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Veröffentlicht am 18.12.2018

Es geht nichts über Freunde und gute Nachbarn

Hörbe und sein Freund Zwottel
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Hörbes Abenteuer gehen weiter und wieder hat die Illustratorin Annette Swoboda die liebevoll nachkolorierten Bilder zu dieser Neuausgabe beigesteuert. Der tatkräftige Hutzelmann, Korb- und Hutmacher und ...

Hörbes Abenteuer gehen weiter und wieder hat die Illustratorin Annette Swoboda die liebevoll nachkolorierten Bilder zu dieser Neuausgabe beigesteuert. Der tatkräftige Hutzelmann, Korb- und Hutmacher und einer von 13 seiner Art im Siebengiebelwald, hat in Band eins, "Hörbe mit dem großen Hut", bei einem aufregenden Ausflug in die Worlitzer Wälder Zwottel Zottelschratz als Freund gewonnen und mit nach Hause gebracht. Nun muss auch Hörbe nicht mehr alleine leben, sondern hat wie alle Hutzelmänner einen Mitbewohner. Aber kaum ist die Einstandsfeier vorbei und der Streuselkuchen aufgegessen, gibt es ein Problem, denn der Winter steht vor der Tür und Hörbe hat nicht genug Vorräte für zwei, schon gar nicht für einen so hungrigen Zottelschratz! Zum Glück haben die beiden liebe Nachbarn. Als Hörbe schon recht verzweifelt ist, kommen ihm der kleine Leubner, Wurzeldittrich, Humpelkeil, Nörgelseff, der alte Zimprich, Hustenplischke, Mörtelmöller, der lange Ginzel, Eisenscholze, Honig-Pankranz, Wollepietsch und der bunte Hoffmann zur Hilfe. Und als es schließlich wie verrückt schneit und Eis das Hutzelmannhaus einhüllt, fällt Zottel in seinen wohlverdienten Winterschlaf.

Während Band eins mit Hörbes abenteuerlicher Wanderung und seiner Begegnung mit Zwottel sehr spannend ist, gefallen mir in Band zwei das Gemeinschaftsleben der Hutzelmänner und ihre Hilfsbereitschaft besonders gut. Wunderschön und sehr atmosphärisch sind die Beschreibung und Illustration der Winterfreuden und -mühen, sei es in der behaglichen Hütte am Feuer, sei es draußen bei Räumarbeiten oder einer lustigen Schneeballschlacht. Als im 31. und letzten Kapitel alle zusammen Weihnachten feiern und dazu sogar Zwottel aus seinem Schlaf erwacht, hat die kleine Gemeinschaft den großen Vorlesern und den Zuhörern ab fünf Jahren bewiesen, dass man zusammen alles schaffen kann.

Veröffentlicht am 18.12.2018

Die Welt steckt voller Überraschungen

Hörbe mit dem großen Hut
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Während die meisten Kinderbuchfreunde bei den Klassikern von Otfried Preußler (1923 – 2013) nur an seine bekanntesten Titel "Der kleine Wassermann" (1956), "Die kleine Hexe" (1957), "Der Räuber Hotzenplotz" ...

Während die meisten Kinderbuchfreunde bei den Klassikern von Otfried Preußler (1923 – 2013) nur an seine bekanntesten Titel "Der kleine Wassermann" (1956), "Die kleine Hexe" (1957), "Der Räuber Hotzenplotz" (1962) mit den beiden Fortsetzungsbänden (1969 und 1973) sowie "Das kleine Gespenst" (1966) denken, gehören für mich die zwei leider etwas weniger populären Vorlesebücher um die Abenteuer des sympathischen Hutzelmanns Hörbe zu den absoluten Favoriten. "Hörbe mit dem großen Hut" (1981) und "Hörbe und sein Freund Zwottel" (1983) sind nun in sehr liebevoll von Annette Swoboda nachkolorierten Neuausgaben erschienen und machen damit als Vorlesebücher ab fünf Jahren sogar noch mehr Spaß.

