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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.05.2019

Spannende Welt, kreative Details, aber zu wenige Dialoge.

Meister der Erinnerung
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Einleitung:

Titel: Weltenkreis Teil 1 – Meister der Erinnerung
Autor: Ulf Fildebrandt
erschienen: 2019
Verlag: Lysandra Books Verlag
Genre: Fantasy
Zeit: Parallelwelt
ISBN: 978-3-946376-56-9 ...

Einleitung:

Titel: Weltenkreis Teil 1 – Meister der Erinnerung
Autor: Ulf Fildebrandt
erschienen: 2019
Verlag: Lysandra Books Verlag
Genre: Fantasy
Zeit: Parallelwelt
ISBN: 978-3-946376-56-9

Die Idee Erinnerungen beeinflussen zu können, fand ich überaus spannend und interessant und die Leseprobe macht Lust auf mehr. Ich durfte dieses Buch im Rahmen einer Leserunde lesen, wofür ich dem Autor und dem Verlag danke.

Handlung:

In zwei parallel verlaufenden Handlungssträngen wird erzählt, wie sich der Taschendieb Jad‘her Darwein und der Erbe der Holrit Dynastie Daryen Holrit auf den Weg machen ihrer Bestimmung zu folgen. Ihnen entgegen steht der Dunkle Herr und sein Orden von Tall Zadorn, die die Weltherrschaft an sich reißen wollen. Hierzu missbrauchen sie u.a. die Macht der Erinnerungen um Schatten zu erschaffen, die quasi unbesiegbar sind. Der Dunkle Herr scheint übermächtig zu sein und die Welt im Grunde schon zu beherrschen.
Um sich ihm im Kampf stellen zu können, benötigt Daryen mächtige Verbündete, die mit einer ähnlichen Kraft aufwarten können. Als er zum Meister der Dynastie gekrönt wird, zieht er alle ihm zur Verfügung stehenden Kräfte zusammen und stellt sich dem Kampf mit dem Orden von Tall Zadorn.
Jad‘her kennt sein eigentliches Ziel noch nicht wirklich, muss aber aus seiner Heimat Makhadeva fliehen, weil er dort verfolgt wird. Ein Fremder hatte ihm kurz vor seinem Tod einen Zettel zugesteckt. Erst im Laufe der Zeit wird klar, dass ein weiter Weg vor ihm und worin seine Bestimmung wirklich liegt – nämlich das Wort des Schöpfers zu erfahren und so das Schicksal der Welt zum Guten zu kehren.

Meine Meinung:

Die Geschichte spielt auf der Welt Isdra – einer von 8 Welten im Weltenkreis. Die Orte werden liebevoll und mit vielen Details beschrieben. Man kann sich gut dorthin denken. Sowohl belebte Marktplätze im grauen Winter als auch ausgestorbene, unheimliche Städte werden mit vielen Adjektiven zum Leben erweckt und zaubern einem Bilder im Kopf.

Mithilfe von Erinnerungen Verstorbener erschaffen die Zauberer des Ordens von Tall Zadorn verbotener Weise Schatten, die sie als Waffen einsetzen um sich die Welt Untertan zu machen. Damit hat der Autor das klassische Böse geschaffen, dass es zu bekämpfen gilt. Darüber hinaus auch noch das Böse mit einer ungeheuren Macht. Um jegliche Art von Magie zu betreiben, benötigen Zauberer Erinnerungen. Ihre eigenen oder die anderer Menschen, Tiere, Gegenstände. Aber eigentlich ist es verboten, Erinnerungen von Menschen abzuziehen.

