Profilbild von Beust

Beust

Lesejury Profi
offline

Beust ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Beust über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 17.09.2018

Grand Tour d’Horreur - aber sehr unterhaltsam

Drei auf Reisen
0

Douglas ist einer von diesen bedauernswerten schlauen Naturwissenschaftlern, die wahnsinnig intelligent sind, die Formeln der Welt kennen und über die Materie, die die Welt zusammenhält, bestens Bescheid ...

Douglas ist einer von diesen bedauernswerten schlauen Naturwissenschaftlern, die wahnsinnig intelligent sind, die Formeln der Welt kennen und über die Materie, die die Welt zusammenhält, bestens Bescheid wissen. Was nicht durch einen korrekten Versuchsaufbau mess- und beweisbar ist, hat vor ihnen keinen Bestand. Und dann stellen sie nach Jahren fest, dass Menschen nun einmal nicht mathematisch funktionieren, Beziehungen nicht ausrechenbar sind, Kinder keine Re-Produktion im Sinne eines Klons darstellen - ja, dass sie selbst auch nur ein Mensch sind. Dann stehen sie vor dem Scherbenhaufen ihres Lebens und müssen einsehen, dass die Theorie doch arg grau ist, treuer Freund, doch grün des Lebens goldener Baum.

Douglas plant die Grand Tour für seien Familie, drei auf Reisen: er, seine Frau Conny und sein Sohn Albie. Gattin und Nachwuchs entgleiten dem Planer allerdings, und die Tour wird zu einer Serie peinlicher Katastrophen. Und dennoch: Die Katastrophen führen auch zur Erkenntnis, im Schlimmsten entdecken sich die Beteiligten neu und das Leben der Drei bekommt eine Wendung, die witzig und einfallsreich ist. Douglas‘ Blick zurück auf sein Leben offenbart einen ziemlichen Trauerklos, zu dem er sich mehr und mehr entwickelt hatte, weshalb sein Prozess der Selbsterkenntnis, seine Versuchssprünge über den eigenen Schatten spannend zu lesen sind.

Ich mag Nicholls‘ Romane, und dieser bildet keine Ausnahme!

Veröffentlicht am 17.09.2018

Die Vergangenheit in der Gegenwart - und warum es wehtut

Die Gestalt der Ruinen
0

Juan Gabriel Vásquez gehört zur jungen Generation erfolgreicher südamerikanischer Schriftsteller. Er stammt aus Kolumbien und legt mit „Die Gestalt der Ruinen“ erneut einen Roman vor, der sich mit der ...

Juan Gabriel Vásquez gehört zur jungen Generation erfolgreicher südamerikanischer Schriftsteller. Er stammt aus Kolumbien und legt mit „Die Gestalt der Ruinen“ erneut einen Roman vor, der sich mit der gewalttätigen Vergangenheit seines Landes und der Beschädigung ganzer Generationen befasst. Im Zentrum stehen politische Morde - an General Rafael Uribe Uribe 1914 und Jorge Eliécer Gaitán 1948 - und die anschließenden revolutionären Revolten, der Bomben- und Drogenkrieg bis hin zum verlorenen Jahrzehnt des Drogenbarons Pablo Escobar und seines Medellin-Kartells. Alle Gewalt Kolumbiens hatte mit der Ungleichheit der Vermögensverhältnisse im Land zu tun - und mit jenen, die sie brechen oder daraus ausbrechen wollten. Aber: „Hier kommt niemand unversehrt davon.“ (S. 294) Die Vergangenheit entlässt keinen ohne ihre Prägung in die Zukunft. Manchmal hinterlässt die Vergangenheit nur Ruinen.

