext abschrecken lassen. Ich möchte nicht behaupten, dass ich dann einen Meilenstein der Literatur verpasst hätte, aber mir wäre ...

Beinahe hätte ich mich durch das dümmliche Cover und den abgehackten Klappentext abschrecken lassen. Ich möchte nicht behaupten, dass ich dann einen Meilenstein der Literatur verpasst hätte, aber mir wäre doch glatt gute Fantasy einer jungen Autorin entgangen, die sich einige originelle Sachen hat einfallen lassen.

Wie man sich unschwer denken kann, heißt die Hauptperson des Buches Emba. Sie ist eine verwöhnte Achtzehnjährige, die Tochter des reichsten und gleichzeitig mächtigsten Mannes ihrer Welt. Ihr Vater ist der Boss des Energiekonzerns, der dafür sorgt, dass das moderne und zivilisierte Leben funktioniert. Ihre Energie erhalten die Menschen aus sogenannten Runaren - Wesen, die aus reiner Energie bestehen. Emba, die Prinzessin, die alles hätte werden können, wollte immer nur eines: an der Jägerschule aufgenommen werden. Die Jäger sind es, welche die Runare fangen, ein gefährlicher Job, der Gesundheit und Leben kosten kann. Sie schafft es auch tatsächlich, die Aufnahmeprüfung an der Jägerschule zu bestehen, doch immer wieder kommt es zu Vorfällen, welche beweisen, dass irgendwer das System der Schule manipuliert und Emba in Gefahr bringt. Doch viel wichtiger ist, dass sie einer Sache auf die Spur kommt, welche ihr gesamtes Weltbild zum Einstürzen bringt.

Zacharias hat eine Welt erschaffen, in die ich gern ein wenig tiefer eingetaucht wäre. Es gibt interessante technische Errungenschaften, die auf ein Sci-Fi-Szenario deuten, doch der Verlauf der Handlung richtet sich eindeutig an den Fantasysektor. Mir persönlich hat das eher gut gefallen, andere wird es am Ende wahrscheinlich ein wenig vor den Kopf stoßen, wenn sich herausstellt, was die Energie der Runare wirklich ist. Manche Erklärungen sind auch ein bisschen schwammig und nicht wirklich ausgearbeitet und es gibt eine typische Teenagerromanze inklusive Zickenkrieg, aber beruhigenderweise scheint das anders zu gehen als in den meisten Jugendromanen, das wird der zweite Teil erweisen. Bei den Protagonisten wird viel mit Klischees gearbeitet, und manche Sachen waren arg vorhersehbar, doch im Großen und Ganzen haben der gute Schreibstil und interessante Ideen Spaß gemacht zu lesen. 3,5/5 Punkten.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Freund der Bäume

Das geheime Leben der Bäume
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Ich gebe es ja zu. Als mir meine Schwägerin das Buch in die Hand drückte "Lies mal!", dachte ich nur "Bloß nicht schon wieder so ein Esoterikkram von einem Baumumarmer". Deshalb blieb es erst mal auf dem ...

Ich gebe es ja zu. Als mir meine Schwägerin das Buch in die Hand drückte "Lies mal!", dachte ich nur "Bloß nicht schon wieder so ein Esoterikkram von einem Baumumarmer". Deshalb blieb es erst mal auf dem Sub, bis es mir irgendwann wieder in die Hände fiel. Ich las hinein ... und war extrem gefesselt. Das war kein Esoterikspinner, der da schrieb. Das war ein Mann, der wusste, wovon er sprach. Ursprünglich Förster wie überall, also einer, der den Wald nur nach wirtschaftlichen Aspekten betrachtet, hat er sich irgendwann davon gelöst und bewirtschaftet jetzt einen eigenen Buchenwald in einer Art, die nicht nur "seinen" Bäumen Vorteile bringt. Dabei hat er von eben diesen Bäumen jede Menge gelernt, denn er hat angefangen zu beobachten und aufzupassen.

