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Veröffentlicht am 24.03.2024

Einfühlsames Portrait einer starken Frau hinter ihrem erfolgreichen Mann

Gussie
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Auguste Adenauer - genannt Gussie - ist viel zu jung gestorben. Während sie 1948 im Krankenhaus liegt und weiß, dass sie ihrem Tod nicht mehr ausweichen kann, erinnert sie sich an ihr Leben. Sie ist die ...

Auguste Adenauer - genannt Gussie - ist viel zu jung gestorben. Während sie 1948 im Krankenhaus liegt und weiß, dass sie ihrem Tod nicht mehr ausweichen kann, erinnert sie sich an ihr Leben. Sie ist die zweite Frau von Konrad Adenauer, 20 Jahre jünger als er und charakterlich völlig anders als er. Bereits sehr früh im Roman stellt sich die Frage, was diese beiden so unterschiedlichen Menschen verbinden mag.

Aufgrund des Klappentextes habe ich ein Drama erwartet und war am Ende des Buches erstaunt über das wunderbar einfühlsame Portrait einer Frau, von der ich bis dahin noch nichts wusste und die kurzen Einblicke in das Leben von Konrad Adenauer.

Gussie Zinsser wuchs behütet mit einem liebevollen Vater auf, dem sie bis an ihr Lebensende Briefe schrieb und mit dem sie über all ihre Gedanken sprechen konnte. Diese Briefe stehen auszugsweise und in etwas abgewandelter Form über jedem Kapitel. Sie leiten die Kapitel thematisch ein und sorgen für die zeitliche Orientierung innerhalb des Romans. Mir gefällt dieses Stilmittel sehr, weil es die Geschichten noch authentischer wirken lässt, als es dem Autor ohnehin schon gelingt.

Die Geschichte wird auf 2 Zeitebenen erzählt, die sich am Ende des Buches mit Gussies Tod treffen. Einerseits wird in 1948 in der Gegenwart berichtet, wie Gussie ihr Leben im Krankenhaus wahrnimmt, welche Gedanken sie in dieser Situation hat, andererseits wird die Geschichte der jungen Gussie, beginnend mit dem Kennenlernen zwischen ihr und Adenauer erzählt. Beide Zeitebenen sind aus Gussies Perspektive geschrieben, wie sie die Dinge erlebt hat. Hier gefällt mir besonders gut, dass die Gegenwart im Präsens geschrieben wird, während Geschichten aus der Vergangenheit in eben dieser formuliert sind. Es fällt dem Leser leicht zu unterscheiden.

Gussie hat in ihrem kurzen Leben 2 Weltkriege miterlebt. Den ersten als junge Frau, den zweiten als Ehefrau und Mutter von 7 Kindern. Sie ist eine - für meine Begriffe - außergewöhnlich starke Frau, die sich mit Hingabe um ihre 3 Stief- und die 4 eigenen Kinder kümmert, um diese durch die schweren Zeiten zu tragen und ihnen dennoch das Gefühl von Liebe und Geborgenheit zu geben. Bis zu ihrem Tod leidet sie unter dem Verlust ihres Erstgeborenen.

Sie, genau wie Konrad Adenauer, hat sich stets von den Machenschaften des Nazi-Regimes distanziert, hat sich politisch engangiert und musste am Ende die Konsequenzen tragen. Ihre menschliche Hingabe ist es, die der Autor so fühlbar beschreibt und die einen beim Lesen einfach nicht kalt lassen kann.

Die im Klappentext angekündigte Episode, dass die Gestapo sie vor eine unmenschliche Wahl stellte, ist nur relativ kurz beschrieben, aber dies in einer Intensität, die einem eine Gänsehaut über den Rücken jagt. Man fragt sich beim Lesen unweigerlich “Wie hätte ich entschieden?” und fühlt den Abgrund, in den sie geschaut haben muss, als sie ihre Entscheidung traf.