Familie Holrit ist die Herrscherfamilie in dieser Welt. Sie erscheint als freundliche Familie, die ihre Untertanen respektiert und zum Ziel hat, eine gute Welt zu schaffen. Die Brüder Nayel und Daryen ziehen aus um sich gegen die dunkle Macht zu stellen. In einem ersten Kampf stirbt der Ältere der beiden Brüder, sodass der Jüngere, zwar sympathische aber unreife Daryen, das Oberhaupt wird. Daryen entwickelt sich meiner Meinung nach recht schnell zu einem guten Anführer, der nicht mehr nur emotionale Entscheidungen trifft, sondern sich seine Meinung auch mithilfe seiner Fürsten bildet, die teilweise recht unterschiedlicher Meinung sind. Außerdem ist er furchtlos, denke ich. War er anfänglich ein typischer kleiner Bruder mit Flausen im Kopf, der darauf setzt, dass der große Bruder ihn beschützen wird, ändert sich dies später rigoros.

Jad‘her Darwein, ein mittelloser Taschendieb aus Makhadeva, wird Zeuge, wie ein Mann auf offener Straße hingerichtet wird. Bevor das passiert, steckt er Jad‘her einen Zettel mit seltsamen Zeichen zu. Jad‘hers Neugier ist geweckt und er begibt sich zunächst auf die Suche nach der Bedeutung dieser Zeichen. Nachdem auch sein Freund Michal umgebracht wird, wird es Zeit für ihn zu fliehen. Erst im Laufe der Geschichte wird seine wahre Bestimmung klar und er begibt sich auf die Suche nach dem Wort des Schöpfers. Dabei muss er viele Prüfungen bestehen und verliert Menschen, die im wichtig sind. Aber trotz aller Tiefschläge und Entscheidungen erreicht er letztlich sein Ziel. Jad‘her ist ein Sympathieträger und entwickelt sich vom Jungen zum Mann, der sinnvolle Entscheidungen trifft. Ich mochte ihn von Anfang an.

Mir gefallen die kleinen, wirklich schönen Details sehr wie z.B mittels mechanischer Konstruktionen als Mensch fliegen zu können oder durch das Übertragen von Erinnerungen lernen zu können. Die Idee aus Erinnerungen Magie erzeugen zu können, ist eine wunderbare, allerdings wird diese im Buch zu wenig erklärt.

Während die Beschreibungen der Orte und der Handlungen aufwändig und detailliert sind, fehlt es mir bei der Interaktion der Figuren an Dialogen und Tiefe. Beziehungen zueinander werden zu oft nicht ganz klar, sodass es schwierig ist, mit seinen Helden mitzufiebern oder ihre Gedanken wirklich zu verstehen. Das finde ich sehr schade, denn ich glaube, die Figuren sind bewusst gewählt und haben eine Bedeutung.

Der Weltenkreis und dessen Vergangenheit gefällt mir, aber auch hier fehlt es mir bisweilen an Ausführlichkeit. Einige Dinge aus der Vergangenheit werden zwar angeschnitten, aber ich hatte das Gefühl, dass dort noch mehr sein müsste, was die Welt transparenter gemacht hätte. Manchmal ist es schwierig zu verstehen, warum Menschen handeln, wie sie es tun, und sich dabei auf die Vergangenheit beziehen. Der Autor hat aber Figuren erschaffen, die in der Lage wären, von dieser Vergangenheit zu erzählen.

Der Schreibstil von Ulf Fildebrandt ist flüssig, ohne schwierige Satzbauten und lässt sich leicht lesen. Man kann in die Geschichte eintauchen. Er versteht es Bilder zu konstruieren, die zur Geschichte passen. Die Kapitel könnten an mancher Stelle länger sein und mehr Geschichte beinhalten, aber wirklich störend sind die kurzen Kapitel nicht.

Fazit:
Eine Geschichte in einer interessanten Welt mit spannenden Möglichkeiten und zwei Helden, die am Ende gemeinsam die größte Bedrohung besiegen. Ich hätte mir an mancher Stelle mehr Ausführlichkeit und mehr Dialoge gewünscht um die Figuren besser kennen zu lernen. Daher gibt es von mir 3 von 5 Sternen.

