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Veröffentlicht am 15.09.2016

Auf der Suche nach Selbstbestimmung

Jane Eyre
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Jane Eyre, die Titelheldin, hat ein ziemlich trostloses Leben. Sie lebt im Hause ihrer Tante, da sie Waise ist, und wird dort ziemlich schlecht behandelt. Irgendwann schiebt die extrem unfaire Tante sie ...

Jane Eyre, die Titelheldin, hat ein ziemlich trostloses Leben. Sie lebt im Hause ihrer Tante, da sie Waise ist, und wird dort ziemlich schlecht behandelt. Irgendwann schiebt die extrem unfaire Tante sie in ein Waisenheim ab, wo Jane es noch schlimmer trifft. Der noch unfairere Leiter der Einrichtung lässt kaum eine Möglichkeit vergehen, das Mädchen zu schikanieren. Das ändert sich erst, als er seines Postens enthoben wird, Jahre später, und Jane selbst eine Ausbildung als Lehrerin erhalten hat. Es ist Zeit, auf eigenen Füßen zu stehen, so bewirbt sie sich als Hauslehrerin bei dem reichen Mr Rochester und wird angenommen.

Mr Rochester ist ein äußerst seltsamer Zeitgenosse. Ziemlich hässlich, dafür äußerst wohlhabend, was natürlich bei gewissen Frauen jegliche Hässlichkeit aufhebt, exzentrisch bis zur Seltsamkeit - und er verbirgt ein Geheimnis in seiner Dachkammer. Jane fühlt sich immer mehr von dem charismatischen Mann angezogen, was natürlich allein bei dem Standesunterschied ein Unding ist, doch das Unmögliche scheint zu passieren, er erwidert ihre Zuneigung. Bevor sie ihre Liebe besiegeln können, passiert ein furchtbares Unglück.

Mir ist klar, dass man diese Geschichte im Kontext betrachten sollte, und dass sie vor 150 Jahren absolut ein Novum und fortschrittlich war in dem Zusammenhang, dass eine junge Frau selbstbestimmt und unabhängig leben wollte. An und für sich finde ich das Buch für einen Klassiker auch gut geschrieben, allerdings hat mir die Geschichte zwischendurch zu große Längen, bei denen ich mich ernsthaft gelangweilt habe. Am schlimmsten war es, als sie bei ihrem entfernten Verwandten lebt, der sie nach ihrer Flucht von Rochester House aufgegabelt hat, und der sie sogar heiraten wollte. Diese Zeit empfand ich als zu langatmig beschrieben und von der Stärke der jungen Frau war fast nichts mehr zu spüren.

Ansonsten ist das Buch natürlich ein guter Einblick in diese Zeit, fast schon ein historisches Zeugnis, möchte man sagen. Es hält nichts von den Grausamkeiten der Ärmsten und Hilflosesten gegenüber zurück und dem Kampf einiger weniger Frauen, die sich nicht mit der ihnen von den Männern unter Berufung auf Gott und die Bibel zugewiesenen Rolle abfinden wollten.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Der dunkle Himmel

Dark Canopy
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In einer nicht näher bezeichneten Zukunft ist die Welt ein dunkler Ort geworden, und das nicht nur literarisch. Die Percents, fast unbesiegbare, künstlich geschaffene Soldaten für den 3. Weltkrieg, haben ...

In einer nicht näher bezeichneten Zukunft ist die Welt ein dunkler Ort geworden, und das nicht nur literarisch. Die Percents, fast unbesiegbare, künstlich geschaffene Soldaten für den 3. Weltkrieg, haben die Weltherrschaft übernommen, hassen und unterdrücken die Menschen, die kaum mehr als Sklaven für sie sind. Doch sie vertragen kein Sonnenlicht, also verdunkeln sie mit einer eigens geschaffenen Maschine eben jenes, bis auf wenige Stunden am Tag.

In dieser Welt lebt Joy, ein zu Prologzeiten erst 16jähriges, später dann 19jähriges Mädchen. Trotz ihres Namens hat sie nicht viel zu lachen, denn sie gehört einer Gruppe von Rebellen an, die außerhalb der unterdrückten Städte wohnt. Wenn die Rebellen gefasst werden, geht's ihnen schlecht, außerdem hungern und frieren sie, doch sie können sich frei fühlen. Als Joy und ein paar andere aus ihrer Gruppe in eine Stadt schleichen, um Lebensmittel einzutauschen, endet das in einer Katastrophe. Es gibt Tote unter ihnen, schwer Verletzte und sie selbst wird gefangen genommen. Das ist ihr Ende, das weiß sie, denn sie wird ausgewählt, bei einer Menschenjagd teilzunehmen - wobei sie selbstverständlich einer der Menschen ist, die gejagt werden sollen. Damit das für die Übersoldaten nicht zu einfach wird, wird sie trainiert. Ihr "Trainer" ist Neel, ein in Ungnade gefallener Percent, und der hat seine eigene Agenda.