Vásquez schreibt eine Abrechnung mit der gewalttätigen und zum Teil unaufgearbeiteten Vergangenheit seines Heimatlandes, er legt den Finger auf die Wunden der Zeit - oder lässt sie durch seine Figuren legen, ohne selbst endgültige Stellung zu beziehen. „Der Roman wird zu einem mächtigen Instrument der historischen Spekulation“ (S.134), und der Roman darf es, muss es sogar sein. Vásquez nimmt sich fast ein ganzes Jahrhundert kolumbianischer Geschichte vor, ein komplexes Thema, das er auch komplex erzählt: In der Rahmenhandlung ist es sein literarisches Alter Ego, der Schriftsteller ‚Vásquez‘, der auf Vermittlung des gut vernetzten Arztes Benavides von Carlos Carballo aufgefordert wird, die Geschichte der politischen Morde in Kolumbien neu zu schreiben. Ja: als Erster richtig und wahr zu schreiben. Ohne in die diegetische Interpretation einzusteigen, inwiefern der Autor-Vásquez mit ‚Vásquez‘ überlappen, wie viel Autobiographisches in ihm steckt, wie viel Authentisierungsstrategie des scheinbar autofiktionalen Anteils, wird zumindest deutlich, wie personal Vásquez die Erzählhaltung gestaltet, weil ihm die Geschichte offenbar so nahe geht; er nimmt sie buchstäblich persönlich.

Carballo, Benavides und ‚Vásquez‘ haben alle familiäre und persönliche Beziehungen zum Mord an Gaitán. Auf dessen Ermordung folgte in Stadt und Land die blutige Bogoteza und ein Jahrzehnt des Bürgerkrieges - jedoch niemals die Aufklärung der Hintergründe jener angeblichen Tat eines verwirrten Einzelgängers. Nicht zufällig webt Vásquez auch zwei andere Einzeltäter in die Erzählung ein, deren politischer Attentate die Welt verändert haben: Lee Harvey Oswald und Gavrilo Princip, die Mörder Kennedys und Franz Ferdinands. Wenn die Tat eines Einzelnen oder weniger Personen zum Angelpunkt der Geschichte wird, dann öffnet sich stets die Frage: War er allein? Wer stand hinter dem Täter? Wer profitiert von dem Verbrechen? Wer sind sie?

Diese Fragen stehen am Beginn nicht nur der historiografischen Erklärung, sondern auch von Verschwörungstheorien, insbesondere dann, wenn die Antworten scheinbar nicht die ganz Wahrheit enthüllen. Carlos Carballo hat sein ganzes Leben der Wahrheitsfindung verschrieben - oder womöglich an Verschwörungstheorien vergeudet, weil er mi den Antworten der offiziellen Geschichtsschreibung nicht einverstanden war. Weil zu viele Fragen offen blieben. Weil ihm vor allem keiner beantworten konnte, warum diese Einzeltat so viel Einfluss auf seine eigene Herkunft und Person hatte. Er stößt auf einen Bruder im Geiste, den Rechtsanwalt Marco Tulio Anzola, der sich ähnlich manisch an der Ermordung des Generals Uribe Uribe abgearbeitet hat. Anzola, eine reale Person, zweifelte an der Tätertheorie, zwei arme Handwerker hätten spontan zur Axt gegriffen, um Uribe in eigenem Auftrag zu erschlagen - und scheiterte spektakulär. Von ihm blieb nur das politische Pamphlet „Wer sind sie?“, das wie eine Bibel der Verschwörungstheorien die Zeiten überdauert. Die zersetzenden Fragen an die Ungereimtheiten der einfachen Erklärung zersetzen das Vertrauen in die Wirklichkeit und lassen die Verschwörungstheorien blühen. Carvallo ist so voll davon, dass er ‚Vásquez‘ damit (fast) ansteckt, denn „eine Verschwörung ans Licht zu bringen. Das ist eine Aufgabe, der man sich widmen kann, Vásquez, eine Lüge von der Größe einer ganzen Welt zu enttarnen.“ (S. 278) Das Problem mit Verschwörungstheorien ist, dass sei die Form einer Ersatzreligion annehmen können, in der nur noch Wahrheiten gelten, die zur Theorie passen. ‚Vásquez‘ lässt das für sich nicht zu und schreibt den großem Enthüllungsroman nicht, um den Carballo fleht, aber es entsteht „Die Gestalt der Ruinen“, in der weder ‚Vásquez’ noch Vasquez eindeutig Stellung beziehen, wohl aber das Erbe ihrer Heimat annehmen, mit „ihren Irrtümern, ihrer Unschuld und ihren Verbrechen.“ (S. 519)