Veröffentlicht am 16.03.2020

Schöne Formulierungen, die zu wenig Geschichte erzählen

Die Glasschwestern
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Das Buch:
Ich habe das Buch in einer Leserunde gelesen und bedanke mich für diese Möglichkeit bei der Autorin und dem Verlag. Das Cover zeigt ein diffuses Bild und erzeugt gewissermaßen Spannung und Interesse. ...

Das Buch:
Ich habe das Buch in einer Leserunde gelesen und bedanke mich für diese Möglichkeit bei der Autorin und dem Verlag. Das Cover zeigt ein diffuses Bild und erzeugt gewissermaßen Spannung und Interesse. Zusammen mit dem, was der Klappentext verspricht und einer doch sehr anregenden Leseprobe, habe ich eine gewisse Erwartung an das Buch entwickelt.

Worum geht’s?
Dunja und Saphie – Zwillinge – werden am gleichen Tag zu Witwen. Ein makabrer Zufall, der die beiden sehr unterschiedlichen Frauen wieder zueinander führt. Während Dunja bisher ein klassisches Familienleben mit Mann und Kindern in der Großstadt führte, lebte Saphie nur für das Hotel und ihren alkoholkranken Mann. Da Dunja in der Großstadt nichts mehr hält, bleibt sie bei Saphie im Hotel – eigentlich um ihr etwas unter die Arme zu greifen. Doch dann entwickeln sich die beiden Frauen – unerwartet und vielleicht auch ungewollt.

Die Charaktere:
Obwohl die Idee des Buches wirklich toll ist (makabrer Zufall, Wiederannäherung in der Familie, Geheimnisse aus der Vergangenheit usw.), konnte mich keiner der Charaktere wirklich berühren, was ich ausgesprochen schade finde. Es mag daran gelegen haben, dass die Charaktere außergewöhnlich extrem agieren. Augusta ist extrem laut, Jules extrem introvertiert, Dunja extrem dienstleistungsorientiert – in Bezug auf ihre Familie und Kinder; sie ordnet sich und ihre Bedürfnisse über die Maßen unter – Saphie ist extrem extrovertiert und lässt ihre Gefühle überhaupt nicht zu, Lenka – die jüngere Schwester der Zwillinge – ist extrem egoistisch.

So war es mir nahezu unmöglich einen wirklichen Zugang zu einer oder mehreren Figuren zu finden. Durch die extremen Verhaltensweisen erschienen sie mir etwas fern ab der Realität. Dass in einer Familie ein, höchstens zwei auffällige Charaktere vorkommen, ist nachvollziehbar – aber alle?

Was ich sehr interessant in Bezug auf die Charaktere finde, sind ihre sehr ungewöhnlichen Namen. Hier hat sich die Autorin viel Mühe gemacht, Vor- und Nachnamen zu finden, die nicht alltäglich sind. Und obwohl sie so ungewöhnlich sind, sind sie dennoch einprägsam.

Schreibstil:
Der Schreibstil der Autorin ist wundervoll. Sie findet eine herrlich bildliche Art Dinge zu beschreiben, ihnen bisweilen sogar menschliche Züge überzustreifen, sodass der Leser sich gut vorstellen kann, was sie meint. Auch dass sie Vergangenheit und Gegenwart einfach ineinander überfließen lässt, gefiel mir gut. Anfangs mag es ungewohnt sein, die Vermischung von Präsens und Präteritum zu lesen, aber im Laufe der Zeit machte eben diese Vermischung den Charme des Stils aus.

Jedes Kapitel ist mit einem Sprichwort überschrieben, für dessen Findung die Autorin sicherlich einiges an Zeit aufwenden musste. Diese Sprichworte passen inhaltlich zum Text des nachfolgenden Kapitels. Manche gefielen mir, andere nicht, aber die Idee hebt sich so wunderbar von anderen Büchern ab, die ich bisher gelesen habe.