Von Anfang an - und selbst noch im Krankenhaus - strahlt Gussie etwas aus, dem man sich nicht entziehen kann und will. Der Autor schafft es unmissverständlich, ihre liebenswerte Art zu transportieren - unabhängig davon, wie gut oder schlimm eine Situation gerade ist. Er schafft es ebenfalls sehr sicher, ihre Zweifel - sowohl an sich selbst als auch an ihrer Ehe - zu zeigen und dem Leser das Gefühl zu geben, dabei zu sein.

Der Schreibstil von Christoph Wortberg war für mich anfänglich etwas gewöhnungsbedürftig. Hin und wieder hatte ich das Gefühl, er schreibt stakkatoartig in Aufzählungen. Mit der Zeit merkt man aber, dass es diese Art zu schreiben ist, die eben so eindringlich ist. Es passiert so viel in so kurzer Zeit, dass dieser Schreibstil wirklich dazu passt. Überdies macht dieser Stil klar, dass er zwar über Gussie schreibt, ihre Person und ihr Leben aber keineswegs zu sezieren versucht.

Ich habe mir während des Lesens viele Formulierungen angestrichen, weil sie mir einfach unter die Haut gehen und nicht nur im Zusammenhang mit Gussie Adenauer und ihrem Leben, sondern auch in der heutigen Zeit Bestand und eine Bedeutung haben, den Tatsachen entsprechen.

Fazit:
Dieses Buch geht unter die Haut. Es zeigt einen Menschen, der viel Leid erfahren hat, in einer der wohl schwierigsten Zeiten lebte und dennoch bis auf einmal den Lebensmut und die Fröhlichkeit verlor. Es ist das Portrait einer Frau, um die es wirklich schade ist, dass sie viel zu früh gestorben ist. Man wünscht ihr wirklich aus tiefstem Herzen, sie hätte mehr Frieden erleben dürfen. Mich hat das Buch beeindruckt.

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Veröffentlicht am 10.03.2024

Verwirrend bis zum Schluss

Die Einladung
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Das Szenario einer in sich geschlossenen Location, ein paar mehr oder weniger sympathische Charaktere und dann ein Mord ist eigentlich erst mal gar nicht so neu und wurde schon öfter als Hintergrund verwendet. ...

Das Szenario einer in sich geschlossenen Location, ein paar mehr oder weniger sympathische Charaktere und dann ein Mord ist eigentlich erst mal gar nicht so neu und wurde schon öfter als Hintergrund verwendet. Aber…

Marla ist eine facettenreiche, junge Frau, die viel in ihrem Leben erlebt hat. Im Grunde möchte man sie für die vielen erlebten Traumata fast bedauern, aber sie ist stark und intelligent. Und so traut man ihr durchaus zu, dass sie ihr Ziel, wieder zu der alten Marla zu werden, durchaus erreichen kann.
Auf die Einladung zum Klassentreffen möchte sie eigentlich gar nicht eingehen, wenn da nicht Kilian wäre, der ebenfalls dort sein würde. Zu ihm hatte sie den Kontakt längst abgebrochen, ihn aber nie vergessen. Und deshalb sagt sie doch zu und reist in die Alpen zur Nebelhütte.

Bereits mit den ersten Kapitelüberschriften stiftet Fitzek Verwirrung. Was bitte für eine Entscheidung? Und weiter geht’s mit den Kapitelinhalten. Der Gedanke “Da stimmt doch was nicht”, hat mich eigentlich bis auf die letzten Seiten - bis zur Auflösung - begleitet. Wann immer ich glaubte, ich hätte eine logische Lösung gefunden, wurde sie auch prompt wieder umgestürzt. Das Buch einfach so an sich vorbeiplätschern zu lassen - Fehlanzeige! Ich war von der ersten bis zur letzten Seite immer mit Spannung dabei und hoffte, von Kapitel zu Kapitel auch nur den Hauch einer Ahnung zu haben, was hier eigentlich los ist.