Die Welt, wie sie uns vorgeführt wird, ist schon faszinierend, da sie gleichzeitig absurd, aber doch auch möglich erscheint. Schon jetzt gibt es tödliche Waffen, vor denen einem das Grausen kommen kann, und tödliche Soldaten herzustellen, ist bestimmt nicht nur Science Fiction heutzutage. Allein die dystopischen Ereignisse haben mich sehr gefesselt. Ernsthaft gestört hat mich jedoch die Protagonistin, Joy, denn ich konnte mit ihr nichts anfangen. Sie ist eine ganz schöne Zicke, die mich oft einfach nur genervt hat. Auch die sich anbahnende Liebesbeziehung zu Neel konnte ich nicht nachvollziehen. Ich sah nicht einmal, woher sie kommen sollte, spürte keine Funken oder auch nur den Ansatz von Liebe.

Von daher ist es eine gut geschriebene, aber doch auch teilweise mit Längen behaftete Geschichte, die hier gute 3,5 Punkte abfassen kann.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Faszinierend in seiner Andersartigkeit

Ich fürchte mich nicht
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Ich weiß nicht genau, wie man dieses Buch beschreiben kann, es ist definitiv seltsam, aber seltsam in einer guten Form, die schon wieder anziehend ist. Dabei ist die Geschichte selbst schnell erzählt. ...

Ich weiß nicht genau, wie man dieses Buch beschreiben kann, es ist definitiv seltsam, aber seltsam in einer guten Form, die schon wieder anziehend ist. Dabei ist die Geschichte selbst schnell erzählt. Juliette lebt in einer zerstörten Welt, von der man zumindest anfangs nicht viel mehr mitbekommt, als dass es militärische Machthaber gibt und der Rest der Bevölkerung unterdrückt wird. Wir befinden uns in einer nicht näher defininierten Zukunft, und Juliette ist so anders wie das ganze Buch. Sie wird als Monstrum betrachtet, denn jede ihrer Berührung kann tödlich enden.

Als wir sie kennenlernen, sitzt sie in Isolationshaft. Man fürchtet sie, fürchtet, was passiert, wenn sie jemanden mit bloßen Händen berührt, also sperrt man sie weg. Doch plötzlich bekommt sie einen Mithäftling, ausgerechnet einen Mann. Natürlich bleiben die beiden jetzt nicht den Rest des Buches in der Zelle sitzen: Juliette soll zum Spielball eines Machthabers werden, Warner, und sie soll seine Geheimwaffe darstellen. Ausgerechnet Adam, der Mann, der in ihrer Zelle auftauchte, ist einer seiner Soldaten. Und plötzlich findet sich Juliette nicht nur in einem Kampf gegen das Establishment wieder, sondern auch noch von zwei Männern angezogen.

Eigentlich passiert nicht viel in dem Buch, aber das, was passiert, geschieht auf intensive Weise in einem Schreibstil, den ich so noch nie gesehen habe. Man muss sich reinfallen lassen, dann entwickelt diese Geschichte einen unglaublichen Sog und lässt einen kaum noch los. Natürlich spielt auch Liebe eine Rolle, aber das ist - obwohl sich eine Dreiecksbeziehung andeutet - nicht so übel entwickelt wie bei den meisten anderen Jugenddystopien. Manches kratzt nur an der Oberfläche, einige der Figuren wirken ein bisschen blass, aber als Gesamtpaket ist die Story einfach fesselnd und empfehlenswert.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Ein Serienkiller, eine Insel, ein Mädchen auf der Flucht

Shadowlands
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Rory ist nichts Besonderes. Sie ist nicht wunderschön, geht nicht auf Partys, selbst als Crossläuferin macht sie "nur" dritte Plätze. Und trotzdem ist sie in das Visier eines völlig durchgedrehten, hochintelligenten ...

Rory ist nichts Besonderes. Sie ist nicht wunderschön, geht nicht auf Partys, selbst als Crossläuferin macht sie "nur" dritte Plätze. Und trotzdem ist sie in das Visier eines völlig durchgedrehten, hochintelligenten Serienkillers geraten - und als sie ihm entkommt, fängt das Grauen erst an. Vierzehn Mädchen hat er getötet, und keine, nicht eine einzige konnte fliehen. Rory wird nicht die Erste werden!