Bis zu diesem letzten Satz hat Vásquez eine komplexe Geschichte komplex erzählt. In er Rahmenhandlung mit ‚Vásquez‘ und Benavides steckt die Binnenerzählung Carballos und insbesondere die Binnenerzählung von Anzolas Schicksal, die großen Raum einnimmt und zudem noch Anzolas eigenen Text „Wer sind sie?“ enthält. Die zeitlichen Ebenen verschränken sich häufig, oft gekonnt, manchmal verwirrend, wie um zu zeigen, dass die gesamte Vergangenheit zu jeder Zeit gegenwärtig ist. Auch wechselt dadurch ständig die Erzählperspektive und bleibt nicht ausf jeder Ebene in sich konsistent. Das ist anstrengend zu lesen und nicht immer nachzuvollziehen. Vásquez variiert das Erzähltempo mit den Zeiten und zieht etwa die Ermordung General Uribes unnötig in die Länge. Mit dem Eintritt in Anzolas Binnenerzählung längt sich überhaupt der ganze Roman, weil man beim Lesen nicht darauf vorbereitet wurde, dass Uribes Attentat dieses Gewicht und diesen breiten Raum erhalten würde. Das Attentat an Gaitán erscheint zum Ende hin fast nur wie ein Tor, durch das man zu Uribes Mord scheiten musste, fast. Einzelne Figuren, die anfangs wichtig erschienen, bleiben hingegen völlig auf der Strecke. Das bleibt unverständlich und erscheint mir eine Fehlkonstruktion des Romans - oder eine Entscheidung zugunsten der Arbeitsökonomie, um nämlich den Roman nicht über noch mehr Seiten zu dehnen.

Der Roman ist dennoch unbedingt lesenswert, auch wenn er Längen und Schwächen hat, weil er nämlich auf einem erzählerischen Niveau Macken hat, das andere Romane niemals erreichen. Vásquez‘ zentrales Thema - was nämlich die historische Wahrheit ist - beschäftigte ihn schon in „Die Reputation“ und in „Die Informanten“, und es ist immer noch nicht verbraucht. Im Gegenteil! Auch die Geschichtswissenschaft arbeitet sich an der historischen Wahrheit seit Thukydides ab, da alle historische Deutung … Fiktion ist. Dass Verschwörungstheorien, die „das Establishment“, „das System“ oder den „Deep State“ hinter monströser Geschichtsfälschung vermuten, ihren unbestreitbaren Charme haben, zeigt die Faszination, die von Carballos und Anzolas Beispielen ausgeht. Dass die offizielle Wahrheit Fehlstellen hat, die beunruhigen, ist ebenso unbestreitbar. Dazwischen bewegt sich der Mensch, bewegt sich Vásquez mit den Mitteln des Romans und regt zum Nachdenken und Mitdenken an. Wie tief das gehen kann, zeigt sich, wenn man den Titel des Romans betrachtet: „Die Gestalt der Ruinen“.

Die als Ruinen bezeichneten Gegenstände im Roman sind Knochen. Überreste der beiden Attentatsopfer Uribe und Gaitán. Sie stehen für den Rest Lebendigens im Tode, wie auch in allen Ruinen der Rest der Unversehrtheit steckt, „die Vergangenheit ist in der Gegenwart enthalten“ (S. 176) - oder mit William Faulkners Worten: „The past is never dead. It'‘s not even past.“ Ruinen sind aber die Zeugen dafür, dass die Zeit an nichts vorübergeht, ohne ihre Spuren zu hinterlassen, bis nur noch Ruinen bleiben. Im Gegenwärtigen steckt also die Ruine von morgen. An Carballo und Anzola kann man gut ablesen, wie sie von den Ereignissen ihrer Gegenwart aufgesaugt und ruiniert werden. Sie sind ruinöse Gestalten, die aus der Gewalt ihres Lebens entstanden sind.