Man lernt auf der Nebelhütte einige von Marlas ehemaligen Schulkameraden kennen und nicht nur Marla wundert sich über die “Zusammenstellung”. Sie scheint wenig Sinn zu machen. Dieser ergibt sich erst im Verlauf der Handlung und dann ist er auch sehr logisch. Auch die Charaktere der einzelnen Figuren ergeben sich erst im Laufe der Zeit. Man weiß ja, dass sich Menschen in Stresssituationen anders verhalten (können), als wenn es nicht so stressig ist. Oftmals zeigen sie dann ihr wahres Gesicht. So auch hier… Man bekommt also die Möglichkeit, hinter die Kulisse der einzelnen Menschen zu schauen und sich zu überlegen, wer sympathisch ist und wer nicht.

Die Schreibweise des Autoren mag ich. Die kurzen Kapitel vermitteln ein ordentliches Tempo. Hin und wieder lässt der Autor einen gern mal im Regen stehen - und zwar meistens dann, wenn man glaubt, dass man den Knackpunkt gefunden hat. Er versteht es meisterlich, den Spannungsbogen hoch zu halten und das, obwohl er ohne Blut auskommt. Ein Punkt, den ich sehr schätze. Es findet alles nur im Kopf statt.

😊 Fazit:
Ich habe längst nicht alle Bücher von Fitzek gelesen und kann mir insofern keinen Vergleich erlauben. Das hier vorliegende lohnt sich aber auf jeden Fall - zumindest, wenn man es ertragen kann, erst nach 350 Seiten zu wissen, wie es wirklich ist.

PS: Es lohnt sich übrigens durchaus, das Nachwort zu lesen. Schon innerhalb des Romans hatte ich öfter mal das Gefühl, dass der Autor über einen guten Humor verfügt. Im Nachwort stellt er es zweifelsfrei unter Beweis!

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Veröffentlicht am 20.03.2023

Spannender Auftakt einer neuen Reihe

Der Morgen (Art Mayer-Serie 1)
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Es ist Winter in Berlin und an der Siegessäule treibt der Schnee durch die Nacht. Das perfekte Szenario, um eine Leiche zu finden. Mitten auf der Straße steht ein Lieferwagen, auf dessen Ladefläche eine ...

Es ist Winter in Berlin und an der Siegessäule treibt der Schnee durch die Nacht. Das perfekte Szenario, um eine Leiche zu finden. Mitten auf der Straße steht ein Lieferwagen, auf dessen Ladefläche eine tote Frau liegt. Die Adresse auf ihrem Bauch führt die Ermittler direkt zum Bundeskanzler. Was mag dieser mit dieser toten Frau zu tun haben?

Art Mayer hatte seinen Dienst quittiert und sich in Kreuzberg verkrochen. Er wollte nichts mehr mit dem BKA zu tun haben, bis ihn Martin Buchwald anruft und ihn förmlich anfleht zurückzukommen. Seine Erfolgsquote spricht für sich, seine Methoden allerdings auch. Mit diesen eckt Art immer wieder an und dennoch brauchen die Kollegen ihn. Art ist nach außen hin ein unnahbarer Typ und dennoch machen ihn seine ganz persönlichen Erfahrungen und Verhaltensweisen irgendwie auch weich und verletzlich. Er ist eine vielseitige Figur und mir am Ende des Buches immer noch ein Rätsel. Und das, obwohl der Leser doch schon so einiges über ihn erfährt.