Das FBI schätzt den Mann als so gefährlich ein, dass Rory samt ihrer Familie (Vater und Schwester, die Mutter ist vor Jahren an Krebs gestorben) in ein Zeugenschutzprogramm kommen. Unter einem falschen Namen werden sie Einwohner einer Insel, wie sie idyllischer wohl kaum sein könnte. Doch Rory fühlt sich vom ersten Moment an verfolgt und dass die Jugendlichen hier auf der Insel sie zu beobachten, ja regelrecht zu umwerben scheinen, hilft ihr nicht weiter. Und dann verschwinden Leute, sie hört das Lied, das der Killer immer pfiff, jemand hinterlässt "Geschenke". Und dann ist auch ihre Schwester fort, und sie weiß genau, was das bedeutet ...

Wow. Ich habe das Buch vor mehreren Stunden beendet, und es beschäftigt mich noch immer. Eigentlich waren alle Anzeichen vorhanden, immer wieder zeigt uns die Autorin, was tatsächlich passiert, doch das tarnt sie so gut, dass man am Ende das Buch zuklappt und sich denkt: Verdammt, wie konnte ich wirklich alle Anzeichen übersehen? Und überhaupt: Wie genau funktioniert das jetzt alles? Tatsächlich lässt uns die Autorin vieles selbst interpretieren, was wahrscheinlich für einige Leser äußerst unbefriedigend sein dürfte. Alle anderen dürfen sich auf einen Jugendthriller freuen, der zwar einerseits sehr das jugendliche Thema bedient (heiße Jungs, schöne Mädchen), aber auch regelmäßig für Grusel und Gänsehaut sorgt.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Eine Welt aus Rot und Silber

Die rote Königin (Die Farben des Blutes 1)
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Was mir schon einmal sehr gut gefallen hat: Die Autorin verschwendet keine Zeit, uns ihre Welt groß zu erklären. Mit dem ersten Satz sind wir drin, werden sozusagen als Nichtschwimmer ins Becken geworfen ...

Was mir schon einmal sehr gut gefallen hat: Die Autorin verschwendet keine Zeit, uns ihre Welt groß zu erklären. Mit dem ersten Satz sind wir drin, werden sozusagen als Nichtschwimmer ins Becken geworfen und sollen zusehen, ob wir instinktiv paddeln können. Ich konnte, aber bestimmt ist das nicht jedermanns Sache.

Wir treffen hier auf Mare, die eine Rote ist. Die Roten sind kaum mehr als billige Arbeitskräfte für die Silbernen, welche die Welt beherrschen aufgrund ihrer überragenden Technologie - und als wäre das nicht genug, beherrschen sie auch noch Magie. Und zwar nur sie, die Silbernen, die Roten nicht. Zumindest ist es das, was Mare ihr ganzes Leben lang erzählt wurde und was sie geglaubt hat. Denn dass das nicht so ganz stimmen kann, wird klar, als sie in Lebensgefahr gerät. Als ein paar Rote mehr oder weniger des Spaßes wegen sie opfern wollen, entkommt sie mit Hilfe von Magie. Natürlich kann die herrschende Familie das so nicht durchgehen lassen, sie kidnappen Mare, nehmen sie mit und geben sie für eine verschollene Verwandte aus. Auf gar keinen Fall darf herauskommen, dass sie keine Silberne ist, denn im Roten Volk brodelt bereits jetzt Rebellion, und wenn jeder wüsste, dass auch sie zu Magie fähig wären ... nicht auszudenken für die Silbernen. Deshalb verloben sie Mare sogar mit dem jüngeren Prinzen, alles, um den Schein zu wahren. Doch man kann ein Volk nur so und so lange unterdrücken, bis es sich auflehnt, und plötzlich sitzt Mare zwischen allen Stühlen.

Eine sehr interessante Welt, die hier entworfen wird. Einerseits kommt es einem fast mittelalterlich vor, zumindest, wie die Roten leben müssen, andererseits sind die Silbernen durchaus mit Technik ausgerüstet. Darauf muss man sich einlassen, auch dass es hier keine märchenhaften Geschehnisse sind. Da wird intrigiert, gehasst, Mordversuche unternommen. Das Buch ist durchaus fesselnd geschrieben mit nur wenigen Längen, die sich für mich meist aus der Interaktion mit dem älteren Prinzen ergaben. Das typische Ich-liebe-ihn-ich-hasse-ihn-ich-liebe-ihn, na ja, ist ja ein Jugendbuch, das muss so wahrscheinlich.

Immerhin war nicht alles völlig vorhersehbar, zumindest ich habe die Wendung zum Schluss so nicht kommen sehen, das war clever. Zusammengefasst: Ich habe mich gut unterhalten gefühlt und werde auch den Folgeband lesen.