Zum Glück lässt er uns an seinen Beobachtungen teilhaben. Er spricht von Kommunikation unter Bäumen. Wie das, fragt sich der Laie (sprich Archer). Wenn ein Baum von einem Parasit befallen wird, gibt er das weiter. Mit Hilfe von Duftstoffen benachrichtigt er andere Bäume in seiner Umgebung, die daraufhin bittere oder gar giftige Stoffe ausscheiden und so verhindern, ebenfalls befallen zu werden. Bäume derselben Art können untereinander "befreundet" sein, Bäume derselben Art helfen einander solidarisch, wenn einer von ihnen krank ist. Dabei spielen das Wurzelsystem und Pilze entscheidende Rollen. Wohlleben erklärt auf anschauliche Art und vor allem leicht eingänglich, wie Kommunikation unter den Pflanzen funktioniert, welchen Einfluss sie auf das Ökosystem haben, was bei Monokultur passiert. Er beschreibt das Aufwachsen junger Bäume (wobei "jung" bei einem Durchschnittsalter von 400 Jahren eher relativ gemeint ist), wofür gefallene und vermodernde Baumriesen noch gut sind.

Ich habe mich von dem Autor tatsächlich überzeugen lassen, habe einen anderen Blick auf die Natur, besonders auf Wälder bekommen, in denen ich einen Großteil meiner Freizeit verbringe. Und wenn ich ab und zu winzige Nadel- oder Laubbäume tätschle und "Na, Babybaum" sage, bin ich keineswegs ein Esoterikspinner. Nur jemand, der angefangen hat, Bäume als das zu erkennen, was sie sind: Mitlebewesen auf dem einzigen Planeten, den wir haben.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Banker, Pfauen, Nepp am Leser

Der Pfau
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Dieses Buch scheint ja die Nation (zumindest die lesende) zu spalten. Während die einen es als amüsante, very british Entdeckung des Jahres feiern, steht die andere Hälfte mit einem großen Fragezeichen ...

Dieses Buch scheint ja die Nation (zumindest die lesende) zu spalten. Während die einen es als amüsante, very british Entdeckung des Jahres feiern, steht die andere Hälfte mit einem großen Fragezeichen im Gesicht da und stellt die Frage aller Deutschlehrer, welche alle Schüler hassen: Was wollte uns die Autorin (und auch der Verlag, wenn wir schon dabei sind) mit diesem Geschreibsel sagen?

Ich verwende bewusst das Wort Geschreibsel, denn ernst nehmen kann ich das Ganze nicht. Der Inhalt ist in wenigen Worten zusammengefasst: Ein altes Schloss in Schottland, das wegen seiner hohen Kosten von seinen adligen Besitzern als Erholungsort vermietet wird, beherbergt ein paar Banker, die dort ein Wochenende für Teambildungsmaßnahmen verbringen sollen. Ein Pfau dreht durch (wahrscheinlich hat er das Buch vorher gelesen, dann wäre mir das auch passiert an seiner Stelle) und geht auf alles los, was blau ist, macht das Auto der Chefin der Banker kaputt, der Herr des Hauses erschießt ihn und versucht, diese Tatsache vor fast allen zu verbergen.

Hört sich nicht spannend ist? Ist es auch nicht. Muss es ja nicht mal, wir haben es schließlich nicht mit einem Krimi oder auch nur irgendeiner Art von Lektüre zu tun, bei der Spannung aufkommen soll oder muss. Dann kann doch wenigstens der Schreibstil überzeugen? Fehlanzeige. Meine Mutter, die Stichpunkte für eine Einkaufsliste erstellt, hat denselben leiernden und einschläfernden Ton drauf, der dieses Buch auszeichnet. Nun gut, aber dann sicherlich die Personen - bestimmt zeichnen die sich durch Tiefe, Charakter oder wenigstens Sympathie aus? Sagen wir mal so: Die interessanteste Person war der Pfau, und der wurde ja ziemlich zeitig gekillt. Die sich daraus ergebenden "Spannungen" und "Verwicklungen" ergaben immerhin eine gute Einschlafhilfe.

Machen wir es also wie Goethe und sagen: Jetzt steh' ich da, ich alter Tor, und bin so klug als wie zuvor. Das ist in der heutigen Zeit vielleicht grammatikalisch nicht sonderlich korrekt, aber immer noch faszinierender als ein Roman, der nichts aussagt, sich durch permanente indirekte Rede und völlige Banalität auszeichnet: Buchpreis, du bist ganz nah!