Nele Tschaikowski ist die Neue im Team. Man könnte meinen, sie sei ein Mäuschen, aber schnell bemerkt man, dass sie genau das nicht ist. Sie ist mutig, klug und tough, wenn auch noch unerfahren. Gerade deshalb lernt Art sie schnell zu schätzen. Ich hatte sogar den Eindruck, dass er ihr zum Ende hin mehr von sich offenbart als jedem anderen in seinem Umfeld. Ein Typ wie Art würde das wohl kaum ohne ein gewisses Maß an Vertrauen tun, obwohl er versucht, eine gewisse Distanz zu Nele (und zum Leser) zu halten. Andersherum weiß er jedoch auch, Neles Geheimnisse für sich zu behalten.

Der Roman entwickelt sich von der ersten Seite an stetig aufwärts. Die Spannung ist immer da und man möchte unbedingt wissen, was weiter passiert. Erst ziemlich am Ende wird die Auflösung präsentiert, wenngleich der Leser nicht umhin kommt, selbst Vermutungen anzustellen. Aber die immer wieder falschen Fährten lassen es spannend bleiben.

Marc Raabe hat hier - nach seiner Tom Babylon Reihe - ein neues, sehr unterschiedliches Ermittlerduo geschaffen, das absolut authentisch wirkt und für den Leser nach einer Weile vertraut erscheint. Mir hat richtig gut gefallen, dass Art, der eigentlich ein eher abweisender Typ ist, schon recht früh zeigt, dass er durchaus empathisch sein kann und vor allem, dass er Neles Vorzüge zu schätzen weiß. Es entsteht also auch ganz am Anfang kein wirkliches Hick-Hack zwischen den beiden, sondern jeder weiß, was er am Anderen hat. Und zwischen allem “Profi sein” kommt hin und wieder das Menschliche zum Vorschein, was die beiden so sympathisch macht.

Die Geschichte wird auf zwei Zeitebenen erzählt. Da jedoch anfänglich nicht klar ist, wer aus der Vergangenheit wer in der Gegenwart ist, kommen die Erkenntnisse eher häppchenweise. Das hat der Autor sehr geschickt gelöst. Ebenso, dass er die Hintergründe seiner Figuren, die in der Vergangenheit ihre Erklärung haben, nicht sofort präsentiert, sondern auch nach und nach, hält die Spannung hoch.
Mit der Erzählung auf zwei Zeitebenen hat Raabe ja bereits Erfahrung und das merkt man auch. Allerdings ist die Gegenwart sehr nah an der momentanen, sehr realen Gegenwart, wie wir sie kennen. Themen wie Corona, der Ukrainekrieg oder auch die Probleme mit der Gasversorgung halten Einzug. Ein besonderes Augenmerk legt der Autor jedoch auf die digitalen Medien, welche Auswirkungen sie haben können und wie vor allem die Öffentlichkeit durch sie beeinflusst wird. Das macht den Roman überaus authentisch, ohne dass sich der Autor zu sehr in Politik ergehen würde.

Der Schreibstil ist gewohnt leicht zu lesen. Mir gefällt es, dass der Autor es vermag, Stimmungen einzufangen und Örtlichkeiten zu beschreiben, ohne dabei allzu ausschweifend zu werden. Die Beschreibungen schwingen immer mit, aber die Handlung bleibt stets im Vordergrund. So wird ein gewisses Kopfkino erreicht. Ich denke, auch Leser, die Berlin nicht kennen, werden sich dennoch wie zu Hause fühlen, sich einfangen lassen von dem, was der Autor beschreibt.

Normalerweise sind Cover für mich nicht wirklich wichtig. Aber in diesem Fall ist es einfach speziell. Das grelle Pink dürfte im Buchladen aus den ganzen anderen Covers hervorstechen und der schwarze Buchschnitt tut sein Übriges. Ich finde es sehr gelungen, schon deshalb, weil es etwas anderes ist, als man es gewohnt ist.

Fazit:
Ein rundum gelungener Roman, ein Pageturner, der trotz seiner knapp 600 Seiten nie langweilig wird. Wer Tom Babylon mochte, der wird Art Mayer zu schätzen wissen. Ich bin sehr gespannt auf den 2. Teil, der allerdings erst in 2024 kommen soll. Klare Leseempfehlung von mir.