Was mir fehlte:
Es gibt zwei wirklich gute Aufhänger, aus denen ich mir eine gewisse Spannung erhofft hatte. Zum einen der Tunnelbau und zum anderen der gläserne Mensch. Beide Themen verlaufen aber mehr oder weniger im Sand, ohne dass es eine tatsächliche Auflösung gibt. Das Geheimnis um die Geschichte des Tunnels wird für meine Begriffe recht plump einfach hingeworfen und der gläserne Mensch taucht irgendwann einfach nicht mehr auf.

Im letzten Drittel der Geschichte hatte ich immer öfter den Eindruck, dass sie länger geschrieben wurde, als sie hätte wirklich sein müssen. Auch die wundervollen Formulierungen wurden weniger, was ich sehr schade fand. Ich hätte mir mehr Tempo in der Geschichte gewünscht und eine spannendere Auflösung der Geschichte des Tunnels.

Fazit:
Die Idee der Geschichte hätte Potential gehabt. Leider liegt das Augenmerk der Autorin vornehmlich auf wundervollen Beschreibungen. So bleiben die Spannung der Geschichte und die Sympathie der Charaktere für mich zu sehr auf der Strecke. Wer Bücher mag, die beschreiben, wird hier seine wahre Freude haben, wer aber eine Geschichte an der deutsch-deutschen Grenze erwartet, sollte lieber nicht zugreifen. 2,5 Sterne.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Charaktere
  • Geschichte
  • Erzählstil
Veröffentlicht am 14.12.2020

Was wäre wenn?

Corona 2.0
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Das Buch
Wer braucht in Zeiten von Corona schon ein Buch über Corona? Dachte ich. Aber die Leseprobe hat mich neugierig gemacht, weshalb ich das Buch dann doch gelesen habe. Die Zuordnung als Thriller ...

Das Buch
Wer braucht in Zeiten von Corona schon ein Buch über Corona? Dachte ich. Aber die Leseprobe hat mich neugierig gemacht, weshalb ich das Buch dann doch gelesen habe. Die Zuordnung als Thriller halte ich nur für bedingt richtig, wenngleich die Geschichte sicherlich Tendenzen dazu hat.

Worum geht’s?
Ein Impfstoff gegen Corona ist auf dem Markt. Da die Impffreudigkeit der Deutschen nicht so hoch ist, wie es nötig wäre, erlässt die deutsche Regierung eine Impfpflicht. Allerdings steigen zeitgleich die Infektionszahlen und Todesfälle ins Unermessliche. Der Verschwörungstheoretiker Wahu spielt dem Journalisten Christian Wegener brisante Unterlagen der herstellenden Firma VaccuTech zu und bittet ihn, diese zu veröffentlichen. Und was wäre, wenn das gar keine Verschwörung ist, sondern bittere Wahrheit?

Charaktere:
Bedingt durch die Kürze des Romans kann man sicherlich nicht erwarten, dass die Figuren besonders vielschichtig sind. Der Leser lernt jedoch Christian Wegener und seinen Chef kennen, die zum Thema Impfung gegen Corona völlig unterschiedliche Meinungen zu haben scheinen. Während Christian längst nicht alles glaubt, was die Regierung sagt, sieht sein Chefredakteur das völlig anders und erwartet von Christian eine entsprechende Berichterstattung.

Christian ist eindeutig der Sympathieträger. Leider erfährt man wenig über seine Hintergründe. In der derzeitigen Situation ist er ziemlich auf sich allein gestellt und muss sich der Frage stellen, ob er die Informationen, die er von Wahu erhalten hat, wirklich veröffentlichen will. Die Konsequenzen daraus sind eher unvorhersehbar.

Die Handlungsweisen der deutschen Regierung und Staatsorgane werden meiner Meinung nach ganz gut porträtiert, selbst wenn sie im Vergleich zur Realität recht überzogen dargestellt werden. Hintergrund hierfür könnte allerdings sein, dass im Zusammenhang mit dem kürzlich erlassenen Ermächtigungsgesetzt ja auch in der Presse Vergleiche zum dritten Reich laut wurden. Diese Vergleiche werden hier noch etwas deutlicher dargestellt.