Vor allem aber fordern uns Ruinen stets auf, uns ihrer ursprünglichen Form zu erinnern: Wie passt Uribes Kalotte in seinen Schädel? Wie der Wirbel Gaitáns in seinen Körper? Jeder Ruine wohnt die Aufforderung inne: Stell dir vor, wie ich früher ausgesehen habe! Das kennt jeder, der einmal eine Burgruine oder Reste römischer Thermen besucht hat: Welche Gestalt mochten sie gehabt haben? Sich mit Ruinen zu beschäftigen, überbrückt die Zeiten und stellt eine Verbindung von ursprünglicher Gestalt zum gegenwärtigen Zustand her, birgt also auch stets den Prozess vergehender Zeit: Wie wurde die Ruine eigentlich durch die Zeit umgestaltet? Warum verlor sie ihre ursprüngliche Form? Und endlich: Was wäre, wenn dieses oder jenes nicht auf die heutige Ruine eingewirkt hätte?

Wie sähe Carballo ohne die Attentate aus? Wie Kolumbien? Vásquez eröffnet mit dem Nachdenken über den Titel womöglich einen Schlüssel für den Roman, in dem es auch um emotionalen Schaden geht, den das historische Erbe der Heimat über einen bringt, und um die Frage nach einer Alternative, zumindest für die Zukunft.

Und darum ist „Die Gestalt der Ruinen“ lesenswert.

Veröffentlicht am 21.08.2018

Vier Tage nicht Atem holen

Vier Tage in Kabul
0

Anna Tells Roman „Vier Tage in Kabul“ ist ein gelungener Thriller, der mit einem spannenden Setting – dem bürgerkriegszerstörten Afghanistan – und einer wirklich tollen Heldin auftrumpft: Amanda Lund ist ...

Anna Tells Roman „Vier Tage in Kabul“ ist ein gelungener Thriller, der mit einem spannenden Setting – dem bürgerkriegszerstörten Afghanistan – und einer wirklich tollen Heldin auftrumpft: Amanda Lund ist taff, versiert und erfahren. Sie lässt sich in der Welt der Spezialeinsatzkräfte und Unterhändler die Butter nicht vom Brot nehmen, was in einer patriarchalischen Stammeskultur, wie sie in Afghanistan noch vorherrscht, besonders herausfordernd ist.

Die Story – schwedisches Diplomatenpaar wird in Kabul entführt, ein schwedischer Diplomat wird in Stockholm ermordet – ist plausibel konstruiert und wird mit überzeugender Detailkenntnis der Polizeiarbeit und des afghanischen Lokalkolorits rasant abgedreht. Die zeitliche Enge der Handlung, komprimiert auf vier Tage, hängt mit der Überlebenswahrscheinlichkeit von Entführungsopfern zusammen. Dass hier jede Minute zählt, springt einem aus jeder Zeile entgegen – spannend.

Die handelnden Figuren werden nur sparsam mit privaten Problemen belastet, was sich wohltuend auf die Erzählperspektive auswirkt, die sich nicht zu sehr verzettelt. Gleichwohl bleiben die schwedische Botschafter etwa oder andere handelnde Personen eindimensionale Typen. Das ist nicht störend, denn sie bedienen nur eine Funktion in der Erzählung, und das machen sie gut.

Zwei erhebliche Logikfehler schmälern meinen Eindruck nur mäßig, weil der Thriller trotzdem funktioniert und super unterhält (Stichworte: Zeitverschiebung und dritter Mann).

Ein gelungener Thriller mit großartiger Ermittlerin!

Veröffentlicht am 03.04.2018

Franzens "Unschuld" - so lala

Unschuld
0

Franzen erzählt mit viel Geschick und einladendem Gestus aus den Perspektiven seiner in einem Netz aus Beziehungen, Schuld und Einflussnahme verstrickten Figuren. Dabei müssen sich alle totalitären Zugriffen ...

Franzen erzählt mit viel Geschick und einladendem Gestus aus den Perspektiven seiner in einem Netz aus Beziehungen, Schuld und Einflussnahme verstrickten Figuren. Dabei müssen sich alle totalitären Zugriffen erwehren, die zum Teil behauptet werden, zum Teil Wirklichkeit sind: dem Zugriff des DDR-Regimes, dem aufs Totale zielenden Einfluss der Mutter Katya oder der Ehefrau Anabel, der rücksichtslosen und bilderstürmenden Öffentlichkeitssucht der Whistleblower und dem "totalen" Griff des Internets in alle Lebensbereiche des Menschen.