Hutzelmann Hörbe ist zwar sehr klein, aber durchaus kein Hutzelmännchen, sondern ein gestandener Korbflechter und Hutmacher, der weiß, was er will. An einem schönen Herbsttag mitten unter der Woche lässt er aus einer spontanen Laune heraus die Arbeit einfach ruhen und begibt sich auf einen Wanderausflug. Als einziger alleinwohnender unter den sonst paarweise lebenden 13 Hutzelmännern im Siebengiebelwald genießt er eine gewisse Unabhängigkeit, ist aber dafür ein wenig einsam. Frohgemut verlässt er an diesem Tag sein Hutzelmannhaus unter einem Reisighaufen nach dahin und dorthin mit dem Vorsatz, am Abend zurückzukehren. Gemäß seinem Motto „Man soll sich nicht in Gefahr begeben, wenn es nicht sein muss“ ist er fest entschlossen, die Worlitzer Wälder zu meiden, wo der gefährliche Plampatsch hausen soll. Doch dann kommt alles anders, denn zunächst attackieren ihn die gefräßigen Ameisen, dann wird er auf den Rabenteichen von einer bedrohlichen Strömung erfasst und gerät schließlich in einen Wasserfall. Ein Glück, dass er seinen genialen Doppelhut hat und Zwottel, der Zottelschratz mit dem Zottelpelz und dem Zi-Za-Zottelschwanz ihm aus der Patsche hilft...

Am Ende seines Ausflugs hat Hörbe nicht nur das Rätsel um den Plampatsch gelöst, sondern auch einen wunderbaren Freund gewonnen, mit dem das Alleinsein ein für alle Male ein Ende hat.

Mit der Figur des Hörbe hat Otfried Preußler unverkennbar ein Wesen aus seiner böhmischen Heimat zum Helden seiner spannenden Geschichte in 27 kurzen Kapiteln gemacht. Der abenteuerliche Ausflug ins Unbekannte und die Begegnung zwischen dem tatkräftigen Hutzelmann und dem unbedarften „geborenen Spaßmacher“ Zwottel sind ein Vorlesespaß, der den kleinen Zuhörern genauso wie den großen Vorlesern auch fast 40 Jahre nach seiner Entstehung immer noch größte Freude macht.

Veröffentlicht am 12.12.2018

Einmal Dörpsminsch, immer Dörpsminsch

Mittagsstunde
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Zweite Romane gelten als besonders schwierig, vor allem, wenn das Debüt, in diesem Falle „Altes Land“ ein spektakulärer Bestseller war. Auch ich gehe dann mit einem gewissen Bauchgrummeln an diese Nachfolger, ...

Zweite Romane gelten als besonders schwierig, vor allem, wenn das Debüt, in diesem Falle „Altes Land“ ein spektakulärer Bestseller war. Auch ich gehe dann mit einem gewissen Bauchgrummeln an diese Nachfolger, doch hat es sich bei Dörte Hansens „Mittagsstunde“ glücklicherweise als absolut unnötig erwiesen.

Schon nach wenigen Sätzen ist klar: Es ist eindeutig Dörte Hansens Stimme, die hier so unverwechselbar erzählt, im Grundton melancholisch, aber trotzdem mit viel Humor, mit vielen plattdeutschen und damit sehr direkten, derben Dialogen, die durchaus auch in Süddeutschland zu verstehen sind. Von den 1960er-Jahren bis heute verfolgt sie das Schicksal des fiktiven nordfriesischen Dorfs Brinkebüll und seiner urigen Bewohner. Wendepunkt für das Dorf und die Menschen war die Flurbereinigung Mitte der 1960er-Jahre, als drei junge Ingenieure vom Katasteramt die Gegend neu vermaßen und das von Gletschern geschliffene und verschrammte Altmoränenland begradigt, geteert, von Findlingen befreit und neu verteilt wurde, so dass die Feldmark nicht wiederzuerkennen war. Von nun an musste weichen, wer nicht wachsen wollte. Nach und nach verschwanden alte Höfe, der Tante-Emma-Laden, die Schule, die Dorfkastanie, die Mühle und die alte Chaussee. Der Dorfkrug von Sönke und Ella Feddersen, ehemals Mittelpunkt des Dorflebens, verlor an Bedeutung. Die Zeit der „Mittagsstunde“, einst Ruhepunkt im Dorfleben und Schutzraum für Heimlichkeiten, war vorbei, nicht nur, weil nun jeden zweiten Donnerstag der Bücherbus lautstark sein Kommen verkündete. Aber es wuchs auch Neues: Städter zogen aufs Land, Künstler übernahmen verlassene Häuser.

Ingwer Feddersen, Enkel von Sönke und Ella und unehelicher Sohn der „verdreihten“ Marret, hat einst 15 Hektar Land und einen Gasthof „liegenlassen“, um in Kiel Archäologie und Frühgeschichte zu studieren. Beruflich hat er es geschafft, ist Hochschullehrer geworden, aber sein Privatleben gleicht mit 47 Jahren einem Desaster. Er hat es nie aus der Studenten-WG herausgeschafft und führt ein Leben, das er selbst als „unsortiert“, „wage“, „schwebend“ und „schief“ empfindet. Nun möchte er sich während eines Sabbaticals um seine über neunzigjähren Großeltern kümmern, um Sönke, der noch immer hinter dem Tresen steht und vom Fest zu seiner bevorstehenden Gnadenhochzeit träumt, und um Ella mit ihrer zunehmenden Demenz. Er möchte eine Schuld begleichen und vielleicht für sich selbst einen Weg zu einem Neuanfang finden.