Bis auf Christian sind alle anderen Figuren eher als Nebencharaktere zu bezeichnen, die zwar auftauchen, aber nicht weiter beschrieben werden und meiner Meinung nach auch nicht immer einen Zweck erfüllen. Somit kann sich der Leser seinen eigenen Spekulationen hingeben. Wirklich kennenlernen tut er sie allerdings nicht.

Schreibstil:
Der Schreibstil ist flüssig und lässt sich gut lesen. Auffällig sind jedoch die vielen Rechtschreib- oder Tippfehler, die sich in ihrer Häufigkeit als störend erwiesen haben. Würde ich das Taschenbuch gekauft haben, hätte mich das sicherlich geärgert.
Ebenso ratlos hat mich der Prolog zurück gelassen. Zwar war es eben dieser, der mich neugierig gemacht hatte, aber eine Auflösung oder Konsequenz daraus gab es irgendwie nicht, weshalb ich mir die Frage stellte, was mir der Autor damit sagen wollte.

Am Ende hatte ich so ein bisschen das Gefühl, dass der Autor zwar eine gute Idee hatte, diese aber nicht bis zum Ende gedacht oder beschrieben war. Ich könnte mir vorstellen, dass die Geschichte wirkliches Potential für einen echten Thriller haben könnte, aber so wie sie jetzt dasteht eben nur ein Anfang sein kann.

Fazit:
Gute Idee, die nicht bis zum Ende geschrieben ist. Dazu zu viele Charaktere, die die Handlung wenig bis gar nicht beeinflussen. 2 von 5 Sternen.

Veröffentlicht am 10.08.2020

Mehr Bericht als Krimi

Gerecht ist nur der Tod
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Das Buch:
Ich habe das Buch im Zuge eines Thriller-Events bei Lovelybooks gewonnen, wofür ich mich herzlich bedanke. Dieses ist das letzte der drei Bücher, das ich gelesen habe, worüber ich im Nachhinein ...

Das Buch:
Ich habe das Buch im Zuge eines Thriller-Events bei Lovelybooks gewonnen, wofür ich mich herzlich bedanke. Dieses ist das letzte der drei Bücher, das ich gelesen habe, worüber ich im Nachhinein betrachtet sehr froh bin. Zunächst kann ich sagen, dass dieses Buch bei weitem kein Thriller ist und auch der aufgedruckten Kategorie Kriminalroman wird das Buch nicht gerecht.

Worum geht’s?
In aller Öffentlichkeit wird ein Kölner Unternehmer erschossen, während er sich auf dem Weg zu seiner Trauung befindet. Die Psychologin Ina Reich soll das Ermittlerteam um Hauptkomissar Schellenberg begleiten und beobachten. Bis auf den Hauptkomissar scheint jedoch niemand Ina Reich willkommen zu heißen. Somit sind Konflikte innerhalb der eigenen Reihen vorprogrammiert.

Charaktere:
Ina Reich ist Psychologin, die mithilfe eines möglichst positiven Berichts das angekratzte Image der Kölner Polizei aufpolieren soll. Sie selbst ist jedoch ein Mensch mit vielen eigenen – vor allem alten, nicht aufgearbeiteten – Problemen und darüber hinaus tablettensüchtig. Die Autorin hat ihr wenig Ausstrahlung mitgegeben, weshalb ich sie nicht wirklich sympathisch finde. Eher erscheint sie mir gefangen in ihrer eigenen Welt.

Hauptkomissar Schellenberg – auch nicht frei von privaten Problemen – ist da schon sympathischer. Streckenweise hatte ich jedoch das Gefühl, dass er mehr ein Lehrer für seine Kollegin Bulut, die zudem scheinbar auch noch in ihn verliebt ist, denn ihr Vorgesetzter ist. Und entweder wollte er den Umstand ihrer Verliebtheit nicht sehen oder er war tatsächlich eher blind – Buluts Eifersucht war allerdings unübersehbar.