Mir hat dabei die menschliche Seite der Geschichte gefallen, die ins Zentrum gerückte Figur von Tom Aberant und das Suchen Pips. Auf die letzten 75 Seiten, nach den abschließenden Ereignissen in Los Volcanos, hätte ich verzichten können. Und Franzen hätte auf diesen seichten Abspann verzichten sollen.

Veröffentlicht am 03.04.2018

Die olympischen Götter von der Leine gelassen

Die Chaos-Götter 1: Die Götter sind los
0

Wer die Götter des griechischen Pantheon vorher nicht gekannt hat, lernt die Olympier in diesem turbulenten Jugendbuch von ihrer menschlichsten Seite kennen: Denn sie stehen einem sympathischen Jungen ...

Wer die Götter des griechischen Pantheon vorher nicht gekannt hat, lernt die Olympier in diesem turbulenten Jugendbuch von ihrer menschlichsten Seite kennen: Denn sie stehen einem sympathischen Jungen zur Seite, der eigentlich nur seiner kranken Mum helfen will, aber schließlich nichts weniger als die Welt retten muss.

Elliot Hooper ist ein Zwölfjähriger mit außerordentlichen Problemen: Seine Mum ist dement, sein Vater unbekannt, der Familienhof verschuldet, sein Lehrer Mr Boil so ungerecht, wie nur die schlimmsten Lehrer sein können, und dann fällt auch noch das Sternbild Virgo vom Himmel und verwickelt Elliot in das rasanteste Abenteuer. Gemeinsam mit Virgo befreit er versehentlich Thanatos, den Widersacher der olympischen Götter, der sogleich seinen Weltenzerstörungsplan wieder aufnimmt und sich an Zeus rächen will. Elliot, Virgo und Zeus‘ engste Familie eilen nun durch die Handlung, um Thanatos und seinem irren Bruder Hypnos immer einen geflügelten Schritt voraus zu sein. Dabei enthüllt sich andeutungsweise, dass Elliot von einem tiefen Geheimnis umgeben ist, das ihn zur Schlüsselfigur im Kampf der Götter gegen die Dämonen bestimmt hat. Keine Frage - Elliot und seine göttliche Rasselbande schaffen es in diesem ersten Teil, Thanatos‘ Pläne zu durchkreuzen, und man darf gespannt sein, wie die Geschichte in folgenden Bänden weitergeht.

Maz Evans gelingt es, die antiken Götter mit wahrhaft homerischem Gelächter auszustatten und mit vielen kleinen und großen Einfällen eine fantastische und fantasievolle Geschichte zu erzählen. Die naive Neugier, mit der Virgo die Welt der Sterblichen erkundet, wartet mit den entzückendsten Entdeckungen auf; Hermes als tuntiger Modegott sorgt für anhaltende gute Laune; Zeus als sorgloser Lebemann sowie seine immerfort zankenden Töchter Aphrodite und Athene haben ständig tolldreiste Einfälle; und Hephaistos ist der wahre McGywer unter den Olympiern. Aber auch die Menschen haben ihre herausragenden Köpfe: Die Queen von England rockt den Buckingham Palace, als Hypnos seine Tricks versucht, während die verschlagene Nachbarin Mrs Porshley-Plum sich als weitere, ernstzunehmende Widersacherin beweist.

Dass zum Ende hin die Handlung holterdiepolter ein wenig durcheinander gerät und der Klamauk womöglich zu schrill durch die Seiten zwischen den als Blickfänger gestalteten Buchdeckeln gellt, verzeiht man der bunten Erzähllust der Autorin gern. Auch angesichts solcher Sätze wie dieser:
„Es blieb ein ewiges Rätsel, ob Hypnos blinzeln konnte oder nicht, weil niemand die Augen lange genug aufhalten konnte, um ihm auf die Schliche zu kommen.“ (S. 197)

„Ein Unsterblicher, der seine kardia verliert, kann sterben! Er kann getötet - oder noch schlimmer - Buchhalter werden!“ (S. 57)

„Die Götter sind los“ sind ein witziges, geistreiches Abenteuer nicht nur für junge Leser oder Leser, die vom Lateinunterricht gezeichnet sind, sondern für alle, die einen sympathischen Helden und seine göttliche Rasselbande beim Retten der Welt begleiten wollen.