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Veröffentlicht am 05.03.2023

Starker Auftakt einer neuen Märchenreihe

Magic Kingdom. Im Reich der Märchen, Band 1: Der Fluch der dreizehnten Fee (Abenteuerliche, humorvolle Märchen-Fantasy)
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Zunächst habe ich geglaubt, die Idee, alte Märchen neu zu erzählen, sei nicht wirklich neu. Auch glaubte ich, dass die Idee, aus der Sicht der bösen Figuren zu erzählen, nicht neu ist. Es gibt inzwischen ...

Zunächst habe ich geglaubt, die Idee, alte Märchen neu zu erzählen, sei nicht wirklich neu. Auch glaubte ich, dass die Idee, aus der Sicht der bösen Figuren zu erzählen, nicht neu ist. Es gibt inzwischen ja einige Reihen, die sich mit diesem Thema befassen. Im vorliegenden Buch geht es aber nicht vordergründig darum, alte Märchen neu zu erzählen, sondern diese Geschichte ist eine ganz eigene. Sie spielt im Märchenland und uns begegnen auch einige - nicht allzu viele übrigens! - Figuren, die wir aus uns bekannten Märchen kennen, aber der Grundtenor dieser Geschichte ist die Geschichte um Filomena.

Filomena ist 12 Jahre alt und ein ganz normales Mädchen mit ganz normalen Sorgen. Okay, vielleicht ist bei ihr alles etwas mehr als nur ganz normal. Sie hat nicht besonders viele Freunde, wird von ihren Eltern mehr als überbehütet, was sie auch gründlich nervt, und sie ist der größte Fan der Magic Kingdom Buchreihe. Als der letzte Teil ihrer geliebten Buchreihe einfach nicht erscheint, obwohl er über ein Jahr gehypt wurde, bricht zuerst ihre Welt zusammen und kurz darauf findet sie sich in einer völlig anderen Welt wieder. Natürlich nicht ganz freiwillig, aber…

Filomena ist mir sofort ans Herz gewachsen. Sie ist klug und liebenswürdig. Sie liebt ihre Eltern, obwohl diese sie keinen Schritt allein tun lassen. In der Schule hat sie ständig Ärger mit den Alfredos - einer fiesen Gang, die sie ständig mobben, obwohl sie doch nur in Ruhe gelassen werden will. Ich habe herzlich gelacht über die vielen Namen, die Filomena ihnen im Verlauf der Geschichte gibt. Allein schon daran merkt der Leser sehr deutlich, wie sehr sie diese Schüler verachtet.
Obwohl Filomena durch ihre Eltern viele Ängste eingepflanzt bekommt, lernt der Leser sehr schnell, dass sie alles andere als feige ist. Sie ist ein sehr mutiges Mädchen, das ihre Angst zwar kennt, sich von ihr aber nicht kontrollieren lässt.

Ihr zur Seite stehen Jack Stalker und Alistair Bartholomäus Barnaby - ihre liebsten Figuren aus Magic Kingdom. Die beiden sind etwa in Filomenas Alter, aber schon echte Helden, die sich um das Märchenland verdient gemacht haben. Nun aber brauchen sie dringend Hilfe - von ihr, einer Sterblichen. Ich mag Jack und Alistair. Ich habe so oft mit ihnen gelacht, wenn ihnen in unserer Welt etwas seltsam vorkam, und um sie gezittert, wenn sie sich in ein neues Abenteuer stürzen mussten. Darüber hinaus lernt der Leser auch sie im Verlauf der Geschichte besser kennen. Häppchenweise werden ihre Geschichten erzählt, die so das Geschehen untermalen und zugleich verständlicher machen.