Bulut ist mir in ihrer ständigen Ablehnung gegen alles und ihrem permanenten Misstrauen gehörig auf die Nerven gegangen. Klar ein Rebell passt schon ganz gut in einen Krimi, aber irgendwie war Bulut mir zu wenig subtil in ihren Verhaltensweisen. Eher ruppig und vordergründig – ein Mensch, dem ich im wahren Leben auch nicht unbedingt begegnen möchte.

Schreibstil:
Zitat S. 67 „Ich bin nur Zuschauerin in dieser Ermittlung.“ Genau diesen Eindruck hatte ich beim Lesen leider auch. In der Ich-Form erzählt hatte ich über lange Strecken das Gefühl einen Bericht zu lesen. Dialoge sind eher Mangelware, weshalb mir die Geschichte ziemlich zäh erscheint. Die Idee des Buches fand ich anfänglich gut – jemand Außenstehendes taucht in die Polizeiarbeit ein. Die Autorin konnte mich mit dieser Art zu schreiben leider nicht mitreißen, denn ich mag Geschichten, in die ich eintauchen kann, bei denen ich das Gefühl habe, mitten drin zu sein. Hier fühlte ich mich stets außen vor geblieben.

Darüber hinaus hatte ich immer öfter das Gefühl, dass die eigentliche Ermittlung und die Auswirkung der Geschehnisse auf die Ermittler in den Hintergrund rückten. Viel intensiver wurde das zwischenmenschliche Miteinander im Team um Schellenberg beleuchtet. Daher hatte die Geschichte in ihrem Fortgang für mich auch immer weniger den Charakter eines Krimis.

Ich hatte ich mich auch oder gerade wegen der Anmerkung, dass hinter Judith Bergmann eine Bestseller-Autorin stecke, auf einen guten, spannenden Krimi gefreut. Diese Erwartung wurde leider nicht erfüllt.

Fazit:
Es passiert mir wirklich selten, dass ich zu einem Buch so wenig zu sagen weiß. Empfehlen kann ich es nicht. 2 Sterne

Veröffentlicht am 26.01.2020

Fakten, Fakten, Fakten

Der Tote im Fleet
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Das Buch:
Es handelt sich bei diesem Buch um den ersten Teil einer mehrteiligen Serie von Verbrechen im historischen Hamburg. Wir befinden uns im Jahr 1847 – 5 Jahre nach dem großen Brand von 1842, bei ...

Das Buch:
Es handelt sich bei diesem Buch um den ersten Teil einer mehrteiligen Serie von Verbrechen im historischen Hamburg. Wir befinden uns im Jahr 1847 – 5 Jahre nach dem großen Brand von 1842, bei dem große Teile der Innenstadt dem Feuer zum Opfer fielen.
Das Cover zeigt ein historisches Bild der Stadt Hamburg und hebt sich damit von heute üblichen Covers erfreulich ab. Auch der Klappentext trifft genau mein Interesse an Hamburgs Geschichte. Im Anhang befindet sich ein recht ausführlicher Epilog, in dem der Autor dem Leser Einblick in die belegbaren Fakten der Geschichte gewährt.

Worum geht’s?
Commissarius Hendrik Bischop wird eines Nachts zu einem Fleet gerufen, aus dem ein Toter geborgen wird, in dessen Taschen sich zwei Ziegelsteine gefunden werden und im Futter seines Mantels befinden sich Reste eines amtlich aussehenden Papiers. Niemand weiß, wer der Tote ist und was es mit den gefundenen Indizien auf sich hat. Eine Jagd nach der Identität des Toten und den Todesumständen durch die Hamburger Politik beginnt.