Es ist eine Lust, die vielen von Dörte Hansen ersonnenen Charaktere kennenzulernen, sei es der Dorflehrer Steensen, durch dessen Schule über dreieinhalb Jahrzehnte alle Brinkebüller Kinder gehen, sei es die energische Dorfladenbesitzerin Dora Koopmann, die Schokoladeneis erst nachbestellt, wenn das Erdbeereis verkauft ist, oder der Pfarrer, der fast an seinen dickschädeligen Schäfchen verzweifelt. Doch so liebevoll Dörte Hansens Blick auf das Dorfleben und den Zusammenhalt auch ist, verschweigt sie doch auch die Schattenseiten nicht: das Wegschauen, wenn Väter ihre Kinder prügeln, die soziale Kontrolle und das Unverständnis für Andersartige(s).

Ich habe eine solch souveräne, unsentimentale Darstellung der Veränderungen des Dorflebens schon einmal gelesen in einem 2016 erschienenen, leider wenig beachteten Roman von Heinrich Maurer mit dem Titel „Die vier von der Schusterstaffel“, im Schwäbischen spielend, nicht ganz so literarisch, aber trotzdem sehr empfehlenswert. Beide Bücher liegen mir sehr am Herzen.

Veröffentlicht am 09.12.2018

Weihnachtswunder werden wahr

Ein Löwe unterm Tannenbaum
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Unterschiedlicher könnten die beiden Vorlesebücher, die ich in diesem Advent gelesen habe, gar nicht sein, obwohl sie beide für kleine Zuhörer ab etwa sechs Jahren, zum Selberlesen ab der dritten Klasse ...

Unterschiedlicher könnten die beiden Vorlesebücher, die ich in diesem Advent gelesen habe, gar nicht sein, obwohl sie beide für kleine Zuhörer ab etwa sechs Jahren, zum Selberlesen ab der dritten Klasse gedacht sind. "Der kleine Weihnachtsteufel und der verflixte Wunschzettel" von Anna Lott ist ein schräges Weihnachtsbuch mit modernen, teils comicartigen Illustrationen von Nikolai Renger, "Ein Löwe unterm Tannenbaum" von Irmgard Kramer dagegen eine klassisch-gefühlvolle Weihnachtsgeschichte mit wahren Weihnachtswundern am Ende und niedlichen, konventionellen Schwarz-Weiß-Rot-Illustrationen von Carola Sturm. Beide Bücher werden ihr Publikum ganz sicher finden und beide verkürzen auf ganz unterschiedliche Weise in 24 Kapiteln das Warten auf Weihnachten.

Mit dem kleinen Stofflöwen im „Laden für eh fast alles“ hat es im Dezember eine besondere Bewandtnis. Der zottelige, kuschelige Kerl mit den flauschigen Pfoten, den honiggelben Katzenaugen, der glänzenden Schnauze, den sieben Barthaaren, dem Pinselschanz und dem roten Lederband mit Herz erwacht am ersten Dezember und muss bis zum Heiligen Abend um Mitternacht einen Käufer gefunden haben, der ihn liebgewonnen hat. Dank eines uralten magischen Vertrags darf er lebendig bleiben, wenn er bis dahin nicht zurückgegeben wurde. Nun will er das unbedingt schaffen, denn er hat keine Lust auf ein weiteres Jahr in seiner unbequemen Kiste. Mittels einer klitzekleinen Erpressung bringt er ausgerechnet den eigenbrötlerischen Griesgram und ehemaligen Rockmusiker Richie dazu, ihn zu kaufen, obwohl der absolut nichts von Kindern und Stofftieren hält. Lieber lebt er allein in seiner Kate im Wald. So sieht es zunächst nicht nach einem Happy End aus, denn Richie als Vegetarier hat nichts zu essen für den Löwen im Haus und ist auch wenig angetan von all dem Quatsch in Löwes Kopf. Doch allmählich bröckelt Richies harte Fassade, nicht zuletzt durch das beherzte Eingreifen der neunjährige Lenja aus dem Nachbarhaus und ihrem Freund Robert.