Und natürlich gibt es - wie in jedem Märchen - auch die böse Rolle. Königin Olga will unbedingt das ganze Märchenland beherrschen und jedes Mittel ist ihr Recht, um an ihr Ziel zu kommen. Man kann sie mit gutem Gewissen verachten, denn schon dass sie Königin ist, geht nicht mit rechten Dingen zu. Die Autorin hat eine glaubwürdige Antagonistin kreiert, die durch Boshaftigkeit und Hässlichkeit gekennzeichnet ist. Sie tritt nicht besonders häufig in Erscheinung, ist aber zu jeder Zeit präsent.

Der Autorin gelingt es ganz hervorragend, das Märchenland und unsere Welt miteinander zu verbinden. Man weiß zu jeder Zeit, wo man sich befindet und es ist herrlich zu beobachten, wie sich die Kinder gegenseitig ihre Welt erklären. Darüber hinaus finde ich es wirklich amüsant, wenn sich die Autorin mitten im Märchenland der Jugendsprache, wie wir sie kennen, bedient. Ich schätze, da wird sich jeder Leser gleich zu Hause und gut aufgehoben fühlen.

Die Autorin vermag es auch, die Beschreibungen von Märchenland und realer Welt so darzustellen, dass sich spontan Bilder im Kopf bilden und man eine ganz konkrete Vorstellung hat, wie es wo aussieht. Das gefällt mir sehr. Es erleichtert das Eintauchen in die Geschichte ungemein.

Der Schreibstil ist aus meiner Sicht der Zielgruppe angepasst. Er lässt sich wunderbar leicht lesen und man muss sich nicht auf schwierige Satzkonstruktionen konzentrieren, sondern kann ganz gebannt seinen Helden folgen. Einzig der Umstand, dass sich hier und da Rechtschreibfehler eingeschlichen haben, gefällt mir nicht so gut.

Der gesamte Aufbau der Geschichte ist wunderbar. Sie ist in 4 Teile eingeteilt, welche jeweils mit einem Prolog beginnen. Diese Prologe erzählen ihre ganz eigene Geschichte, die letztlich zum Erkennen der Wahrheit beiträgt. Die Kapitel sind kurz gehalten, sodass auch ungeübtere Leser ganze Kapitel lesen können. Durch die Kürze der Kapitel baut sich die Spannung schnell auf und man ist stets mehr mittendrin als nur dabei.

Last but not least: Ich mag das Cover. Mit den goldenen Buchstaben ist es ein echter Hingucker und es passt zum Inhalt des Buches.

😊 Fazit:
Das vorliegende Buch ist ein starker Auftakt zu einer neuen Kiinderbuchreihe, der mir mir sehr gut gefällt. Die Protagonisten wirken authentisch und nicht zu überzeichnet. Durch Sprachstil und Geschichtenaufbau kann die Autorin ihre Zielgruppe ganz bestimmt erreichen. Wer Märchen mag, wird dieses Buch lieben und wohl ebenfalls zum Fan von Magic Kingdom werden. Ich freue mich jedenfalls sehr auf den 2. Teil.

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Veröffentlicht am 08.12.2022

Humorvolles Kinder-Gangster-Abenteuer mit jeder Menge Erklärungen

Die Smartphone-Waisen 1: Das Schloss der Smartphone-Waisen
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Marla Madelhuber verliert als Kind ihre Eltern, als diese ihr zu ihrem 10. Geburtstag gratulieren wollen. Sie stehen mit ihrem Smartphone und einem Selfie-Stick am Berghang und machen einen Schritt zu ...

Marla Madelhuber verliert als Kind ihre Eltern, als diese ihr zu ihrem 10. Geburtstag gratulieren wollen. Sie stehen mit ihrem Smartphone und einem Selfie-Stick am Berghang und machen einen Schritt zu viel, weil sie unaufmerksam sind. Als Erwachsene eröffnet Marla in Berlin ein Kinderheim für jene Kinder, die ein ähnliches Schicksal teilen wie sie. Doch eines Tages kommt ein Brief, der das kleine Paradies der Smartphone-Waisen zu zerstören droht… Nun ist guter Rat teuer und eine Lösung scheint zunächst nicht in Sicht.