Charaktere:
Zitat S. 149: „Das personelle Geflecht hatte undurchschaubare Züge angenommen“. Genau dieser Gedanke, den Hendrik Bischop etwa zur Hälfte der Geschichte hat, dominiert auch meine Meinung zu diesem Buch. Der Leser wird mit so vielen Namen – zumeist historisch belegt – konfrontiert, dass es schwer fällt den Überblick zu behalten. Überdies sticht keiner der Charaktere tatsächlich heraus oder wird sonderlich tief gezeichnet. Das finde ich schade, denn gerade der Commissarius, welcher eine fiktive Person darstellt, hätte es meiner Ansicht nach verdient, dass man als Leser so etwas wie eine Verbindung zu ihm aufbaut. Hendrik Bischop hat es nämlich zwischen den ganzen Bauherren und Politikern wahrlich nicht leicht. Zudem fühlt er sich zur Tochter seines besten Freundes hingezogen. Aber auch diese Verbindung bleibt eher blass und unspektakulär.

Deshalb fällt es mir in diesem Fall sehr schwer, besonders viel über die eine oder andere Figur zu sagen. Ich kann noch nicht einmal feststellen, ob ich jemanden besonders mochte oder auch nicht, da mir tatsächlich kein Charakter tatsächlich nahe ging.

Historischer Hintergrund:
Der historische Hintergrund der Geschichte ist belegt und im Internet nachzuvollziehen. Mich hat die Geschichte mehr als nur einmal animiert nachzuschauen, was es mit den erwähnten Bauten und Zusammenhängen auf sich hat. Dies mag auch daran liegen, dass mir die Hamburgische Geschichte ohnehin sehr gefällt. Durch die Menge an Informationen, die der Autor dem Leser anbietet, ist es jedoch auch hier schwierig den Überblick zu behalten.

Gefallen hat mir jedoch, dass sich der Autor zunutze gemacht hat, dass die Brandursache nie wirklich aufgeklärt werden konnte. Dies hat zur Folge, dass sich der Leser Gedanken darüber macht, ob es sich möglicherweise – aufgrund der gelieferten Fakten – um Brandstiftung gehandelt haben könnte. Gesagt wird es so deutlich natürlich nie, aber zwischen den Zeilen findet man das ein oder andere Indiz.

Ebenfalls spannend finde ich den Umstand, dass viele der erwähnten Namen heute auf Straßenschildern in Hamburg zu finden sind, was eine weitere Suche im Internet interessant macht, sofern man sich für die Geschichte der Stadt interessiert.

Schreibstil:
Aufgrund der oben genannten Fakten liest sich der Roman ein bisschen wie ein Sachbuch, was mich als Leser in Erwartung eines Romans enttäuscht. Auch der Schreibstil des Autors erscheint etwas trocken und eben sehr sachlich, sodass kaum einmal etwas Stimmung aufkommt. Insgesamt hatte ich den Eindruck, dass die Stadt Hamburg 5 Jahre nach dem Brand eher grau in grau gewesen sein muss. Dies allerdings kann ich mir kaum vorstellen, denn auch nach dieser großen Katastrophe gab es Freizeitangebote, die der Autor auch selbst erwähnt.

Auffällig ist, dass der eigentliche Kriminalfall um den Toten aus dem Fleet eher im Hintergrund stattfindet – auch das stellt Hendrik Bischop irgendwann fest. Die Politik und die Wirtschaft dieser Zeit, die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Deputationen und die Familien- und Standesklüngeleien hingegen stehen weit im Vordergrund.

Fazit:
Die politische und wirtschaftliche Geschichte Hamburgs aus der Zeit nach dem großen Brand dominiert diese Geschichte meiner Ansicht nach zu sehr. Die Aspekte, die einen Roman, einen Krimi ausmachen kommen dahingehend zu kurz und der Leser kann sich nicht wirklich mit den Charakteren anfreunden. Wer Sachbücher mag, könnte diesen Roman als gute Lektüre empfinden, wer einen klassischen Krimi erwartet, dürfte enttäuscht werden. 2 von 5 Sternen.

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