Der Kampf des kleinen Weihnachtslöwen um Liebe und Zuneigung und seine tiefe Verzweiflung, als sein Vorhaben zu scheitern droht, ist herzallerliebst dargestellt, sowohl im Text als auch in den Illustrationen. Klingt kitschig? Ist auch ein bisschen kitschig, aber wann, wenn nicht in der Weihnachtszeit, darf es ein wenig rührselig sein? Daneben ist die Geschichte aber höchst spannend, abenteuerlich und manchmal sogar gruselig, wenn Lenja und der Löwe durch den dunklen Wald laufen. Lenjas kleine Schwester Mia, meine persönliche Lieblingsfigur in dieser Geschichte, die mich an meine jüngste Tochter erinnert, sorgt immer wieder für lustige Momente, ebenso wie die in bester Absicht ausgeführten Streiche des kleinen Löwen.

Und wie es sich für eine echte Weihnachtsgeschichte gehört, wartet am Schluss gleich ein mehrfaches Happy End: "In jener Nacht schliefen sie alle sehr lange nicht ein. Sie spürten dem Glück hinterher. Diesmal hatte es den Löwen nicht im Stich gelassen. Und es war zu Richie gekommen. Und irgendwie zu allen. Kein Wunder. Es war ja Weihnachten."

Veröffentlicht am 30.11.2018

Verflixt und verteufelt - was für ein weihnachtliches Tohuwabohu!

Der kleine Weihnachtsteufel und der verflixte Wunschzettel
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Eigentlich ist alles wunderbar geregelt. In vier Leuchttürmen leben der Weihnachtsmann, die Weihnachtsengel, die Halloweenteufel und die Osterhasen mit genau geregelten Dienstzeiten. Was aber passieren ...

Eigentlich ist alles wunderbar geregelt. In vier Leuchttürmen leben der Weihnachtsmann, die Weihnachtsengel, die Halloweenteufel und die Osterhasen mit genau geregelten Dienstzeiten. Was aber passieren kann, wenn ein flugunerfahrener kleiner Weihnachtsengel in die Scheibe des Halloweenturms kracht und einen kleinen Teufel in der Adventszeit aus seinem Schlaf reißt, erzählt dieses so ganz andere Weihnachtsbuch „Der kleine Weihnachtsteufel und der verflixte Wunschzettel“ von Anna Lott. Otibuk, der kleine Teufel, der eigentlich nicht böse sein will, verlässt seinen Turm außerhalb seiner Dienstzeit, entdeckt das Treiben der Weihnachtsengel, lernt den Weihnachtsmann kennen und mischt sich, anstatt wie angeheißen in seinen Turm zurückzukehren, in die Wunschzettel-Einsammelaktion ein. Dass er dabei auch noch Jannikes Wunsch erfüllt und ihren Bruder Philipp mitnimmt, hätte keinesfalls passieren dürfen, denn Wegwünsch-Wünsche sind böse Wünsche und werden niemals erfüllt! Als Jannike ihren Bruder unbedingt zurückhaben will, ist das Chaos perfekt. Es braucht zwischendurch sogar die Unterstützung der Osterhasen und am Ende das Vergesslichkeitspulver des Weihnachtsmanns, damit es in diesem Jahr ein richtiges Weihnachtsfest geben kann.

Mit ihren 24, zwischen vier und acht Seiten umfassenden Kapiteln ist dieses Vorlesebuch der ideale Begleiter durch den Advent, wenn man etwas schräge, außergewöhnliche und garantiert kitschfreie Geschichten liebt. Da muss ein Sarg mal als Schlitten, mal als Schiff herhalten, die bösen Teufel treiben ihr Unwesen mit der Weihnachtsdekoration und ein kleiner Weihnachtsengel lernt, dass man manchmal besser seinen Verstand gebrauchen sollte, als stur alle Regeln einzuhalten. Entsprechend sind die Illustrationen von Nicolai Renger witzig-schräg und richtige Hingucker, lediglich die Engel sind mir teilweise zu comicartig geraten. Hübsch verziert sind die 24 Kapitelüberschriften mit einer entsprechenden Anzahl von Sternen und die Seitenzahlen, die mit Weihnachtsbäumen unterlegt sind. Nicht so gelungen finde ich allerdings den Namen des kleinen Protagonisten, denn Otibuk geht mir beim Vorlesen einfach nicht von der Zunge und ich kann ihn mir leider auch nicht merken.

Mit der Altersempfehlung von sechs bis acht Jahren liegt der Verlag im unteren Bereich aufgrund der Komplexität der Geschichte richtig, nach oben sehe ich aber keine Begrenzung und bin überzeugt, dass auch ältere Kinder und die erwachsenen Vorleser diese Geschichte gebannt verfolgen werden. Am Ende war ich traurig, als ich das Buch ausgelesen hatte, und rege hiermit eine Oster-Fortsetzung an, da die Osterhasen dieses Mal nur am Rande auftauchen durften.