Die fünf Kinder – Smartphone-Waisen – sind ziemlich unterschiedliche Charaktere, was der Geschichte schon mal reichlich Pepp verleiht. Mein Lieblingscharakter ist Kalli. Er liebt Ordnung, seine Sachen sind stets ordentlich und gebügelt und seine Haare jeden Tag gekämmt. Er ist der klassische Nerd mit richtig viel Grips und Ideen – und sowohl der Entführungs- als auch der Einbruchsleiter. Allein über diese Begrifflichkeiten konnte ich schon herzlich lachen.

Die Autorin schreibt herrlich leicht und kindgerecht. Man fliegt nur so durch die Geschichte. Das Beste dabei ist aber, dass sie den Leser mit in die Geschichte holt. Sie spricht ihn einfach direkt an und so manches Mal fühlt man sich dann auch erwischt, wenn sie sagt: „Na hast Du gedacht, dass…“ Diese Art mit dem Leser in Kontakt zu treten, verkürzt die Distanz zum Autor, finde ich. Darüber hinaus schafft sie es so, auf unterhaltsame Art und Weise Dinge zu erklären, die im Verlauf der Geschichte sonst vielleicht keinen Platz gehabt hätten. Ich mag diese Art zu schreiben sehr.

Am Beispiel von Artschie – dem Enkel von Oma Hermine, der das Schloss gehört, in das die 5 Kinder nur allzu gern einziehen würden – wird ganz wunderbar gezeigt, dass mehr in Menschen steckt, als man auf den ersten Blick vielleicht sieht. Und so werden die 5 Smartphone-Weisen – Kalli, Leo, Tara, Bodhi und Bhavani – und Artschie am Ende dicke Freunde, obwohl es anfangs gar nicht so aussah. Auch der Umstand, dass die 5 Kinder nicht unbedingt in ein Schema passen – Leo strickt, Tara kann hellsehen z.B. – finde ich super gelungen. Ihr Anderssein stört hier niemanden, ganz im Gegenteil, es ist eher von Vorteil, denn Kalli weiß alles zu nutzen um die gemeinsamen Pläne umzusetzen.

Oma Hermine ist einfach knorke. Sie kann zwar nicht mehr so gut laufen, hat aber einen Rennrollstuhl und ist einfach echt cool, genauso wie ihr Butler Mr. Gordon. So manches Mal wissen die beiden schon recht genau, was abgeht, dennoch sind sie weit davon entfernt, die Kinder zu bremsen oder auszuschimpfen. Es geht vielmehr darum, dass sie eigene Erfahrungen machen – so wie es im Grunde auch in der Realität sein soll(te), wie ich finde.

Die Illustrationen im Buch sind nicht allzu häufig, was mir gut gefällt, aber die Bilder, die wir finden, sind treffsicher gezeichnet. Ich mag sie sehr und es macht einfach Spaß auch einmal länger zu verweilen und die Details zu betrachten. Sie passen stets zu der Stelle im Buch, an der sie eingefügt wurden und untermalen die Geschichte, ohne ihr die Show zu stehlen.

Dieses Buch ist hervorragend geeignet zum Selbst- oder zum Vorlesen. Auch als Erwachsener hat man hier jede Menge Spaß und betrachtet die Welt der Kinder vielleicht auch einfach mal mit anderen Augen. Es lohnt sich jedenfalls.

Fazit:
Eine tolle Geschichte, spannend und humorvoll erzählt und durchaus dazu gemacht, noch ein zweites Mal gelesen zu werden. Die Illustrationen sind klasse gezeichnet und machen Freude. Von mir gibt es deshalb eine klare Leseempfehlung – sowohl für große als auch kleine Leser.

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